Ruth Eilen Gruber: Vienna -- controversy over destroyed Holograms during renovations. In: jewish-heritage-travel, Donnerstag 17. Februar 2011. Ausführlicher Essay zu den Vorgängen am Jüdischen Museum der Stadt Wien. Hier der Link.
Freitag, 18. Februar 2011
Mittwoch, 16. Februar 2011
Ein Nachruf auf die Hologramme des JMW
Ein Nachruf auf die Hologramme des JMW
Von Gerald Lamprecht
Das Jüdische Museum der Stadt Wien wird renoviert und im Zuge dessen plant die neue Leitung auch die Neugestaltung der seit Mitte der 1990er Jahre bestehenden Dauerausstellung. Das ist nichts Ungewöhnliches, und das Interesse der Öffentlichkeit ist der neuen Dauerausstellung gewiss, insbesondere wenn es sich um eine so renommierte Institution wie das Wiener Jüdische Museum handelt.
Seinen internationalen Ruf verdankt das Museum vor allem der bisherigen Ausstellung, der sensibel und klug aufgestellten Sammlung Berger sowie den von der renommierten Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek gestalteten Rauminstallationen, den Hologrammen und dem Schaudepot. Es sind diese beiden aufsehenerregenden Installationen, die neben den vielen hervorragenden temporären Ausstellungen der letzten Jahre dem Jüdischen Museum der Stadt Wien zu Weltgeltung verholfen haben.
In der internationalen Literatur über Jüdische Museen - etwa im Buch von Sabine Offe, "Ausstellungen, Einstellungen, Entstellungen. Jüdische Museen in Deutschland und Österreich" - ist die Wiener Ausstellung ein Fixpunkt: Die Hologramme und das Schaudepot sind Pionierarbeiten eines innovativen, reflexiven Zugangs, der mit den Mitteln des Museums die Frage des Ausstellen und Darstellens von Geschichte reflektiert. Und es ist gerade die jüdische Geschichte als eine Geschichte von Verlust, Zerstörung und Vernichtung, die diese Fragen existenziell in die Museologie einbringt.
Position verändert Blick
Das war die Botschaft der Hologramme: Dem Betrachter eröffnete sich abhängig von seiner Position im Raum ein jeweils anderer Blick auf die wechselvolle jüdische Geschichte der Stadt Wien - von den ersten Zeugnissen der jüdischen Bevölkerung im Mittelalter bis zur Shoah.
Hologramme und Schaudepot haben die Besucher in diese reflexive Haltung miteinbezogen, kein passives Konsumieren, ein aktives Hin-Schauen wurde damit angeregt. Keine vorgefertigten, abgeschlossenen, großen Erzählungen wurden präsentiert, sondern die Brüchigkeit der jüdischen Geschichte mit ihren Leerstellen, die nicht zuletzt das Ergebnis der Zerstörung und Vernichtung in der Shoah waren, stand im Zentrum.
Mit diesen beiden Installationen hat sich das Jüdische Museum Wien in die internationale Museumslandschaft eingeschrieben, sein hervorragender Ruf zeigt sich auch in den gefragten Wanderausstellungen - derzeit ist etwa "Typisch!" in München zu sehen, zuvor wurde die Ausstellung in Berlin und Chicago gezeigt.
Mauthausen hat Schautafeln archiviert
Umso bestürzender ist die Zerstörung der Hologramme, die zudem eine besonders im Kontext der jüdischen Geschichte verheerende Symbolik des zerbrochenen, zerschlagenen Glases evoziert. Der offene Brief von 25 MuseumsleiterInnen und WissenschaftlerInnen hat vor allem die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit diesen Exponanten und die Ignoranz gegenüber den museologischen Standards der Dokumentation und Archivierung von Dauerausstellungen kritisiert.
In diesem Zusammenhang kann beispielsweise auf die Archivierung der Schautafeln der in den 1970er Jahren eröffneten Ausstellung in der Gedenkstätte Mauthausen verwiesen werden. Auch wenn sie "nur" historischen Wert haben, sind sie erhaltenswert, denn sie können zukünftigen Generationen über die Gedächtniskultur unserer Gesellschaft Auskunft geben.
Tatsächlich nur "technische Probleme"?
Die nun zu beobachtenden Reaktionen seitens des Jüdischen Museums Wien auf Kritik lassen allerdings vermuten, dass nicht nur "technische Probleme" zur Zerstörung der Hologramme führten, sondern die fehlende Wertschätzung für eine Installation, die international als singuläres Beispiel eines neuen, reflexiven Verständnisses von Museum gilt: Die Hologramme werden als "veraltete Technologie" bezeichnet, der Status eines Exponates wird ihnen abgesprochen, sie werden zu "Schautafeln", deren "Ablaufdatum erreicht" sei, degradiert.
Die Situation ist paradox: Während die Kritiker auf den internationalen Ruf des Wiener Jüdischen Museums verweisen, der sich seinen innovativen Ausstellungsprojekten verdankt, stellt das Museum selbst den Wert jener Exponate, die 15 Jahre lang sein Kernstück gebildet haben, in Abrede.
Wirkung nur über Raumerfahrung
Doch unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Hologrammen um eine "veraltete Technologie" handle oder nicht, verweist die Argumentation auf einen problematischen Umgang mit Exponaten sowie der Institution Museum im Allgemeinen. Oder wäre es beispielsweise vorstellbar, dass man ein Gemälde des Biedermeier, nur weil befunden wird, es handle sich um eine "veraltete Maltechnik", unwiederbringlich zerstört?
Das Argument, es sei nicht schade um die Hologramme, da sie eine "veraltete Technik" darstellten und man das heute "am Bildschirm mit einer Animation" lösen würde, läuft ins Leere: Denn die Wirkung und das innovative Potential der Hologramme ist nur aus der mit ihnen verbundenen Raumerfahrung erschließbar.
Nun auch noch symbolische Zerstörung?
Nun stellt das Jüdische Museum von 16. bis 20. Februar als Reaktion auf die Kritik ein Beispiel des zweiten Hologramm-Sets unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" im Museum am Judenplatz aus. Wird es eine Würdigung der Bedeutung der Hologramme sein oder eine denunziatorische Zurschaustellung?
Die Aussage von Danielle Spera ("Standard", 11.2.2011), die Ausstellung soll dazu dienen, dass "die Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt", lässt aber eher auf letzteres schließen. Und man erhält den Eindruck, dass die Hologramme nach ihrer physischen Zerstörung nun ein zweites Mal, diesmal symbolisch zerstört werden sollen.
Will das Museum - mitten in Umbau und Neugestaltung - durch die Ausstellung somit unter Beweis stellen, dass jene Exponate, denen es seinen Ruf verdankt, "veraltet" seien? Wie auch immer das Urteil der BesucherInnen ausfallen wird, diese Ausstellung lässt Schlüsse auf das Selbstverständnis und die Positionierung des Jüdischen Museums Wien in der internationalen Museumslandschaft zu. Sie kann sich des Interesses einer interessierten Öffentlichkeit - nicht nur in Österreich - gewiss sein.
Gerald Lamprecht ist Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz; Forschungsschwerpunkte: Jüdische Regionalgeschichte, Antisemitismus, NS-Herrschaftssystem, Verfolgungsgeschichte der Jüdinnen und Juden, Vermögensentzug.
Von Gerald Lamprecht
Das Jüdische Museum der Stadt Wien wird renoviert und im Zuge dessen plant die neue Leitung auch die Neugestaltung der seit Mitte der 1990er Jahre bestehenden Dauerausstellung. Das ist nichts Ungewöhnliches, und das Interesse der Öffentlichkeit ist der neuen Dauerausstellung gewiss, insbesondere wenn es sich um eine so renommierte Institution wie das Wiener Jüdische Museum handelt.
Seinen internationalen Ruf verdankt das Museum vor allem der bisherigen Ausstellung, der sensibel und klug aufgestellten Sammlung Berger sowie den von der renommierten Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek gestalteten Rauminstallationen, den Hologrammen und dem Schaudepot. Es sind diese beiden aufsehenerregenden Installationen, die neben den vielen hervorragenden temporären Ausstellungen der letzten Jahre dem Jüdischen Museum der Stadt Wien zu Weltgeltung verholfen haben.
In der internationalen Literatur über Jüdische Museen - etwa im Buch von Sabine Offe, "Ausstellungen, Einstellungen, Entstellungen. Jüdische Museen in Deutschland und Österreich" - ist die Wiener Ausstellung ein Fixpunkt: Die Hologramme und das Schaudepot sind Pionierarbeiten eines innovativen, reflexiven Zugangs, der mit den Mitteln des Museums die Frage des Ausstellen und Darstellens von Geschichte reflektiert. Und es ist gerade die jüdische Geschichte als eine Geschichte von Verlust, Zerstörung und Vernichtung, die diese Fragen existenziell in die Museologie einbringt.
Position verändert Blick
Das war die Botschaft der Hologramme: Dem Betrachter eröffnete sich abhängig von seiner Position im Raum ein jeweils anderer Blick auf die wechselvolle jüdische Geschichte der Stadt Wien - von den ersten Zeugnissen der jüdischen Bevölkerung im Mittelalter bis zur Shoah.
Hologramme und Schaudepot haben die Besucher in diese reflexive Haltung miteinbezogen, kein passives Konsumieren, ein aktives Hin-Schauen wurde damit angeregt. Keine vorgefertigten, abgeschlossenen, großen Erzählungen wurden präsentiert, sondern die Brüchigkeit der jüdischen Geschichte mit ihren Leerstellen, die nicht zuletzt das Ergebnis der Zerstörung und Vernichtung in der Shoah waren, stand im Zentrum.
Mit diesen beiden Installationen hat sich das Jüdische Museum Wien in die internationale Museumslandschaft eingeschrieben, sein hervorragender Ruf zeigt sich auch in den gefragten Wanderausstellungen - derzeit ist etwa "Typisch!" in München zu sehen, zuvor wurde die Ausstellung in Berlin und Chicago gezeigt.
Mauthausen hat Schautafeln archiviert
Umso bestürzender ist die Zerstörung der Hologramme, die zudem eine besonders im Kontext der jüdischen Geschichte verheerende Symbolik des zerbrochenen, zerschlagenen Glases evoziert. Der offene Brief von 25 MuseumsleiterInnen und WissenschaftlerInnen hat vor allem die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit diesen Exponanten und die Ignoranz gegenüber den museologischen Standards der Dokumentation und Archivierung von Dauerausstellungen kritisiert.
In diesem Zusammenhang kann beispielsweise auf die Archivierung der Schautafeln der in den 1970er Jahren eröffneten Ausstellung in der Gedenkstätte Mauthausen verwiesen werden. Auch wenn sie "nur" historischen Wert haben, sind sie erhaltenswert, denn sie können zukünftigen Generationen über die Gedächtniskultur unserer Gesellschaft Auskunft geben.
Tatsächlich nur "technische Probleme"?
Die nun zu beobachtenden Reaktionen seitens des Jüdischen Museums Wien auf Kritik lassen allerdings vermuten, dass nicht nur "technische Probleme" zur Zerstörung der Hologramme führten, sondern die fehlende Wertschätzung für eine Installation, die international als singuläres Beispiel eines neuen, reflexiven Verständnisses von Museum gilt: Die Hologramme werden als "veraltete Technologie" bezeichnet, der Status eines Exponates wird ihnen abgesprochen, sie werden zu "Schautafeln", deren "Ablaufdatum erreicht" sei, degradiert.
Die Situation ist paradox: Während die Kritiker auf den internationalen Ruf des Wiener Jüdischen Museums verweisen, der sich seinen innovativen Ausstellungsprojekten verdankt, stellt das Museum selbst den Wert jener Exponate, die 15 Jahre lang sein Kernstück gebildet haben, in Abrede.
Wirkung nur über Raumerfahrung
Doch unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Hologrammen um eine "veraltete Technologie" handle oder nicht, verweist die Argumentation auf einen problematischen Umgang mit Exponaten sowie der Institution Museum im Allgemeinen. Oder wäre es beispielsweise vorstellbar, dass man ein Gemälde des Biedermeier, nur weil befunden wird, es handle sich um eine "veraltete Maltechnik", unwiederbringlich zerstört?
Das Argument, es sei nicht schade um die Hologramme, da sie eine "veraltete Technik" darstellten und man das heute "am Bildschirm mit einer Animation" lösen würde, läuft ins Leere: Denn die Wirkung und das innovative Potential der Hologramme ist nur aus der mit ihnen verbundenen Raumerfahrung erschließbar.
Nun auch noch symbolische Zerstörung?
Nun stellt das Jüdische Museum von 16. bis 20. Februar als Reaktion auf die Kritik ein Beispiel des zweiten Hologramm-Sets unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" im Museum am Judenplatz aus. Wird es eine Würdigung der Bedeutung der Hologramme sein oder eine denunziatorische Zurschaustellung?
Die Aussage von Danielle Spera ("Standard", 11.2.2011), die Ausstellung soll dazu dienen, dass "die Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt", lässt aber eher auf letzteres schließen. Und man erhält den Eindruck, dass die Hologramme nach ihrer physischen Zerstörung nun ein zweites Mal, diesmal symbolisch zerstört werden sollen.
Will das Museum - mitten in Umbau und Neugestaltung - durch die Ausstellung somit unter Beweis stellen, dass jene Exponate, denen es seinen Ruf verdankt, "veraltet" seien? Wie auch immer das Urteil der BesucherInnen ausfallen wird, diese Ausstellung lässt Schlüsse auf das Selbstverständnis und die Positionierung des Jüdischen Museums Wien in der internationalen Museumslandschaft zu. Sie kann sich des Interesses einer interessierten Öffentlichkeit - nicht nur in Österreich - gewiss sein.
Gerald Lamprecht ist Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz; Forschungsschwerpunkte: Jüdische Regionalgeschichte, Antisemitismus, NS-Herrschaftssystem, Verfolgungsgeschichte der Jüdinnen und Juden, Vermögensentzug.
Die Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums Wien. Ein Kommentar
Anmerkungen zu den Repliken der Museumsleitung des JMW auf die Kritik einer museologisch-wissenschaftlichen Museums-Öffentlichkeit
Heidrun Zettelbauer
Seitdem die Hologramme der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Wien (JMW) zerstört wurden, hat ein breiter (inzwischen auch internationaler) Kreis an MuseologInnen, DirektorInnen jüdischer Museen und WissenschaftlerInnen Kritik am Vorgehen der Museumsleitung des JMW geäußert – nicht nur Kritik am Akt der Zerstörung der Hologramme, sondern auch am Verzicht auf fachlich fundierte museologische Vorgehensweisen, die eine Archivierung der Hologramme und eine Dokumentation des Prozesses geboten hätten. In ihrer Antwort auf die geäußerte Kritik führte Museumsleiterin Spera vor allem „technische Notwendigkeiten“ als Motiv für die Zerstörung der Hologramme an und ortete in der Kritik daran nicht zuletzt eine gegen ihre Person abzielende „Kampagne“.
Auffällig erscheint, dass Frau Dr. Spera bislang so gut wie überhaupt nicht auf die inhaltlichen Argumente ihrer KritikerInnen eingegangen ist und tunlichst jegliche entsprechende Positionierung vermeidet, nicht zuletzt auch in der medialen Diskussion scheint diese Frage die große Leerstelle zu sein.
Die eingeschlagene Strategie von Seiten der aktuell Verantwortlichen des JMW scheint sich darin zu erschöpfen, die Bedeutung der Hologramme herunterzuspielen. Zuletzt hat dies Roswitha Muttenthaler äußerst erhellend in ihrem Kommentar dargelegt, in dem sie auf Strategien der Museumsleitung hinweist, die Bedeutung der Hologramme möglichst klein zu reden (und sie zur „Schautafel“ zu degradieren), um davon ausgehend, die Verantwortung für deren Zerstörung abzuschwächen bzw. um der grundsätzlichen Frage nach der „Wertigkeit“ der zerstörten Hologramme zu entgehen. Anknüpfend daran, erscheint mir ein weiterer Punkt, der in der bisherigen Debatte kaum eine Rolle gespielt hat, relevant, nämlich die Frage der zentralen Bedeutung der Hologramme als Maßstab für die bisherige, aktuelle und zukünftige Selbst/Positionierung des JMW im Umgang mit einer (kritischen) Museums-Öffentlichkeit.
Seit den 1990er Jahren steht/stand das JMW – und dafür waren die Hologramme mit ihren komplexen Bedeutungsebenen zugleich Symbol und Ausdruck – für ein hohes Maß an Reflexion über das eigene Tun. Das JMW ist mit seinen Projekten und Ausstellungen eine maßgebliche Stimme in der öffentlichen Rede darüber, wie jüdische Geschichte nach der Shoah erzählt bzw. nicht erzählt werden kann und darüber hinaus ganz grundsätzlich, wie Geschichte überhaupt museal inszeniert werden kann. Was das JMW in den vergangenen Jahren mit vielen Projekten, Ausstellungen und vor allem auch der Dauerausstellung – den Hologrammen wie auch ihrem Gegenstück, dem Schaudepot – so interessant machte, war nicht zuletzt der Umstand, dass das Museum neben konkreten historischen Interpretationsangeboten, immer auch eine Metaebene musealer Re/Präsentation thematisierte: nämlich die Frage, welche Position/ierung das Museum in der Erzählung jüdischer Geschichte und Gegenwart einnehmen kann und will.
In seinen Projekten entzog sich das JMW häufig ganz bewusst vereindeutigenden und vereinfachenden historischen Narrativen, kein „Wohlfühl“-Museum bot sich den BesucherInnen, sondern ein Ort der Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte als Geschichte des Verlusts, der Zerstörung und Vernichtung. Zugleich wird in den bisherigen Ausstellungen jüdische Geschichte als Beziehungsgeflecht zur nicht-jüdischen Bevölkerung sichtbar, BesucherInnen konnten keine passiv-betrachtende und rezipierende Haltung einnehmen, sondern fanden sich oftmals mitten in einem Prozess des sich-positionieren-Müssens, der Verunsicherung, des Provoziert-Werdens oder der Konfrontation mit unliebsamen Befunden der österreichischen (Zeit)Geschichte. Das JMW positionierte sich mit seinen bisherigen Projekten – und darin liegt wohl auch ein zentraler Faktor für seine internationale und innovative Strahlkraft – als Ort der Auseinandersetzung und des Diskurses über gesellschaftlich relevante Fragen (nicht zuletzt zum österreichischen Gedächtnis). Das JMW stellt sich mit seinen Ausstellungen der letzten Jahre als unbequemes Museum dar, das (historische) Konflikte gerade nicht harmonisierte und das seine BesucherInnen mitunter durchaus irritiert, unbehaglich und oftmals mit mehr Fragen im Gepäck zurückließ als vor dem Museumsbesuch. Ein Museum, das mögliche Erwartungen von BesucherInnen gerade nicht einfach nur „bediente“, sondern diese mitunter radikal zum Diskurs und zur Stellungnahme aufforderte.
Neben vielen bereits an anderer Stelle genannten Bedeutungsschichten, erschloss sich beim Betrachten der Hologramme ein weiterer wesentlicher Aspekt: sie ermöglichten den BesucherInnen nicht nur das Wahrnehmen einer sich mit dem Blickwinkel verändernden Perspektive auf jüdische Geschichte als Geschichte des Verlusts und der Zerstörung, sondern sie forderten das Einnehmen einer solchen Position dazu geradezu ein. Implizit verdeutlichten die Hologramme damit, dass in einer „Tätergesellschaft“ niemand keine Position hat, sondern jede/r im Spektrum differenzierter historischer Befunde verankert ist – im Rahmen von Primärerfahrung oder durch eine kollektive Erinnerungskultur, im Rahmen von Familiengeschichte/n und/oder regionalen Kontexten, näher oder weiter entfernt, aber immer in je spezifischer Art und Weise involviert in die Geschichte der Vernichtung und Zerstörung jüdischer Kultur durch den Nationalsozialismus.
Die neue Dauerausstellung des JMW wird laut aktueller Homepage des Museums bereits im Juli 2011 eröffnet. Entgegen aller Kritik an der Zerstörung der Hologramme, könnte das JMW die aktuelle Debatte dazu nutzen, um ihr neues Konzept darzulegen und auszuführen, was an die Stelle der zerstörten Hologramme treten soll. Was jedoch an den aktuellen Repliken der neuen Museumsleitung irritiert zurücklässt, ist gerade das Fehlen einer solchen Positionierung im Hinblick auf die skizzierten Fragestellungen: Intendiert das JMW auch einen „Neuanfang“ hinsichtlich seiner gesellschaftliche Positionierung? Gehört demnach auch die Auffassung vom Museum als Ort der Auseinandersetzung und des Diskurses mit der Zerschlagung der Hologramme der Vergangenheit an? Der bisherigen Museumsleitung ging es offenkundig auch um die Schaffung einer kritischen Öffentlichkeit, gilt dies – und wenn ja, in welchem Ausmaß – auch noch für das neue JMW? Welches museologische Konzept und welche kuratorische Selbstpositionierung intendiert die neue Leiterin dabei? Wie verhält sich das neue Dauerausstellungskonzept zu jenen Fragestellungen, die international im Hinblick auf die gesellschaftlichen Aufgaben und Zielsetzungen (jüdischer) Museen diskutiert werden? Bislang hat das JMW, gerade was die Frage des Verhältnisses zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit betrifft, mit seiner Dauerausstellung und seinen Projekten eine Vorreiterrolle in diesen Debatten eingenommen – angesichts der aktuellen Vorgänge scheint die Frage berechtigt, wie sich das JMW in dieser Frage selbst positioniert und welche Rolle dabei den BesucherInnen und einer (kritischen) Öffentlichkeit zugedacht wird?
Univ.-Ass. Dr. Heidrun Zettelbauer / Graz
Karl-Franzens-Universität Graz – Institut für Geschichte
Dienstag, 15. Februar 2011
Recent events at the Jewish Museum Vienna – a summary
The month of February 2011 has seen a flurry of activity in and around the Jewish Museum in Vienna. The controversy surrounding the unusual method of dismantling the permanent exhibition for the purpose of modernising the building and renewing the exhibition has largely been conducted in German on Austrian and German websites and weblogs. The English-speaking world has thus far hardly picked up on the issues raised by the commentators in Europe. The following is an attempt to summarise events to date and outline the issues motivating the commentators and critics.
On 1 July 2010 the new director of the Jewish Museum Vienna, Dr Danielle Spera, took up office. One of her first projects was to be the necessary modernisation of the building and the development of a new permanent exhibition to replace its previous exhibition which was opened in 1996. At the beginning of February images of the destruction of the centrepiece of the previous permanent exhibition, a series of holograms featuring images relating to Jewish history in Austria, reached the press (see image_1; source www.juedisches-museum-blog.de). The publication of these images prompted museum professionals and critics across Europe to react in shock and disbelief at this violent dismantling of an acclaimed exhibition.
The issues raised by critics, first on the weblog of museologist and art historian Gottfried Fliedl (http://museologien.blogspot.com) and then in an open letter by a group of concerned professionals published on the weblog of the Jewish Museum Munich (http://www.juedisches-museum-blog.de/2011/02/10/entglittene-bilder/) concern the manner in which the holograms were dismantled and the implications this has for the history and the future of exhibition of Jewish history in Vienna. Questions regarding the future permanent exhibition were also raised, in particular as there appears to be no wider academically supported consultation process in advance of mounting a new exhibition.
Since the first week of February, critics and the Museum’s leadership have been involved in a series of public exchanges with the Museum seeking to defend its practice (http://www.jmw.at/sites/default/files/Faktenbericht_Geschichte%20einer%20%C3%B6sterreichischen%20Aufregung.pdf). While it appears that the Museum is able to publish its responses to the critics in the local Austrian press (for a selection of articles see here: http://diepresse.com/home/kultur/kunst/632936/Juedisches-Museum-zeigt-zweites-HologrammSet?from=suche.intern.portal), the critics largely have to rely on private weblogs and email exchanges to publicise their views.
The critics have consistently asked for more information about the reasoning for the violence used in dismantling the holograms, about the intention for archiving the previous exhibition, and about the plans for the new exhibition due to be opened in the autumn of this year.
The issues raised can be summarised as follows:
- Critics are agreed that change and renewal in permanent exhibitions is necessary.
There is no question that the appointment of a new director and the comprehensive modernisation of the building are opportunities to effect changes to the permanent exhibition and present a new concept. However, critics are uneasy about the path taken by the Museum, in particular they are concerned about the lack of critical engagement with the community of museum professionals and academics as well as the general public in regard to the new exhibition.
· Was it necessary to destroy the holograms in order to remove them to make way for the modernisation of the main museum building (Palais Eskeles)?
The museum claims that it was technically impossible not to destroy the holograms, though no documentation has been produced to confirm this view. Felicitas Heimann-Jelinek and Martin Kohlbauer produced the concept for the holograms which were then produced and installed by an outside company. Whether the Museum solicited and received a report from this company regarding the safe removal of the holograms has not been made public. Further, it does not seem that there were/are any plans for archiving the previous permanent exhibition as is now curatorial practice.
If indeed it was impossible to preserve the holograms, the process of arriving at this conclusion should have been discussed and documented.
The museum claims that it was technically impossible not to destroy the holograms, though no documentation has been produced to confirm this view. Felicitas Heimann-Jelinek and Martin Kohlbauer produced the concept for the holograms which were then produced and installed by an outside company. Whether the Museum solicited and received a report from this company regarding the safe removal of the holograms has not been made public. Further, it does not seem that there were/are any plans for archiving the previous permanent exhibition as is now curatorial practice.
If indeed it was impossible to preserve the holograms, the process of arriving at this conclusion should have been discussed and documented.
- The holograms were not merely a technology of display, but were themselves artefacts which are on display.
(see image_2; source www.juedisches-museum-blog.de)
This dimension of the previous permanent exhibition is denied by the Museum. The Museum leadership displays a lack of awareness of the significance of the previous permanent exhibition in the Jewish Museum Vienna. Technical difficulties are foregrounded in all responses of the Museum. The holograms are characterised as merely a display technology which has now been superseded by more advanced media projections. This approach is not taking seriously the concerns raised by the critics who unanimously value to holograms as a museological milestone and artistic production which uniquely problematises the display of Jewish history in museums. Hence their significance goes beyond technological issues and concerns the approach to displaying history.
There is no recognition on the part of the Museum of the critical acclaim of the exhibition. This is astonishing as the international community has commented favourably on the innovative design and critical features of the exhibition which had the holograms as a centrepiece. Among the critics and international commentators on the exhibition, the holograms were appreciated both as a significant medium of display and as artefacts on display which were able to involve the visitor physically in the discovery of approaches to Jewish history in a post-1945 exhibition in Europe. Thus the holograms were not simply a display technology, such as a glass case or television screen, but part of the collections of the Jewish Museum Vienna. Critics point to the principles of ICOM which explicitly state that such artefacts need to be preserved and cared for.
- What are the plans for the permanent exhibition due to open in autumn 2011?
It has been critically remarked that there does not seem to be any consultation process with a committee or board of experts in the field of (Austrian) Jewish history and museum studies. Such a process is now established practice at all major museums and it appears incongruous that a (until now) world-leading institution in the innovative exhibition of Jewish history is forgoing this important consultative process.
15 February 2011
Hannah Holtschneider
University of Edinburgh
Alles auf einen Blick: Die Diskussion um das Jüdische Museum der Stadt Wien
Seit mehr als einer Woche wird über das Jüdische Museum der Stadt Wien diskutiert. Ich kann und will hier nicht den Archivar der Debatte spielen, aber ich habe ein Interesse daran, vor allem den sachlichen Kern der Auseinandersetzung zu dokumentieren.
Das wäre nicht möglich, wenn nicht viele Kolleginnen und Kollegen Beiträge zur Verfügung stellen würden, auf Publiziertes aufmerksam machten oder selbst Zugang zu Materialien, Texten möglich machten.
Eine Schwäche eines Blogs ist seine primitive Struktur - der lineare chronologische Ablauf der Posts. Die so genannten Tags bilden so etwas wie einen Index und sind eine weitere Möglichkeit, Informationen zu sortieren.
Mit der Einfügung eines Labels "Jüdisches Museum Wien" sollten nun alle rezenten Informationen mit einem Klick aufrufbar sein.
Linker Hand von diesem Text, diese Buchstabensuppe (die unterschiedliche Größe spiegelt die Zahl der Posts zu einem Thema), das sind die "labels". In alphabetischer Reihenfolge. Einfach "Jüdisches Museum Wien" suchen, draufklicken - und schon sind alle Posts der Diskussion - wiederum chronologisch -, chronologisch verfügbar. Angezeigt werden immer nur 25 Posts. Wenn man ganz 'unten' angelangt ist, gibts den Link zu den weiteren Posts.
Nützlich für alle, die neu einsteigen oder die den Überblick verloren haben.
GF
Das wäre nicht möglich, wenn nicht viele Kolleginnen und Kollegen Beiträge zur Verfügung stellen würden, auf Publiziertes aufmerksam machten oder selbst Zugang zu Materialien, Texten möglich machten.
Eine Schwäche eines Blogs ist seine primitive Struktur - der lineare chronologische Ablauf der Posts. Die so genannten Tags bilden so etwas wie einen Index und sind eine weitere Möglichkeit, Informationen zu sortieren.
Mit der Einfügung eines Labels "Jüdisches Museum Wien" sollten nun alle rezenten Informationen mit einem Klick aufrufbar sein.
Linker Hand von diesem Text, diese Buchstabensuppe (die unterschiedliche Größe spiegelt die Zahl der Posts zu einem Thema), das sind die "labels". In alphabetischer Reihenfolge. Einfach "Jüdisches Museum Wien" suchen, draufklicken - und schon sind alle Posts der Diskussion - wiederum chronologisch -, chronologisch verfügbar. Angezeigt werden immer nur 25 Posts. Wenn man ganz 'unten' angelangt ist, gibts den Link zu den weiteren Posts.
Nützlich für alle, die neu einsteigen oder die den Überblick verloren haben.
GF
Es scheint, vermutlich. Ein Kommentar zur Diskussion zum Jüdischen Museum
Unter dem Titel "Es scheint, vermutlich" äußert sich Nina Schedlmayer (hier der Link) zur Debatte um das Jüdische Museum der Stadt Wien und zu den Reaktionen des Museums.
Montag, 14. Februar 2011
Verzettelt (Texte im Museum 177)
Streithammer von Capt. Cooks Reisen von einem Volksstamm im hohen Norden der Westküste von Amerika mitgebracht.
Völkerkundemuseum Herrnhut
Wertigkeiten und Fertigkeiten. Die Museologin Roswitha Muttenthaler zur Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums
Roswitha Muttenthaler: Wertigkeiten und Fertigkeiten
Martin Kohlabuer: Modell für das Environment der Hologramme für das Jüdische Museum der Stadt Wien |
Roswitha Muttenthaler: Wertigkeiten und Fertigkeiten
Der Wertschätzung der Hologramme kann ich mich als Museologin und Kulturwissenschaftlerin nur anschließen. Was ihre herausragende Bedeutung ausmachte, ist bereits dargelegt worden. Meine Wortmeldung möchte ich daher weniger auf die physische Zerstörung legen, auch wenn ich diesen Akt wie viele andere nicht nachvollziehen kann. Doch genauso brisant wie die Zerstörung finde ich den Prozess der Demontierung ihrer Bedeutung und der Disqualifizierung einer kritischen Öffentlichkeit, wie sich dies in den bisherigen Stellungnahmen des Jüdischen Museums und zum Teil auch in der Presse abzeichnete.
Eines meiner Metiers, mit dem ich mich seit Jahren auseinandersetze, ist die Analyse von Ausstellungen mittels interdisziplinärer Methoden, mit dem Ziel, Blicke für angelagerte Deutungen zu schärfen und diese in einen Diskurs zu überführen. Bekanntermaßen ist es in Hinblick auf mögliche Konnotationen und den so genannten Subtext von erheblicher Bedeutung, welche Bilder oder Worte bei der Vermittlung von Aussagen gewählt werden.
Wenn Der Standard am 11.02.2011 bereits in der Schlagzeile mit dem Begriff „Aufregung“ operiert, werden völlig andere Konnotationen ausgelöst, als wenn etwa die Begriffe Kritik oder Diskussion verwendet würden. Die als Aufregung bezeichneten Wortmeldungen lassen in bestimmter Weise emotionalisierte Protagonist/innen assoziieren. Dies impliziert, dass der Kritik tendenziell inhaltliche Argumente, eine sachliche Berechtigung der Motive genommen wird, und so ein bestimmter Deutungs-Rahmen für das Kommende gesetzt wird. Gegen Ende des Artikels wird erneut ein emotionalisierender Moment eingebracht: die Museumsdirektorin wird mit der Redewendung, „menschlich enttäuscht“ zu sein, zitiert. Es handelt sich nicht allein um eine heutzutage in der öffentlichen wie privaten Kommunikation sehr beliebten Formulierung, sondern die Redewendung bietet unter dem Aspekt der Betroffenheit die Möglichkeit, indirekt Menschen abzuqualifizieren, die Auslöser der Enttäuschung in ein negatives Licht zu rücken und auf Mitgefühl zu rekurrieren. Dabei stellt sich mir zum einen die Frage, wem der Raum gegeben wird, seine Enttäuschung mitzuteilen. Was wäre, wenn die namentlich genannten Verursacher der Enttäuschung vice versa ebenfalls menschlich erschüttert wären? Zum anderen halte ich es für bedenkenswert, persönliche Befindlichkeiten mit inhaltlichen Argumentationen zu verschränken. Und ein No-go bilden Formulierungen, die Unterstellungen erlauben, wie sie Der Standard im ersten Artikel am 11.2.2011 machte: Kritik erscheint aus persönlicher Motivation gespeist und dass die Direktion von "Kampagnisierung" und von "Intrige" spricht, wird unkommentiert übernommen.
Die Sprache von Presseartikeln unterliegt immer auch Anforderungen der medienwirksamen Zuspitzung. Doch ist die Wortwahl von den Statements des Jüdischen Museums bestimmt: So ist auf der Website der Begriff „Aufregung“ ergänzt um jenes der „Erregung“. Die Konnotationen der beiden Begriffe gleichen sich, gehen aber beim Begriff Erreger noch viel weiter. Denn hier kann etwa auch das medizinisch-hygienische Bedeutungsfeld aufgerufen werden, in dem der Begriff klar negativ besetzt ist: Erreger von Krankheiten, Seuchen etc. Was bedeutet dieses Konnotationsfeld für die von Kritiker/innen geäußerten Argumente, wenn eine Stellungnahme des Jüdischen Museums mit „Stationen der Geschichte einer österreichischen Erregung“ überschrieben ist und dieser Formulierung auch den Titel einer Ausstellung bildet? Während die kritische Öffentlichkeit in einer disqualifizierenden Rhetorik gefasst wird, wählt das Jüdische Museum für seine eigenen Argumentationen Begriffe wie „Fakten“ und Formulierungen wie „Suche nach einer neuen Heimat“.
Ob solche Setzungen PR-geschulten Strategien geschuldet oder passiert sind, interessiert mich vorerst weniger. Entscheidend finde ich, wie diese wertenden Rahmungen mit dem Bestreben einhergehen, die Bedeutung der Hologramme gering zu halten. Dies lässt sich an der beharrlichen Betonung der technischen Ebene erkennen: in auf der Website des Museums veröffentlichten Statement wird ihre Form und Montierung und die angebliche Unmöglichkeit der Demontierung detailliert beschrieben, ohne ihre inhaltlichen Dimensionen zu erwähnen. Die Hologramme erscheinen als beliebig austauschbares Ausstellungsmittel, wie es Vitrinen sind. Sie werden als „eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht durchgesetzt hat“ beschrieben, die nunmehr durch Abnützung „technisch ausgedient“ sind. Zudem sei durch ein zweites Set an kleineren Hologrammen gewährleistet, „dass dieses Instrument als Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten“ bleibt. Mit „Aufregung um veraltete Hologramm-Technologie“ titelt auch Der Standard seinen ersten Artikeln am 10.2.2011. Diese Haltung wird ergänzt durch die Aussage der Direktorin, die Hologramme seien keine Exponate.
Wie schon im offenen Brief an die Museumsdirektion formuliert, liegt die Besonderheit der Hologramme im Zusammenfallen von Präsentation und Exponat. Doch selbst wenn die Hologramme „nur“ als Ausstellungsmittel konzipiert worden wären, stünde ihnen der Weg zum Exponat immer offen. Zum museologischen Grundwissen gehört, dass Exponate nicht per se gegeben sind, sondern von wissenschaftlichen, museologischen Disziplinen und gesellschaftlichen Diskursen geschaffen werden, wie dies Barbara Kirshenblatt-Gimblett 1991 etwa für ethnografische Objekte formulierte: „Ethnographic artifacts are objects of ethnography. They are artifacts created by ethnographers.“ Dies gilt auch für Präsentations- oder Wissenschaftsexponate. Beispielsweise werden Funktionsmodelle zur Veranschaulichung von technischen Funktionen immer wieder auch zu sammlungswürdigen musealen Objekten. Für welche dies erfolgt und welche als entsorgbares Gebrauchsgut gelten, unterliegt wie bei allen Sammelprozessen sich ändernden Zuschreibungen von symbolischen, historisch-musealen Wertigkeiten. Die Sammlungswürdigkeit erhielten die Hologramme sowohl aus der Besonderheit der Hologramme - das Zusammenfallen von Präsentation und Exponat - als auch durch ihre Relevanz in der öffentlichen und wissenschaftlichen Rezeption, durch ihre Rolle für die Ausstellungs- und Gedächtniskultur – von Martin Beck so treffend Diskursrelevanz genannt. Damit bin ich bei meinem zentralen Anliegen: Warum führt das Jüdische Museum keine Diskussion über Wertigkeiten, sondern verschiebt sie zu einer der (technischen) Fertigkeiten? Dabei hängen beide unmittelbar zusammen. Die Zerstörung mit mangelnden Fertigkeiten zu argumentieren, verdeckt, dass in der Regel die Wertigkeit auch die Fertigkeit bestimmt. Wird etwas als unwiederbringlich wertvoll betrachtet, werden erstaunliche Ressourcen und Wissenskapazitäten aktiviert, um technische Lösungen zu finden. Dass diese gar nicht so hoch gewesen wären, erklärte ein am Aufbau der Hologramme Beteiligter.
Wie schon im offenen Brief an die Museumsdirektion formuliert, liegt die Besonderheit der Hologramme im Zusammenfallen von Präsentation und Exponat. Doch selbst wenn die Hologramme „nur“ als Ausstellungsmittel konzipiert worden wären, stünde ihnen der Weg zum Exponat immer offen. Zum museologischen Grundwissen gehört, dass Exponate nicht per se gegeben sind, sondern von wissenschaftlichen, museologischen Disziplinen und gesellschaftlichen Diskursen geschaffen werden, wie dies Barbara Kirshenblatt-Gimblett 1991 etwa für ethnografische Objekte formulierte: „Ethnographic artifacts are objects of ethnography. They are artifacts created by ethnographers.“ Dies gilt auch für Präsentations- oder Wissenschaftsexponate. Beispielsweise werden Funktionsmodelle zur Veranschaulichung von technischen Funktionen immer wieder auch zu sammlungswürdigen musealen Objekten. Für welche dies erfolgt und welche als entsorgbares Gebrauchsgut gelten, unterliegt wie bei allen Sammelprozessen sich ändernden Zuschreibungen von symbolischen, historisch-musealen Wertigkeiten. Die Sammlungswürdigkeit erhielten die Hologramme sowohl aus der Besonderheit der Hologramme - das Zusammenfallen von Präsentation und Exponat - als auch durch ihre Relevanz in der öffentlichen und wissenschaftlichen Rezeption, durch ihre Rolle für die Ausstellungs- und Gedächtniskultur – von Martin Beck so treffend Diskursrelevanz genannt. Damit bin ich bei meinem zentralen Anliegen: Warum führt das Jüdische Museum keine Diskussion über Wertigkeiten, sondern verschiebt sie zu einer der (technischen) Fertigkeiten? Dabei hängen beide unmittelbar zusammen. Die Zerstörung mit mangelnden Fertigkeiten zu argumentieren, verdeckt, dass in der Regel die Wertigkeit auch die Fertigkeit bestimmt. Wird etwas als unwiederbringlich wertvoll betrachtet, werden erstaunliche Ressourcen und Wissenskapazitäten aktiviert, um technische Lösungen zu finden. Dass diese gar nicht so hoch gewesen wären, erklärte ein am Aufbau der Hologramme Beteiligter.
Roswitha Muttenthaler, Museologin, Kuratorin, Kulturwissenschaftlerin
Wien, 12. Februar 2011
Samstag, 12. Februar 2011
Das Jubiläum der Schirnkunsthalle. Peter Iden zeigt, was Museumskritik ist.
Ein schönes Beispiel dafür, was Museumskritik sein kann, bietet Peter Iden wenn er über das Jubiläum der Schirn-Kunsthalle schreibt. Der Text tangiert Fragen der Ausstellungsarchitektur und -politik, die spezifische institutionelle Form 'Kunsthalle', den Politischen Kontext der Gründung, die Qualitäten der Leitung, die Versöhnbarkeit von Programm und Sponsorin. In Summe geht es um das, was so ein Haus gesellschaftlich und urban ist und bewirkt. Hier der Link zur Frankfurter Rundschau.
Angriff als Verteidigung. Und noch einmal: die Leitung des Jüdischen Museums erklärt uns, daß alle im Unrecht sind
Ein Überraschungsei: Die Leiterin des Jüdischen Museum der Stadt Wien läßt via Standard ein Gesprächsangebot an ihre Kritiker vermelden. Ja, sie habe ihre Kritiker (die sich in einem offenen Brief an sie gewandt hatten), eingeladen, das Gespräch mit ihr aufzunehmen.
Nur, was weder sie noch der Verfasser des Artikels (hier der Link), Thomas Trenkler, sagen: das Gesprächsangebot kam von den Kritikern selbst. "Wir würden uns sehr freuen", steht da als letzter Satz des Briefes, "Ihre Antworten auf unsere Fragen zu hören und mit Ihnen in ein Gespräch darüber zu treten." Das war vergangenen Mittwoch.
Nun, am Freitag, will es also Danielle Spera gewesen sein, die die Hand ausgestreckt habe.
Mit dem Halbsatz, der relativierend nachgeschoben wird - "Antwort ist bis dato aber keine eingelangt" - soll uns vermutlich die Seriosität der Kritiker zweifelhaft gemacht werden, und uns an die Möglichkeit denken lassen, sie würden nicht gesprächsbereit sein.
Frau Spera und Herr Menasse, die für diese bislang letzte museumsoffizielle Äußerung firmieren, müssten nur mal die Leserbriefe ansehen, um zu erkennen, wie kontraproduktiv ein derartiger Auftritt ist. Für wie dumm verkauft man uns?, die Frage wird da mehr als einmal in den Postings gestellt.
Nachdem dann im Text ein weiteres Mal auf die technisch nicht mögliche Erhaltung hingewiesen wird, entscheiden Frau Spera und ihr Prokurist Peter Menasse, daß es sich bei den Hologrammen nicht, wie die Kritiker behauptet haben, um Kunstwerke gehandelt habe. Sondern um "Hologramme von Porträts und Objekten", die "im Auftrag der Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und des Architekten Martin Kohlbauer (er ist der Mann von Gabriele Kohlbauer-Fritz, einer Kuratorin des Museums)" angefertigt worden seien.
Während wir noch nachdenken, was man uns mitteilen will, indem man uns über den Familienstand eines Hausarchitekten informiert, werden dieser und die Kuratorin erst mal gerügt. Die Hologramme und die Demontage seinen bei den Vorgesprächen nie ein Thema gewesen. Was sie "menschlich enttäuscht" habe. Aber das genügt nicht. Da muß auch Strafe sein, worin auch immer das Vergehen der beiden Genannten gelegen haben muß, das sich im Satz "Die Hologramme und die Demontage seien bei den Vorgesprächen nie ein Thema gewesen", versteckt hält. Und die 'Strafe' besteht darin: "Heimann-Jelinek und Kohlbauer werden nun, nach den Vorfällen, nur mehr den zweiten Stock gestalten."
Und jetzt noch eins drauf (das Überraschungsei wird zur russichen Puppe): "Dadurch komme es, so Menasse, zu weiteren Verzögerungen beim Umbau." Da hatten wir uns doch eben erst mit der Frage zu beschäftigten begonnen, wieso das Entsorgen der Glasscherben der Hologramme, wie das Museum erst vor Stunden mitteilen ließ, die Eröffnung um zwei Monate verzögern würde, da wird uns auch schon einer neuer, ganz anderer Grund für den Aufschub mitgeteilt.
Wenn ich die krause Logik der Argumentation noch einigermaßen nachvollziehen kann, bedeutet das, daß die 'Bestrafung' der beiden Mitarbeiter, nur den zweiten Stock gestalten zu dürfen, zur Verzögerung der Eröffnung führt, mit anderen Worten, die Museumsleitung die Verzögerung nicht nur in Kauf nimmt, sondern selbst herbeiführt, indem sie - wofür? - Mitarbeiter 'bestraft'.
Kann mir jemand helfen? Ich versteh's nicht mehr. - Waren da nicht die 'Glasscherben' der 'bessere Grund' um das Hinauszögern der Eröffnung zu rechtfertigen?
Ja und dann noch was: bedeutet das, daß im ersten und zweiten Stock die Dauerausstellung, wie sie bisher war, wieder hergestellt und unverändert weiter gezeigt wird, ohne ihr Herzstück, den Hologramm-Raum, also gleichsam als Fragment, als Ruine? Oder kommt dann doch eine ganz neue Dauerausstellung? Aber wann, und wie? (Und wer darf sie machen?).
Wie gesagt: Ein Überraschungsei. Bloß - wer hat's (sich) gelegt?
Neue Leitung für das Vorarlberger Landesmuseum. Andreas Rudigier geht vom Heimatmuseum Schruns nach Bregenz.
Andreas Rudigier wird neuer Leiter des Vorarlberger Landesmuseums. Rudigier hat das Heimatmuseum in Schruns geleitet, dessen tiefgreifende Erneuerung er betrieben hat. Bei dieser Gelegenheit, wir haben in einem größeren Team an der Neukonzeption zusammengearbeitet, habe ich ihn als einen unglaublich zum 'Netzwerken' begabten Leiter kennengelernt, der Projekte in höchst unterschiedlichen Größenordnungen und mit verschiedensten Themen auf die Beine stellte, von der kleinen lokalen Initiative bis zum Forschungsnetzwerk in EU-Dimensionen. Rudigier ist leidenschaftlicher Wissenschafter, Archivar, "Ausgräber" und "Entdecker" und versteht es geschickt, Leute zusammenzubringen und Communities zu unterstützen.
Das war einer der interessantesten Qualitäten des Museums, seine Einbettung in einen großen Kreis von Personen, die sich mit vielfältigen Anliegen, Ideen, Projekten um das Museum herum organisierten. Ich habe kaum wo in Österreich ein Museum angetroffen, das derart von einer Community getragen, benutzt und beansprucht wurde.
Für das Schrunser Museum ergab sich eine bauliche Erweiterung, die mit einem geladenen Wettbewerb Gestalt angenommen hatte. Der entschieden zeitgenössische Eingriff in den Ortskern wurde nicht ganz unerwartet zum Stein des Anstosses, mit den üblichen Fronten. Die Auseinandersetzung bremste die Entwicklung erheblich und zuletzt war unklar, ob das Projekt überhaupt realisiert werden kann.
Wir hatten, die wir an dem Projekt beteiligt waren, alle den Ehrgeiz ein neuartiges Modell eines Heimatmuseums zu realisieren und das ungewöhnliche politische Umfeld mit dem regional bedeutsamen 'Montafoner Stand' schien günstig, günstig auch für die Vernetzung des Museums mit weiteren, kleineren Häusern und vielen Denkmalorten.
Es wäre sehr schade, wenn diese Entwicklung zum Stillstand käme, egal ob wegen des Widerstandes gegen die architektonische Intervention oder des Abgangs von Andreas Rudigier. Vorarlberg, das schon einige bemerkenswerte Museen hat, hätte ein weiteres bekommen, das überregional auch als Modell für andere kleine, dörfliche Museen hätte fungieren können.
Für ein Landesmuseum mit seiner typischen Mischung aus Archäologie, Kunst, Geschichte, Volkskultur uam. ist Rudigier mit seiner Ausbildung als Historiker und Kunsthistoriker und seiner unglaublichen Denkmalkenntnis und den zahllosen Forschungsprojekten, die er mitbringt, eine ideale Besetzung.
Die Herausforderung liegt womöglich in der unvermeidlichen Positionierung des Landesmuseums in Relation zu anderen, zum Teil weit größeren, mit ihrem "Relaunch" bereits fast fertigen Landesmuseen, in einer zumindest im weiteren regionalem Umfeld 'internationalen' Profilierung, die für Vorarlberger Museen eher eine 'Westorientierung' ist, also der Wahrnehmung der 'Grenzlage' zu Deutschland und zur Schweiz, und, das hofft doch wohl jeder (politische) Auftraggeber, mit einem Mehrwert an internationaler Attraktivität. Die beiden äußersten Pole dieses Orientierungsfeldes sind die Beschränkung (und Beschränktheit) eines Landesgroßheimatmuseums einerseits und der marketinggestützte Erlebnis- und Eventhype mit Tourismusrentabilität samt Ideologiemascherl Unser Vorarlberg andrerseits.
Es gibt aber wunderbare Beispiel dafür, wie man sich zwischen lokaler Selbstgenügsamkeit und virtuellen Größenphantasien halten kann, wie es Museen mit ähnlicher Ressourcensituation (qualitativ und quantitativ ziemlich begrenzte Sammlung; relativ kleiner Museumsstab, relativ enges thematisches Spektrum, das mit der Sammlung bespielbar wäre...) gelingt, sich mit thematischer und museologischer Intelligenz eine Haltung, eine institutionelle Identität erarbeiten, die dann auch mit breiter Aufmerksamkeit und produktiver Reaktion belohnt wird.
Schön, daß jetzt ein weiteres Museum interessant werden wird.
Das war einer der interessantesten Qualitäten des Museums, seine Einbettung in einen großen Kreis von Personen, die sich mit vielfältigen Anliegen, Ideen, Projekten um das Museum herum organisierten. Ich habe kaum wo in Österreich ein Museum angetroffen, das derart von einer Community getragen, benutzt und beansprucht wurde.
Andreas Rudigier an einem seiner Lieblingsorte - dem Museumsarchiv |
Wir hatten, die wir an dem Projekt beteiligt waren, alle den Ehrgeiz ein neuartiges Modell eines Heimatmuseums zu realisieren und das ungewöhnliche politische Umfeld mit dem regional bedeutsamen 'Montafoner Stand' schien günstig, günstig auch für die Vernetzung des Museums mit weiteren, kleineren Häusern und vielen Denkmalorten.
Es wäre sehr schade, wenn diese Entwicklung zum Stillstand käme, egal ob wegen des Widerstandes gegen die architektonische Intervention oder des Abgangs von Andreas Rudigier. Vorarlberg, das schon einige bemerkenswerte Museen hat, hätte ein weiteres bekommen, das überregional auch als Modell für andere kleine, dörfliche Museen hätte fungieren können.
Für ein Landesmuseum mit seiner typischen Mischung aus Archäologie, Kunst, Geschichte, Volkskultur uam. ist Rudigier mit seiner Ausbildung als Historiker und Kunsthistoriker und seiner unglaublichen Denkmalkenntnis und den zahllosen Forschungsprojekten, die er mitbringt, eine ideale Besetzung.
Die Herausforderung liegt womöglich in der unvermeidlichen Positionierung des Landesmuseums in Relation zu anderen, zum Teil weit größeren, mit ihrem "Relaunch" bereits fast fertigen Landesmuseen, in einer zumindest im weiteren regionalem Umfeld 'internationalen' Profilierung, die für Vorarlberger Museen eher eine 'Westorientierung' ist, also der Wahrnehmung der 'Grenzlage' zu Deutschland und zur Schweiz, und, das hofft doch wohl jeder (politische) Auftraggeber, mit einem Mehrwert an internationaler Attraktivität. Die beiden äußersten Pole dieses Orientierungsfeldes sind die Beschränkung (und Beschränktheit) eines Landesgroßheimatmuseums einerseits und der marketinggestützte Erlebnis- und Eventhype mit Tourismusrentabilität samt Ideologiemascherl Unser Vorarlberg andrerseits.
Es gibt aber wunderbare Beispiel dafür, wie man sich zwischen lokaler Selbstgenügsamkeit und virtuellen Größenphantasien halten kann, wie es Museen mit ähnlicher Ressourcensituation (qualitativ und quantitativ ziemlich begrenzte Sammlung; relativ kleiner Museumsstab, relativ enges thematisches Spektrum, das mit der Sammlung bespielbar wäre...) gelingt, sich mit thematischer und museologischer Intelligenz eine Haltung, eine institutionelle Identität erarbeiten, die dann auch mit breiter Aufmerksamkeit und produktiver Reaktion belohnt wird.
Schön, daß jetzt ein weiteres Museum interessant werden wird.
Rendering des Naubaues des Vorarlberger Landesmuseums |
Freitag, 11. Februar 2011
"Museen als Tankstellen der Realpräsenz". Google 'erobert' jetzt auch die Museen
Ein Weizenfeld von van Gogh, etwas nahsichtig dank GOOGLE |
Der Autor, Beat Wyss (hier der Link zu seinem Essay in DIE WELT) ist zunächst mal recht angetan.
Aber dann!
"Wo ist das Publikum, das meine Beobachtungen durch Gedränge und Lärm mitbestimmt? Man vermisst jetzt alles, von dem man glaubte, es störe den Kunstgenuss. Meine reale Anwesenheit im Museum liefert das, was kein noch so scharfer Zoom am Bildschirm bietet: jene kribbelnde Furcht, meine Aufmerksamkeit könnte durch eine vorlaute Reisegruppe gestört werden."
Was Wyss abgeht ist die Performativität des Ausstellungsraumes und -ensembles zu der immer auch der Besucher / Betrachter mit seiner Bewegung im Raum und unter seinesgleichen gehört.
Die Bilder mögen, großformatig und enorm hochauflöslich reproduziert dargestellt sein, aber der Betrachter wird sich immer in der Rolle des Tantalos wiederfinden: "Alles um ihn wich zurück, wenn immer er danach greifen wollte. Tantalos war verdammt, auf ewig nur ansehen zu können, was er begehrte."
Das gilt freilich nicht bloß für gegoogelte Bilder in gegoogelten Museen, das ist in Museen genauso, die uns mit Ihren Ritualen, von denen das Berührungstabu eins der wichtigsten ist, das Verfügenwollen schon im Ansatz gründlich austreiben.
Diese 'Schranke' ist aber nötig als Spielraum der Reflexion und der Möglichkeit die Unverfügbarkeit als untrennbar mit dem stets scheiternden Versuch der 'Abneignung', des 'Verstehens' verknüpft anerkennen und aushalten zu können.
Hier hätte Wyss tiefer graben müssen, um trennschärfer zwischen der Realpräsenz des Bildes im Museum einerseits und dem virtuellen Bild am Schirm unterscheiden zu können. Er hat schon recht, die technische Möglichkeit, dem Bild 'nahezukommen' ist irreführend. Das gilt auch für eine andere Spielart desselben Begehrens: der Röntgenfotografie, von der manche Kuratoren (die Wiener Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums hat dafür ein besonders Faible) offenbar meinen, daß das Eindringen gewissermaßen in den Körper der Kunst, das Begehren das Wahre, das Wesentliche - endlich - zu sehen, gestillt werden kann.
"Vor unseren Augen" schreibt Wyss, "vergrößert sich die Textur der Gemälde vom einzelnen Pinselstrich, über das Craquelée, zum Malgrund der Leinwand. Ihre Geheimnisse geben die Werke dabei nicht preis." Ja, das ist aber beibeiden 'Bildern', dem musealen wie dem digitalen so. Und es ist notwendig.
Die Hologramme waren vielleicht doch abbaubar?
Leserzuschrift zum Artikel von Thomas Trenkler im Standard:
Es nervt - Die Aussage, die Hologramme konnten nicht zerstörungsfrei abmontiert werden ist schlichtwegs falsch. Da ich als Helfer beim Aufbau der Hologramme mitgearbeitet habe kann ich bestimmt sagen das diese Hologramme zwar nicht zerstörungsfrei aus den Bodenschienen entfernt werden konnten, sehrwohl aber mit dem über dem Bodenniveau befindlichen Teilen der Bodenanker ohne die geringste Beschädigung zu entfernen gewesen wären. Dazu hätte es nur eines Gerüsts für die Platten und eine Trennscheibe gebraucht. Die Kosten dafür wären natürlich höher gewesen als die Kosten für die Zerstörung, aber auch nicht so hoch das es unbezahlbar gewesen wäre. Bei den Gesamtkosten des Museumsumbaus ein Minimalbetrag.
Das Jüdische Museum erregt sich auf österreichisch
Das Jüdische Museum der Stadt Wien hat gestern nach seinem auszugsweise in DIE PRESSE wiedergegeben Statement ein weiters in Form eines PDF veröffentlicht, das man von der Homepage aus hochladen kann. (Link hier).
Ich möchte den Text, der vielleicht nicht zufällig zeitnah an einem Thomas-Bernhard-Gedenktag (der auch den die Kritik am Museum verhöhnenden Titel inspriert haben mag) erschien ist, im Augenblick nicht kommentieren.
So etwas kann man getrost dem Urteilsvermögen geistesgegenwärtiger Leser überlassen.
Ich möchte den Text, der vielleicht nicht zufällig zeitnah an einem Thomas-Bernhard-Gedenktag (der auch den die Kritik am Museum verhöhnenden Titel inspriert haben mag) erschien ist, im Augenblick nicht kommentieren.
So etwas kann man getrost dem Urteilsvermögen geistesgegenwärtiger Leser überlassen.
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