Donnerstag, 20. Dezember 2012

Und schon wieder nichts Neues vom Wien Museum

Das Wien Museum geistert wieder durch die Medien. Dem FALTER, der Wiener Stadtzeitung, war das einen großen Artikel wert. Obwohl - es gibt nichts Neues. Es gibt zwei Standorte, den alten und einen neuen in der Nähe des Hauptbahnhofes, der eben teilweise eröffnet wurde. Dort bietet die ERSTE Bank eine Immobilie an.
Es ist eigentlich müßig darüber zu schreiben. Es gibt keine Diskussion dazu. Nur eine Berichterstattung voller Vermutungen ohne Argumente. Das Museum sei zu klein, heißt es. Wieso? Im Verhältnis wozu? Wofür? Fürs DEponieren oder fürs Exponieren?
Das Museum hat verschiedene Ausstellungsorte und es könnte ephemere in der Stadt kreieren, wenn es sein Konzept öffnen würde.

Es braucht einen zeichenhaften Neubau hieß es. Das wird der Bau der ERSTEN nicht sein, wo man, ganz in der Investorenlogik, das Museum gern als Zugpferd für Urbanität hätte. Und am Standort Karlsplatz ist das bauliche Umfeld derart hochkarätig, daß man sich eine mutige architektonische Lösung kaum vorstellen kann. Nicht weil es nicht gute Architektur für einen derartigen Bauplatz gäbe, sondern weil man mit einer denkmalpflegerischen Debatte rechnen muß.
Daß es nur um Standort und Architektur geht, ist ebenso bezeichnend wie der Umstand, daß ein Expertenhearing unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand und auch keine Ergebnisse veröffentlicht wurden. Man scheut offenbar eine mediale Debatte, die etwas kaputtmachen könnte, was man lange vorbereitet hat. Aber irgendwann wird man entscheiden und es bekanntgeben und dann werden jene Medien kaum stillhalten, die möglicherweise schon in den Löchern scharren.
Wie verkorkst muß der Zustand einer Öffentlichkeit sein, wenn eine öffentliche Institution wie ein Museum ihre Ideen nicht in und mit dieser Öffentlichkeit entwickeln kann, sondern sie fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser.
Man wird das Museum irgendwann in aller josephinischen Aufgeklärtheit als beste aller Lösungen dekretieren und als infalilble ex cathedra - Entscheidung dem Wiener Wahlvolk verkünden.
Wenn der Museumsdirektor und der Kulturstadtrat Pech haben, beginnt dann die vermiedene inhaltliche Debatte. Wenn wir, die BesucherInnen und Fans, die Genießer und Museumssüchtigen Pech haben, gibt es diese Debatte nie.

Das Museum bittet zum Tanz (Texte im Museum 361)

Portland Museum of Art

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Der Louvre in Lens

Auch der bislang letzte Präsident Frankreichs kommt in den Genuss, ein Museum eröffnen zu können. Francoise Hollande, der hier den Kulturbeflissenen gibt, steht damit in einer nun schon von mehreren Generationen von Präsidenten geübten Praxis, sich und die Nation mit der Errichtung eines neuen Museums zu ehren.

Dieses Bild von der Eröffnung des Louvre in Lens hat programmatische Bedeutung. Gemeinsam mit einem Arbeiter läßt sich der Präsident der Republik vor einem ikonischen Gemälde (das befristet aus Paris entlehnt wurde) fotografieren. Wie sein sozialistischer Vorgänger im Amt, Francoise Mitterand, sucht Hollande den Anschluss an die "Große Revolution der Franzosen", freilich hier an die des 19. Jahrhunderts. Programmatisch wie das Bild ist auch die Wahl, in Lens eine Expositur des Louvre zu schaffen. Es geht um die Aufwertung einer Arbeiter- und Industriestadt, deren Repräsentant ein Arbeiter in Arbeitskleidung ist, um eine symbolische Verknüpfung von Arbeit und Kultur, Vergangenheit und Gegenwart, Zentrum und Peripherie.


Anders als die noch nicht realisierte Filiation des Louvre in Abu Dhabi, die der Logik der Konzernbildung unter kapitalistischen Marktbedingungen folgt, ist die Erweiterungen des Louvre in Lens eine Art von Revision des Zentralismus der Kulturpolitik Frankreichs, aber auch der Idee des Louvre von 1793 als zentralem nationalen wie auch universalen Kunstmuseums.
Bildunterschrift hinzufügenAm 12. Dezember wurde das Museum eröffnet, dessen Äußeres als trotz seiner Einfachheit der Form spektakulär beschrieben wird, während die Kritiken, die ich gelesen habe, sich zur Disposition eines komprimierten Kanon der Geschichte der Kunst, zu sehr unterschiedlichen Urteilen kommen.





Dienstag, 11. Dezember 2012

Anders als in der Schule, muß man im Museum nicht in der Ecke stehen...

Museum Moderner Kunst Wien

Schiffbruch mit Zuschauer

Die Vitrine ist ein Schlüsselobjekt des Museums, nicht bloß ein schützendes Behältnis, sondern eine Metapher für das, was ein Museum macht.
Sie schafft Distanz, schützt das Gut, das sie enthält, offeriert Sichtbarkeit, verhindert das Berühren und das Wegnehmen. Sie reserviert ein Ding für den Augensinn, sie rückt etwas für unseren Blick zurecht und isoliert es und sich von der Umgebung. Als Sockel und Gestell hebt sie etwas hervor aus der Umgebung, gibt zu sehen, "stellt aus".
Die Vitrine schützt aber nicht nur das Ding vor dem Verbrauchtwerden, dem Verschleiß, der Verschmutzung und so weiter. Es schützt auch uns als dem Gegenständigen des Subjekts vor dem Gegenstand der mit dem Subjekt etwas macht, etwas anrichtet, berührt, erschreckt, frägt, bedrängt, verunsichert.
Ein Bastler bietet das offenbar von ihm gefertigte Modell der Titanic an, dessen akribische ans Vorbild sich haltende Ausführung er hervorstreicht. Geliefert wird mit Vitrine, wohl eher für private Sammler gedacht, aber auch durchaus im Museum vorstellbar.
Blaues, ruhiges, dunkles Wasser, das Schiff, das mit dem Bug voran sinkt und zwei Spitzen eines Eisberges. Am Rand der Vitrine, auf dem Foto nicht gut erkennbar, möglicherweise die ersten Rettungsboote.
Wir sind auf der sicheren Seite. Wir haben festen Boden unter den Füßen und im Museum ist die Welt im Lot und in Ordnung. Das Katastrophische ist uns einen Blick wert, aus sicherer Distanz, die nicht nur durch Gestell und Glas erzeugt wird sondern auch durch die Miniaturisierung. Ein Untergang als Spielzeug, als Sammlerstück, als Exponat.
Das machen Museen - sie sind Orte der gefahrlosen Besichtigung an denen wir Zuschauer sind, vielleicht auch Zuschauer unserer selbst. Im Museum immer nach der Katastrophe.

Bildungslesen (Texte im Museum 360)

Museum Moderner Kunst Wien

Zum Eintritt berechtigt (Entrée 89)


Liegen und Sitzen

Museum Moderner Kunst Wien

Marlowe (Texte im Museum 359)

Museum Moderner Kunst Wien

Freitag, 7. Dezember 2012

Museumskrise - ja oder nein? Nein für Mannheim


Museumskrise oder doch keine?
In Mannheim offenbar nicht.
kein Museum, nein gleich eine Museumsstadt soll hier errichtet werden, nach Plänen von Gerkan, Marg und Partner. 70 Millionen kostet so etwas und es wird bis 2017 dauern, bis es glückliche Politikera eröffnen dürfen.
Wie geht so etwas?
50 Millionen kommen von einem einzigen hochherzigen Spender.
Ja dann!

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Ein Museum: Niterói

Im Alter von 104 Jahren ist gestern der brasilianische Architekt Oskar Niemeyer gestorben. Weltberühmt ist er als Architekt der aus der Retorte geschaffenen Hauptstadt Brasiliens. Für mich ist er der Schöpfer einiger bemerkenswerter Museumsarchitekturen, vor allem des landschaftlich einzigartig situierten in Niterói, einer Stadt in der Nähe und Sichtweite von Rio de Janeiro. Das Museu de Arte Contemporânea de Niterói liegt ausgesetzt auf einer Anhöhe mit grandiosem Blick auf Rio und hat den Form eines auf einem Fuß ruhenden Zylinders in dem in vier Stockwerken immerhin 2500 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen, einschließlich eines Panoramablicks, der seinesgleichen sucht.







Mittwoch, 5. Dezember 2012

Mikroausstellung "Anatomisches Theater"


Honoré Fragonard (* 13. Juni 1732 in Grasse; † 5. April 1799 in Charenton-le-Pont) war ein französischer Anatom und erster Direktor der 1766 eröffneten Veterinärschule École vétérinaire d’Alfort. Seine Écorchés, anatomische Präparate, bei denen unter Entfernung der Haut die inneren Organe und das Skelett konserviert werden, sind die bedeutendsten Ausstellungsstücke des medizinhistorischen Museums Musée Fragonard.
Gunther von Hagens (* 10. Januar 1945 in Alt-Skalden bei Kalisch, Wartheland, als Gunther Gerhard Liebchen) ist ein deutscher Anatom, Wissenschaftler und Unternehmer. Er ist Erfinder der Plastination, eines dauerhaften Konservierungsverfahrens toter menschlicher und tierischer Körper mittels Austauschs der Zellflüssigkeit durch reaktive Kunststoffe.

Partizipation. Mitbestimmung. Ein Gedankensplitter

Unter "Partizipation im Museum" wird vielerlei verstanden - vom Zulassen, daß jemand über den Zaun blicken kann bis hin zur Abtretung von Entscheidungsbefugnis. Partizipation kann auch sehr unterschiedlich gerechtfertigt werden - als Mittel, bislang museumsfernne Menschen für das Museum zu interessieren, bis zur Veränderung der Qualität der Organisation.
Ob Partizipation irgendwo tatsächlich schon praktisch so weit geht, daß MitarbeiterInnen eines Museums tatsächlich Entscheidungsbefugnisse, also Macht, abgeben, möchte ich bezweifeln. Aber darauf will ich gar nicht hinaus.
Mich interessiert etwas anderes: wendet sich Partizipation immer nur an Personen, die "draußen" sind? Geht es um die Opposition von "wir" (die MitarbeiterInnen) und "die"? Oder wird das Wort "Partizipation" auch auf die Organisation selbst angewendet?
Mit anderen Worten, gibt es das, was man "denen da draußen vorm Museum" anbietet, auch für die "drinnen" im Museum? Also: Mitbestimmung.
Und ist es in Museumsorganisationen nicht so wie in vielen anderen Organisationen auch, daß es allenfalls ein punktuelles Mitwirken gibt, und das immer in Relation zu einer Ermöglichung (das heißt innerhalb einer Abhängigkeit) "von oben".
Oder gibt es Museen, wo es strukturell, also nicht bloß gelegentlich, Mitbestimmung gibt? Und das nicht etwa nur innerhalb etwa von Projektteams mit zeitlich befristeten Aufträgen, sondern in Bezug auf das Ganze der Institution?
Was würde es bedeuten, wenn Museen, die eine solch "innere Partizipation" nicht kennen (ist das nicht die überwältigende Mehrheit?), ihren Besuchern (oder auch Nichtbesuchern, aber das dürfte schwierig sein) "Partizipation" anbieten?
Müßten solche Museen nicht zwingend erst ihre "innere Verfassung" ändern, oder anders gesagt, müsste es nicht eine klare Priorität "Mitbestimmung" vor "Partizipation" geben?