Mitnehmsel und Beschriftungen. Museum Absam (2011 Foto: GF) |
Dienstag, 22. Februar 2011
ICOM Mitglieder antworten auf den ICOM-Präsidenten
An die
Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich
c/o Leopold Museum Privatstiftung
Museumsplatz 1
1070 Wien
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage (hier) möchten wir Ihnen ein Schreiben von Herrn Prof. Dr. Wilfried Seipel in dessen Funktion als Präsident von ICOM Österreich an die Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Frau Dr. Danielle Spera, zur Kenntnis bringen, in dem er zu der Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien Stellung bezieht. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Kontroverse verfolgt haben. Ausführlich dokumentiert ist sie u.a. hier:
Dieses Schreiben wurde ab Mittwoch, 16.02.2011 im Rahmen der Präsentation eines "Ersatzhologramms" im Museum Judenplatz in fotokopierter Form an die Presse verteilt.
Als institutionelle bzw. individuelle Mitglieder von ICOM Österreich ergeben sich für uns aus diesem Vorgang einige Fragen an den Vorstand von ICOM Österreich:
1. Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens?
2. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll,
dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind,
einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?
3. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM
vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt
zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls
langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig
Partei ergreift und der Chefkuratorin in - wie wir meinen -
diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?
Ihrer Stellungnahme blicken wir mit Interesse entgegen.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Monika Gärtner, Inssbruck
Nike Glaser-Wieninger, Wien
Mag. Andreas Gugler, Wien
Mag. Christine Haupt-Stummer, Wien
Heiderose Hildebrand, Wien
Dr. Michaela Kronberger, Wien
Mag. Elisabeth Limbeck-Lilienau, Wien
Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems
Mag. Gerhard Milchram, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Andreas Nierhaus, Wien
Dr. Martina Nußbaumer, Wien
Dr. Herbert Posch, Wien
Mag. Bernhard Purin, München - Rosenburg am Kamp
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr. Claudia Spring, Wien
Nora Sternfeld, M.A., Wien
Mag. Susanne Winkler, Wien
Annina Zwettler, Wien
Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich
c/o Leopold Museum Privatstiftung
Museumsplatz 1
1070 Wien
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage (hier) möchten wir Ihnen ein Schreiben von Herrn Prof. Dr. Wilfried Seipel in dessen Funktion als Präsident von ICOM Österreich an die Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Frau Dr. Danielle Spera, zur Kenntnis bringen, in dem er zu der Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien Stellung bezieht. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Kontroverse verfolgt haben. Ausführlich dokumentiert ist sie u.a. hier:
Dieses Schreiben wurde ab Mittwoch, 16.02.2011 im Rahmen der Präsentation eines "Ersatzhologramms" im Museum Judenplatz in fotokopierter Form an die Presse verteilt.
Als institutionelle bzw. individuelle Mitglieder von ICOM Österreich ergeben sich für uns aus diesem Vorgang einige Fragen an den Vorstand von ICOM Österreich:
1. Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens?
2. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll,
dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind,
einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?
3. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM
vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt
zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls
langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig
Partei ergreift und der Chefkuratorin in - wie wir meinen -
diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?
Ihrer Stellungnahme blicken wir mit Interesse entgegen.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Monika Gärtner, Inssbruck
Nike Glaser-Wieninger, Wien
Mag. Andreas Gugler, Wien
Mag. Christine Haupt-Stummer, Wien
Heiderose Hildebrand, Wien
Dr. Michaela Kronberger, Wien
Mag. Elisabeth Limbeck-Lilienau, Wien
Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems
Mag. Gerhard Milchram, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Andreas Nierhaus, Wien
Dr. Martina Nußbaumer, Wien
Dr. Herbert Posch, Wien
Mag. Bernhard Purin, München - Rosenburg am Kamp
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr. Claudia Spring, Wien
Nora Sternfeld, M.A., Wien
Mag. Susanne Winkler, Wien
Annina Zwettler, Wien
Gesprächsangebot an Danielle Spera
Sehr geehrte Frau Dr. Spera, liebe Frau Kollegin,
vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren offenen Brief vom 9. Februar 2011 und das darin enthaltene Angebot, mit zwei der Unterzeichneten ein Gespräch zu führen.
Da wir weder ein Verein noch eine Bürgerinitiative, sondern einfach nur ein ad-hoc gebildeter Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus einschlägigen Museen, Hochschulen und Forschungsinstituten verschiedener europäischer Länder sind, die sich Sorge um die Zukunft des Jüdischen Museums Wien machen, sehen wir uns außer Stande, zwei „Delegierte“ zu entsenden, die ein Gespräch mit Ihnen in Vertretung aller Unterzeichner führen.
Unser Angebot am Ende unseres offenen Briefes, mit Ihnen in ein Gespräch zu treten, haben wir vielmehr als Angebot und Einladung zu einem kontinuierlichen Austausch verstanden. Selbstverständlich muss es dabei Ihnen überlassen sein, welche Formen des Dialogs Sie dafür als geeignet halten. Die Abhaltung von Kolloquien, die Einsetzung eines wissenschaftlichen Beirates oder Evaluationsprozesse haben sich, so ist unsere Erfahrung bei vielen Neustrukturierungsprozessen, immer wieder bewährt.
Wir können in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, dass die jüngsten Reaktionen aus Ihrem Haus wie etwas das Beharren darauf, die Ausstellungsinstallation hätte keinesfalls künstlerischen Charakter und sei eine „veraltete Technologie“ sowie der Versuch, diese im Rahmen einer viertägigen Präsentation unter dem Titel „Geschichte einer österreichischen Aufregung“ ins Lächerliche zu ziehen, unsere Sorge nicht kleiner gemacht haben.
Gerade auch deshalb stehen die Unterzeichneten für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.
Im Namen der Unterzeichner des ersten Briefes,
mit besten Grüßen,
Cilly Kugelmann
vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren offenen Brief vom 9. Februar 2011 und das darin enthaltene Angebot, mit zwei der Unterzeichneten ein Gespräch zu führen.
Da wir weder ein Verein noch eine Bürgerinitiative, sondern einfach nur ein ad-hoc gebildeter Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus einschlägigen Museen, Hochschulen und Forschungsinstituten verschiedener europäischer Länder sind, die sich Sorge um die Zukunft des Jüdischen Museums Wien machen, sehen wir uns außer Stande, zwei „Delegierte“ zu entsenden, die ein Gespräch mit Ihnen in Vertretung aller Unterzeichner führen.
Unser Angebot am Ende unseres offenen Briefes, mit Ihnen in ein Gespräch zu treten, haben wir vielmehr als Angebot und Einladung zu einem kontinuierlichen Austausch verstanden. Selbstverständlich muss es dabei Ihnen überlassen sein, welche Formen des Dialogs Sie dafür als geeignet halten. Die Abhaltung von Kolloquien, die Einsetzung eines wissenschaftlichen Beirates oder Evaluationsprozesse haben sich, so ist unsere Erfahrung bei vielen Neustrukturierungsprozessen, immer wieder bewährt.
Wir können in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, dass die jüngsten Reaktionen aus Ihrem Haus wie etwas das Beharren darauf, die Ausstellungsinstallation hätte keinesfalls künstlerischen Charakter und sei eine „veraltete Technologie“ sowie der Versuch, diese im Rahmen einer viertägigen Präsentation unter dem Titel „Geschichte einer österreichischen Aufregung“ ins Lächerliche zu ziehen, unsere Sorge nicht kleiner gemacht haben.
Gerade auch deshalb stehen die Unterzeichneten für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.
Im Namen der Unterzeichner des ersten Briefes,
mit besten Grüßen,
Cilly Kugelmann
Montag, 21. Februar 2011
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Marianne Enigl im "profil". Und ich habe immer noch Fragen...
Unter dem Titel "Scherbenhaufen" schreibt im heute erscheinenden "profil" Marianne Enigl (der Artikel ist inzwischen hier online zugänglich) zur "Zerstörung der Dauerausstellung" im Wiener Jüdischen Museum.
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.
Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.
Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."
Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."
Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:
"Spera kommt der Vorgabe (der Politik; GF) mit Elan nach – und macht sich auch selbst zum Exponat. Schulen dürfen sie zu „Director’s Visits“ laden. Um Lesern des Celebrity-Magazins „First“ das Jüdische Museum nahezubringen, ließ sie sich in beigestellter Designermode vor Artefakten ablichten, die der Zerstörung durch den Nationalsozialismus entgangen waren."
Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.
Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.
Marianne Enigl im Profil: "Die Homepage des Museums zeigt Spera vor einem unansehnlichen Plexiglas-Duplikat der Hologramme. Dieses war allerdings verdreht montiert worden, sodass die darauf schillernden Flaggen Österreichs und Israels liegend wehten"
Marianne Enigl interpretiert die Zerstörung der Hologramme als Effekt eines zu raschen und ehrgeizigen Versuchs, so schnell wie möglich die Sanierung des Gebäudes und die Errichtung einer neuen Dauerausstellung zu realisieren. Und sie zitiert den ehemaligen Geschäftsführer des Museums, der die Erhaltung der Hologramme als wohl möglich gewesen einschätzt.
Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.
Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."
Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."
Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:
Eine der Bildseiten in "First", die im Artikel erwähnt werden |
Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.
Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?
Medieninformation des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"
Medieninformation, Februar 2011
Aufgrund des aktuellen großen Interesses an den Hologrammen des Jüdischen Museums wird das zweite Set der Hologramme an einem Beispiel der Öffentlichkeit präsentiert. Unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist ein ausgewähltes Hologramm von 16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 im Museum am Judenplatz zu sehen.
"Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"
von 16.2.2011,10 Uhr bis 20.2.2011, 18 Uhr
Museum Judenplatz, Judenplatz 8,1010 Wien
Öffnungszeiten: So bis Do 10 bis 18 Uhr
Freitag 10 bis 14 Uhr, Samstag geschlossen
Zweiter Satz Hologramme geht in die USA
Alle Hologramme werden wir gleich nach Eröffnung unseres Haupthauses in der Dorotheergasse 11 in einigen Monaten für kurze Zeit der Öffentlichkeit zugänglich ausstellen, danach werden die Hologramme für ein halbes Jahr an ein Museum in den USA verliehen. Durch die Probleme beim Abtransport der Hologramme hat sich unser Zeitplan erheblich verzögert, die Wiedereröffnung wird sich daher vermutlich um zwei Monate verschieben. Im September werden wir Sie gerne wieder in der Dorotheergasse 11 begrüssen.
Stationen der Geschichte einer österreichischen Erregung
Die Fakten vorweg - Die Hologramme
Im 2. Stock des Jüdischen Museums Wien befanden sich 21 Hologramme. Jedes bestand aus zwei Glasplatten mit einer dazwischen fixierten Folie. Die Glasplatten waren rund 3,00 Meter hoch und 2,00 Meter breit. Das Gewicht dieser jeweils zwei Platten betrug rund 360 Kilogramm. Gefertigt waren die Platten aus einem Sicherheitsglas, das sich physikalisch nicht schneiden lässt. Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile.
Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.
Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).
Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor.
Genes der Aufregung
Juli 2010
Danielle Spera beginnt ihre Tätigkeit als Direktorin. Sehr rasch muss sie erkennen, dass sämtliche Anforderungen an den Schutz der Kunstgegenstände in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr gegeben waren.
Die Klima- und Befeuchtungsanlage, die noch aus den 1980er Jahren stammt, war nicht mehr geeignet, Bedingungen herzustellen, die für sensible Artefakte notwendig sind. Die Kunstwerke waren in Gefahr!
Die Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek befürchtete sogar, dass in naher Zukunft kein anderes Museum dem Haus mehr Leihgaben zur Verfügung stellen würde.
August 2010
Während der heißen Tage des Sommers brach die Klimaanlage nahezu täglich zusammen. Die Reparaturen beliefen sich rasch auf mehrere zehntausend Euro. Es stellte sich heraus, dass die Anlage mit einem Kühlmittel betrieben wurde, dass nach EU-Richtlinien nicht mehr zulässig ist und auch nicht mehr nachgekauft werden kann.
Beide Aufzüge, Personenlift und Lastenlift entsprachen nicht mehr den gesetzlichen Auflagen. Immer wieder kam es auch zu Defekten, die kostenaufwendig repariert werden mussten.
Die neue Leitung suchte daraufhin bei der Stadt Wien um eine Bausubvention an, die im Dezember 2010 gewährt wurde.
Herbst 2010
In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.
Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht
durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.
Durch Hintergrundbeleuchtung und einem Spiegelsystem entsteht für den Betrachter, der vor den Glasplatten steht, ein dreidimensionales Bild. Die Hologramme zeigten Bilder von Objekten und Gemälden, die sich zum Großteil im Besitz des Jüdischen Museums befinden.
Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.
Planung Herbst 2010
Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt.
Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.
Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.
Die Suche nach einer neuen Heimat - Herbst/Winter 2010
Nachdem geklärt war, dass die Hologramme nach der Funktionssanierung nicht mehr aufgestellt werden würden, weil sie technisch ausgedient hatten, ging es darum, sie einzulagern, um sie als Stücke der Museumsgeschichte zu erhalten.
Die Direktorin Danielle Spera machte sich auf die Suche und konnte - nach vielen Absagen schließlich die Zusage des Technischen Museums erhalten, zwei der Tafeln zu übernehmen allerdings nicht für Ausstellungszwecke, da die Qualität dazu nicht mehr ausreichend war, sondern um sie in einem Depot des Technischen Museums aufzubewahren. Für die restlichen 19 Tafeln wurde das Lager einer Kunstspedition angemietet, in das die Glasplatten nach dem Abbau gebracht hätten werden sollen.
Abbauversuch Jänner 2011
Beim Versuch die Hologramme abzubauen und in das Depot zu bringen, stellte sich heraus, dass es keine Methode gab, sie abzumontieren oder abzusägen (siehe oben I/Die Fakten vorweg - die Hologramme).
Das zweite Set
Das Jüdische Museum Wien verfügt über ein zweites Set an kleineren Hologrammen aus Plexiglas.
Durch sie ist gewährleistet, dass dieses Instrument als Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt und damit ein wichtiger Teil der Geschichte des Jüdischen Museums Wien trotz der enormen Probleme um den Abbau der Originale in Erinnerung bleiben kann.
Diese so genannten Reisehologramme werden - nach heutigem Informationsstand - im Jahr 2012 für
sechs Monate in einem Museum in den USA ausgestellt werden.
Die neue Dauerausstellung
Das Jüdische Museum Wien wird die Erinnerung und die Zukunft weiterhin - mit anderen
Instrumenten als Hologrammen - zum Thema machen. Eines der Hologramme trug einen Satz von
Horkheimer und Adorno: "Nicht um die Konservierung der Vergangenheit, sondern um die
Einlösung der vergangenen Hoffnung ist es zu tun."
Rückfragehinweis:
Mag. Peter Menasse
Prokurist Jüdisches Museum Wien
Tel: 01 535 04 31134
E-Mail: peter.menasse@jmw.at
Dr. Alfred Stalzer
Presse & PR Jüdisches Museum Wien
Tel: 0664 506 4900
E-Mail: pr@stalzerundpartner.com
Sonntag, 20. Februar 2011
"Offensichtlich weitgehend persönliche und damit sachfremde Argumente". Wilfried Seipel spricht als ICOM Präsident zu den Vorgängen am Jüdischen Museum Wien.
Vorbemerkung: Das folgende Schreiben zirkulierte seit einigen Tagen, ohne daß die Herkunft der Veröffentlichung klar gewesen wäre. Ich habe deshalb den Text nicht in den Blog gestellt, obwohl der Stil des Briefes offensichtlich auf eine breite Öffentlichkeit - und nicht nur für Frau Spera - berechnet war und ist.
Inzwischen wurde das Schreiben tatsächlich öffentlich gemacht. Und zwar vom Jüdischen Museum in Form einer Art von Presseunterlage (zusammen mit einer 'Mitteilung' des Museums - sie Post oberhalb) der nur wenige Tage geöffneten Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung", wo ein Exemplar der Serie verkleinerter, vereinfachter Hologramme ausgestellt worden war.
Ich verzichte auf jede Kommentierung des Schreibens - bis auf einen Aspekt: Das Jüdische Museum erneuert mit der Publizierung des Schreibens erneut die Unterstellung, die Kritik am Vorgehen des Museums habe mit dem Umstand zu tun, daß die Chefkuratorin des Hauses nicht Direktorin geworden sei. Es ist nicht nur die Unhaltbarkeit dieses Vorwurfs bemerkenswert, sondern auch die Tatsache, daß das Museum sich nicht selbst deklariert, sondern dieses Schreiben benutzt, um den Vorwurf zu erneuern. Unerträglich finde ich dieses Vorgehen, weil Felicitas Heimann-Jelinek vom Museum aus untersagt ist, sich zu Museumsangelegnheiten zu äußern und daher nicht die geringste Chance hat, sich gegen diese und andere Vorwürfe und Unterstellungen zu wehren.
veranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis."
***
In einer APA-Aussendung vom 17.2. teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte
"Im Namen ihrer Mandantin Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Chefkuratorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien", mit, daß teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte, Wien, mit: daß "Aufgrund der zahlreichen Anfragen von Medien sehen wir unsveranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis."
***
E-Mail von Prof. Dr. Wilfried Seipel, Präsident ICOM Österreich, an Dr. Danielle Spera, 14. 02. 2011:
Sehr geehrte Frau Kollegin!
Mit Erstaunen, ja Betroffenheit habe ich die gegen Sie gerichteten Stellungnahmen, offenen Briefe und medialen Verurteilungen zur Kenntnis genommen. Ein uninformierter, fachfremder Leser muss den Eindruck gewinnen, dass Sie mit der Beseitigung der Hologramme aus dem Jüdischen Museum Wien ein nicht wieder gut zu machendes Vergehen gegen die Welt der jüdischen Museen insgesamt begangen haben, dass Sie sich an dem Kulturerbe dieses Museums vergangen und somit der Entwicklungsgeschichte dieses Hauses schweren, ja nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt hätten.
In einem in der Museumsgeschichte zumindest der jüdischen Museen, aber wie ich meine weit darüber hinaus einzigartig dastehenden Fall ist es zu einem Schulterschluss von Kollegen und Direktoren der jüdischen Museen Österreichs, Deutschlands und zuletzt sogar des AEJM gekommen, die in offenen Briefen unisono mit zum Teil apokalyptischen Formulierungen ("Mentekel") bzw. die Schamgrenze überschreitenden Hinweisen (Shoa) eine Hinrichtung Ihrer Person vorzunehmen versuchen, ohne sich auch nur im Geringsten mit Ihren Argumenten, die von jedem vernünftigen Museumsmann unterschrieben werden können, sachlich auseinander zu setzen. Dabei kann man wohl davon ausgehen, dass keineswegs alle schreibenden und unterschreibenden Kollegen die Corpora Delicti jemals zu Gesicht bekommen haben.
Der in verschiedenen Stellungnahmen mehrfach gegebene kritische Verweis auf die ethischen Richtlinien von ICOM bzw. deren in den Raum gestellte Missachtung durch Ihre Vorgangsweise veranlassen mich freilich mit aller Entschiedenheit der Instrumentalisierung durchdachter und sinnvoller Richtlinien, die von der internationalen Museumsgemeinschaft zum Nutzen und zur Qualitätssicherung der Museen formuliert wurden, zu Gunsten offensichtlich weitgehend persönlicher und damit sachfremder Argumente entgegen zu treten. Den notwendigen und ethisch selbstverständlich begründbaren Erhalt des Sammlungsguts eines Museums, wie es bei ICOM gefordert wird, in Beziehung zu setzen mit einem schon zum Zeitpunkt seiner Verwendung im JMW (1996 ) veralteten museumsdidaktisch und technisch keineswegs befriedigenden optischen Anschauungsmaterial ist nicht nur unverständlich sondern grenzt an Fahrlässigkeit der argumentierenden Personen. Es fällt mir schwer hier nicht schärfere Worte zu verwenden.
Wer immer diese Hologramme von Anbeginn betrachtet hat, wird vor allem in den letzten Jahren eine schleichende Verschlechterung des Fotomaterials beobachtet haben, wie auch der vernachlässigte Gesamtzustand der Dauerausstellung jedem Besucher als mehr als sanierungsbedürftig erschienen sein dürfte. Hologramme waren seit ihrer Erfindung oder Entdeckung 1947 in den 60er und 70er Jahren gern verwendete Anschauungsmittel vor allem in kleineren Museen, die als Ausgleich für fehlende spektakuläre Sammlungsobjekte zu optischen Tricks, also zu Hologrammen gegriffen haben-ohne Zweifel in dieser Zeit ein legitimes Anschauungsmaterial. Aber eben nur als Anschauungsmaterial, nicht mehr und nicht weniger.
Ganz abgesehen, dass der notwendig sich einstellende und schon eingetretene Verfall der optischen Qualität des zwischen zwei Glasplatten eingebrachten Films (s. dazu die Stellungnahme des Technischen Museums Wien!) alles andere als ein befriedigendes Anschauungsmaterial darstellte bzw. darstellt (es gibt bekanntlich eine zweite kleinere Serie von Hologrammen mit denselben Darstellungen) sind alle in den Hologrammen gezeigten Objekte vorhanden und können als Original betrachtet werde. Oder will jemand von einer abhanden gekommenen Aura des Hologramms sprechen?
Und wer kann nicht verstehen, dass die in einem an Platzmangel leidenden Museum mehr als Raum greifende Installation der Hologramme, die zuletzt einen erbärmlichen, weil ungepflegten und verstaubten Eindruck bei wohl den meisten Besuchern hinterlassen haben, jetzt durch eine durchgreifende Neugestaltung ersetzt werden? Zu behaupten, dass mit dem Ersatz der Hologramme durch eine Neugestaltung das "wichtigste Medium (des JMW), die Dauerausstellung" vernichtet würde, scheint nicht nur weit hergeholt sondern auf eine ganz andere Begründungsebene zu verweisen, die einfach in der Ablehnung der neuen Direktorin -vor allem durch ihre eigen Chefkuratorin und die von dieser instrumentalisierten Kollegenschaft ihre Antwort finden dürfte. Und wenn einmal unsachliche, weil persönlich begründete Argumente in Stellung gebracht werden, zu einer nicht immer ganz ohne Druck erzielten SolidaritätskampagneAnwürfen an die neue Direktorin verbundenen Eulogien für jene Kuratorin des JMW, die zwar nicht Direktorin geworden ist aber weiterhin als Chefkuratorin im Hause tätig ist, sollte zu denken geben.
Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir der Umstand, dass auch der für die Erstaufstellung zur Eröffnung des JMW verantwortliche Architekt keinerlei Einwände gegen die so ruchlose Beseitigung der Hologramme geäußert hat und diese auch keineswegs für eine Nachnutzung innerhalb der Neuaufstellung in Betracht gezogen hat-Immerhin war er der Gestalter des Hologrammraums!
Es ist zu hoffen, dass diese unselige Diskussion und Diffamierung Ihrer Person allmählich ein Ende findet und Sie sich ganz der erforderlichen Neugestaltung widmen werden können!
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wilfried Seipel Präsident ICOM Österreich
Freitag, 18. Februar 2011
Jewish museum officials decry Vienna exhibit destruction
Jewish museum officials decry Vienna exhibit destruction | JTA -Jewish & Israel News 17.02.11 15:27 |
February 9, 2011 BERLIN (JTA) --Directors of Jewish museums and educational institutes in Europe have written an open letter condemning the destruction of a 16-year-old exhibit at the Jewish Museum of Vienna. The exhibit, based on holograms, was removed recently to make way for a new exhibit due to open next summer. According to the museum's website, efforts to preserve the exhibit proved technically impossible. Public criticism grew after photographs of the shattered exhibition made their way onto museum-related blogs. In the open letter to Danielle Spera, director of the Vienna Jewish Museum since July, the critics said they expected colleagues to "show dignity and respect for their own institutional history. And the same dignity and respect should be shown to our colleagues and their work." According to the letter, the holograms "were among the most remarkable presentations of Jewish history in the world of Jewish museums and beyond." They were designed to underscore the point that concrete cultural objects had been destroyed in the Holocaust. Directors of Jewish museums in Germany, Belgium, Holland and Austria were among those who signed the letter. Cilly Kugelmann, program director at the Jewish Museum Berlin, told JTA that she hoped the letter would raise awareness about the importance of preserving historic museum displays, even though they must sometimes make way for new innovations. "One should not throw the old overboard," she said. Kugelmann, who said she was "shocked by the destruction," said there had been no response to the letter. In an interview and fashion shoot last year in the Austrian magazine First, Spera said it was her greatest wish to design a permanent exhibit that would show all facets of Jewish life in Austria. On the museum's website, Peter Menasse, director of the financial and organizational department, describes the holograms as a "trademark" exhibition that showed the history of Vienna Jewry, but that also were showing signs of wear and tear. He wrote that one slip and the safety glass used for the holograms shattered into thousands of pieces, tanking plans to preserve them. |
http://www.jta.org/news/article/2011/02/09/2742916/jewish-museum-officials-decry-vienna-exhibit-destruction Seite 1 von 1 |
Un semaine de cristal
Artikel zu den Vorgängen im Jüdischen Museum der Stadt Wien auf dem Blog von Jérôme Segal: http://jsegalavienne.wordpress.com/2011/02/18/une-semaine-de-cristal/
Das Jüdische Museum der Stadt Wien äußert sich zu den Vorgängen - erstmals auch mit Bedauern
Peter Menasse: Wir sind den Kunstwerken verpflichtet, in: science.0rf.at, 17.2.2011. Hier der Link
Hier - mit Einverständnis von Peter Menasse - der Text:
Wenn nun das ganze Haus saniert wird, sind auch alle Kunstgegenstände in Sicherheit zu bringen. Das ist geschehen. Und wir haben beschlossen, die Hologramme wegzubringen, weil sie - siehe oben - am Ende ihres Lebenszyklus waren. Das ganze Haus, also alle MitarbeiterInnen waren darüber informiert. Es gelang uns auch, Lagermöglichkeiten für die Hologramme zu finden. Es ging uns darum, diese Symbole der Geschichte des Hauses zu bewahren.
Nachdem die Hologramme - je zwei zusammengehörige Glasplatten von drei Meter Höhe und zwei Meter Breite, Gewicht rund 360 Kilogramm ohne Traverse - aus einem Sicherheitsglas bestanden, das bei jeder noch so kleinen mechanischen Beanspruchung in seine Einzelteile zersplittert, war keine Lösung für eine Abtragung zu finden.
In der Abwägung, die Hologramme stehen zu lassen und noch zwei, drei Jahre zu warten, bis sie endgültig nicht mehr ausstellungsfähig gewesen wären und auf den Umbau des Hauses zu verzichten, oder aber die für die Kunstwerke notwendige Funktionssanierung durchzuführen, gab es nur eine Entscheidung.
Wir sind traurig darüber, dass die Hologramme nicht erhalten bleiben konnten. Und jeder, der uns das nicht glaubt, möge uns verraten, in welchem Interesse wir Zerstörung um der Zerstörung willen hätten betreiben sollen. Das ist absurd und ungerecht.
Die Ausstellung der Reisehologramme haben wir beschlossen, damit dem Publikum, das die öffentliche Diskussion verfolgt, auch einmal gezeigt werden kann, was ein Hologramm überhaupt ist. Es geht uns in erster Linie bei allen Aktivitäten um die Kunstwerke und um das Publikum, das mit seinen Steuergeldern dazu beiträgt, sie anzukaufen und zu erhalten.
Alle "Verkopfungen" wie "denunziatorische Zurschaustellung", "zweite Zerstörung" und ähnliches richten sich von selbst.
Hier - mit Einverständnis von Peter Menasse - der Text:
Die Hologramme im Jüdischen Museum stellten tatsächlich ein Stück Identität und Geschichte des Hauses dar. Leider hatten sie nach 15 Jahren bereits einigermaßen Schaden genommen. Die Folien, die zwischen den Glasplatten affichiert waren, begannen sich abzulösen. Anders als bei Gemälden hatten unsere Restauratoren nicht erhalterische Maßnahmen gesetzt, vermutlich weil sie auch nicht wussten, dass die Glasplatten mit ihrem 3D-Effekt später zu Kunstwerken stilisiert werden würden.
Nun wurde in unserem Haus nicht nur eine neue Dauerausstellung benötigt, sondern es musste eine Funktionssanierung durchgeführt werden. Die Klima- und Feuchtigkeitsanlage war nach bereits rund 30jähriger Nutzung derart veraltet, dass die klimatischen Bedingungen im Haus nicht mehr gewährleistet waren. Silber, Malerei, Stoffe und andere Kunstgegenstände waren in Gefahr.Wenn nun das ganze Haus saniert wird, sind auch alle Kunstgegenstände in Sicherheit zu bringen. Das ist geschehen. Und wir haben beschlossen, die Hologramme wegzubringen, weil sie - siehe oben - am Ende ihres Lebenszyklus waren. Das ganze Haus, also alle MitarbeiterInnen waren darüber informiert. Es gelang uns auch, Lagermöglichkeiten für die Hologramme zu finden. Es ging uns darum, diese Symbole der Geschichte des Hauses zu bewahren.
Aufgrund des großen Interesses an den Hologrammen präsentiert das Jüdische Museum der Öffentlichkeit ein unzerstörtes Exemplar aus einem anderen Set."Die Geschichte einer österreichischen Aufregung": 16., 17., 20.2. 10-18 Uhr, 18.2. 10-14 Uhr, Museum Judenplatz, Judenplatz 8, 1010 Wien
Dann mitten im bereits begonnen Umbau des Hauses entdeckten die zur Abtragung engagierten Fachleute aus Glaserei und Kunstspedition, dass die Hologramme nicht entfernt werden konnten. Sie waren unter dem Fußboden mit der Stahltraverse nicht nur verschraubt, sondern auch verklebt. Der Klebestoff war nach 15 Jahren so verhärtet, dass er sich nicht lösen ließ.Nachdem die Hologramme - je zwei zusammengehörige Glasplatten von drei Meter Höhe und zwei Meter Breite, Gewicht rund 360 Kilogramm ohne Traverse - aus einem Sicherheitsglas bestanden, das bei jeder noch so kleinen mechanischen Beanspruchung in seine Einzelteile zersplittert, war keine Lösung für eine Abtragung zu finden.
In der Abwägung, die Hologramme stehen zu lassen und noch zwei, drei Jahre zu warten, bis sie endgültig nicht mehr ausstellungsfähig gewesen wären und auf den Umbau des Hauses zu verzichten, oder aber die für die Kunstwerke notwendige Funktionssanierung durchzuführen, gab es nur eine Entscheidung.
Wir sind traurig darüber, dass die Hologramme nicht erhalten bleiben konnten. Und jeder, der uns das nicht glaubt, möge uns verraten, in welchem Interesse wir Zerstörung um der Zerstörung willen hätten betreiben sollen. Das ist absurd und ungerecht.
Die Ausstellung der Reisehologramme haben wir beschlossen, damit dem Publikum, das die öffentliche Diskussion verfolgt, auch einmal gezeigt werden kann, was ein Hologramm überhaupt ist. Es geht uns in erster Linie bei allen Aktivitäten um die Kunstwerke und um das Publikum, das mit seinen Steuergeldern dazu beiträgt, sie anzukaufen und zu erhalten.
Alle "Verkopfungen" wie "denunziatorische Zurschaustellung", "zweite Zerstörung" und ähnliches richten sich von selbst.
Vienna: controversy over destroyed Holograms during renovations
Ruth Eilen Gruber: Vienna -- controversy over destroyed Holograms during renovations. In: jewish-heritage-travel, Donnerstag 17. Februar 2011. Ausführlicher Essay zu den Vorgängen am Jüdischen Museum der Stadt Wien. Hier der Link.
Mittwoch, 16. Februar 2011
Ein Nachruf auf die Hologramme des JMW
Ein Nachruf auf die Hologramme des JMW
Von Gerald Lamprecht
Das Jüdische Museum der Stadt Wien wird renoviert und im Zuge dessen plant die neue Leitung auch die Neugestaltung der seit Mitte der 1990er Jahre bestehenden Dauerausstellung. Das ist nichts Ungewöhnliches, und das Interesse der Öffentlichkeit ist der neuen Dauerausstellung gewiss, insbesondere wenn es sich um eine so renommierte Institution wie das Wiener Jüdische Museum handelt.
Seinen internationalen Ruf verdankt das Museum vor allem der bisherigen Ausstellung, der sensibel und klug aufgestellten Sammlung Berger sowie den von der renommierten Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek gestalteten Rauminstallationen, den Hologrammen und dem Schaudepot. Es sind diese beiden aufsehenerregenden Installationen, die neben den vielen hervorragenden temporären Ausstellungen der letzten Jahre dem Jüdischen Museum der Stadt Wien zu Weltgeltung verholfen haben.
In der internationalen Literatur über Jüdische Museen - etwa im Buch von Sabine Offe, "Ausstellungen, Einstellungen, Entstellungen. Jüdische Museen in Deutschland und Österreich" - ist die Wiener Ausstellung ein Fixpunkt: Die Hologramme und das Schaudepot sind Pionierarbeiten eines innovativen, reflexiven Zugangs, der mit den Mitteln des Museums die Frage des Ausstellen und Darstellens von Geschichte reflektiert. Und es ist gerade die jüdische Geschichte als eine Geschichte von Verlust, Zerstörung und Vernichtung, die diese Fragen existenziell in die Museologie einbringt.
Position verändert Blick
Das war die Botschaft der Hologramme: Dem Betrachter eröffnete sich abhängig von seiner Position im Raum ein jeweils anderer Blick auf die wechselvolle jüdische Geschichte der Stadt Wien - von den ersten Zeugnissen der jüdischen Bevölkerung im Mittelalter bis zur Shoah.
Hologramme und Schaudepot haben die Besucher in diese reflexive Haltung miteinbezogen, kein passives Konsumieren, ein aktives Hin-Schauen wurde damit angeregt. Keine vorgefertigten, abgeschlossenen, großen Erzählungen wurden präsentiert, sondern die Brüchigkeit der jüdischen Geschichte mit ihren Leerstellen, die nicht zuletzt das Ergebnis der Zerstörung und Vernichtung in der Shoah waren, stand im Zentrum.
Mit diesen beiden Installationen hat sich das Jüdische Museum Wien in die internationale Museumslandschaft eingeschrieben, sein hervorragender Ruf zeigt sich auch in den gefragten Wanderausstellungen - derzeit ist etwa "Typisch!" in München zu sehen, zuvor wurde die Ausstellung in Berlin und Chicago gezeigt.
Mauthausen hat Schautafeln archiviert
Umso bestürzender ist die Zerstörung der Hologramme, die zudem eine besonders im Kontext der jüdischen Geschichte verheerende Symbolik des zerbrochenen, zerschlagenen Glases evoziert. Der offene Brief von 25 MuseumsleiterInnen und WissenschaftlerInnen hat vor allem die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit diesen Exponanten und die Ignoranz gegenüber den museologischen Standards der Dokumentation und Archivierung von Dauerausstellungen kritisiert.
In diesem Zusammenhang kann beispielsweise auf die Archivierung der Schautafeln der in den 1970er Jahren eröffneten Ausstellung in der Gedenkstätte Mauthausen verwiesen werden. Auch wenn sie "nur" historischen Wert haben, sind sie erhaltenswert, denn sie können zukünftigen Generationen über die Gedächtniskultur unserer Gesellschaft Auskunft geben.
Tatsächlich nur "technische Probleme"?
Die nun zu beobachtenden Reaktionen seitens des Jüdischen Museums Wien auf Kritik lassen allerdings vermuten, dass nicht nur "technische Probleme" zur Zerstörung der Hologramme führten, sondern die fehlende Wertschätzung für eine Installation, die international als singuläres Beispiel eines neuen, reflexiven Verständnisses von Museum gilt: Die Hologramme werden als "veraltete Technologie" bezeichnet, der Status eines Exponates wird ihnen abgesprochen, sie werden zu "Schautafeln", deren "Ablaufdatum erreicht" sei, degradiert.
Die Situation ist paradox: Während die Kritiker auf den internationalen Ruf des Wiener Jüdischen Museums verweisen, der sich seinen innovativen Ausstellungsprojekten verdankt, stellt das Museum selbst den Wert jener Exponate, die 15 Jahre lang sein Kernstück gebildet haben, in Abrede.
Wirkung nur über Raumerfahrung
Doch unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Hologrammen um eine "veraltete Technologie" handle oder nicht, verweist die Argumentation auf einen problematischen Umgang mit Exponaten sowie der Institution Museum im Allgemeinen. Oder wäre es beispielsweise vorstellbar, dass man ein Gemälde des Biedermeier, nur weil befunden wird, es handle sich um eine "veraltete Maltechnik", unwiederbringlich zerstört?
Das Argument, es sei nicht schade um die Hologramme, da sie eine "veraltete Technik" darstellten und man das heute "am Bildschirm mit einer Animation" lösen würde, läuft ins Leere: Denn die Wirkung und das innovative Potential der Hologramme ist nur aus der mit ihnen verbundenen Raumerfahrung erschließbar.
Nun auch noch symbolische Zerstörung?
Nun stellt das Jüdische Museum von 16. bis 20. Februar als Reaktion auf die Kritik ein Beispiel des zweiten Hologramm-Sets unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" im Museum am Judenplatz aus. Wird es eine Würdigung der Bedeutung der Hologramme sein oder eine denunziatorische Zurschaustellung?
Die Aussage von Danielle Spera ("Standard", 11.2.2011), die Ausstellung soll dazu dienen, dass "die Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt", lässt aber eher auf letzteres schließen. Und man erhält den Eindruck, dass die Hologramme nach ihrer physischen Zerstörung nun ein zweites Mal, diesmal symbolisch zerstört werden sollen.
Will das Museum - mitten in Umbau und Neugestaltung - durch die Ausstellung somit unter Beweis stellen, dass jene Exponate, denen es seinen Ruf verdankt, "veraltet" seien? Wie auch immer das Urteil der BesucherInnen ausfallen wird, diese Ausstellung lässt Schlüsse auf das Selbstverständnis und die Positionierung des Jüdischen Museums Wien in der internationalen Museumslandschaft zu. Sie kann sich des Interesses einer interessierten Öffentlichkeit - nicht nur in Österreich - gewiss sein.
Gerald Lamprecht ist Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz; Forschungsschwerpunkte: Jüdische Regionalgeschichte, Antisemitismus, NS-Herrschaftssystem, Verfolgungsgeschichte der Jüdinnen und Juden, Vermögensentzug.
Von Gerald Lamprecht
Das Jüdische Museum der Stadt Wien wird renoviert und im Zuge dessen plant die neue Leitung auch die Neugestaltung der seit Mitte der 1990er Jahre bestehenden Dauerausstellung. Das ist nichts Ungewöhnliches, und das Interesse der Öffentlichkeit ist der neuen Dauerausstellung gewiss, insbesondere wenn es sich um eine so renommierte Institution wie das Wiener Jüdische Museum handelt.
Seinen internationalen Ruf verdankt das Museum vor allem der bisherigen Ausstellung, der sensibel und klug aufgestellten Sammlung Berger sowie den von der renommierten Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek gestalteten Rauminstallationen, den Hologrammen und dem Schaudepot. Es sind diese beiden aufsehenerregenden Installationen, die neben den vielen hervorragenden temporären Ausstellungen der letzten Jahre dem Jüdischen Museum der Stadt Wien zu Weltgeltung verholfen haben.
In der internationalen Literatur über Jüdische Museen - etwa im Buch von Sabine Offe, "Ausstellungen, Einstellungen, Entstellungen. Jüdische Museen in Deutschland und Österreich" - ist die Wiener Ausstellung ein Fixpunkt: Die Hologramme und das Schaudepot sind Pionierarbeiten eines innovativen, reflexiven Zugangs, der mit den Mitteln des Museums die Frage des Ausstellen und Darstellens von Geschichte reflektiert. Und es ist gerade die jüdische Geschichte als eine Geschichte von Verlust, Zerstörung und Vernichtung, die diese Fragen existenziell in die Museologie einbringt.
Position verändert Blick
Das war die Botschaft der Hologramme: Dem Betrachter eröffnete sich abhängig von seiner Position im Raum ein jeweils anderer Blick auf die wechselvolle jüdische Geschichte der Stadt Wien - von den ersten Zeugnissen der jüdischen Bevölkerung im Mittelalter bis zur Shoah.
Hologramme und Schaudepot haben die Besucher in diese reflexive Haltung miteinbezogen, kein passives Konsumieren, ein aktives Hin-Schauen wurde damit angeregt. Keine vorgefertigten, abgeschlossenen, großen Erzählungen wurden präsentiert, sondern die Brüchigkeit der jüdischen Geschichte mit ihren Leerstellen, die nicht zuletzt das Ergebnis der Zerstörung und Vernichtung in der Shoah waren, stand im Zentrum.
Mit diesen beiden Installationen hat sich das Jüdische Museum Wien in die internationale Museumslandschaft eingeschrieben, sein hervorragender Ruf zeigt sich auch in den gefragten Wanderausstellungen - derzeit ist etwa "Typisch!" in München zu sehen, zuvor wurde die Ausstellung in Berlin und Chicago gezeigt.
Mauthausen hat Schautafeln archiviert
Umso bestürzender ist die Zerstörung der Hologramme, die zudem eine besonders im Kontext der jüdischen Geschichte verheerende Symbolik des zerbrochenen, zerschlagenen Glases evoziert. Der offene Brief von 25 MuseumsleiterInnen und WissenschaftlerInnen hat vor allem die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit diesen Exponanten und die Ignoranz gegenüber den museologischen Standards der Dokumentation und Archivierung von Dauerausstellungen kritisiert.
In diesem Zusammenhang kann beispielsweise auf die Archivierung der Schautafeln der in den 1970er Jahren eröffneten Ausstellung in der Gedenkstätte Mauthausen verwiesen werden. Auch wenn sie "nur" historischen Wert haben, sind sie erhaltenswert, denn sie können zukünftigen Generationen über die Gedächtniskultur unserer Gesellschaft Auskunft geben.
Tatsächlich nur "technische Probleme"?
Die nun zu beobachtenden Reaktionen seitens des Jüdischen Museums Wien auf Kritik lassen allerdings vermuten, dass nicht nur "technische Probleme" zur Zerstörung der Hologramme führten, sondern die fehlende Wertschätzung für eine Installation, die international als singuläres Beispiel eines neuen, reflexiven Verständnisses von Museum gilt: Die Hologramme werden als "veraltete Technologie" bezeichnet, der Status eines Exponates wird ihnen abgesprochen, sie werden zu "Schautafeln", deren "Ablaufdatum erreicht" sei, degradiert.
Die Situation ist paradox: Während die Kritiker auf den internationalen Ruf des Wiener Jüdischen Museums verweisen, der sich seinen innovativen Ausstellungsprojekten verdankt, stellt das Museum selbst den Wert jener Exponate, die 15 Jahre lang sein Kernstück gebildet haben, in Abrede.
Wirkung nur über Raumerfahrung
Doch unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Hologrammen um eine "veraltete Technologie" handle oder nicht, verweist die Argumentation auf einen problematischen Umgang mit Exponaten sowie der Institution Museum im Allgemeinen. Oder wäre es beispielsweise vorstellbar, dass man ein Gemälde des Biedermeier, nur weil befunden wird, es handle sich um eine "veraltete Maltechnik", unwiederbringlich zerstört?
Das Argument, es sei nicht schade um die Hologramme, da sie eine "veraltete Technik" darstellten und man das heute "am Bildschirm mit einer Animation" lösen würde, läuft ins Leere: Denn die Wirkung und das innovative Potential der Hologramme ist nur aus der mit ihnen verbundenen Raumerfahrung erschließbar.
Nun auch noch symbolische Zerstörung?
Nun stellt das Jüdische Museum von 16. bis 20. Februar als Reaktion auf die Kritik ein Beispiel des zweiten Hologramm-Sets unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" im Museum am Judenplatz aus. Wird es eine Würdigung der Bedeutung der Hologramme sein oder eine denunziatorische Zurschaustellung?
Die Aussage von Danielle Spera ("Standard", 11.2.2011), die Ausstellung soll dazu dienen, dass "die Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt", lässt aber eher auf letzteres schließen. Und man erhält den Eindruck, dass die Hologramme nach ihrer physischen Zerstörung nun ein zweites Mal, diesmal symbolisch zerstört werden sollen.
Will das Museum - mitten in Umbau und Neugestaltung - durch die Ausstellung somit unter Beweis stellen, dass jene Exponate, denen es seinen Ruf verdankt, "veraltet" seien? Wie auch immer das Urteil der BesucherInnen ausfallen wird, diese Ausstellung lässt Schlüsse auf das Selbstverständnis und die Positionierung des Jüdischen Museums Wien in der internationalen Museumslandschaft zu. Sie kann sich des Interesses einer interessierten Öffentlichkeit - nicht nur in Österreich - gewiss sein.
Gerald Lamprecht ist Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz; Forschungsschwerpunkte: Jüdische Regionalgeschichte, Antisemitismus, NS-Herrschaftssystem, Verfolgungsgeschichte der Jüdinnen und Juden, Vermögensentzug.
Die Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums Wien. Ein Kommentar
Anmerkungen zu den Repliken der Museumsleitung des JMW auf die Kritik einer museologisch-wissenschaftlichen Museums-Öffentlichkeit
Heidrun Zettelbauer
Seitdem die Hologramme der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Wien (JMW) zerstört wurden, hat ein breiter (inzwischen auch internationaler) Kreis an MuseologInnen, DirektorInnen jüdischer Museen und WissenschaftlerInnen Kritik am Vorgehen der Museumsleitung des JMW geäußert – nicht nur Kritik am Akt der Zerstörung der Hologramme, sondern auch am Verzicht auf fachlich fundierte museologische Vorgehensweisen, die eine Archivierung der Hologramme und eine Dokumentation des Prozesses geboten hätten. In ihrer Antwort auf die geäußerte Kritik führte Museumsleiterin Spera vor allem „technische Notwendigkeiten“ als Motiv für die Zerstörung der Hologramme an und ortete in der Kritik daran nicht zuletzt eine gegen ihre Person abzielende „Kampagne“.
Auffällig erscheint, dass Frau Dr. Spera bislang so gut wie überhaupt nicht auf die inhaltlichen Argumente ihrer KritikerInnen eingegangen ist und tunlichst jegliche entsprechende Positionierung vermeidet, nicht zuletzt auch in der medialen Diskussion scheint diese Frage die große Leerstelle zu sein.
Die eingeschlagene Strategie von Seiten der aktuell Verantwortlichen des JMW scheint sich darin zu erschöpfen, die Bedeutung der Hologramme herunterzuspielen. Zuletzt hat dies Roswitha Muttenthaler äußerst erhellend in ihrem Kommentar dargelegt, in dem sie auf Strategien der Museumsleitung hinweist, die Bedeutung der Hologramme möglichst klein zu reden (und sie zur „Schautafel“ zu degradieren), um davon ausgehend, die Verantwortung für deren Zerstörung abzuschwächen bzw. um der grundsätzlichen Frage nach der „Wertigkeit“ der zerstörten Hologramme zu entgehen. Anknüpfend daran, erscheint mir ein weiterer Punkt, der in der bisherigen Debatte kaum eine Rolle gespielt hat, relevant, nämlich die Frage der zentralen Bedeutung der Hologramme als Maßstab für die bisherige, aktuelle und zukünftige Selbst/Positionierung des JMW im Umgang mit einer (kritischen) Museums-Öffentlichkeit.
Seit den 1990er Jahren steht/stand das JMW – und dafür waren die Hologramme mit ihren komplexen Bedeutungsebenen zugleich Symbol und Ausdruck – für ein hohes Maß an Reflexion über das eigene Tun. Das JMW ist mit seinen Projekten und Ausstellungen eine maßgebliche Stimme in der öffentlichen Rede darüber, wie jüdische Geschichte nach der Shoah erzählt bzw. nicht erzählt werden kann und darüber hinaus ganz grundsätzlich, wie Geschichte überhaupt museal inszeniert werden kann. Was das JMW in den vergangenen Jahren mit vielen Projekten, Ausstellungen und vor allem auch der Dauerausstellung – den Hologrammen wie auch ihrem Gegenstück, dem Schaudepot – so interessant machte, war nicht zuletzt der Umstand, dass das Museum neben konkreten historischen Interpretationsangeboten, immer auch eine Metaebene musealer Re/Präsentation thematisierte: nämlich die Frage, welche Position/ierung das Museum in der Erzählung jüdischer Geschichte und Gegenwart einnehmen kann und will.
In seinen Projekten entzog sich das JMW häufig ganz bewusst vereindeutigenden und vereinfachenden historischen Narrativen, kein „Wohlfühl“-Museum bot sich den BesucherInnen, sondern ein Ort der Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte als Geschichte des Verlusts, der Zerstörung und Vernichtung. Zugleich wird in den bisherigen Ausstellungen jüdische Geschichte als Beziehungsgeflecht zur nicht-jüdischen Bevölkerung sichtbar, BesucherInnen konnten keine passiv-betrachtende und rezipierende Haltung einnehmen, sondern fanden sich oftmals mitten in einem Prozess des sich-positionieren-Müssens, der Verunsicherung, des Provoziert-Werdens oder der Konfrontation mit unliebsamen Befunden der österreichischen (Zeit)Geschichte. Das JMW positionierte sich mit seinen bisherigen Projekten – und darin liegt wohl auch ein zentraler Faktor für seine internationale und innovative Strahlkraft – als Ort der Auseinandersetzung und des Diskurses über gesellschaftlich relevante Fragen (nicht zuletzt zum österreichischen Gedächtnis). Das JMW stellt sich mit seinen Ausstellungen der letzten Jahre als unbequemes Museum dar, das (historische) Konflikte gerade nicht harmonisierte und das seine BesucherInnen mitunter durchaus irritiert, unbehaglich und oftmals mit mehr Fragen im Gepäck zurückließ als vor dem Museumsbesuch. Ein Museum, das mögliche Erwartungen von BesucherInnen gerade nicht einfach nur „bediente“, sondern diese mitunter radikal zum Diskurs und zur Stellungnahme aufforderte.
Neben vielen bereits an anderer Stelle genannten Bedeutungsschichten, erschloss sich beim Betrachten der Hologramme ein weiterer wesentlicher Aspekt: sie ermöglichten den BesucherInnen nicht nur das Wahrnehmen einer sich mit dem Blickwinkel verändernden Perspektive auf jüdische Geschichte als Geschichte des Verlusts und der Zerstörung, sondern sie forderten das Einnehmen einer solchen Position dazu geradezu ein. Implizit verdeutlichten die Hologramme damit, dass in einer „Tätergesellschaft“ niemand keine Position hat, sondern jede/r im Spektrum differenzierter historischer Befunde verankert ist – im Rahmen von Primärerfahrung oder durch eine kollektive Erinnerungskultur, im Rahmen von Familiengeschichte/n und/oder regionalen Kontexten, näher oder weiter entfernt, aber immer in je spezifischer Art und Weise involviert in die Geschichte der Vernichtung und Zerstörung jüdischer Kultur durch den Nationalsozialismus.
Die neue Dauerausstellung des JMW wird laut aktueller Homepage des Museums bereits im Juli 2011 eröffnet. Entgegen aller Kritik an der Zerstörung der Hologramme, könnte das JMW die aktuelle Debatte dazu nutzen, um ihr neues Konzept darzulegen und auszuführen, was an die Stelle der zerstörten Hologramme treten soll. Was jedoch an den aktuellen Repliken der neuen Museumsleitung irritiert zurücklässt, ist gerade das Fehlen einer solchen Positionierung im Hinblick auf die skizzierten Fragestellungen: Intendiert das JMW auch einen „Neuanfang“ hinsichtlich seiner gesellschaftliche Positionierung? Gehört demnach auch die Auffassung vom Museum als Ort der Auseinandersetzung und des Diskurses mit der Zerschlagung der Hologramme der Vergangenheit an? Der bisherigen Museumsleitung ging es offenkundig auch um die Schaffung einer kritischen Öffentlichkeit, gilt dies – und wenn ja, in welchem Ausmaß – auch noch für das neue JMW? Welches museologische Konzept und welche kuratorische Selbstpositionierung intendiert die neue Leiterin dabei? Wie verhält sich das neue Dauerausstellungskonzept zu jenen Fragestellungen, die international im Hinblick auf die gesellschaftlichen Aufgaben und Zielsetzungen (jüdischer) Museen diskutiert werden? Bislang hat das JMW, gerade was die Frage des Verhältnisses zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit betrifft, mit seiner Dauerausstellung und seinen Projekten eine Vorreiterrolle in diesen Debatten eingenommen – angesichts der aktuellen Vorgänge scheint die Frage berechtigt, wie sich das JMW in dieser Frage selbst positioniert und welche Rolle dabei den BesucherInnen und einer (kritischen) Öffentlichkeit zugedacht wird?
Univ.-Ass. Dr. Heidrun Zettelbauer / Graz
Karl-Franzens-Universität Graz – Institut für Geschichte
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