Sonntag, 19. Februar 2023

Zukunft: Kontroversen. Der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums deklarieret sich

Stefan Weiss, Der Standard, interviewt den neuen Leiter des HGM

Einige Zitate

Hoffmann: Als Reaktion auf die beiden Expertenkommissionen und den Rechnungshof-Bericht haben wir (...) klare Regeln festgelegt: Der eingesetzte wissenschaftliche Beirat mit Präsidium wird ein Garant dafür sein, dass es völlig freie Entfaltung gibt. Der Handlungsspielraum für eine Weiterentwicklung des HGM wird groß sein. Das war für mich auch Grundvoraussetzung, um das Amt anzutreten. (…) 

Museen haben abseits der Verwaltung und Zurschaustellung von Objekten heute noch viele weitere Aufgaben: Sie müssen diskutieren, gehen stark in den digitalen Raum, werden internationaler, haben viel mehr Wechselausstellungen … Wir müssen auf gesellschaftliche Themen, die aktuell sind, reagieren. Nur mit Wechselausstellungen kann man einen diskursiven Charakter entwickeln. ...Gegenüber Rechtsextremismus gibt es eine Null-Toleranz-Politik, das ist klar. 

STANDARD: Die Initiative "HGM neu denken" wurde bisher vom Haus offiziell gemieden. Wollen Sie auf die Kritikerinnen und Kritiker zugehen?

Hoffmann: Im wissenschaftlichen Beirat ist die Initiative bereits jetzt repräsentiert. Natürlich möchte ich auf "HGM neu denken" zugehen und mit ihr gemeinsam an konstruktiven Lösungen arbeiten. Die Diskussion muss von vielen Seiten geführt werden.

Quelle: Stefan Weiss: Neuer Chef des Heeresgeschichtlichen Museums: "Kontroversen bringen uns nach vorne". Mit dem neuen Direktor Georg Hoffmann schlägt das Heeresgeschichtliche Museum einen Pfad der Modernisierung ein. Ein Gespräch über zeitgemäße Militärgeschichte und kaputte Fußböden. In: Der Standard: 18. Februar 2023


Nun mal ausschließlich optimistisch gedacht: Der neue Leiter ist offen dafür, beraten zu werden, Kontakt zu anderen Museen aber auch zur zivilgesellschaftlichen Initiative #hgmneudenken zu suchen. Er bedient sich der in den Veranstaltungen von #hgmneudenken akkumulierten Ideen. Er ist willens, auch konflikthafte Positionen zu beziehen, sowohl in der Planung als auch in der Konzeption von Ausstellungen. Er erhält die Rückendeckung für eine umfassende Neukonzeption der Dauerausstellung und ausrechend Geld, um das Museum zu sanieren.

Ich denke, es wird sich relativ rasch zeigen, ob so viel Optimismus berechtigt ist. Ein kritisches historisches Museum kann Österreich gut brauchen.


Donnerstag, 16. Februar 2023

Diskussion im Architekturzentrum Wien zur Ausstellung Hot Questions – Cold Storage

Diskussionsveranstaltung

Das Buch zur neuen Schausammlung Hot Questions – Cold Storage

Mi 22.02.2023, 19:00-21:00

Das AzW begreift sich als Change Maker und hat mit der neuen Schausammlung einen Ort geschaffen, an dem brennende Fragen entlang von Sammlungsobjekten verhandelt werden. Jetzt auch in Buchform.

Das Buch zur Schausammlung wirft einen multiperspektivischen und transnationalen Blick auf 150 Jahre österreichische Architekturgeschichte. Im Gespräch mit namhaften Kritiker*innen, Architekt*innen und Museolog*innen diskutieren wir unterschiedliche Ansätze der Sichtbarmachung von Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Gemeinsam stellen wir die Frage nach der Bedeutung von musealen Sammlungen und deren Bezug zu aktuellen Themen wie Klimakrise, Verteilungsgerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, Identität und Erinnerung.

Ablauf

19:00 Begrüßung: Elke Krasny, Professorin für Kunst und Bildung, Akademie der bildenden Künste Wien

Einführung: Angelika Fitz und Monika Platzer, Az W Herausgeberinnen

Podiumsdiskussion mit:

Angelika Fitz, Direktorin Az W

Gottfried Fliedl, Museologe

Alexander Hagner, Ulrike Schartner (gaupenraub +/-) 

Christian Kühn, Architekturstiftung Österreich, Publizist 

Monika Platzer, Sammlungsleitung und Kuratorin, AzW

Moderation: Elke Krasny


Architekturzentrum Wien

1070 Wien

Museumsplatz 1

Und hier das nächste bizarre Kapitel in der unendlichen Geschichte Heeresgeschichtliches Museum

Unklare Gefechtslage, aber schwere Geschütze

Wie erinnerlich war vorgesehen gewesen, den abgelösten Direktor des HGM, Christian Ortner, als – wie es nun plötzlich heißt – bloß interimistischen Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) einzusetzen. (Hier der Bericht dazu) Nachdem es massiven Widerstand des Instituts gegen Ortner gegeben hat, der den Posten ohne Ausschreibung bekommen sollte, scheint sich die Vorgangsweise der Ministerin zu ändern. Das Institut werde derzeit evaluiert, erklärte sie auf der Pressekonferenz, auf der der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums vorgestellt wurde. (Bericht dazu hier) Zitat Tanner: "Wenn das Institut in seiner jetzigen Form bestehen bleibt, wird natürlich ausgeschrieben." Tanner erklärte allerdings, auch die Auflösung des Instituts sei denkbar. 

Dazu die Wiener Zeitung: „Die Aussage Tanners wird wohl kaum zu einer Beruhigung der Lage in der LVAk führen. Mitarbeiter erwähnten in einem Brief an die Ministerin subtile Drohungen, eine Auflösung des Instituts sei in den Raum gestellt worden, sollte man sich lautstark gegen Ortner stellen.“

Tanner dementierte die Vermutung, das HGM könne dem Institut angegliedert werden. Zitat Wiener Zeitung: „Gerüchten über Pläne einer Umstrukturierung des Instituts inklusive Angliederung des HGMs erteilte Tanner (...) eine Absage. Sie schrieb die Gerüchte einem FPÖ-nahen Personalvertreter zu. Nach Informationen der "Wiener Zeitung" kamen sie allerdings aus dem Kabinett der Ministerin. Ihr Büro ließ Fragen darüber unbeantwortet.“ 

Also, sowohl die Drohungen, das Institut aufzulösen, kamen aus dem Kabinett der Ministerin, als auch das Gerücht von der Zusammenlegung von Museum und Forschungsinstituts. Wenn man im Zuge des lange dauernden Ausschreibungs- und Berufungsverfahrens etwas näher mit dem inneren Kreis der Entscheidungsträger vertraut werden durfte, dann ist es naheliegend, von einem veritablen Konflikt zwischen Kabinettsmitgliedern einerseits und einer nicht immer völlig informierten Ministerin andrerseits zu sprechen. Es gibt, kann man sich mit mehreren Anhaltspunkten, zurechtlegen, vermutlich weit rechts denkende und agierende Personen, die gerne an Ortner festhielten und die von der weiteren Entwicklung des HGM noch immer andere Vorstellungen haben, als die Ministerin, die Kommissionen, die das Museum evaluiert haben und der eingesetzte Beirat. 

Diese Konstellation ist eine der massiven Hypotheken des neuen Leiters des Museums, der ja nicht nur auf ziemlich anders gestrickte und noch dazu vorgesetzte Kabinettsmitarbeiter treffen wird, sondern auf ihm ideologisch nahe stehende Ortner-Fans in der Mitarbeiterschaft des Museums.

Quelle:

Auflösung eines Instituts nach Kritik möglich. In: Wiener Zeitung, 16.2.2023

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2178433-Aufloesung-eines-Instituts-nach-Kritik-moeglich.html


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