Freitag, 31. Oktober 2014
Award
Vielleicht sollte ich einen Preis für den besten Ausstellungstitel des Jahres ausloben? Für 2014 hätte ich da schon einen Anwärter. "Haut ab". Jüdisches Museum Berlin. Titel einer Ausstellung über Beschneidung. Kleiner Scherz? Oder doch nicht?!
Mittwoch, 29. Oktober 2014
Und schon wieder ein Museum in Paris
Bernard Arnault, in Begleitung, vor "seinem" Museum, Louis Vuitton-Museum, erbaut von Frank Gehry und via geschickter Stiftungskonstruktion so etwa zur Hälfte aus Steuergeldern berappt. Noch ein Grund nach Paris zu fahren, oder?
Humorlos wie der vielgerühmte Französische Intellektuelle nun mal ist, giftet er sich in Gestalt des Professors Jean-Michel Tobelem (professeur associé à l’université Paris 1 Panthéon-Sorbonne) in Le Monde unter dem alles sagenden Titel "Fondation Louis Vuitton : le mécénat d’entreprise sans la générosité."
Erhalten statt vergessen
In einer Tagung in Innsbruck, das drei Jahre nach der Übertragung des Rundgemäldes mit der Darstellung der Schlacht am Bergisel auf eben diesen Berg, eine Art Bilanz zu ziehen versuchte, wurde über die einzelnen Elemente und Trabanten aus denen diese 'Museum' besteht, referiert und diskutiert.
Das Kaiserjäger-Museum, aus dem späten 19.Jahrhundert stammend und nun integraler Teil der Anlage "Tirol-Panorama", bekam Kritik ab. Wohlverpackt in Watte und Styropor, damit möglichst niemend Anstoß nehmen konnte - an der Kritik, nicht am Museum, Gott bewahre!
Dieses Relikt, scheinbar unangreifbar wegen der Konstruktion seiner Trägerschaft - den Kaiserjägern und ihrer Stiftung -, ist den referierenden Historikern wie Museologen sichtbar nicht geheuer gewesen. Aber die Kritik mündete dennoch in nicht viel mehr als einer Empfehlung zur "Kontextualisierung", "reflexiven Anreicherung", und was derlei Textversatzstücke mehr sind.
Das Wiener Burgtor mit seinem äußert dubiosen Denkmalkonglomerat ist nachhaltig erst vor kurzer Zeit ins Gerede gekommen und nun scheint sich tatsächlich eine strukturelle Änderung anzubahnen. Die Form der staatlichen Gedenkpolitik an diesem Ort wurde schon geändert, jetzt geht es um die Denkmäler und den gesamten Ort. Eine Expertin wurde beauftragt. Eine auf Denkmale und Denkmalpolitik spezialisierte Historikerin. So etwas ist immer ein Indiz, daß man eine Diskussion nicht wirklich führen will, sondern durch eine Expertise zu ersetzen wünscht.
Nun gibt es diese Expertise, und siehe da, es soll alles so bleiben, wie es ist, vermehrt um ein weiteres Denkmalsteil. Ein Metadenkmal zur Sichtbarmachung fragwürdiger Symbolik. Und plötzlich werden dann alle Denkmäler zu Medien ihrer Kritik. Ob solche Wunder stattfinden?
Interessant an beiden Beispielen ist eine Unfähigkeit und Mutlossigkeit. Eine Kraftlosigkeit, von Vergangenheit auch loskommen zu können. Wenn etwas tief in antidemokratischer Tradition steht, wenn es historisch unhaltbar, museologisch extrem fragwürdig geworden ist, warum soll es erhalten werden? Warum kann es nicht entfernt werden? Warum kann man nicht auch etwas getrost vergessen?
Das Kaiserjäger-Museum, aus dem späten 19.Jahrhundert stammend und nun integraler Teil der Anlage "Tirol-Panorama", bekam Kritik ab. Wohlverpackt in Watte und Styropor, damit möglichst niemend Anstoß nehmen konnte - an der Kritik, nicht am Museum, Gott bewahre!
Dieses Relikt, scheinbar unangreifbar wegen der Konstruktion seiner Trägerschaft - den Kaiserjägern und ihrer Stiftung -, ist den referierenden Historikern wie Museologen sichtbar nicht geheuer gewesen. Aber die Kritik mündete dennoch in nicht viel mehr als einer Empfehlung zur "Kontextualisierung", "reflexiven Anreicherung", und was derlei Textversatzstücke mehr sind.
Das Wiener Burgtor mit seinem äußert dubiosen Denkmalkonglomerat ist nachhaltig erst vor kurzer Zeit ins Gerede gekommen und nun scheint sich tatsächlich eine strukturelle Änderung anzubahnen. Die Form der staatlichen Gedenkpolitik an diesem Ort wurde schon geändert, jetzt geht es um die Denkmäler und den gesamten Ort. Eine Expertin wurde beauftragt. Eine auf Denkmale und Denkmalpolitik spezialisierte Historikerin. So etwas ist immer ein Indiz, daß man eine Diskussion nicht wirklich führen will, sondern durch eine Expertise zu ersetzen wünscht.
Nun gibt es diese Expertise, und siehe da, es soll alles so bleiben, wie es ist, vermehrt um ein weiteres Denkmalsteil. Ein Metadenkmal zur Sichtbarmachung fragwürdiger Symbolik. Und plötzlich werden dann alle Denkmäler zu Medien ihrer Kritik. Ob solche Wunder stattfinden?
Interessant an beiden Beispielen ist eine Unfähigkeit und Mutlossigkeit. Eine Kraftlosigkeit, von Vergangenheit auch loskommen zu können. Wenn etwas tief in antidemokratischer Tradition steht, wenn es historisch unhaltbar, museologisch extrem fragwürdig geworden ist, warum soll es erhalten werden? Warum kann es nicht entfernt werden? Warum kann man nicht auch etwas getrost vergessen?
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Montag, 20. Oktober 2014
Ein kurioser Fall von Privatisierung. Staatlicher Kasinokapitalismus
Normalerweise ist ja die Veräußerung von Museumsbesitz nicht möglich. Die Idee eines gemeinsamen Besitzes an kulturellen Gütern ist ja die Grundlage der wohlfahrtsstaatlichen Aufgabe, daß diese jedermann zur Verfügung stehen sollen und damit dem Genuß, der Bildung der Wissensvermehrung zugänglich sein müssen.
Der rechtliche Schutz, der das garantiert und gegen private, willkürliche Eingriffe abschottet, ist meist so streng geregelt, daß es kaum zu Ausnahmen kommt. Solche gibt es allenfalls dann, wenn der Erwerb durch die "öffentliche Hand" rechtsbrüchig erfolgte, was ja in den letzten Jahren zu Restitutionen vieler Kunstwerke an ihre ursprünglichen, meist jüdischen Besitzer geführt hat.
Jetzt gibt es einen Fall, wo ein Deutsches Bundesland doch zwei - noch dazu wertvolle - Bilder aus "seinem", d.h. eigentlich aus jedermanns Besitz, versteigern lassen will.
Das kuriose daran ist, dass es sich bei den zwei Werken von Andy Warhol aber nicht um Museumsbilder handelt, sondern in einer Spielbank in Aachen hingen. Bis 2009. Dann wurden sie abgehängt und "verwahrt", sie waren zu kostbar geworden, um weiter als "Dekoration" einer Spielbank zu dienen. Die Spielbank ist eine staatlich konzessionierte Tochter der NRW-Bank, die dem Land gehört. Wie also auch die Bilder.
Die Versteigerung fließt aber nicht in den Staatshaushalt, ließ die Bank ausrichten, sondern in die Sanierung des Kasinos (wo den Steuerzahlern zusätzlich Geld im Glücksspiel abgeknöpft wird) und eventuell in die Neugründung eines weiteren in Köln.
Was für eine atemberaubende Vermischung staatlicher Kunstspekulation mit kapitalistischer Renditeerwartung via Spielbank und Bank. Symptomatischer kann kaum was sein. Und ein massiver Versuch, das Tabu der Unveräußerlichkeit des öffentlichen Kunst-und Kulturbesitzes anzutasten. In den Arm des Staates wollen 26 Museumsdirektoren fallen, die brieflich gegen die Versteigerung protestieren. Man wird sehen, was das hilft.
Nachsatz 1: Die Risken, die der geschilderte Deal oder Coup zeitigt, sind erstaunlich. In der Welt wird festgestellt daß das Image der Landesmutter der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Wanken ist.
Nachsatz 2: Warum denn nicht, nur zu, denn "es geht darum, daß auch Kunst wieder verkauft werden kann." Zum Beispiel "um den Haushalt zu sanieren". Bernd Freytag in der FAZ. Genauer: Im Wirtschaftsteil der FAZ. Also dann, nur zu! Bereichern wir uns... oder wer?
Der rechtliche Schutz, der das garantiert und gegen private, willkürliche Eingriffe abschottet, ist meist so streng geregelt, daß es kaum zu Ausnahmen kommt. Solche gibt es allenfalls dann, wenn der Erwerb durch die "öffentliche Hand" rechtsbrüchig erfolgte, was ja in den letzten Jahren zu Restitutionen vieler Kunstwerke an ihre ursprünglichen, meist jüdischen Besitzer geführt hat.
Jetzt gibt es einen Fall, wo ein Deutsches Bundesland doch zwei - noch dazu wertvolle - Bilder aus "seinem", d.h. eigentlich aus jedermanns Besitz, versteigern lassen will.
Das kuriose daran ist, dass es sich bei den zwei Werken von Andy Warhol aber nicht um Museumsbilder handelt, sondern in einer Spielbank in Aachen hingen. Bis 2009. Dann wurden sie abgehängt und "verwahrt", sie waren zu kostbar geworden, um weiter als "Dekoration" einer Spielbank zu dienen. Die Spielbank ist eine staatlich konzessionierte Tochter der NRW-Bank, die dem Land gehört. Wie also auch die Bilder.
Die Versteigerung fließt aber nicht in den Staatshaushalt, ließ die Bank ausrichten, sondern in die Sanierung des Kasinos (wo den Steuerzahlern zusätzlich Geld im Glücksspiel abgeknöpft wird) und eventuell in die Neugründung eines weiteren in Köln.
Was für eine atemberaubende Vermischung staatlicher Kunstspekulation mit kapitalistischer Renditeerwartung via Spielbank und Bank. Symptomatischer kann kaum was sein. Und ein massiver Versuch, das Tabu der Unveräußerlichkeit des öffentlichen Kunst-und Kulturbesitzes anzutasten. In den Arm des Staates wollen 26 Museumsdirektoren fallen, die brieflich gegen die Versteigerung protestieren. Man wird sehen, was das hilft.
Nachsatz 1: Die Risken, die der geschilderte Deal oder Coup zeitigt, sind erstaunlich. In der Welt wird festgestellt daß das Image der Landesmutter der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Wanken ist.
Nachsatz 2: Warum denn nicht, nur zu, denn "es geht darum, daß auch Kunst wieder verkauft werden kann." Zum Beispiel "um den Haushalt zu sanieren". Bernd Freytag in der FAZ. Genauer: Im Wirtschaftsteil der FAZ. Also dann, nur zu! Bereichern wir uns... oder wer?
Dreihunderttausend, irgendwann heute Nacht (In eigener Sache)
Irgendwann heute Nacht gab es den 300.000 Seitenaufruf. Zu meiner Verblüffung wächst das Interesse am Blog auch nach Jahren noch immer, in den letzten Monaten und derzeit sogar überproportional schnell.
Vorbildlich. Eine Wutrezension. Werner Spies zum Museum Picasso
Endlich mal eine Museumsrezension! Die Wiedereröffnung des Pariser Picasso-Museums nach fünf Jahren Schließung entsetzt Werner Spies maßlos. Er ist zornig, fassungslos, betroffen und destilliert daraus eine Polemik, sachkundig, vernichtend. Sehr lesenswert! so wünsche ich mir Museumskritik.
Hier der Link: http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article133453806/Gerechtigkeit-fuer-Picasso.html
Sonntag, 19. Oktober 2014
Mittwoch, 15. Oktober 2014
Die Sammlung Essl ist definitiv gerettet. Oder doch noch nicht so ganz?
Nachdem der Versuch des Sammlerehepaares Essl gescheitert war, ihre Sammlung und das Museum dem Staat anzubieten, sah es eine Zeit lang so aus als könnte die Sammlung unter dem Druck der kritischen wirtschaftlichen lage des "baumax-Konzerns" die Sammlung untergehen.
Dann kam es aber zu einer Kooperation mit dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner, der selbst eine Sammlung besitzt und der Gründung einer gemeinsamen Trägergesellschaft, die nun das Museum weiterbetreibt und Eigner der Sammlung ist. Damit ist vorerst einmal die gefahr gebannt, daß die Sammlung in der Sanierung des Konzerns gewissermaßen verschwinden, zerstreut, aufgelöst werden kölnnte. Die Verbindlichkeiten, die an Banken bestand, wurden getilgt und die Finanzierung dieser Tilgung durch die neue Trägergesellschaft durch Versteigerung von 44 Objekten aus der Sammlung refinanziert. Das ist - bei der Versteigerung, die gestern stattfand, noch nicht vollständig gelungen, aber der Bestand und Betrieb des Museums und der Sammlung dürften nun definitiv gesichert sein. Allerdings ist ein Teil der Refinanzierung noch zu leisten und sowohl der Betrieb des Museums als auch eine allfällige Erweiterung der Sammlung müssen - unklar wie - finanziert werden.
In einem aufschlussreichen Interview, das Karl-Heinz Essl gestern der Tageszeitung KURIER gegeben hat, erfährt man einiges über diese Fragen, kann viele Details der Regelung nachlesen, die zwischen ihm und H.P. Haselsteiner getroffen wurden und wird ansatzweise über die Zukunft des Museums und der Sammlung informiert.
Hier der Link zum Interview: http://kurier.at/kultur/kunst/karlheinz-essl-jedes-einzelne-bild-teil-unseres-lebens/91.149.029 und hier der Satz aus dem Gespräch, der K.H. Essl offenbar am meisten von Herzen kam: "Ich bin heute froh, dass es nicht dazu gekommen ist (zum staatlichen Ankauf - GF) , muss ich ehrlich sagen. Mit Haselsteiner das Museum und die Sammlung weiter zu betreiben, ist mir viel angenehmer als mit dem Staat und all den Problemen, die das mit sich bringt - den politischen Einflüssen, den Querschüssen von allen Seiten. Ich glaube, das ist die beste aller möglichen Lösungen, und darüber bin ich mehr als glücklich."
Dann kam es aber zu einer Kooperation mit dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner, der selbst eine Sammlung besitzt und der Gründung einer gemeinsamen Trägergesellschaft, die nun das Museum weiterbetreibt und Eigner der Sammlung ist. Damit ist vorerst einmal die gefahr gebannt, daß die Sammlung in der Sanierung des Konzerns gewissermaßen verschwinden, zerstreut, aufgelöst werden kölnnte. Die Verbindlichkeiten, die an Banken bestand, wurden getilgt und die Finanzierung dieser Tilgung durch die neue Trägergesellschaft durch Versteigerung von 44 Objekten aus der Sammlung refinanziert. Das ist - bei der Versteigerung, die gestern stattfand, noch nicht vollständig gelungen, aber der Bestand und Betrieb des Museums und der Sammlung dürften nun definitiv gesichert sein. Allerdings ist ein Teil der Refinanzierung noch zu leisten und sowohl der Betrieb des Museums als auch eine allfällige Erweiterung der Sammlung müssen - unklar wie - finanziert werden.
In einem aufschlussreichen Interview, das Karl-Heinz Essl gestern der Tageszeitung KURIER gegeben hat, erfährt man einiges über diese Fragen, kann viele Details der Regelung nachlesen, die zwischen ihm und H.P. Haselsteiner getroffen wurden und wird ansatzweise über die Zukunft des Museums und der Sammlung informiert.
Hier der Link zum Interview: http://kurier.at/kultur/kunst/karlheinz-essl-jedes-einzelne-bild-teil-unseres-lebens/91.149.029 und hier der Satz aus dem Gespräch, der K.H. Essl offenbar am meisten von Herzen kam: "Ich bin heute froh, dass es nicht dazu gekommen ist (zum staatlichen Ankauf - GF) , muss ich ehrlich sagen. Mit Haselsteiner das Museum und die Sammlung weiter zu betreiben, ist mir viel angenehmer als mit dem Staat und all den Problemen, die das mit sich bringt - den politischen Einflüssen, den Querschüssen von allen Seiten. Ich glaube, das ist die beste aller möglichen Lösungen, und darüber bin ich mehr als glücklich."
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