Freitag, 18. März 2022

Was ist jüdisch an jüdischen Museen?

Was macht eigentlich die noch June Initiative musuemdenken? - Nun, wir sind auch ein wenig gebremst von COVID und mussten eine in Wien geplante Veranstaltung aufschieben. Aktiv sind wir im Kontakt mit den Freunden von museum matters in Deutschland und auf unserer Webseite.

Eben hat Hanno Loewy einen kurzen Essay zur Frage zur Verfügung gestellt, der sich mit der Frage beschäftigt, was denn Jüdische Museen sind. Man kann diesen Text auch als eine Art Auftakt lesen zur kommenden Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems, das sich Jüdischen Museen und ihrer Zukunft widmet. Der bemerkenswerte Titel: Ausgestopfte Juden?

Hier gehts zum Text von Hanno Loewy

https://www.museumdenken.eu/post/hanno-loewy-uber-die-frage-was-sind-judische-museen

Museumskrise. In den USA scheint es immer schwieriger zu sein, ein Museum zu leiten

In einem Artikel in ARTNET beschreibt Zachary Small, wie schwierig es geworden ist, Leitungspositionen in US-Museen zu besetzen. Ein zentrales Problem ist die für die USA typische und wichtige Rolle und die Macht der Trustees. Ein Aspekt dabei ist, daß die Kluft zwischen den sehr wohlhabenden Trustees einerseits und den schlecht bezahlten MitarbeiterInnen zunehmend unerträglich zu werden beginnt. Dazu kommen aber neue Anforderungen, wie Diversität und das Zurechtkommen mit den Folgen der Corona-Pandemie. Nicht weniger als 22 Leitungspositionen sind derzeit vakant - offenbar ein Symptom eines krisenhaften Wandels des Museums. Zumindest in den USA.


Hier gehts zu Artikel:

https://news.artnet.com/art-world/u-s-museums-director-vacancies-2038335


Sonntag, 27. Februar 2022

Melkschemel? (Sitzen im Museum)

 

                                            Barockbaumeister Museum Au im Bregenzerwald

Samstag, 12. Februar 2022

Das Mémorial ACTe (Ein Museum)

Ein Museum ist eine lose Folge von Posts mit denen ich die Diversität von Museen weltweit hinsichtlich gesellschaftlicher Ziele, Architektur, Ausstellungsdesign, Organisation, Einbeziehung von Communities uam. spiegeln möchte. Die Texte stammen inder Regel aus einschlägigen Quellen und nicht von mir.

 


Mémorial ACTe. Pointe-à-Pitre, Guadeloupe (Französische Antillen, und daher EU!)

Das karibische Zentrum zum Ausdruck und zum Gedenken an den Sklavenhandel versteht sich vor allem als einen symbolischen Ort, ein Mausoleum, eine Hommage an die Sklaven vergangener Zeiten. Abgesehen von der Hauptfunktion des Gedenkens und Besinnens ist das Mahnmal auch ein innovatives Museum mit einer Architektur und Szenografie, die Geschichte und Objekte der Vergangenheit mit neuen Technologien und zeitgenössischer Kunst verbinden. Indem das Mémorial ein kollektives Gedächtnis über den Sklavenhandel und die Sklaverei erstellt, ist es wesentlich für das Verstehen der Welt von heute und der Beziehungen zwischen den verschiedenen Kulturen. Es soll es ermöglichen, die große Herausforderung anzunehmen, mit der die Menschen des 21. Jahrhunderts konfrontiert sind: harmonisch zusammenzuleben.

Das Mémorial ACTe ist wie ein Leuchtturm konzipiert, wie das Erste, das man sieht, wenn man vom Meer kommt und in die Bucht von Pointe-à-Pitre einfährt. Es wurde symbolisch am Standort der größten ehemaligen Zuckerfabrik der Kleinen Antillen errichtet, wo es noch im 19. Jahrhundert Zwangsarbeiter gab. Es handelt sich um ein 240 Meter langes, mit einer silbernen Netzstruktur überzogenes Gebäude. Es soll an die Luftwurzeln des Feigenbaums erinnern, die in verfallene Mauern eindringen, aber auch dafür sorgen, dass sie nicht einstürzen. Dieses metallene Netz umschließt einen schwarzen Kasten, der das schwarze Volk repräsentiert. Die Quarzsplitter, mit denen dieser Kasten übersät ist, symbolisieren die Seelen der Opfer des Sklavenhandels und der Sklaverei. Eine Fußgängerbrücke verbindet den zweiten Stock der Gedenkstätte mit dem Garten Morne Mémoire auf dem gegenüberliegenden Hügel, der zum Gedenken einlädt und von dem aus man einen wundervollen 360°-Ausblick über die Bucht hat. Jacques Martial, Vorsitzender des Memorial


Das vom Präsidenten des Regionalrats Victorin Lurel und dem Regionalrat von Guadeloupe auf Vorschlag des Internationalen Komitees der Schwarzen Völker (CIPN) initiierte ACTe-Denkmal soll ein Ort sein, der dem kollektiven Gedächtnis der Sklaverei und des Sklavenhandels gewidmet ist offen für die heutige Welt. Das ACTe-Denkmal beschreibt sich selbst als den ehrgeizigsten Ort der Erinnerung, der jemals der Sklaverei gewidmet war .

Das Memorial ACTe wurde unter dem Einfluss des „International Committee of Black Peoples“, einer Unabhängigkeitsbewegung, geboren und entstand unter der Ägide der Region Guadeloupe . Die Idee eines „Karibik Museum der Sklaverei und des Sklavenhandels“ erschien 1998 . 2007 beauftragte Präsident Jacques Chirac den Schriftsteller Édouard Glissant mit der Schaffung eines nationalen Zentrums für Menschenhandel und Sklaverei, das er in Paris errichten wollte . Die Idee wird von Präsident Nicolas Sarkozy aufgegeben. Das Projekt wurde schließlich vom Präsidenten der Region Guadeloupe, Victorin Lurel, übernommen. Die Schaffung des ACTe-Denkmals steht ganz oben auf der Überseemaßnahme für den Kandidaten François Hollande , der teilweise vom französischen Staat finanziert wird.


27. Mai 2008 In Erinnerung an das Dekret 27, der Abschaffung der Sklaverei 1848 wurde der erste Stein auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik Darboussier gelegt, wo es noch im 19.Jhdt.

Anlässlich des nationalen Gedenkens an die Abschaffung der Sklaverei weiht der Präsident der Republik François Hollande das Denkmal am 10. Mai 2015 ein. 


 The ambition of the project is matched by its spectacular architecture, state-of-the-art technology in its exhibition rooms, the building’s exquisite lightning at night and the XXL coffee table book-style catalogue. The team behind the project knew how to link it up to progressive discourse: of course, they don’t call it a “museum”, but a “Mémorial ACTe” (or “MACTe”, for short), to highlight that it is “memory in action” (p. 379).

But under the museum’s shiny surface, the political burden weighs heavy.   The quest for a “good” French narrative comes at the price of silences, omissions and a twisting of history which is hard to swallow.  For someone who studied the issues of race and inequality in other parts of the Caribbean, the irritation begins right at the start: The permanent exhibition opens with no one else than Columbus. The twist is the Admiral’s veneration of the so-called “Black Madonna”, the Virgin of Guadeloupe in the Spanish monastery of Cáceres, after which he named the island. We thus enter history not via Africa, the place of origin of those who were enslaved and taken to the Caribbean by force, but through the eyes of the Caribbean’s “discoverer” at the service of the Spanish empire.

(...) he visitor’s irritation continues in the rooms on the practice of slavery in the plantation economies of the French colonies. Not that the exhibition would deny torture and violence. Indeed, a gallery presents the instruments of repression: bullwhips, chains, shackles, iron masks- a dark arsenal of quotidian terror. The trick is in the framing: The same room displays a super-sized version of the Code Noir. This collection of laws and regulations governing the slave system under French rule is a document of bureaucratic monstrosity. Slaves were property but could not be mortgaged. No slave markets were allowed on Sundays. Fugitive slaves absent for a month should have their ears cut off and be branded. And so on, in 60 articles. The audio-guide then presents an unexpected connection between this and the instruments of repression on display: The plantation owners, we are told, used these in spite of the fact that the Code Noir prohibited torture! The French colonial state is portrayed as establishing rules and caring for the protection of the slaves, but, alas, it was
unable to reign in the cruelty of the planters.


(...) This normalization of slavery reaches a climax when the museum resorts to animated movies to show “the daily lives of four slaves.” A farm slave’s work on the field is shown hardly different from field labor today. An old carpenter is shown representing the category of what was then called “talented negro” (“nègre de talent”), explaining to a youngster the merits of learning to be good at a craft. Another of the daily life stories is that of a young female domestic slave who is shown choosing to become the mistress of her owner in order to gain some “upward mobility”. Local critics sharply protested this representation of the enslaved black female being “happy to be her master’s sexual object” (Lettre Ouverte 2016). Moreover, the same animation depicts a “free black” as a thief and rapist, complying with the racist stereotypes. The Guadeloupean Afro-activist magazine “Racines” dedicated an entire issue to what it saw as the MACTe’s shortcomings and blind spots, including suggestions for remedies (Racines 2016). However, five years after its inauguration, the permanent exhibition remains unchanged.

(...) Eventually, in 1848, the French Republic abolished slavery for the second time. In the MACTe’s narrative, this date becomes the moment of birth of what is Guadeloupe’s society today. It also provides the baseline for a very practical project of genealogic research that is linked to the museum. After 1848, more than 80,000 “newly free” blacks were registered and given new family names. The French République is thus portrayed as the midwife of liberty and identity. Today, these names persist as the family names of most Guadeloupeans, and the “Our names” project (Non an Nou, in Creole) calls on the people to look up the origin and pedigree of their name. Searching for the “roots” here no longer refers to some distant African past, but to the concrete ancestors at the moment of becoming “free and French”.

The MemorialACTe museum in Guadeloupe is, despite all its shortcomings, an important step forward in that it draws the legacy of French colonial slavery into the spotlight of public debate. If the MACTe is to be – as its name proclaims – “memory in action”, it should not close, but open that debate.

Bert Hoffmann: Re-Colonising Memory. Der ganze Text hier: https://boasblogs.org/dcntr/re-colonizing-memory/






Freitag, 11. Februar 2022

Elsbeth Wallnöfer: Arsenikesser. Eine ungewöhnliche, eine feine Ausstellung von Simon Brugner im Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum, Graz.


 

 

Simon Brugner, Künstler, Fotograf, Steirer, Kurator, veröffentlichte im Jahr 2018 ein Foto-Kunst-Buch mit dem Titel „The Arsenic Eaters“. (Brugner, Simon: The Arsenic Eaters. Erschienen bei The Eriskay Connection o.O. 2018)

Jetzt gibt es dazu auch eine Ausstellung. Gegenstand von Buch und Ausstellung ist die künstlerische Auseinandersetzung mit einem kaum beachteten Thema, den, in der Vergangenheit auch als Giftesser bekannten, Arsenik Essern seiner unmittelbaren Heimat. Arsenik, als psychoaktive Substanz (Droge), die seit der griechisch- und römischen Antike als solche bekannt und genutzt ist, entdeckten auch die Steirer und Tiroler für sich, nachdem sie Arsenik-Vorkommen vorfanden. In geringen Mengen zu sich genommen, geraucht oder geschleckt, zermahlen und pulverisiert wirkte es wie ein Schönheitsbooster. Pferdehändler verfütterten es dem Vieh, das es galt in naheliegender Zukunft zum Verkauf anzubieten. Dem Fell verlieh es Glanz und den Muskeln Spannung.

Könige vieler bekannten Reiche der Geschichte suchten sich mit gezielten, wohldosierten Portiönchen davon vor Giftanschlägen zu immunisieren, schönheitsbewusste Griechinnen nutzen einstmals das Mittel, um sich zu enthaaren.

 

Die kleine, exquiste und überschaubare Ausstellung von Simon Brugner ist jedoch keine Kulturgeschichte regionaler Drogen, sie ist eine Kunstausstellung. Seine Fotoarbeiten stellt Brugner von ihm ausgewählten Objekten aus dem Depot des Hauses gegenüber. Wer gewillt ist, sich auf eine künstlerische Präsentation, auf eine gewisse Art von Spiegelung einzulassen, der wird am Ende belohnt. Brugners Arbeiten, Auswahl und Zusammensetzung beruhen nämlich auf dem Prinzip eines (unbewussten?) Gestaltenwechsels. Seine, bereits in den Fotografien angelegte, vergleichende Morphologie liegt als Prinzip auch der Ausstellung zugrunde. Daher scheint es logisch und konsequent, Votivbilder und Strahlenkränze aus dem Bestand des Hauses in die Schau aufzunehmen, morphologische Ähnlichkeiten zu seinen Fotografien hin auf subtile Weise zu offenbaren. Weil es keinen umfassenden Raumtext zur Kulturgeschichte der Droge Arsenik gibt (was für Unwissende anzubieten eine hilfreiche Geste wäre), ist der Besucher mehr denn sonst gefordert, sich bedingungslos auf die gebotene Kunst samt „fremden“, irritierenden Objekten einzulassen. Wem dies gelingt, der vernimmt auch den sublimen erotischen Charme, der in den Dingen, Bildern, den religiösen Motiven, angelegt liegt.

 

Der idealerweise räumlich von der Ausstellung separierte Lesetisch mit seinen Textkopien wirkt leicht überfordernd bis tapsig hingestellt. Da wäre doch ein feiner, kulturhistorisch aufklärerischer Raumtext, der von der Mithradisation, dem Arsenik-Handel der Steirer, von der Praxis, es als Schönheitsmittel anzuwenden, wie grundsätzlich von der Faszination des Arsenik- Essens als Droge erzählt, eleganter und hilfreicher gewesen. So aber finden wir einen, im Charakter einer Kunstkritik gehaltenen, Text zur Arbeit des Fotografen vor, der etwas einbeinig daherkommt.

 

Wer sich davon unbeeinflusst auf die Ausstellung einlässt, zieht Genuss aus der kleinen chiasmatischen Kunstschau.

 

„Erinnerungen an die steirischen Arsenikesser“. Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum, Graz. Kurator: Simon Brugner. Co-Kuratorin: Birgit Johler. Die Ausstellung läuft noch bis 6. März 2022