Montag, 20. Oktober 2014

Ein kurioser Fall von Privatisierung. Staatlicher Kasinokapitalismus

Normalerweise ist ja die Veräußerung von Museumsbesitz nicht möglich. Die Idee eines gemeinsamen Besitzes an kulturellen Gütern ist ja die Grundlage der wohlfahrtsstaatlichen Aufgabe, daß diese jedermann zur Verfügung stehen sollen und damit dem Genuß, der Bildung der Wissensvermehrung zugänglich sein müssen.
Der rechtliche Schutz, der das garantiert und gegen private, willkürliche Eingriffe abschottet, ist meist so streng geregelt, daß es kaum zu Ausnahmen kommt. Solche gibt es allenfalls dann, wenn der Erwerb durch die "öffentliche Hand" rechtsbrüchig erfolgte, was ja in den letzten Jahren zu Restitutionen vieler Kunstwerke an ihre ursprünglichen, meist jüdischen Besitzer geführt hat.
Jetzt gibt es einen Fall, wo ein Deutsches Bundesland doch zwei - noch dazu wertvolle  - Bilder aus "seinem", d.h. eigentlich aus jedermanns Besitz, versteigern lassen will.
Das kuriose daran ist, dass es sich bei den zwei Werken von Andy Warhol aber nicht um Museumsbilder handelt, sondern in einer Spielbank in Aachen hingen. Bis 2009. Dann wurden sie abgehängt und "verwahrt", sie waren zu kostbar geworden, um weiter als "Dekoration" einer Spielbank zu dienen. Die Spielbank ist eine staatlich konzessionierte Tochter der NRW-Bank, die dem Land gehört. Wie also auch die Bilder.
Die Versteigerung fließt aber nicht in den Staatshaushalt, ließ die Bank ausrichten, sondern in die Sanierung des Kasinos (wo den Steuerzahlern zusätzlich Geld im Glücksspiel abgeknöpft wird) und eventuell in die Neugründung eines weiteren in Köln.
Was für eine atemberaubende Vermischung staatlicher Kunstspekulation mit kapitalistischer Renditeerwartung via Spielbank und Bank. Symptomatischer kann kaum was sein. Und ein massiver Versuch, das Tabu der Unveräußerlichkeit des öffentlichen Kunst-und Kulturbesitzes anzutasten. In den Arm des Staates wollen 26 Museumsdirektoren fallen, die brieflich gegen die Versteigerung protestieren. Man wird sehen, was das hilft.

Nachsatz 1: Die Risken, die der geschilderte Deal oder Coup zeitigt, sind erstaunlich. In der Welt wird festgestellt daß das Image der Landesmutter der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Wanken ist.

Nachsatz 2: Warum denn nicht, nur zu, denn "es geht darum, daß auch Kunst wieder verkauft werden kann." Zum Beispiel "um den Haushalt zu sanieren". Bernd Freytag in der FAZ. Genauer: Im Wirtschaftsteil der FAZ. Also dann, nur zu! Bereichern wir uns... oder wer?


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