Deutsches Historisches Museum. 'Besucherkino' |
Mittwoch, 16. Januar 2013
Dienstag, 15. Januar 2013
Trostlose Erbsenzählerei mit der Jubelstatistik
Alle Jahre wieder tauchen die Besuchszahlen der Österreichischen Bundesmuseen auf, dann, wenn der letzte Kulturbericht veröffentlicht wurde. Dann gibts eine Presseaussendung und einschlägige Artikel in den Blättern der Hochintelligenz. Die Statistik ist immer erfreulich, immer ist irgendetwas gestiegen, immer ist irgendjemand besser geworden, immer hat irgendwer einen Rekord eingestellt.
Gestern durften wir im Standard (hier) wieder einen solchen Artikel lesen, wobei Entwicklungen seit 2002 berücksichtigt wurden. Und immer werden gleich mehrere gravierende Sachverhalte ignoriert, deren Berücksichtigung freilich diese Art des statistischen Vergleichs ad absurdum führte.
Zunächst mal - wie oft ist das schon gesagt worden -, was man zählt, sind nicht Besucher, sondern Besuche. Das ist insofern alles andere als egal, als solche Statistiken, wenn man diese Unterscheidung nicht trifft, die sehr ungleiche Nutzung der unterschiedlichen sozialen Gruppen unterschlägt. Streng genommen könnte ein mehr an Besuchen nicht unbedingt ein mehr an Besuchern bedeuten.
Der zweite gravierende Einwand: die Zahl der Besuche korreliert selbstverständlich mit der Zahl der Ausstellung und mit ihrer Attraktivität. Da die Museen bei der Erhebung der Zahlen keinen Unterschied zwischen der permanenten Ausstellung und den Sonderausstellungen machen können oder wollen, macht die ganze Vergleicherei freilich sehr wenig Sinn.
Der Autor des Standard-Artikels, Thomas Trenkler, nennt selbst den Einfluß etwa der Klimt-Ausstellung in der Österreichischen Galerie oder der van Gogh-Ausstellung in der Albertina.
Drittens: Unberücksichtigt bleiben Schließzeiten, vorübergehende Einschränkungen des Dauerausstellungsbetriebes, wie etwa beim MMK, das Wachsen oder Schrumpfen von Museen durch Ein- oder Ausgliederungen, wie etwa beim KHM oder der Österreichischen Galerie. So wird weder aus der Statistik noch aus dem Artikel klar, ob etwa das Museum des XXI.Jahrhunderts berücksichtigt wurde oder nicht, während beim KHM etwa das Völkerkundemuseum nicht mitgezählt wurde. Die Struktur der Museen hat sich im dargestellten Zeitraum immer wieder verändert. Hingewiesen wird nur auf die Schließzeit der Albertina und des MUMOK.
Viertens: Alle wissen es, kaum jemand redet darüber. Die Zahlen werden geschönt. Jetzt läßt sich das etwas leichter behaupten, da ja die Manipulation der Erhebung am MAK unter der Direktion Noever bekannt wurde. Nicht nur ich kenne Museen, die ein- und denselben Besucher zweimal oder sogar dreimal zählen, wenn er etwa in ein- und demselben Museum Sonderausstellungen und die Dauerausstellung besucht. Apropos: Ob die bekannt gewordenen Manipulationen an den Zahlen des MAK in der Statistik noch drinstecken oder nicht, auch das erfährt man nicht.
Fünftens und zum Schluß und bis zum Überdruß: Alle machen immer auf die Sinnlosigkeit der Quotenzählung hin, die Kuratoren, die Journalisten, und alle machen mit, veröffentlichen die Zahlen, versehen sie mit jubilatorischen Aufmachern, als hätte grade der Finanzminister einen Budgetüberschuß verkündet.
Und niemand diskutiert über Qualität und Inhalte und über alternative und sinnvolle Möglichkeiten, die Arbeit von Museen (die ja nicht bloß im Ausstellen besteht) zu bewerten. Es ist trostlos.
Gestern durften wir im Standard (hier) wieder einen solchen Artikel lesen, wobei Entwicklungen seit 2002 berücksichtigt wurden. Und immer werden gleich mehrere gravierende Sachverhalte ignoriert, deren Berücksichtigung freilich diese Art des statistischen Vergleichs ad absurdum führte.
Zunächst mal - wie oft ist das schon gesagt worden -, was man zählt, sind nicht Besucher, sondern Besuche. Das ist insofern alles andere als egal, als solche Statistiken, wenn man diese Unterscheidung nicht trifft, die sehr ungleiche Nutzung der unterschiedlichen sozialen Gruppen unterschlägt. Streng genommen könnte ein mehr an Besuchen nicht unbedingt ein mehr an Besuchern bedeuten.
Der zweite gravierende Einwand: die Zahl der Besuche korreliert selbstverständlich mit der Zahl der Ausstellung und mit ihrer Attraktivität. Da die Museen bei der Erhebung der Zahlen keinen Unterschied zwischen der permanenten Ausstellung und den Sonderausstellungen machen können oder wollen, macht die ganze Vergleicherei freilich sehr wenig Sinn.
Der Autor des Standard-Artikels, Thomas Trenkler, nennt selbst den Einfluß etwa der Klimt-Ausstellung in der Österreichischen Galerie oder der van Gogh-Ausstellung in der Albertina.
Drittens: Unberücksichtigt bleiben Schließzeiten, vorübergehende Einschränkungen des Dauerausstellungsbetriebes, wie etwa beim MMK, das Wachsen oder Schrumpfen von Museen durch Ein- oder Ausgliederungen, wie etwa beim KHM oder der Österreichischen Galerie. So wird weder aus der Statistik noch aus dem Artikel klar, ob etwa das Museum des XXI.Jahrhunderts berücksichtigt wurde oder nicht, während beim KHM etwa das Völkerkundemuseum nicht mitgezählt wurde. Die Struktur der Museen hat sich im dargestellten Zeitraum immer wieder verändert. Hingewiesen wird nur auf die Schließzeit der Albertina und des MUMOK.
Viertens: Alle wissen es, kaum jemand redet darüber. Die Zahlen werden geschönt. Jetzt läßt sich das etwas leichter behaupten, da ja die Manipulation der Erhebung am MAK unter der Direktion Noever bekannt wurde. Nicht nur ich kenne Museen, die ein- und denselben Besucher zweimal oder sogar dreimal zählen, wenn er etwa in ein- und demselben Museum Sonderausstellungen und die Dauerausstellung besucht. Apropos: Ob die bekannt gewordenen Manipulationen an den Zahlen des MAK in der Statistik noch drinstecken oder nicht, auch das erfährt man nicht.
Fünftens und zum Schluß und bis zum Überdruß: Alle machen immer auf die Sinnlosigkeit der Quotenzählung hin, die Kuratoren, die Journalisten, und alle machen mit, veröffentlichen die Zahlen, versehen sie mit jubilatorischen Aufmachern, als hätte grade der Finanzminister einen Budgetüberschuß verkündet.
Und niemand diskutiert über Qualität und Inhalte und über alternative und sinnvolle Möglichkeiten, die Arbeit von Museen (die ja nicht bloß im Ausstellen besteht) zu bewerten. Es ist trostlos.
Zufallsfund
"Von dem Kunsthistoriker Peter Geimer stammt die schöne Beobachtung, dass
moderne Kunst sich häufig auf Kosten des Betrachters profiliert. Beim
Durchlesen von Ausstellungstexten war ihm aufgefallen, dass die Kunst
stets als radikal und subversiv beschrieben wurde, der Betrachter
dagegen als einfältig und pedantisch."
Gefunden in Julia Voss Essay "Kunstauffassung im Wandel. Ein Bild für Kinder." FAZ 5.1.2013, Online hier.
Gefunden in Julia Voss Essay "Kunstauffassung im Wandel. Ein Bild für Kinder." FAZ 5.1.2013, Online hier.
Sonntag, 13. Januar 2013
Samstag, 12. Januar 2013
Aus der Geschichte der Schatzbildung: Tetzels Ablasstruhe (Objet trouvé)
Es klingt ganz heutig. Wie kommt man zu viel Geld, um zu investieren? Wie nutzt man dabei bereits existierende Schuldverhältnisse? Wie bewerkstelligt man Umverteilung im Großmaßstab?
In katholischen Ländern ging das im 16. Jahrhundert so. Eine Fachkraft wird beauftragt Ablasshandel zu treiben, also die Umwandlung von Schuld in Geld. Wer zahlte, kam nicht in die Hölle, die Sünden wurden vergeben. Dafür gab es detaillierte Preislisten, die eine Staffelung nach Ausmaß des Sündennachlasses und sozialer Zugehörigkeit vorschrieben. "Vollkommene Vergebung" war selbstredend teuer, kostete Könige und Königinnen mit ihren Nachkommen, Erzbischöfe und Bischöfe fünfundzwanzig rheinische Goldgulden, Äbte, Prälaten und andere Adelige zehn Goldgulden. Die Staffelung der übrigen Gesellschaftsschichten bezog sich auf das jeweilige Einkommen.
Die Fachkraft war der Dominikanermönch Johann Tetzel (* um 1460 † 11. August 1519). Seine Karriere beginnt im Dienste des Deutschen Ritterordens und hat ihren Höhepunkt in der Ernennung zum Subkommissar beim Ablasshandel für den Bau der Peterskirche in Rom. Denn die Hälfte der Einnahmen aus dem Ablass fließen in den Bau des Persdomes (der Papst zeigt sich mit einer Ernennung zum Doktor der Theologie erkenntlich), die andere Hälfte ging, in einem geheimen Abkommen geregelt, an den Erzbischof Albrecht von Brandenburg. Womit dieser seine gegenüber den Fuggern aufgelaufenen Schulden begleichen konnte. Die Fugger hatten offenbar Grund, dem frommen Mann Tetzel bei seinem Eintreibergeschäft zu misstrauen, sie begleiteten ihn und zogen die den Fuggern zustehenden Tilgungssummen sofort und selbst ein. Tetzel hatte ja wirklich alles andere als einen frommen Lebenswandel, in Innsbruck wurde er wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt. Der Kurfürst von Sachsen rettete ihn. Die immensen Schulden des Erzbischofs waren entstanden, weil er mit den Krediten Ämter kaufte (Simonie) - zusätzlich zu den Bischofssitzen von Magdeburg und Halberstadt den wichtigsten deutschen Erzbischofsstuhl von Mainz, der mit der Kardinalswürde und dem Erzkanzleramt über den deutschen Teil des Reiches verbunden war. Dieses Handeln mit wechselseitigen Schuldverhältnissen brachte das Fass zum Überlaufen und provozierte Martin Luther zu seinem berühmten Thesenanschlag.
Ein Relikt des unfrommen Wirkens Tetzels sind einige (in ihrer Authentizität nicht so ganz gesicherte) Ablasskisten. Von der hier abgebildeten Truhe, die sich im Städtischen Museum Braunschweig befindet, weiß man aus Quellen, daß Tetzel sie im Zuge von Ablaßpredigten in der kleinen Peterskapelle südöstlich des Dorfes Süpplingenburg (bei Helmstedt) verwendet hat. Solche Kisten mussten massiv, mit Eisen verstärkt und durch mehrere Schlösser gesichert sein. Die Ablaßkiste durfte nicht offenstehen und nur in Anwesenheit von Zeugen oder eines Notars geleert werden. Man nimmt an, daß die Schlüssel zu den drei auf dieser Truhe befindlichen Schlössern im Besitz der drei Nutznießer des Ablasshandels waren: die römische Kurie, das Fuggersche Bankhaus und der Ablaßkommissar und Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg.
Schätze und Schatzhäuser sind eine der Grundformen des Sammelns. Die Geschichte vom Ablassfunktionär Tetzel ruft uns deren eher unterschlagenen und verdrängten Aspekte in Erinnerung.
Freitag, 11. Januar 2013
Kulturelle oder ökonomische Logik. Peter Assmann äußert sich zu den Gründen seines Rücktritts
Ich habe Peter Assman gefragt, ob er angesichts seines Rücktritts zu der stärker werdenden Rolle von Managern (Kaufmännische Direktoren etc.) in Museen etwas schreiben will - vor dem Hintergrund jener Erfahrungen, die ihn schließlich zum Rücktritt bewogen haben. Ich habe gestern (hier, in einem kurzen Beitrag) diesen Rücktritt als Symptom einer problematischen Entwicklung bezeichnet, das weitgehedn ohne öffentliche Resonanz bleibt. Hier nun der Beitrag von Peter Assmann, der vielleicht eine Debatte in Gang setzt - und für den ich ihm herzlich danke.
Peter Assmann
Zur Rolle der kaufmännische Direktoren in Museen
Kaufmännische Direktoren, früher hießen sie durchwegs Verwalter, gibt es in
der österreichischen Museumslandschaft mit dieser Bezeichnung seit den
umfangreichen Ausgliederungsbewegungen verstärkt ab Mitte der 1990er Jahre
in Österreich. Prägnante Beispiele dafür sind der Großkomplex des
Kunsthistorischen Museums, das Wien-Museum aber auch die Museen der Stadt
Linz. Das duale Führungsprinzip ist hier durchwegs so aufgegliedert, dass es
einen Direktor und einen kaufmännischen Direktor gibt. Beim Direktor, oder
Generaldirektor wie beim Kunsthistorischen Museum, handelt es sich um eine
Person mit inhaltlich einschlägigem Studium durchwegs der
Geisteswissenschaften, beim kaufmännischen Direktor um eine Persönlichkeit
mit einem Wirtschaftsstudium. Die interne Hierarchie ist so geregelt, dass
in der Person des Direktors eine die Aktivitäten des Museums
zusammenführende und auch kompakt nach außen und innen kommunizierende
Persönlichkeit handelt, wo hingegen der kaufmännische Direktor für die
administrativen Belange - durchaus auch mit (beschränkter) Personalhoheit -
zuständig ist.
International wie national beobachtbar ist jedoch die Tendenz, dass sich
dieses Modell nicht bewährt hat, konkrete Fälle des Scheiterns mit
weitreichenden Folgen sind etwa bei den Museen in Hamburg oder auch im
Liechtensteinischen Landesmuseum beobachtbar gewesen. Die Ausschreibungen
der jüngsten Zeit zielten hier stets auf eine eindeutig definierte singuläre
Leitungspersönlichkeit eines Museums hin.
Gerade aus der Beobachtung dieser Tendenzen wird klar, dass die Institution
Museum in den letzten Jahrzehnten eine weitreichende Aufgabenerweiterung
erfahren hat. Immer mehr kristallisiert sich das Bild einer umfassenden –
ich bezeichne es immer als - „Kompromissinstitution“ heraus. Es gilt eine
positiv tragfähige Verbindung zwischen Wirtschaftlichkeit und
Wissenschaftlichkeit, zwischen bewahrender und vermittelnder Kompetenz,
zwischen touristischer Arbeit, kreativer Orientierung sowie umfassenden
Bildungsaktivitäten im Sinne des Life Long Learnigs und vieles mehr zu
gestalten. Dass eine solche Kompromisssituation bei einem dualen
Führungsprinzip nur dann funktionieren kann, wenn die beiden
Persönlichkeiten extrem gut harmonieren und ihre Kompetenzen sich
bestmöglich ergänzen, ist offensichtlich.
Wenn jedoch, so wie es zuletzt in Linz bei den OÖ. Landesmuseen der Fall
war, von politischer Seite eine Persönlichkeit als kaufmännischer Direktor
etabliert wird, der in seiner Berufsausbildung Jurist und in seiner
langjährigen Berufserfahrung Geschäftsführer eines Tourismusverbandes,
Geschäftsführer einer kulturellen Großaktivität und freier
Unternehmensberater war und diese Persönlichkeit sofort – ohne zuvor jemals
in einem Museum gearbeitet zu haben - umfassende Kompetenzen im Sinne der
Personalhoheit, der absoluten Finanzhoheit und auch der Leitung des Bereichs
Marketing und Kommunikationsverantwortung bekommt und die Institution dabei
zweigeteilt wird und das ganze innerhalb eines bürokratischen Systems
gemacht wird – dieses Museum ist als einziges großes Museum ich Österreich
nicht ausgegliedert -, so ist dies eine nationale und international völlig
allein stehende Lösung.
Welche Effekte man sich von einer solchen strukturellen völligen Entmachtung
des inhaltlichen Bereichs eines Museums verspricht, können nur vermutet
werden. Kreativitätsfördernd, Engagement fördernd ist dies jedoch in keinem
Wirtschaftsbereich. Wenn die Kulturinstitution Museum völlig unter das
strukturelle Diktat von einer wirtschaftlich administrativen Leitung gerät,
dann sind die Prioritäten klar in diesem Bereich angesiedelt.
Das Museum wird nicht mehr mit einem Hang zum innovativen Risiko agieren, es
wird brav und innerhalb der bestehenden Normen der Verwaltung arbeiten
(müssen).
Jede Organisation, die sich ihrer Kreativkräfte beraubt, wird die Rechnung
dafür später bezahlen müssen. Wer nur einäugig betriebswirtschaftlich und in
kleinteiligen Verwaltungsstrukturen denkt, wird im volkswirtschaftlichen
Sinne bzw. im Sinne übergeordneter Entwicklungsperspektiven immer teuer zu
bezahlenden Nachholbedarf haben. Eine Verwaltung, die sich selbst als
prioritäres Ziel hat, ist ein geschlossenes System und nur vorgetäuscht
produktiv.
Gerade bei einer so vielfältig agierenden Institution mit so vielen
Möglichkeiten wie dem Museum ist das ein absurder Verschleiß von
Volksvermögen und vor allem Volkspotential. Die wirtschaftlich ungünstige
Rechnung zahlt hier immer der Steuerzahler.
Peter Assmann
Zur Rolle der kaufmännische Direktoren in Museen
Kaufmännische Direktoren, früher hießen sie durchwegs Verwalter, gibt es in
der österreichischen Museumslandschaft mit dieser Bezeichnung seit den
umfangreichen Ausgliederungsbewegungen verstärkt ab Mitte der 1990er Jahre
in Österreich. Prägnante Beispiele dafür sind der Großkomplex des
Kunsthistorischen Museums, das Wien-Museum aber auch die Museen der Stadt
Linz. Das duale Führungsprinzip ist hier durchwegs so aufgegliedert, dass es
einen Direktor und einen kaufmännischen Direktor gibt. Beim Direktor, oder
Generaldirektor wie beim Kunsthistorischen Museum, handelt es sich um eine
Person mit inhaltlich einschlägigem Studium durchwegs der
Geisteswissenschaften, beim kaufmännischen Direktor um eine Persönlichkeit
mit einem Wirtschaftsstudium. Die interne Hierarchie ist so geregelt, dass
in der Person des Direktors eine die Aktivitäten des Museums
zusammenführende und auch kompakt nach außen und innen kommunizierende
Persönlichkeit handelt, wo hingegen der kaufmännische Direktor für die
administrativen Belange - durchaus auch mit (beschränkter) Personalhoheit -
zuständig ist.
International wie national beobachtbar ist jedoch die Tendenz, dass sich
dieses Modell nicht bewährt hat, konkrete Fälle des Scheiterns mit
weitreichenden Folgen sind etwa bei den Museen in Hamburg oder auch im
Liechtensteinischen Landesmuseum beobachtbar gewesen. Die Ausschreibungen
der jüngsten Zeit zielten hier stets auf eine eindeutig definierte singuläre
Leitungspersönlichkeit eines Museums hin.
Gerade aus der Beobachtung dieser Tendenzen wird klar, dass die Institution
Museum in den letzten Jahrzehnten eine weitreichende Aufgabenerweiterung
erfahren hat. Immer mehr kristallisiert sich das Bild einer umfassenden –
ich bezeichne es immer als - „Kompromissinstitution“ heraus. Es gilt eine
positiv tragfähige Verbindung zwischen Wirtschaftlichkeit und
Wissenschaftlichkeit, zwischen bewahrender und vermittelnder Kompetenz,
zwischen touristischer Arbeit, kreativer Orientierung sowie umfassenden
Bildungsaktivitäten im Sinne des Life Long Learnigs und vieles mehr zu
gestalten. Dass eine solche Kompromisssituation bei einem dualen
Führungsprinzip nur dann funktionieren kann, wenn die beiden
Persönlichkeiten extrem gut harmonieren und ihre Kompetenzen sich
bestmöglich ergänzen, ist offensichtlich.
Wenn jedoch, so wie es zuletzt in Linz bei den OÖ. Landesmuseen der Fall
war, von politischer Seite eine Persönlichkeit als kaufmännischer Direktor
etabliert wird, der in seiner Berufsausbildung Jurist und in seiner
langjährigen Berufserfahrung Geschäftsführer eines Tourismusverbandes,
Geschäftsführer einer kulturellen Großaktivität und freier
Unternehmensberater war und diese Persönlichkeit sofort – ohne zuvor jemals
in einem Museum gearbeitet zu haben - umfassende Kompetenzen im Sinne der
Personalhoheit, der absoluten Finanzhoheit und auch der Leitung des Bereichs
Marketing und Kommunikationsverantwortung bekommt und die Institution dabei
zweigeteilt wird und das ganze innerhalb eines bürokratischen Systems
gemacht wird – dieses Museum ist als einziges großes Museum ich Österreich
nicht ausgegliedert -, so ist dies eine nationale und international völlig
allein stehende Lösung.
Welche Effekte man sich von einer solchen strukturellen völligen Entmachtung
des inhaltlichen Bereichs eines Museums verspricht, können nur vermutet
werden. Kreativitätsfördernd, Engagement fördernd ist dies jedoch in keinem
Wirtschaftsbereich. Wenn die Kulturinstitution Museum völlig unter das
strukturelle Diktat von einer wirtschaftlich administrativen Leitung gerät,
dann sind die Prioritäten klar in diesem Bereich angesiedelt.
Das Museum wird nicht mehr mit einem Hang zum innovativen Risiko agieren, es
wird brav und innerhalb der bestehenden Normen der Verwaltung arbeiten
(müssen).
Jede Organisation, die sich ihrer Kreativkräfte beraubt, wird die Rechnung
dafür später bezahlen müssen. Wer nur einäugig betriebswirtschaftlich und in
kleinteiligen Verwaltungsstrukturen denkt, wird im volkswirtschaftlichen
Sinne bzw. im Sinne übergeordneter Entwicklungsperspektiven immer teuer zu
bezahlenden Nachholbedarf haben. Eine Verwaltung, die sich selbst als
prioritäres Ziel hat, ist ein geschlossenes System und nur vorgetäuscht
produktiv.
Gerade bei einer so vielfältig agierenden Institution mit so vielen
Möglichkeiten wie dem Museum ist das ein absurder Verschleiß von
Volksvermögen und vor allem Volkspotential. Die wirtschaftlich ungünstige
Rechnung zahlt hier immer der Steuerzahler.
Donnerstag, 10. Januar 2013
Ein Direktorenrücktritt
Peter Assmann, Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums wird demnächst zurücktreten. Der Grund ist offenbar die Einsetzung eines kaufmännischen Direktors, der ihm, das geht nur indirekt aus dem Bericht in der Zeitung der Standard (hier) hervor, aufgezwungen wurde. Assmann: "Die Museen werden nun von einem Kaufmann geleitet, der noch nie in
einem Museum gearbeitet hat" und: "Es ist absurd, die Verwaltung aufzublähen.
Zumal die Organisationsstrukturanalyse von Beamten durchgeführt wurde - und
nicht von externen Beratern."
Ich kann mich nur noch an einen zweiten Direktorenrücktritt erinnern, an den des Leiters des Völkerkundemuseums, der nach der Eingliederung in das Kunsthistorische Museum und fruchtlosen Planungen, das Museum mit dem Volkskundemuseum zusammenzulegen, gegangen ist. Auch damals dürfte der Mangel an Entscheidungsbefugnissen und die Vorgaben von KHM und Ministerium eine Rolle gespielt haben.
Das ist noch gar nicht so lange her und beide Rücktritte sind ein Symptom des Wandels der Museen, nicht nur in Österreich, hin zu einer stärkeren Ökonomisierung.
Es geht um zwei Aspekte und beide sind essentiell: wie stark schränkt die Orientierung an ökonomischer Effizienz die fachliche Autonomie der Museumsleitungen ein und über welche Kompetenz und Zielvorstellungen verfügen die einflussreichen "Manager", die immer mehr zum alter ego der Direktoren werden.
Und das ist kein auf das OÖ Landesmuseum begrenztes Problem. Wenn Assmann zurücktritt, aus den von ihm genannten Gründen, müssten eigentlich einige Direktoren mehr, die in der gleichen oder noch schwierigeren Situation sind, ebenfalls zurücktreten.
Der Rücktritt hat auch über das Landesmuseum hinaus Bedeutung: Peter Assmann war als Museumsleiter und als Präsident des Österreichischen Museumsbundes einer der wenigen in der Österreichischen Museumsszene, der sich immer wieder für Diskussionen eingesetzt oder Veranstaltungen initiiert hat und z.B. die Arbeit der Museumsakademie des steirischen Landesmuseums unterstützt und mit ihm kooperiert hat. Die mit offenen, analytischen Debatten nicht grade reich gesegnete österreichische Museumsszene verliert jemanden, für dessen "Ersatz" sich niemand aufdrängt.
Foto: Peter Assmann auf der Baustelle des Schlossmuseums
Ich kann mich nur noch an einen zweiten Direktorenrücktritt erinnern, an den des Leiters des Völkerkundemuseums, der nach der Eingliederung in das Kunsthistorische Museum und fruchtlosen Planungen, das Museum mit dem Volkskundemuseum zusammenzulegen, gegangen ist. Auch damals dürfte der Mangel an Entscheidungsbefugnissen und die Vorgaben von KHM und Ministerium eine Rolle gespielt haben.
Das ist noch gar nicht so lange her und beide Rücktritte sind ein Symptom des Wandels der Museen, nicht nur in Österreich, hin zu einer stärkeren Ökonomisierung.
Es geht um zwei Aspekte und beide sind essentiell: wie stark schränkt die Orientierung an ökonomischer Effizienz die fachliche Autonomie der Museumsleitungen ein und über welche Kompetenz und Zielvorstellungen verfügen die einflussreichen "Manager", die immer mehr zum alter ego der Direktoren werden.
Und das ist kein auf das OÖ Landesmuseum begrenztes Problem. Wenn Assmann zurücktritt, aus den von ihm genannten Gründen, müssten eigentlich einige Direktoren mehr, die in der gleichen oder noch schwierigeren Situation sind, ebenfalls zurücktreten.
Der Rücktritt hat auch über das Landesmuseum hinaus Bedeutung: Peter Assmann war als Museumsleiter und als Präsident des Österreichischen Museumsbundes einer der wenigen in der Österreichischen Museumsszene, der sich immer wieder für Diskussionen eingesetzt oder Veranstaltungen initiiert hat und z.B. die Arbeit der Museumsakademie des steirischen Landesmuseums unterstützt und mit ihm kooperiert hat. Die mit offenen, analytischen Debatten nicht grade reich gesegnete österreichische Museumsszene verliert jemanden, für dessen "Ersatz" sich niemand aufdrängt.
Foto: Peter Assmann auf der Baustelle des Schlossmuseums
Mittwoch, 9. Januar 2013
Dienstag, 8. Januar 2013
Weihnachtsbaum, 1942 (Objet trouvée)
1942 ließ Hermann Göring künstliche kleine Tannen, fertig geschmückt mit Lametta, goldenen Sternen und Glocken in den Kessel von Stalingrad einfliegen. Die versprochene Versorgung dagegen konnte längst nicht sichergestellt werden. Ende 1942 gab es 25 Gramm Brot je Soldat und Tag, am Weihnachtsfeiertag aufgestockt um Wurst, Kuchen, Kaffee und Zigaretten. Und um moralische Aufrüstung: eine „Weihnachtsringsendungen“, in denen die Fronten mit der Heimat verbunden wurden und Weihnachtsbäumchen. Am Tag zuvor war der Versuch, die eingeschlossene Armee aus dem Kessel zu befreien. Nur einige wenige dieser kleinen, zerzausten Bäume gibt es noch - in Museen.
"Wir schreiben den 24.12.1942. Das ist Rundfunkweihnachten. Die Propagandasprecher in Narvik rufen ihre Kollegen in Afrika, wo Rommels Panzersoldaten "Weihnachten in der Wüste" mit Palmenzweigen feiern. Die Rufe quer durch Europa enden im Kessel von Stalingrad. Alle wehmütigen Schlager seit 1936, dem Olympiade-Jahr, werden wie "Hirten auf dem Felde" aufgeboten. Propaganda, Kitsch, aber auch wirkliche Angst und Sorge kommen in diesem Heiligabend der Krise zusammen: Not kittet. Eines der zu dieser Weihnacht meist gespielten Lieder, Nr. 1 im Wunschkonzert, heißt "Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen". Es geht um ein Kinderspielzeug, ein Pferd mit kriegerischer Ausrüstung, einst dem Sohn des Hauses geschenkt. Und jetzt ist die Nachricht eingetroffen, dass das damals beschenkte Kind im Krieg gefallen ist. Dieser Krieg war schon verloren, als er begann. Definitiv seit dem Dezember 1941, nachdem das Deutsche Reich den USA den Krieg erklärt hatte. Aber erst jetzt, am propagandistisch ornamentierten und zugleich beklemmenden Heiligabend 1942 wird der Stand der Dinge wahrgenommen." (Alexander Kluge)
"Es klingt kaum glaubhaft, was ich euch jetzt berichte, ist aber pure Wahrheit", schrieb ein gewisser Josef Wenzl vom bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment 16 am 28. Dezember 1914 an seine Eltern: "Kaum fing es an Tag zu werden, erschienen schon die Engländer und winkten uns zu, was unsere Leute erwiderten. Allmählich gingen sie ganz heraus aus den Gräben, unsere Leute zündeten einen mitgebrachten Christbaum an, stellten ihn auf den Wall und läuteten mit Glocken... Zwischen den Schützengräben stehen die verhassten und erbittertsten Gegner um den Christbaum und singen Weihnachtslieder. Diesen Anblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen."
Weihnachten 1914 kommen die im Krieg verfeindeten Soldaten aus ihren Gräben und feiern gemeinsam. Über 100.000 Soldaten sollen beteiligt gewesen sein. Am nächsten Tag mit Erschießen bedroht, kehren sie in die Schützengräben zurück. So etwas wird sich nicht wiederholen.
"Am 23. Dezember 1914 wurde dies verstärkt durch den Wunsch, die aus der Heimat angekommenen Weihnachtsgeschenke in Ruhe und ohne Todesangst öffnen zu können. Jeder britische Soldat erhielt ein Päckchen des Königs, in dem er unter anderem eine Princess Mary Box fand, eine Metalldose mit dem gravierten Profilbildnis von Princess Mary, der einzigen Tochter George V. Die Schachtel enthielt Schokolade, Scones (britisches Gebäck), Zigaretten, Tabak und eine Grußkarte der Prinzessin. Ein Faksimile des Königs stellte Georg V. als Truppenvater dar, der seinen Truppen wünscht: “May God protect you and bring you home safe” (deutsch: „Möge Gott Euch schützen und sicher nach Hause bringen“). 355.000 dieser Princess Mary Boxes wurden 1914 verschickt.
Viele deutsche Soldaten bekamen zu Weihnachten 1914 aus öffentlichen Mitteln gestiftete Geschenksendungen ihrer Heimatgemeinden, daneben Pakete ihrer Familien mit warmer Bekleidung, Essen, Alkohol, Zigaretten, Briefen usw. 1914 herrschte im Gegensatz zu den späteren Kriegsjahren noch keine besondere Knappheit an Nahrungs- und Genussmitteln in Deutschland. Zudem hatte die Oberste Heeresleitung zehntausende Miniaturweihnachtsbäume an die deutschen Fronten versandt, die zu Weihnachten angezündet werden sollten." (Wikipedia)
"Die Beharrlichkeit, mit der die Menschen in Mitteleuropa auf ihren Familienzusammenkünften zu Weihnachten bestehen, beweist, dass dies ein authentischer Feiertag ist, in der Seele gefestigt, ein Fest, das man nicht gegen eine Pflegeversicherung eintauschen würde wie den Buß- und Bettag. Warum kann man das nicht? Kein Krieg, kein Drittes Reich, kein Realsozialismus, keine weltliche Macht wird mit diesen Feiertagen fertig: Sie danken ab für drei tolle Tage." (Alexander Kluge)
Montag, 7. Januar 2013
Die Schottische Nationalgalerie in Edinburgh
Das Glück, eine so wunderbare Stadt wie Edinburgh bei strahlendem, einen ganzen Tag anhaltenden Schönwetter zu erleben, hat wohl nicht jeder. Mein Gastgeber, Besitzer eines winzigen Hotels für eine hand voll von Gästen, wiegte den Kopf, als ich ihn nach der idealen Reisezeit fragte. "In Schottland kann es jederzeit regnen" war dann seine Auskunft. Das sollte ich auch noch erleben, am folgenden Tag, was Regen in Schottland heissen kann. Aber vorerst bin ich ja noch im sonnigen Edinburgh und habe die Altstadt verlassen, bin vom "Berg" auf dem die Burg liegt, herabgestiegen, kurve um die Waeverly Station herum und finde mich in einem Park, der entlang der Eisenbahnlinie angelegt ist, die Princess Street Gardens.
Von dort sieht die hoch oben schwebende Kante der Altstadt ziemlich eindrucksvoll aus. Ich komme an Scotts Monument vorbei, einem neogotischen Denkmal, das aussieht wie die gekappte Spitze einer mittelalterlichen Kirche, aber zwei sehr praktische Eigenschaften hat, einerseits an den Nationaldichter Schottlands Sir Walter Scott zu erinnern und, wenn man in das Denkmal hinein- und hochsteigt, eine schöne Aussicht zu bieten.
Vor mir liegen zwei Greek-Revival - Bauten, beide den Künsten gewidmet, eine Akademie und die Schottische Nationalgalerie - die Galerie wurde von William Henry Playfair geplant und 1859 eröffnet.. Vom Grün des Parks auf Abstand gehalten, hält sich hier die Bebauung der Stadt zurück und schafft den beiden Architekturen etwas Platz, den sie auch benötigen, denn gegen das Umfeld der eindrucksvollen Stadtlandschaft kann sich hier selbst ein Monumentalbau nicht so ohne weiteres behaupten.
Zwei Tempelfassaden und eine kleine dazwischenliegende Loggia bilden die Eingangsfront - auch nicht gerade wenig an Aufwand an klassischem Zitat. Die Überraschung beim Betreten ist umso größer. Man findet sich in einem unerwartet kleinen, unspektakulären Raum, kauft seine Eintrittskarte und betritt auch schon den ersten Saal der Gemäldegalerie. Ein empfangender und repräsentativer, die Besucher "sammelnder" Raum, wie er so typisch ist für die meisten Museen, fehlt hier.
Die andere Überraschung ist die Galerie selbst. Durch die Tür tritt man wie durch eine Zeitfalte, plötzlich befindet man sich im 19.Jahrhundert. Rote Wandbespannungen, voluminöse, mit Leder bespannte Sitzmöbel, Plastiken, die eher als Raumausstattung fungieren, denn als Exponate und goldene römische Ziffern über den Durchgängen, die die Museumsordnung autoritativ markieren.
Mit einem Rundgang hat man auch schon die kleine feine Gemäldesammlung gesehen, deren bekanntestes, oft reproduzierte Gemälde, den Reverend Robert Walker beim Schlittschuhlaufen zeigt, gemalt von Joseph Raeburn im Jahr 1784.
Der Rundgang - das erschließt sich so recht erst bei einem Blick auf den Grundriss -, wird durch zwei Reihen von oktogonalen Räumen gebildet, deren toter Raum (der jeweils an den Kreuzungspunkten von vier Abschnitten entsteht) praktisch, z.B. für die Toiletten, genutzt wird, die man z.B. direkt durch die Wand mit den Gemälden betritt. Ich kenne keinen vergleichbaren Grundriss, aber die Zusammenfügung von aus identischen oktogonalen Raumeinheiten gebildeten zwei "Sälen" (Enfilade) und zwei intimeren Kabinetten, die in diese Struktur in deren Zentrum verschachtelt sind, bietet ein angenehmes Raumgefühl und - endlich einmal - Überschaubarkeit! Das ist ein Museum, das man mit dem Gefühl verlassen kann, man habe gesehen und gewürdigt was es zu bieten hat und als Bonus gibt es noch die Möglichkeit, in eine Galerie einzutauchen, die die Atmosphäre des 19.Jahrhunderts offenbar ziemlich authentisch erhalten hat.
Aber ich bin mit der Beschreibung nicht fertig. Das Museum hat noch zwei kleine Raumgruppen im oberen Geschoß. Auch deren Erschließung ist merkwürdig wie manches an der Architektur des Hauses. Die beiden "Belvederes" sind voneinander getrennt und man erreicht sie über zwei kleine, fast versteckt untergebrachte Treppenhäuser (also auch hier keinerlei Monumentalität, die ist hier überall vermieden), die auch als Sammlungsräume" genutzt werden.
Die Bezeichnung "Nationalgalerie" gilt hier nicht einer auftrumpfenden Rhetorik, die das Nationale nach Innen wie nach Außen verkündet, sondern einer kleinen, feinen bürgerlichen Galerie (deren Sammlungsgrundlage freilich königlicher Kunstbesitz war), die man wie eine versunkene Welt betreten und erfahren kann.
Und da man nach einem Museumsbesuch Hunger auf Kaffee und Kuchen hat taucht man am besten ins in den 70er-Jahren eingezogene Untergeschoss ein und nimmt seinen Espresso mit schönem Park- und Stadtblick.
Von dort sieht die hoch oben schwebende Kante der Altstadt ziemlich eindrucksvoll aus. Ich komme an Scotts Monument vorbei, einem neogotischen Denkmal, das aussieht wie die gekappte Spitze einer mittelalterlichen Kirche, aber zwei sehr praktische Eigenschaften hat, einerseits an den Nationaldichter Schottlands Sir Walter Scott zu erinnern und, wenn man in das Denkmal hinein- und hochsteigt, eine schöne Aussicht zu bieten.
Vor mir liegen zwei Greek-Revival - Bauten, beide den Künsten gewidmet, eine Akademie und die Schottische Nationalgalerie - die Galerie wurde von William Henry Playfair geplant und 1859 eröffnet.. Vom Grün des Parks auf Abstand gehalten, hält sich hier die Bebauung der Stadt zurück und schafft den beiden Architekturen etwas Platz, den sie auch benötigen, denn gegen das Umfeld der eindrucksvollen Stadtlandschaft kann sich hier selbst ein Monumentalbau nicht so ohne weiteres behaupten.
Zwei Tempelfassaden und eine kleine dazwischenliegende Loggia bilden die Eingangsfront - auch nicht gerade wenig an Aufwand an klassischem Zitat. Die Überraschung beim Betreten ist umso größer. Man findet sich in einem unerwartet kleinen, unspektakulären Raum, kauft seine Eintrittskarte und betritt auch schon den ersten Saal der Gemäldegalerie. Ein empfangender und repräsentativer, die Besucher "sammelnder" Raum, wie er so typisch ist für die meisten Museen, fehlt hier.
Die andere Überraschung ist die Galerie selbst. Durch die Tür tritt man wie durch eine Zeitfalte, plötzlich befindet man sich im 19.Jahrhundert. Rote Wandbespannungen, voluminöse, mit Leder bespannte Sitzmöbel, Plastiken, die eher als Raumausstattung fungieren, denn als Exponate und goldene römische Ziffern über den Durchgängen, die die Museumsordnung autoritativ markieren.
Mit einem Rundgang hat man auch schon die kleine feine Gemäldesammlung gesehen, deren bekanntestes, oft reproduzierte Gemälde, den Reverend Robert Walker beim Schlittschuhlaufen zeigt, gemalt von Joseph Raeburn im Jahr 1784.
Der Rundgang - das erschließt sich so recht erst bei einem Blick auf den Grundriss -, wird durch zwei Reihen von oktogonalen Räumen gebildet, deren toter Raum (der jeweils an den Kreuzungspunkten von vier Abschnitten entsteht) praktisch, z.B. für die Toiletten, genutzt wird, die man z.B. direkt durch die Wand mit den Gemälden betritt. Ich kenne keinen vergleichbaren Grundriss, aber die Zusammenfügung von aus identischen oktogonalen Raumeinheiten gebildeten zwei "Sälen" (Enfilade) und zwei intimeren Kabinetten, die in diese Struktur in deren Zentrum verschachtelt sind, bietet ein angenehmes Raumgefühl und - endlich einmal - Überschaubarkeit! Das ist ein Museum, das man mit dem Gefühl verlassen kann, man habe gesehen und gewürdigt was es zu bieten hat und als Bonus gibt es noch die Möglichkeit, in eine Galerie einzutauchen, die die Atmosphäre des 19.Jahrhunderts offenbar ziemlich authentisch erhalten hat.
Aber ich bin mit der Beschreibung nicht fertig. Das Museum hat noch zwei kleine Raumgruppen im oberen Geschoß. Auch deren Erschließung ist merkwürdig wie manches an der Architektur des Hauses. Die beiden "Belvederes" sind voneinander getrennt und man erreicht sie über zwei kleine, fast versteckt untergebrachte Treppenhäuser (also auch hier keinerlei Monumentalität, die ist hier überall vermieden), die auch als Sammlungsräume" genutzt werden.
Die Bezeichnung "Nationalgalerie" gilt hier nicht einer auftrumpfenden Rhetorik, die das Nationale nach Innen wie nach Außen verkündet, sondern einer kleinen, feinen bürgerlichen Galerie (deren Sammlungsgrundlage freilich königlicher Kunstbesitz war), die man wie eine versunkene Welt betreten und erfahren kann.
Und da man nach einem Museumsbesuch Hunger auf Kaffee und Kuchen hat taucht man am besten ins in den 70er-Jahren eingezogene Untergeschoss ein und nimmt seinen Espresso mit schönem Park- und Stadtblick.
Samstag, 5. Januar 2013
Wien Museum. Doch etwas Neues?
"Gesetzte Zeitpunkte sind mir zwar wichtig. Es geht aber auch darum, das Richtige zu tun - und nicht das Schnelle."
Man kann einen Stadtrat fragen was man will. Die Antworten sind die Antworten die Antworten.
Die Frage war, ob denn, wie angekündigt, bis Ende 2012 eine Entscheidung zum Standort des Wien Museum gefallen sein wird.
Nun, wie wir jetzt, da dieses Datum hinter uns liegt und wir 2013 haben, sicher wissen: nein.
Es ist nichts mit dem "gesetzten Zeitpunkt". Aber was ist das "Richtige"? das dann alternativ übrigbleibt für den Stadtrat.
Wie es aussieht ist das für ihn der Standort am neuen Zentralbahnhof. Dafür hätte die Museumsdirektorin Agnes Husslein auch schon eine bekannte und aus Erfahrung eher als gefährliche Drohung für Museumsprojekte einschätzbare Etikette bereit: "Jahrhundertchance".
Denn dort, in Bahnhofsnähe, wäre ja schon das Heeresgeschichtliche Museum, das Museum des XXI.Jahrhunderts und "ihr" Museum, das Belvedere, also die Österreichische Galerie.
Also bräuchte man nur noch ein Museum dazustellen und das wärs dann auch schon.
Die Expertenrunde, die die Stadt zur Beratung befragt hat, hat sich aber mehrheitlich für den Karlsplatz ausgesprochen. Und, was ja auch nicht ganz unwichtig ist, der Leiter des Wien Museums möchte dort wo er ist auch bleiben.
Der Stadtrat, dem die Präferenz für den neuen Standort nachgesagt wird: "Ja, es gab deutliche Wortmeldungen für den Karlsplatz. Ich bin aber nach wie vor für beide Optionen offen."
Inzwischen zitiert der STANDARD (hier) aus dem vertraulichen Protokoll der vertraulichen Beiratssitzung, um zu zeigen, daß es starke Stimmen für den Karlsplatz gegeben hat.
Die Zusammensetzung der Beratungsgruppe, in der Architekten und Stadtplaner die Mehrheit gehabt haben dürften, sorgte dafür, daß sich - so ist der Eindruck bei der Lektüre des Standardartikels - das Beraten nur auf die Frage des Standorts bezogen hat.
Und das unter möglicherweise mediokren Bedingungen. Thomas Trenkler zitiert den Leiter des Architekturzentrums, Dietmar Steiner, aus dem Protokoll: "Ich halte das hier nicht für eine Fach-Enquete, denn was wir an Informationen bekommen haben, war eher auf einem touristischen Niveau." Und Trenkler ergänzt, architektonische Hoffnungen habe Steiner für keinen der beiden Standorte.
Niemand tastete inhaltliche Fragen an, etwa nach der prinzipiellen Notwendigkeit einer Erweiterung. Es gilt als ausgemacht, daß das Museum "zu klein" ist. Allerdings gilt das nicht für das Depot, sondern für die Ausstellungsflächen. Denn ein neues Depot wird demnächst in Betrieb genommen. Das heißt, daß das Museum mit der materiellen Seite seines Wachstums, der der Sammlung, zumindest aktuell und auch mittelfristig keine Probleme haben sollte.
Und von Ausstellungsflächen hat das Museum zu wenig? Mit all seinen Dependancen und der völlig ungenutzten Fläche der veralteten Dauerausstellung? Welche Ausstellung ist n i c h t zustandegekommen, weil es zu wenig Platz gab? Anders als bei einer Sammlung gibt es beim Ausstellen keine immanente Logik, daß alles im größer werden muß.
Aber was solls, da ist nicht damit zu rechnen, daß es noch mal zu einer Diskussion zur Qualität und Zukunft des Museums kommt. Wozu also noch darüber schreiben und argumentieren.
Dem Wiener Bürgermeister wird es vorbehalten bleiben, als einziger einen programmatischen Satz - von der breiten Volksbildungseinrichtung - zum Besten gegeben zu haben. Jetzt wird nur noch ein Grundstück gesucht, ein Bauplatz und dann wird halt gebaut werden.
Dazu könnte aber gerade eine nicht so glückliche Entscheidung gefallen sein: die Verlängerung des Vertrages von Wolfgang Kos um nur eine halbe weitere Vertragsperiode. Das ist dann die Mitte des Jahres 2015. Wenn man den Zeitaufwand einer Ausschreibung, eines Architekturwettbewerbes und der Vorbereitung des Neu- oder uach nur Zubaues in Rechnung stellt, dann könnte das bedeuten, daß ein Direktor für seinen Nachfolger baut, der dann alle impliziten Vorgaben seines Vorgängers ohne eigene Eingriffsmöglichkeiten übernehmen müsste. Man kann sich, wenn man es denn wirklich wissen will, informieren was das bedeutet und sich das Vorarlberger Landesmuseum ansehen und die Probleme und - langfristigen - Hypotheken, die der Hals-Über-Kopf-Abgang von Exdirektor Natter hinterlassen hat.
Aber "irgendwie" wird das schon alles gehen. Insofern: doch nichts Neues aus Wien.
Man kann einen Stadtrat fragen was man will. Die Antworten sind die Antworten die Antworten.
Die Frage war, ob denn, wie angekündigt, bis Ende 2012 eine Entscheidung zum Standort des Wien Museum gefallen sein wird.
Nun, wie wir jetzt, da dieses Datum hinter uns liegt und wir 2013 haben, sicher wissen: nein.
Es ist nichts mit dem "gesetzten Zeitpunkt". Aber was ist das "Richtige"? das dann alternativ übrigbleibt für den Stadtrat.
Wie es aussieht ist das für ihn der Standort am neuen Zentralbahnhof. Dafür hätte die Museumsdirektorin Agnes Husslein auch schon eine bekannte und aus Erfahrung eher als gefährliche Drohung für Museumsprojekte einschätzbare Etikette bereit: "Jahrhundertchance".
Denn dort, in Bahnhofsnähe, wäre ja schon das Heeresgeschichtliche Museum, das Museum des XXI.Jahrhunderts und "ihr" Museum, das Belvedere, also die Österreichische Galerie.
Also bräuchte man nur noch ein Museum dazustellen und das wärs dann auch schon.
Die Expertenrunde, die die Stadt zur Beratung befragt hat, hat sich aber mehrheitlich für den Karlsplatz ausgesprochen. Und, was ja auch nicht ganz unwichtig ist, der Leiter des Wien Museums möchte dort wo er ist auch bleiben.
Reklamefigur. Wien Museum |
Der Stadtrat, dem die Präferenz für den neuen Standort nachgesagt wird: "Ja, es gab deutliche Wortmeldungen für den Karlsplatz. Ich bin aber nach wie vor für beide Optionen offen."
Inzwischen zitiert der STANDARD (hier) aus dem vertraulichen Protokoll der vertraulichen Beiratssitzung, um zu zeigen, daß es starke Stimmen für den Karlsplatz gegeben hat.
Die Zusammensetzung der Beratungsgruppe, in der Architekten und Stadtplaner die Mehrheit gehabt haben dürften, sorgte dafür, daß sich - so ist der Eindruck bei der Lektüre des Standardartikels - das Beraten nur auf die Frage des Standorts bezogen hat.
Und das unter möglicherweise mediokren Bedingungen. Thomas Trenkler zitiert den Leiter des Architekturzentrums, Dietmar Steiner, aus dem Protokoll: "Ich halte das hier nicht für eine Fach-Enquete, denn was wir an Informationen bekommen haben, war eher auf einem touristischen Niveau." Und Trenkler ergänzt, architektonische Hoffnungen habe Steiner für keinen der beiden Standorte.
Niemand tastete inhaltliche Fragen an, etwa nach der prinzipiellen Notwendigkeit einer Erweiterung. Es gilt als ausgemacht, daß das Museum "zu klein" ist. Allerdings gilt das nicht für das Depot, sondern für die Ausstellungsflächen. Denn ein neues Depot wird demnächst in Betrieb genommen. Das heißt, daß das Museum mit der materiellen Seite seines Wachstums, der der Sammlung, zumindest aktuell und auch mittelfristig keine Probleme haben sollte.
Und von Ausstellungsflächen hat das Museum zu wenig? Mit all seinen Dependancen und der völlig ungenutzten Fläche der veralteten Dauerausstellung? Welche Ausstellung ist n i c h t zustandegekommen, weil es zu wenig Platz gab? Anders als bei einer Sammlung gibt es beim Ausstellen keine immanente Logik, daß alles im größer werden muß.
Aber was solls, da ist nicht damit zu rechnen, daß es noch mal zu einer Diskussion zur Qualität und Zukunft des Museums kommt. Wozu also noch darüber schreiben und argumentieren.
Dem Wiener Bürgermeister wird es vorbehalten bleiben, als einziger einen programmatischen Satz - von der breiten Volksbildungseinrichtung - zum Besten gegeben zu haben. Jetzt wird nur noch ein Grundstück gesucht, ein Bauplatz und dann wird halt gebaut werden.
Dazu könnte aber gerade eine nicht so glückliche Entscheidung gefallen sein: die Verlängerung des Vertrages von Wolfgang Kos um nur eine halbe weitere Vertragsperiode. Das ist dann die Mitte des Jahres 2015. Wenn man den Zeitaufwand einer Ausschreibung, eines Architekturwettbewerbes und der Vorbereitung des Neu- oder uach nur Zubaues in Rechnung stellt, dann könnte das bedeuten, daß ein Direktor für seinen Nachfolger baut, der dann alle impliziten Vorgaben seines Vorgängers ohne eigene Eingriffsmöglichkeiten übernehmen müsste. Man kann sich, wenn man es denn wirklich wissen will, informieren was das bedeutet und sich das Vorarlberger Landesmuseum ansehen und die Probleme und - langfristigen - Hypotheken, die der Hals-Über-Kopf-Abgang von Exdirektor Natter hinterlassen hat.
Aber "irgendwie" wird das schon alles gehen. Insofern: doch nichts Neues aus Wien.
Mittwoch, 2. Januar 2013
Unglücklichkeitslehre (Das Museum lesen 30)
Alfred Polgar
Aus Guayaquil (Ekuador) wird gemeldet: »Die Regierung hat dreißig Kommunisten, die von anderen benachbarten Ländern nicht aufgenommen wurden, nach den Galapagos-lnseln deportiert. Die Regierung gibt bekannt, daß die deportierten Kommunisten auf den Galapagos-lnseln ihren Kommunismus ausüben können.«
Dort, auf den Galapagos-lnseln, dürfte man also nach einiger
Zeit, in Miniaturausführung, alles übersichtlich beieinander, ein nach
kommunistischen Grundsätzen hergerichtetes Gemeinwesen studieren können. Das
bringt auf eine Idee: wäre es nicht sehr interessant, lehrreich und etwas
durchaus Neuartiges, eine Ausstellung zu veranstalten, eine Great Show, wo die
verschiedenen politischen Systeme in beispielhaft vollem Betrieb gezeigt
würden, naturgetreu und lebensnah? Also etwa eine kommunistische, eine
nationalsozialistische, eine faschistische, eine anarchistische Siedlung usw,
bevölkert von Originaltrupps der respektiven politischen Färbung?
So wie seinerzeit die ethnographischen Ausstellungen, wo
Samojiden oder Aschanti oder Singhalesen sich zur Schau stellten und man gegen
geringes Entree beobachten konnte, wie sie leiben und leben, kochen, heiraten,
ihre Kinder erziehen, Gericht halten, ihre Häuptlinge wählen und ehren, ihre
Kulte üben und ihre Kriegstänze exekutieren Das Nebeneinander solcher
Musterbetriebe wäre ungemein anschaulich, erlaubte instruktive Vergleiche und
trüge zur Aufklärung der Ausstellungsbesucher bei, nach welcher Methode am
liebsten sie unglücklich zu werden wünschen. Die Amerikaner sollten den
Vorschlag überlegen. Es wäre eine sehr amüsante und farbige Ausstellung, hätte
noch mehr Zulauf als die Olympiade und lohnte reichlich die Spesen des Unternehmens,
selbst wenn Kinder und Militär, vom Feldwebel abwärts, nur die Hälfte zu zahlen
hätten.
Pistolen und Handgranaten wären bei der Kassa abzugeben.
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