Dienstag, 1. November 2011
Montag, 31. Oktober 2011
Raiffeisenmuseum
Mit erneutem Dank für aufmerksames Museumsbesuchen an T.Z.!
Wikipedia sagt: Mit der Gründung des Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte und dem Heddesdorfer Darlehnskassenverein schuf der Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818–1888) Modelle zur Unterstützung unbemittelter Landwirte und für landwirtschaftliche Einkaufsgenossenschaften zum günstigen Einkauf von Produktionsgütern wie beispielsweise Saatgut und Düngemittel. Sowohl der „Grüne Kredit“, der vorsah, Saatgut und Dünger mit der späteren Ernte zu bezahlen, als auch die gemeinsame Erntevermarktung und die örtlich verwalteten Spar- und Darlehenskassen wurden in vielen Dörfern Deutschlands entsprechend seiner Vorschläge eingeführt. Mindestens sieben Bauern gründeten dörfliche Genossenschaften zum Einkauf oder Vertrieb. Um wirkungsvoll verhandeln zu können und dadurch preisgünstig Saatgut und Dünger einzukaufen, sah die Genossenschaftssatzung zunächst eine unbeschränkte Haftung mit dem gesamten Vermögen der Mitglieder vor. Nach der ersten Erfolgsphase wurden die Garantien auf die Vermögen der Vorstandsmitglieder und nach Ansparung von Genossenschaftsvermögen auf dieses gemeinsame Vermögen beschränkt. Der Leitspruch: „Einer für alle, alle für einen“ wurde für die landwirtschaftlichen Genossenschaften die Basis des Handels, ebenso wie der Name des Erfinders „Raiffeisen“ Namensbestandteil und Marke wurde.
Die Raiffeisengruppe Österreich sagt:
- 4 Millionen Raiffeisenkunden
- 2,1 Millionen Mitglieder
- rund 57.000 Mitarbeiter
- rund 1.600 selbständige Genossenschaften
davon: - 551 Raiffeisenbanken
- 99 Lagerhäuser und Warenunternehmen
- 118 Molkereien und sonstige Milchverwertungsunternehmen
- rund 830 andere Genossenschaften
Glasgow & Edinburgh. Museumstagebuch (Teil 2)
Rechts der Bau der 90erJahre, der der Schottischen Geschichte gewidmet ist, links der nun mehrfach geöffnete Übergang zu den Galerien des Gebäudes des 19. Jahrhundert. |
3
Erst vor
etwa zwei Monaten wurde das Schottische Nationalmuseum wiedereröffnet. Die riesigen Galerien des viktorianischen Gebäudes des ‚Royal Museum’ wurden saniert und völlig neu eingerichtet und mit
dem der Schottischen Geschichte gewidmeten, 1998 eröffneten ‚Museum of Scotland’ verbunden.
So ist ein Mega-Museum entstanden, in dem man
sich über Natur, Kunst,
Kulturgeschichte, Kunstgewerbe, Technik, Weltkulturen und eben auch – und das in einem mehrgeschossigen Bau, der in den
90er-Jahren errichtet wurde -, über schottische Geschichte
informieren kann. Das Konzept ist – noch, man plant bereits an
einem Relaunch des Museum of Scotland -, gespalten. Während das historisch-nationale Museum eine einzige, im
untersten Geschoß einsetzende chronologische
Großerzählung ist, folgen die anderen Teile einem additiven
Prinzip, eines das auch in der Mehrheit der anderen Museen die tragende
Struktur ist.
Unter
einem generellen Titel und auch räumlich als Ganzes definiert
trifft man hier auf oft schroff gegensätzliche, oder zumindest
thematisch nur lose oder gar nicht verknüpfte ‚Stationen’, die in sich eine ästhetische und informative Einheit bilden, ohne daß (in den meisten Fällen) eine verknüpfende Vertiefung zu anderen Stationen oder gar
entlegeneren Teilen des Museums stattfindet.
Dieser
Verzicht auf Chronologie und Erzählung ist auffallend und wird
ebenso auffallend nur in zwei der Museen, die ich gesehen habe, nicht angewendet. Im schon erwähnten Museum, das die schottische Geschichte erzählt und in der Nationalgalerie, die in einem sehr
charmanten historistischen Galeriebau untergebracht ist und bei der man
offenbar bemüht ist, die Atmosphäre einer historischen Gemäldegalerie zu erhalten und den
klassischen Kanon von Kunstgeschichte und ihrer Präsentation zu pflegen.
Da das
Museum beim Durchqueren einem einer mehrfachen präsentationstechnisch-konzeptuellen
Verwandlung aussetzt, mal Kunstmuseum ist, mal Naturlehrpfad, mal
Scienc-Center, mal Geschichtsunterricht -, kann man mit wenigen Schritten zu völlig unterschiedlichen Informationen und Objekten kommen. Wenn
man eine der ältesten erhaltenen Lokomotiven
der Welt bestaunt, muß man sich nur nach rechts
wenden, um Dolly the Sheep (das Klonschaf) sich samt Vitrine drehen zu sehen.
Und man hat dann schräg im Rücken eine fernöstliche Gebetsmühle neben der einige Mütter mit ihren Kindern an
einem Tisch basteln und nur einige Schritte zu einem Weltraumanzug, in dem man
sich fotografieren lassen kann.
"Gone but not forgotten". Ewig dreht sich nun das Klonschaf in seiner Vitrine und man erfährt immerhin, daß es nach Dolly Buster benannt wurde. |
Die
Orientierung in dem riesigen Labyrinth von Museum ist gut, dank der Homogenität von Großthema und Galerieräumen, aber innerhalb dieses Rahmens hat man Puzzleteile vor
sich, die sich kaum zusammensetzen lassen. Eine andere, auch nicht nur hier
beobachtbare Eigenschaft des Ausstellungskonzepts ist der fast völlige Verzicht des Erzählens und Deutens auf einer
visuellen Ebene. Selbst Text und Objekt kooperieren nicht immer selbstverständlich, sondern Themen werden mit einem Ensemble von
Objekten, Grafiken, Texten, elektronischen Medien uam. Vorgestellt, ohne daß dieses Nebeneinander einen über die bloße Summe der Teilinformationen hinausgehenden Mehrwert hätte.
Die
gigantische Dampflokomotive hat man im Riversidemuseum tatsächlich in die Halle gehievt. Da steht man nun und liest
einen Text zur Apartheid und was die Rassentrennung in Südafrika für das Bahnfahren und den
Bahnbetrieb bedeutete; aber der Text erläutert nichts an der Lokomotive
und die Lokomotive trägt nichts zum Verständnis von Rassentrennung bei. Abgesehen von technischen Erläuterungen war es denn dann auch schon alles.
Ein VW-Käfer im selben Museum hat folgenden Erläuterungstext.
Hier
fehlt also im Unterschied zur Dampflok der – hier viel näher liegende - zeitgeschichtliche Kontext, der im ersten Satz
eher noch verschleiert wird (man hätte ja nur beim Namen
Volkswagen anzusetzen brauchen), stattdessen wird unvermittelt auf ein – zwar wichtiges aber eben technisches – Detail verwiesen. Im Scherz habe ich gesagt: Ein Glasgower
Siebenjähriger wird den tollen Ingenieur
Mister Porsche bestaunen, der es den Deutschen ermöglicht hat, ihren Urlaub mit dem Auto in der Sahara zu
verbringen.
Dolly das
Klonschaf (im Nationalmuseum, zu dem ich mit diesem Beispiel wieder zurückkehre), ist zunächst mal nichts anderes, als
ein ausgestopftes Schaf. Begleitende Texte sind sehr knapp formuliert – was fängt man mit der Information
an, daß das Schaf nach Dolly Parton
benannt ist? (1) -, und zur Gentechnik gibt es ein Art Spiel zu Pro und Contra, wo
man aber nur mit vorgefertigten Antworten manipulieren kann. So kann sich die
Komplexität einer großen Frage nicht entwickeln, soll sie offenbar auch gar
nicht. Was übrigbleibt ist, möglicherweise, die Funktion von Dolly als nationales ‚Ding’, als Zeugnis schottischer
Wissenschaft, dann würde Dolly plötzlich zur benachbarten ‚Urlokomotive’ passen, die dann auch ein Zeugnis der schottischen
Ingenieurskunst und Erfindergabe wäre.
Signifikant
für dieses merkwürdige pars pro toto, dem das
toto fehlt, scheint mir die visuelle Gestaltung der der Fensterwand des
National Museums gegenüberliegenden Längswand der riesigen Halle zu sein, die man ja
normalerweise als ersten und höchst eindrucksvollen Raum
betritt. Hier sind in einem Raster Objekte und Ornamente zu einem grafischen Muster
zusammengefügt, das unterschiedlichste
Sammlungsteile präsentiert, es sind kleine
Sammlungen und vereinzelte große Objekte, die so etwas wie
ein Preview bieten, etwa so wie es manche Internetportale von Museen bieten,
attraktiv, eindrucksvoll, bildkräftig, Lust auf mehr machend.
Informationen zu den Objekten gibt es auf PC-Stationen, aber der Sinn dieser
Installation ist sicher nicht in erster Linie die Information, sondern eine Art
‚Image’ des Museums zu erzeugen: Fülle, Vielfalt, Reichtum.
Dieses
Prinzip der durch ausgeklügelte Positionierung, durch
feinfühliges Arrangement kaum oder
gar nicht zusammengehaltenen Dinge und Bedeutungen ist das herrschende Prinzip,
wobei aber dem eigentlichen Museum etwas fehlt, was diese ‚Galeriewand’ hat: ästhetische Homogenität.
Das gehört nämlich zu den Erfahrungen der
Differenz zu Museen in Österreich oder Deutschland,
wie wenig hier (noch?) auf eine bestimmte ‚szenische’ oder ‚deutende’ oder auch nur ästhetisch-architektonische
Gestaltung Wert gelegt wird. Mir ist schon vor Jahren in Londoner Museen
aufgefallen, wie sehr das fehlt, was bei uns unter Stichworten wie Szenografie
oder Austellungsdesign praktiziert und diskutiert wird. Nicht daß nicht auch in den Museen in Glasgow oder Edinburgh sorgfältigst durchdachte und gestaltete ‚Environments’ zu finden sind, ‚Inseln’ oder ‚Schauplätze’ dramatisiert würden, doch meist sind sie der
pädagogischen Absicht untergeordnet oder unterstützen sie, was zu manchmal recht altbackenen ‚Lernstationen’ führt. Was fast ganz fehlt, ist ein ästhetisch-gestalterisch anspruchsvoller räumlich-szenischer Kontext, der über Atmosphäre, selbstgenerierter
Bedeutung oder gar eigenständige Erzählung mit den Objekten kooperiert und deren ästhetische und informationelle Qualitäten unterstützt und erweitert. Die eine
Ausnahme, die mir in Erinnerung geblieben ist, sind Figurinen des Künstlers Eduardo Paolozzi, die die „First People“ darstellen aber zugleich Träger kleiner Vitrinen sind, in denen archäologische Kleinobjekte gezeigt werden.
Das
bedeutet auch, daß die ‚Objektorientiertheit’, von der die MuseumsmitarbeiterInnen
oft sprachen, in der Praxis nicht die Privilegierung des ‚auratischen Originals’ bedeutet, sondern eher die
Konzentration auf ein einzelnes Thema, das mit wenigen Objekten ‚bespielt’ wird, die aber dann auch alles
sein können, Original im herkömmlichen ‚Museumssinn’, Foto, Grafik, Kopie, Kulisse, Spielzeug, Installation,
Computer, Film uvam. In bestimmten Abschnitten spielt das ‚auratische Original’ eine große Rolle und in den der Frühgeschichte Schottlands
gewidmeten Abschnitten wird sogar selbstreflexiv auf die ‚evidence’ der Dinge eingegangen. Ganze
Abschnitte des Museum sind mal Schule, mal hands on – Bereich mal Spielhalle, in anderen werden kostbare Dinge
in der bewährten ‚Schatzkammerästhetik’ in abgedunkelten Räumen mit Lichtpunkten zelebriert.
Sonntag, 30. Oktober 2011
Donnerstag, 27. Oktober 2011
Dienstag, 25. Oktober 2011
Dürfen Museen streiken?
Das ist wohl nicht die Frage, sondern eher wofür, wogegen? Und: mit welchem Effekt?
In Frankreich gibt es jetzt einen Museumsstreik, im Musée d'Orsay streikt ein Teil des Museumspersonals, das dagegen streikt, daß der Arbeitsaufwand zunimmt, Stellen aber gestrichen werden (da kenne ich mehr Museen, wo das der Fall ist, wo die Krise 'nach innen' getragen und dort 'gelöst' wird). Das Musée d'Orsay wurde im Zuge einer Sanierung vergrößert, aber das Aufsichts- und Wachpersonal verkleinert. Also Streik.
Nützt es etwas?
Wird man sehen. Der Streik dauert den sechsten Tag an. Bei einem so großen und namhaften Museum macht ein Streik schon Druck: der Einnahmenentfall ist groß und dem Image des Museums tut es auch nicht gut.
In Frankreich gibt es jetzt einen Museumsstreik, im Musée d'Orsay streikt ein Teil des Museumspersonals, das dagegen streikt, daß der Arbeitsaufwand zunimmt, Stellen aber gestrichen werden (da kenne ich mehr Museen, wo das der Fall ist, wo die Krise 'nach innen' getragen und dort 'gelöst' wird). Das Musée d'Orsay wurde im Zuge einer Sanierung vergrößert, aber das Aufsichts- und Wachpersonal verkleinert. Also Streik.
Nützt es etwas?
Wird man sehen. Der Streik dauert den sechsten Tag an. Bei einem so großen und namhaften Museum macht ein Streik schon Druck: der Einnahmenentfall ist groß und dem Image des Museums tut es auch nicht gut.
Neuer Direktor für das Museum für Völkerkunde in Wien bestellt
Mit der Bestellung von Steven Engelsman zum Direktor des Völkerkundemuseums in Wien ist eine interessante Entscheidung getroffen worden. Engelsman ist kein Ethnologe, sondern Mathematiker und kam über ein Wissenschaftsmuseum zu seiner Museumskarriere, die zuletzt in der Leitung des angesehenen Rijksmuseum voor Volkenkunde im niederländischen Leiden.
Er kommt aus einem Land, wo es zum Unterschied von Österreich eine strukturierte staatliche Museumspolitik gibt, in die er zum Experten für Ausgliederung wurde, ein Prozess, der in den sich in den Niederlanden nicht in bloßem verordneten Sparzwang niederschlug. Er kommt mit Erfolgen im Management von Museen nach Wien.
Von meinem letzten Besuch des Tropenmuseums in Amsterdam weiß ich, daß es aktuell eine intensive und grundsätzliche Debatte um den Status der ethnologischen Meseen gibt.
Vielleicht bringt ja der neue Direktor etwas von dieser 'anderen Museumskultur' nach Wien mit. Man darf gespannt sein und neugierig.
Urschrift (Texte im Museum 237)
Montag, 24. Oktober 2011
Glasgow & Edinburgh. Museumstagebuch (Teil 1)
1
Ich sitze
in der Brasserie des National Museum of Scotland und verfluche die Architekten,
die für den Umbau verantwortlich
sind. Es zieht und es ist wirklich kalt.
Als ich
vor Jahren mit Kollegen der Hochschule für Angewandte Kunst eine Reise
nach Moskau, Leningrad und andere Städte reiste, vergnügte uns ein Reiseteilnehmer mit Vorlesungen aus seinem
Reiseführer. „Der Russe liest am Abend“ wurde zum geflügelten Wort.
Was der
Schotte am Abend macht weiß ich nicht, aber ich weiß, was er unter Tags macht: er friert. Wie der Tourist auch,
der sich wundert, wieso in einer derartigen Klimazone einfache Fenster üblich und ausreichende Heizungen offenbar verpönt sind.
Das Museumscafé, in dem ich friere, liegt direkt hinter einem der
Haupteingänge und bei dem beachtlichen Besucherstrom
ist der Eingang nie wirklich geschlossen. Eine halbhohe Glaswand gibt es zwar,
aber die dürfte eher zur Intensivierung
der Zugluft beitragen.
Das
Angebot ist gut, für viele Arten von Hunger und
Durst wird gesorgt, das ist ja inzwischen in Museen nahezu schon Standard. Man
könnte es hier schon eine Weile aushalten, um sich etwas zu
erholen vom Stakkato der Eindrücke in diesem riesigen Museum.
Das Café liegt im Untergeschoß, mit dessen Ausbau man eine völlig neue Erschließung unter der ehemaligen Haupttreppe
gewonnen hat, hier gibt es den Infodesk (eine Kassa braucht es nicht, wie die
meisten Museen hier, ist auch dieses kostenlos betretbar, nur um Spenden wird
ersucht), eines der Museumsshops, einige große Ausstellungsobjekte, eine
Garderobe (so winzig, daß sich sehr lange Schlangen
bilden bei Regenwetter – und wann ist hier kein
Regenwetter?) und die – fast versteckte – neue Treppe, durch die man, gleichsam aus dem Untergrund
die riesige Halle des Altbaus betritt (es gibt einen weiteren Eingang im
neueren Teil).
Das sehr
langgestreckte und fast drückend niedrige, nur mit
Kunstlicht ausreichend erhellbare und massive Gewölbe aus unverputztem Stein ist
ein ohnehin schon etwas ungemütlicher Empfangsraum – und die einzige ‚Aussicht’, die man aus dem fensterlosen Café hat.
Während ich mir überlege, ob ich die Hoffnung
auf eine kleine Stärkung aufgeben oder lieber
weiterfrieren soll, erinnere ich mich an ein Objekt, vor dem ich eben gestanden
bin: die, wie die Beschriftung mich belehrt, älteste mit Wasserkraft
betriebene Maschine, natürlich in Schottland erfunden,
als maßstäbliches Modell aus Holz. Und wozu wurde diese Maschine benutzt?
Zum Walken von Loden.
Das
verstehe ich doch gleich, daß man in diesen geografischen
Breiten die Ingenieurskunst erst einmal in den Dienst der Herstellung wärmender und regenabweisender Bekleidung gestellt hat, ehe
man an die Fabrikation von Pumpen für Bergwerke ging oder später dann, als die Dampfmaschine erfunden war, Lokomotiven
baute.
2
Es ist
mein letzter Tag in Schottland, und ich bin nochmal in das Nationalmuseum zurückgekehrt, denn während der Gruppenbesichtigung
war unsere Zeit gerade hier, in diesem riesigen Haus, das erst kürzlich durch Zusammenlegung von Museen und Zubauten
entstanden war, knapp bemessen. Heute bin ich allein unterwegs, nachdem ich
drei Tage mit der Exkursion der Museumsakademie unterwegs war, die Christian
Waltl wunderbar vorbereitet und betreut hat. Er hat ein Gespür für besondere Orte und für interessante Gesprächspartner. „Public Engagement. Bringing Museums to the People“ ist das Thema dieser Museumsakademie-Exkursion, die mehr
als zwanzig ‚Museumsleute’ nach Glasgow und Edinburgh gebracht hat. Den Versuch der
Gruppe, ‚Public Engagement’ ins Deutsche zu übersetzen, lassen wir bald wieder
sein. Das Wort hat einen derart breiten Bedeutungsumfang, auch das
eingedeutschte Engagement, das sich vom Französischen ‚Gage’ (Entgelt, Honorar, Vergütung) ableitet. Jemanden engagieren (vornehmlich bei Künstlern) heißt, jemanden ‚verpflichten’, und möglicherweise geht es genau um die Reziprozität der Bedeutung: sich jemandem (nicht jemanden)
verpflichten.
Public
engagement kann man also als Verpflichtung der Öffentlichkeit und dem Besucher
gegenüber verstehen. Während hier noch eine Wechselseitigkeit oder Gemeinsamkeit
der Verpflichtung von Institution und Öffentlichkeit zwischen den
Zeilen lesbar bleibt, bindet der zweite Teil des Titels diese Mehrdeutigkeit an
die Institution zurück: Bringing Museums to the
People, diese etwas paradoxe Metaphorik bringt die schon etwas abgenutztere
Vorstellung eines Adressaten (Publikum) und eines ‚autoritativen Sprechers’ ins Spiel. Wir haben aber auf
der Exkursion gelernt, dazu komme ich später, daß dieses changierende Formulieren sehr konkret und praktisch
werden kann.
Das
Englische eignet sich hervorragend, komplexe Sachverhalte in einfache
sprachliche Formeln zu gießen, aber das macht solche
Formeln anfällig, zu Slogans zu verkommen.
‚Public Engagement’ und ‚Bringing Museums to the People’ ist etwas das gelebt wird, das man buchstäblich erfahren kann, wenn man die Museen besucht,
zweifellos ist das ein Kern der ‚Museumsphilosophie’ der Museen in den bei8den Städten, die wir besucht haben.
Christian Waltl hat das für sich ganz am Schluß resümiert: als eine ‚Zuwendung’ zum Publikum, als Ausfüllen einer selbstgesetzten Programmatik, wie er sie noch
nie erlebt hat.
Dennoch
blieben meine Erfahrungen ambivalent. Gelegentlich konnten weder die Museen
noch die Experten die Frage nach der Qualität der Erfahrungen beantworten,
noch eine gesellschaftliche Intention vermitteln.
Diese
Ambivalenz wird ein roter Faden in meinem Text sein, der weder Museumskritik
noch Museumsanalyse ist, noch Exkursionsprotokoll, sondern eben ein ‚Tagebuch’, eine Aneinanderreihung
subjektiver Beobachtungen.
Sonntag, 23. Oktober 2011
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