Mittwoch, 4. Oktober 2017

Grauenhafte (Kultur)Politik, immer und immer wieder

Der Ex-Bundesgeschäftsführer der SPÖ gründet eine Firma und fragt mal beim SPÖ-geführten Verteidingsminsterium nach, ob er nicht dort eine seiner Idee verwirklichen darf. Darf er. Ein Konzept für das "Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018" ausarbeiten. Das kann nämlich außer ihm niemand. Zur Frage, warum es zu keiner Ausschreibung des Auftrags gekommen sei, heißt es nämlich: "Es gab deshalb keine Ausschreibung, weil Prof. Dr. Gerhard Schmid aufgrund seiner Fachexpertise, seines Netzwerks und seiner beruflichen Erfahrung der einzig bekannte Vertragspartner mit der erforderlichen Expertise im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, der staatlichen Gedenk- und Erinnerungskultur sowie der Menschenrechte ist." (zitiert nach dem heutigen Standard). Belohnt wird er für seine weithin berühmte und gefragte Expertise mit 114.000.- Euro.
Die, die solche Entscheidungen treffen, richten beachtliche Kollateralschäden an. Sie beschädigen die Gedenkkultur insgesamt, weil sie mit einer solchen dreisten Personalien signalisieren, daß ihnen die Qualität der Gedenkkultur total wurscht ist. Und sie beschädigen alle jene, die in diesem Gebiet wirklich Kompetenz haben und die einschlägige Wissenskultur, die auf solche Weise „papierlt“ wird.

Zwangsbesuch


Montag, 2. Oktober 2017

Krieg zwischen zwei Londoner Museen, und was für einer!

Das ist wenigstens mal originell. Ein User stellte an das Science Museum und das Museum of natural history in London folgende Frage: Who would win in a staff battle between @sciencemuseum and @NHM_London, what exhibits/items would help you be victorious? 

Greatest Hits (Texte im Museum 635)


Samstag, 30. September 2017

Objekt Nummer eins

Vom Haus der Geschichte Österreich hört man nicht sehr viel. Die Webseite schlummert so vor sich hin und hat sich, wenn ich nichts übersehen habe, seit vielen Monaten nur minimal verändert. Die Facebookseite ist karg und, ganz konträr zur Aufgabe so einer Seite, hoffnungslos veraltet. Von einer kleine Öffentlichkeitsoffensive ist mir die Mitteilung in Erinnerung geblieben, daß man in der künftigen Ausstellung 100 Jahre Geschichte auf 60 Metern sehen werde. Oder verwechsle ich da etwas, zum Beispiel mit dem Geschichtsmuseum des Joanneum, pardon, Universalmusem Graz, das mir dir Geschichte der Steiermark in 100 Objekten zu zeigen verspricht. Aber auf wie vielen Metern?
Eben habe ich wieder etwas gelesen über das Wiener Geschichtshaus, nämlich, daß man das erste Objekt erworben hat. Aus den Berichten geht ncht ganz klar hervor, ob der eher unscheinbare metallbeschlagene Koffer bloß inventarisch die Nr.1 ist, gewissermaßen sybolisch, zumal es sich ja um eine Wahlurne handelt, oder tatsächlich um die erste Erwerbung überhaupt.
Das würde mich wundern, denn was wäre denn dann in der Zeit bisher geschehen? Eine Hypothek des Projekts ist ja, daß es keine Sammlung gibt, daß erst eine aufgebaut wird. Und da hätte man bis jetzt gewartet? Wohl kaum!?
Großhofen schenkt also dem künftigen Haus der Geschichte Österreich einen zur Wahlurne zurechtgebastelteten Koffer. Das ist eine Presseaussendung wert und eine Fotostrecke, auf der wir den Koffer von allen Seiten und die zeremonielle Übergabe zwischen Bürgermeister und Museumsdirektorin in mehreren Fotos bewundern dürfen. Das Objekt selbst ist unanschaulich und ich bin ziemlich sicher daß mir der Pelzkragen der Frau Direktor länger in Erinnerung bleiben wird, als der Koffer.
"Da Demokratieentwicklung, ihre Brüche und Transformationen ein wichtiges inhaltliches Thema des HGÖ sein werden, wollten wir die Nummer eins mit diesem Thema besetzen", sagt Monika Sommer. Was es zu dem in einer Ausstellung nicht sonderlich sexy auftretenden Ding als Veranschaulichungs-Medium von Demokratie so auf sich hat, erfahren wir erst in dreizehn Monaten, da wird sich dann zeigen, wo sich das Haus auf dem polaren Spannungsseil zwischen "Wahl als Essenz von Demokratie" einerseits und "Whale als Idiotenfalle" (Jean Paul Sartre) andrerseits positionieren wird.

Ach! Ist das schön!

"Gerade am Beispiel seiner Madonnenfiguren, denen ein langweiliges Grundmuster nachgesagt wird, lässt sich eine Fülle feinster psychologischer Kontaktnahmen zwischen Mutter, Kind und den beigesellten Figuren beobachten. Mal wird der Granatapfel, dieses Symbol der Passion, aber auch der Herrschaft, das die Mutter in der Hand hält, vom Kind nachdenklich betastet; mal hängt sich der Knabe mit einer Hand frech in den Halsausschnitt der Mutter; mal greift er übermütig nach einem Stab oder streckt den Arm neugierig nach einem Buch aus; mal blickt er, auf einem Lamm reitend, beifallhungrig zu Josef hin. All diese genau beobachteten kindlichen Gesten machen aus den Andachtsbildern Werke von anrührender Besonderheit und überzeitlicher humaner Schönheit." (Aus einer Ausstellungsbesprechung, "Raffael", Albertina Wien. Die HErvorhebungen stammen nicht von mir.)

Mittwoch, 27. September 2017

Can a museum heal the world?

Nicht nur mitdenken, sondern auch mitmachen sollen die Besucher in der neuen Schau „Duett mit Künstler_in“ im 21er Haus in Wien. Yoko Ono lässt dabei etwa Häferln reparieren und über das „Heilen der Welt“ nachdenken.

Orf.at, 27.9.2017

Mittwoch, 23. August 2017

Allegorie des Mäzenatentums

Cartoon showing John Pierpont Morgan, with a large magnet in shape of money sign, drawing in paintings, suits of armor, and other objects. Date 1911

Dienstag, 8. August 2017

Über Tote nur Gutes. Martin Roth

Am vergangenen Sonntag ist Martin Roth gestorben. Er war hier öfter "Gast" und mußte für einige spöttische Anmerkungen herhalten zu seinen eigentümlichen (museums)politischen Kommentaren. Seine gelegentlich unkonventionelle Haltung beschäftigt auch die Mehrzahl der Nachrufe. Aber er hatte die wohl ungewöhnlichste und erfolgreichste Karriere eines Museums"mannes" (wie er jetzt genannt wird) nach 1945.
Erinnern wir uns an ihn mit diesem Satz: Es ist erbärmlich, was die Kunst- und Kulturwelt gegen politische und gesellschaftliche Bedrohungen unternimmt.

Tja, wieso wirklich...?


Sonntag, 23. Juli 2017

Ausstellungskritik als Kunstkritik

Das ist mal eine Kritik, wie ich sie mir wünsche, eine die etwas verständlich macht, aber nicht wegerklärt. Georg Seeßlen schreibt über die Ausstellung after the fact des Lenbachhauses. Hier: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/da-hilft-nur-kunst

Leseprobe:
Ein bisschen schwiemelig wird es dann immer, wenn jemand erklärt, was der Künstler oder die Künstlerin denn nun gemeint habe, wofür oder wogegen er oder sie sich in ihrem Werk ausspreche. So heißt es zur Installation The Lugubrious Game von John Miller, die Stehpulte mit Mikrofonen um einen Haufen mit Dildos, Tageszeitungen, Geldscheinen und so weiter gruppiert, sie ziele „auf gesellschaftliche Formen von Sublimierung im Spätkapitalismus“ ab und zeige „die Gameshow, das öffentliche Ringen um Reichtum und Berühmtheit, als eine eher bescheidene Maskierung unserer psycho-sexuellen und narzisstischen Triebe“, und da möchte man doch gern sagen: Nö! Hier hat ein Künstler Stehpulte mit Mikrofonen um einen Haufen Dildos, Tageszeitungen, Geldscheine und so weiter gruppiert, alles andere mache ich selber mit dem Kunstwerk und dem Rest der Welt ab.
Platt gesagt – und als großer Fan der Begegnung von Kunst, Theorie und Kritik: Eine Diskurs-Ausstellung sollte den Diskurs ermöglichen, ihn aber weder ersetzen noch vorwegnehmen.