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Samstag, 8. Januar 2022

Eine Kritik am neuen Volkskundemuseum Graz. Eine "Verschlimmbesserung". Elsbeth Wallnöfer


Vorbemerkung

Elsbeth Wallnöfer hat eine Kritik des Grazer Volkskundemuseums zur Veröffentlichung im Blog angeboten. Ihre Kritik bezieht sich auf eine Neuaufstellung der Dauerausstellung, die als Teil der einer vom Universalmuseum Joanneum ausgerichteten Landesausstellung (2021, teilweise 2022) konzipiert wurde und die aus insgesamt vier Teilen bestand: einem Pavillon, der an mehreren Orten aufgestellt wurde, einer Ausstellung im Kunsthaus, einer im Museum für Geschichte und eine im Volkskundemuseum. Nur dort bleibt die Landesausstellung als Dauerausstellung bestehen.

Die drei Teile der Ausstellung die am Universalmuseum gezeigt werden haben ein übergeordnetes Prinzip: die Ausstellung im Museum für Geschichte hat es unter dem Motto „Was war“ mit der Vergangenheit zu tun, das Kunsthaus beschäftigt sich mit dem „Was sein wird“ und schließlich hatte es das Volkskundemuseum mit der Gegenwart zu tun, mit „Wie es ist“.


Die drei Ausstellungsteile bildeten aber keinen narrativen Bogen und die drei Zeitdimensionen wurden auch nicht genutzt um Differenzerfahrung zwischen den Zeiten zu ermöglichen. Denn es gab keinen erkennbaren Versuch, einen Zusammenhang zwischen den drei Teilen zu stiften, um damit übergreifend Geschichtserfahrung zu ermöglichen.

 

Doch um was für eine Ausstellung handelte es sich denn? Die Steiermark Schau, wie sie hieß, gehörte zweifellos dem Typ Landesaustellung an, wie er in Österreich in vielen Bundesländern jährlich ausgerichtet wird. Diesmal stand aber nicht wie bei diesen Ausstellungen üblich, ein bestimmtes Thema im Mittelpunkt (wie z.B. „Die Römer“, „Wallfahrt“ oder „Peter Rosegger“), sondern das Land selbst. Sozusagen ein Wirtshaus zum Wirtshaus, eine Landes-Landesausstellung. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das ganze Land – in topografischer wie zeitlicher Hinsicht. Das ist etwas Neues und wird auch als etwas Neues beworben.


Auftraggeber ist die Politik, das von der ÖVP geführte Kulturressort und die Marketingtexte auf der Webseite der Ausstellung ähneln zum Verwechseln politisch-programmatischen Statements. (https://www.steiermarkschau.at/steiermark-schau)

Von den drei Ausstellungsteilen dient sich ausgerechnet die auf Dauer berechnete im Volkskundemuseum am stärksten einer „Leistungsbilanz“ der Steiermark an. Man darf hier keine nennenswerte Relativierung oder Kritik erwarten. „Das Land“ wird als wohlverwaltet, stabil, weitestgehend konfliktfrei dargestellt. In keiner der bisherigen österreichischen Landesausstellung hat sich ein Land derart selbst zum Thema gemacht und eine überwiegend bejahende und bestätigende Haltung vermittelt. 


Es wären auch die beiden anderen Teile der Ausstellung einer näheren Untersuchung wert, vor allem, die, die sich mit der Vergangenheit beschäftigt, aber vielleicht schreibt ja jemand mal auch dazu etwas.

 

Einer Analyse wert wäre auch der terminologische Wandel. Von der Landesausstellung zu Steiermark-Schau. Wikipedia kennt das deutsche Wort "Schau" gar nicht, nur seine englische Form, show, und da eher als Fernseh- und Medienereignis, dem eher Unterhaltungscharakter als Informationsabsicht zugeschrieben wird.


Ich habe Elsbeth Wallnöfers Text an anderer Stelle um einige Anmerkungen ergänzt und mir dabei mehrere Texte und ein Objekt vorgenommen, die Aufschluss über die Ausstellung geben. Dieser Post findet sich hier.


Elsbeth Wallnöfer, geboren in Südtirol, ist Volkskundlerin und Philosophin und lebt in Wien. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit der Tracht. Unermüdlich kritisiert sie den unreflektierten Umgang mit Althergebrachtem. Ihre Kommentare erscheinen u.a. in den Tageszeitungen STANDARD, KURIER und FALTER. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter „Märzveigerl & Suppenbrunzer. 555 Begriffe aus dem echten Österreich“ (Verlag Anton Pustet 2014) sowie „Geraubte Tradition. Wie die Nazis unsere Kultur verfälschten“ (Sankt-Ulrich-Verlag 2011). Bei Haymon erschien ihr Buch „Heimat. Ein Vorschlag zur Güte“, in dem sie den Begriff „Heimat“ durchleuchtet und neu denkt. 2020 folgte das Werk „Tracht macht Politik“. (Hamon Verlag).


Hier nun der Text von Elsbeth Wallnöfer. Mit der Anmerkung, die für alle Gastbeiträge im Blog gilt. Die Meinung der Autorin muß nicht mit der des „Redakteurs“ (des Verantwortlichen des Blogs) ident sein.


Elsbeth Wallnöfer


Wiedereröffnung des Volkskundemuseum Graz, Johanneum.. Von der Verschlimmbesserung einer Neuaufstellung


Überschattet von der Covid-Krise, erfolgte, unbemerkt von der Öffentlichkeit, die Eröffnung der neuen Schausammlung des Volkskundemuseum Graz. Die Chance anlässlich des österreichischen Museumstages zwischen den Lockdowns das Volkskundemuseum zu besuchen, stimmte daher hoffnungsfroh.


Ein Volkskundemuseum im 21. Jahrhundert neu zu gestalten, Erzählung und Objekte von bisherigen wissenschaftshistorischen Mängeln der Vergangenheit zu lösen, diese in die Gegenwart zu überführen, sie mit zeitgemäßen Mitteln der Darstellung zu erzählen, sind in der Tat eine Herausforderung. Leider ist dies nicht nur nicht gelungen, es ist auch noch gehörig schiefgegangen. Wir haben es hier also mit einer umgangssprachlich benamsten Verschlimmbesserung zu tun.


Bei bestem Willen und aufrichtiger Bereitschaft auch nur ein geringes Maß Versöhnung zwischen alter Aufstellung und neuer Präsentation zu finden, es will nicht gelingen. Zu groß sind die Wirrungen, die Irritationen, die Orientierungslosigkeit, die beträchtlichen Textbausteine, die unzählbare Summe der Objekte, Tafeln und Plakate, die gefühlt hunderttausend Schilder, die hauptsächlich Verwirrung stiften, denn Orientierung geben. Versuche, sich die Schausammlung über den Weg einer chronologischen Ordnung zu erschließen, versagen ob mangelnder Orientierungshilfe. 


Obwohl der Anspruch Volkskunde/Kulturgeschichte mit zeitgemäßen Begriffen zu erzählen und die Regionalgeschichte aus einer wirtschaftshistorischen Perspektive darzustellen spürbar wird, verzweifelt man am gestalterischen Wust und der Vielfalt von Begriffen, Objekten, Definitionen, Tafeln. Das grafische (naiv-dekorativ-kitschige) Orientierungssystem tut sein Übriges. Die Raumtexte befinden sich auf dreibeinigen zusammengeklappten Glühweintischen, die derart dominant sind, dass sie eigene Museumsobjekte zu sein vorgeben und die wie zufällig von der Raumpflegerin hingestellt wirken, scheinen sich im Verlauf des Rundganges gefühlt zu vermehren, derart aufdringlich sind sie. 


Richtungsweisende Applikationen des Orientierungssystems, die auf das Generalthema „Wie es ist“ (leider ohne Fragezeichen) hinweisen wollen, irritieren mehr, als sie der Aufklärung dienen. Eigentlich hätte ich gewarnt sein sollen, denn das Trauerspiel kündigt sich bereits im Entrée an. Man glaubt in eine Seminartagung sämtlicher österreichischer Regionalbanken hineingeplatzt zu sein. Name und Lageplan des Museums muss man hinter Werbebannern und einem wenig geschmackvollen, lieblos hingestellten Tisch, auf dem sich zahlreiche Folder befinden, erst suchen. Der Weg zum Frontdesk will wie in einem Kaufhaus gesucht werden. Gefunden, bringt die anschließende Empfehlung des Personals auf den Beginn des Rundganges Orientierung, die nicht lange währt.

 

Die Schwierigkeiten der Neuaufstellung einer Sammlung, die großen Anteil bei der Ausbildung der kulturpolitisch lancierten Identität hatte, ist in der Tat kein leichtes Unterfangen. Bisherige sakrale Aufladung, die wesentlicher Bestandteil regionaler Kulturpolitik ist, gilt es zu brechen, ohne ganz auf sie zu verzichten; Ist sie doch auch Teil der kulturhistorischen Selbstbeschreibung.  


Für Graz ist daher auch der Umgang mit dem „legendären“ Trachtensaal ein wichtiges, symbolisches Kriterium bei der Erneuerung der Schausammlung. Der Versuch ist allerdings gehörig fehlgeschlagen. Den Saal einfach zu belassen, wie er war, wäre angesichts der diffusen, nervösen Intervention besser gewesen. Nunmehr ist es nicht mehr möglich, zwischen den einzelnen Glasvitrinen durchzugehen, Figurinen und Details an ihrer Kleidung zu betrachten. Sie sind nämlich von einem mit Begriffen bedruckten Banner abgeschirmt, so als wären die Besucher*innen  Demonstrant*innen, die es fernzuhalten gilt. Wo früher zur näheren Betrachtung durchflanieren möglich war, stehen jetzt die braunen, zusammengeklappten Raumtexte-Glühweintische. Die in den Gründungsjahren des Museums aufgestellten Objektbeschriftungen in Frakturschrift innerhalb der Vitrinen behielt man bei, warum eigentlich?


Beleuchtet werden die Figuren unverändert wie eh und je, immer noch. In diesem Saal gipfelt das Desaster, das Volkskundemuseum neu zu erzählen und zu gestalten, zeigt sich deutlicher als in den anderen Räumen, dass die Dissonanz zwischen Ausstellungsarchitektur und Kuratorenschaft großen Anteil gehabt haben muss, möglicherweise gar eine pfiffige Neuerzählung verhinderte. Die Dominanz der Ausstellungsarchitektur ist nicht nur ästhetisch fragwürdig, sie ist auch erzählerisch wie betrachterisch kontraproduktiv. Ein mit beliebig und allerlei Begriffen bedrucktes Absperrband verunmöglicht Betrachtung, wo sie wesentliche Deutung überhaupt erst ermöglichte. Die Betrachterin jedenfalls fühlt sich ausgegrenzt, ein bissl so, als hätte man sich verirrt, einen Saal betreten, der sich gerade in Umbau befindet.

 

Neu ist also die fast schon chaotische Irritation. Weniger Textfragmente, Texttafeln und Textdeko wäre von Vorteil gewesen. Mit einer ausgefeilten Beleuchtung und Umstellung der Figurinen wäre ganz sicher eine effektvollere Erzählung erreicht worden. 

Ein wenig deprimiert und wie auf der Flucht, findet man vom Trachtensaal zurück auf den Parcours der Sammlung und frägt sich hilfesuchend, ob man sich im Augenblick in einer Sonderausstellung oder der ständigen Repräsentation befindet.

 

Die Hoffnung, ein neues, mit den Mitteln und im Kontext der Zeit präsentiertes Volkskundemuseum eröffnet zu bekommen, ist spätestens an dieser Stelle perdu. Graz ist Beispiel, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Es zeigt anschaulich, dass vorher manchmal das bessere Nachher ist. Dabei scheint es keine Hexenkunst zu sein, einen Wandel herbeizuführen. Dazu hätte genügt, Maß am Tiroler Volkskunstmuseum zu nehmen. Dieses stand vor räumlich-baulichen und strukturell ähnlich komplexen Herausforderungen. Alle Künste und Tricks der Ausstellungsarchitektur (Licht, Ausstattung, Orientierung, Präsentation der Objekte) harmonieren dort mit einer quellenkundlich zeitgemäßen Erzählung. In Innsbruck verlässt man das Museum schlauer als beim Betreten des Hauses, in Graz sucht man unter Drehschwindel den Ausgang, erleichtert wieder draußen zu sein sucht man den Weg in die Neue Galerie, wo es verlässlich feine Ausstellungen hat.

 


 

 

Sonntag, 12. September 2021

Heeresgeschichtliches Museum Wien. Eine Publikation dokumentiert die Kritik

Elena Messner und Peter Pirker bemühen sich seit über eineinhalb Jahren um eine sachliche und gründliche Kritik des Heeresgeschichtlichen Museums. Inzwischen haben mehrere Kommissionen und ein Rechnungshof die Kritik am Museum vertieft und erweitert. Messner und Pirker selbst haben zwei Veranstaltungen organisiert, bei denen eine Vielzahl von Expertinnen diese Kritik ebenfalls vertieft haben.

Nun haben die beiden ein Buch veröffentlicht, das auf über 300 dichten Seiten umfassend so gut wie alle Aspekte der Debatte und der Kritik von 41 AutorInnen sammelt: Elena Messner, Peter Pirker (Hg.): Kriege gehören ins Museum. Aber wie? Atelier Verlag. Wien 2021

Woran es inzwischen keinen Zweifel gibt, ist die Unreformierbarkeit des Museums. Es braucht eine von Grund auf neue Konzeption. Aber es ist noch immer fraglich, ob das zuständige Landesverteidigungsministerium dazu Willens und in der Lage ist.

Das Buch bietet alle nur erdenklichen Argumente für einen Neubeginn eines Museums, von dem allerdings nicht einmal seine grundsätzliche Aufgabe feststeht und diskutiert ist. 

Samstag, 5. Juni 2021

Die Sache mit der "Quote"

Zeitungsmeldung: „Das Museum Altes Land hat im Schnitt 22.000 Besucher pro Jahr. Das sei ‚die beste Besucherquote eines Museums im gesamten Stader Landkreis’, gab Museumsleiter Dieter-Theodor Bohlmann auf der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und Kultur bekannt.“ Besseres scheint man über ein Museum nicht sagen zu können, als es habe eine gute oder gar die beste Besucherquote. 

Nun bedeutet das Wort Quote aber nichts anderes als einen (prozentualen) Anteil an einer Gesamtmenge oder -anzahl. Das macht also in Bezug auf Museen gar keinen Sinn. Denn was wäre denn die Gesamtmenge an der eine Quote gemessen werden könnte? Alle Menschen einer Stadt als potentielle Besucher, alle einer Region, eines Staates...? 

„Sinn“ macht das Zählen von Besuchern vor allem im Vergleich der Museen untereinander. Jährlich veröffentlichte Statistiken werden gerne als Ranking gelesen, so wenig sinnvoll der Vergleich von Museen unterschiedlicher Größe, Sammlung oder Zahl an Ausstellungen auch ist. „Sinn“ macht das statistische Erfassen des Publikums auch im Vergleich mit anderen Ereignissen; so erfreut sich der von Museen mit Fußballspielen einer gewissen Beliebtheit. Museen überträfen, wenn man alles zusammenzählt, die Besuchszahlen der Fußballligen. 

Da geht es um die Legitimation der Institution, um die Unterstützung einer Argumentation, daß die Bildungsinstitution durchaus so attraktiv sein kann für ein großes Publikum wie ein Sportevent. Ganz besonders attraktiv ist die Quote aber als Wertmaßstab. Je größer die Zahl der Ausstellungsbesucher desto „bedeutender“, „besser“ ist die Ausstellung - so lautet die sehr schlichte Gleichung. Da es so etwas wie Ausstellungskritik kaum, Museumskritik so gut wie gar nicht gibt, füllt die „Quote“ die Leerstelle, die das Fehlen einer an Kriterien orientierten Kritik hätte. 

Es scheint mit abnehmender Bedeutung der herkömmlichen Bildungsaufgaben und der zunehmenden Bedeutung von Museen als touristischer Attraktoren und Freizeiteinrichtung, schwieriger zu werden, das Museum im herkömmlichen Sinn als Vermittler von Wissen und Bildung zu rechtfertigen und seine Sinnhaftigkeit zu begründen. In zunehmender Ökonomisierung des kulturellen Feldes, wird auch das Museum zudem mehr und mehr unter Beobachtung gestellt, ob es „rentabel“ ist. Das mißt man an einer anderen Quote, dem „Eigendeckungsgrad“. Das heißt, an jenen Einnahmen aus Eintrittsgeldern, Zuwendungen von Sponsoren, gewinnen aus dem Merchandising u.a., die gegengerechnet werden mit der aus Steuern bestrittenen Finanzierung durch die sogenannte öffentliche Hand. 

Quoten stützen statistisch den Schein gesellschaftlicher Unverzichtbarkeit und es überrascht nicht, daß während der Coronakrise die Debatte um die Größenordnung des Publikumszuspruchs aufkochte. Die Lockdowns wurden den Museen mit der begleitenden Bescheinigung sie seien eben wenig „systemrelevant“ verordnet. Nun war durch diese Diskussion zu entdecken, daß gerade die am besten finanzierten und großen Museumsinstitutionen, die die meisten „Drittmittel“ einwarben, am schnellsten Probleme mit der Finanzierung ihrer Ausstellungen und des, wie man so sagt, laufenden Betriebs, bekamen. Denn der zur Finanzierung großer Ausstellungen, der berüchtigten Blockbuster, nötige Bedarf wird überproportional von Touristen bestritten. 

Plötzlich bekam der Glanz der großen Zahl unschöne Flecken. Die hätten die jährlich als Erfolgsgeschichte verkündeten Zahlenkonvolute, die suggerierten, die Museen zögen immer mehr Besucher an, schon früher bekommen können. Und zwar aus einem nie wirklich beachteten Grund: Das Zustandekommen der Zahlen unterliegt keiner Kontrolle, methodische Fragwürdigkeiten – wie das Verwechseln von Besucherzahlen mit Besuchszahlen - und massive Manipulationen, wie das mehrfache Zählen von Besuchern, die in ein- und demselben Haus mehrere Ausstellungen oder Veranstaltungen besuchen -, verfälschen die Statistiken erheblich. Auch hier gilt das Bonmot Trau keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. 

Die allerwichtigste Funktion der „Quote“ ist aber, die demokratische Qualität des Museums per se zu untermauern. Hohe Zahlen, die bei einzelnen (österreichischen) Museen die Millionengrenze übersteigen können, bei Ausstellungen in die Hunderttausender (was nicht sechsstellig ist, ist inzwischen nicht mehr erwähnenswert), sollen belegen, daß das Museum „jedermann“ („öffentlich“ heißt es in der ICOM-Definition) zugänglich ist. Spätestens um 1900 wird diese Zugänglichkeit als Nachweis dafür ins Treffen geführt, daß das Museum die „demokratischeste aller Bildungsinstitutionen ist“ (Gustav Pauli) und zwar deshalb, weil sie „jedermann“ offen stünde. 

Empirisch ist das längst widerlegt. Im Schnitt kommen etwa 50% einer Bevölkerung (eines Landes, einer Stadt usw.) nie in „ihre“ Museen. Das hat zwei Gründe: der soziale Status, altmodischer gesagt, die Klassenzugehörigkeit einerseits und die damit determinierten Bildungschancen andrerseits schließen Menschen vom Gebrauch und Genuß dieser Institution aus. Museen wirken sozial distinktiv und kulturell hegemonial. 

Die Quote verschleiert das. 

Obwohl es seit langem sehr differenzierte Untersuchungen zur Zusammensetzung, zur Herkunft, zu den Motiven des Publikums gibt, „verschluckt“ die Quote gerade dieses entscheidende strukturelle Merkmal von Museen und Museumspolitik. Davon „sprechen“ die veröffentlichten Zahlen einfach nicht und inzwischen werden umfassende Untersuchungen gemacht, wo auf Erhebungen der sozialen Bedingungen des Museumsbesuchs – oder seiner Vermeidung – einfach verzichtet wird. Mal sehen, ob die Debatten, die die Corona-Krise ausgelöst hat, etwas am Umgang mit der „Quote“ andern oder gar dazu führen, was Museumsleiter:innen ja vereinzelt schon vorgeschlagen haben, auf die Erhebung und Veröffentlichung zu verzichten.

Mittwoch, 2. Juni 2021

Martin Fritz: Ein Leitbildprozess für ein "Heeresgeschichtliches Museum neu" ist notwenig

Die von Elena Messner und Peter Pirker veranstaltete Tagung "Heeresgeschichtliches Museum neu" (20. und 21.Mai 2021, Literaturhaus Wien) spitzte sich gegen Ende auf die Frage zu, in welchem Prozess und von wem denn die Entscheidungen über die künftige Entwicklung des Musuems kommen werden.

Martin Fritz hat in einem sehr klaren Statement die wünschbaren Optionen benannt. Ich habe ihn gebeten, sie mir zur Verfügung zus stellen. Hier also die Schriftfassung seines Statemts auf dem Panel „Ein Leitbildprozess für das HGM?" 

Gottfried Fliedl

 

„Es ist bezeichnend für die Situation, wenn man - wie jetzt gerade - hört, dass im Verteidigungsministerium bereits an Beiratsbesetzungen und Direktionsausschreibungen gearbeitet wird, während wir hier glauben, dass sich gerade erst grundsätzliche Interventions- und Denkräume eröffnet haben. Es ist also schwer, den Raum der Fantasie für einen Neuanfang offen zu halten, wenn er sich vielleicht schon wieder schließt. Doch ich will es versuchen:

 

1)     Nur zur Erinnerung: Es liegt nun mehrere Expert:innenberichte vor, die dem Museum und seinen Verantwortlichen sowohl inhaltliche wie auch organisatorische Unzulänglichkeit attestieren. Die selektive Zitierung der Berichte und der Fokus auf den Teil zu „Republik und Diktatur“ lies dabei in Vergessenheit geraten, wie grundlegend viele der Kritikpunkte zu fast allen Ausstellungsteilen sind. Im Grunde wäre eine vorübergehende Schließung notwendig.

 

2)     Trotzdem ist es zu früh für Direktionsausschreibungen. Interessanter wäre eine Form von Interimsverwaltung oder Gründungskonvent, die/der sich als temporäres Übergangsregime versteht. Nachdem durch die Berichte der Kommission endgültig klar wurde, dass die alten Kräfte abgelöst werden müssen, braucht es ein grundlegend neues Konzept. In einem solchen (Neu)gründungskonvent müsste sich mindestens die Vielfalt und die Expertise der aktuellen Tagung widerspiegeln.

 

3)     Alles andere als eine Integration der Initiative „HGM neu denken“ in diesen Prozess wäre ein Affront, wenn man bedenkt, welchen Dienst diese Gruppe der Republik Österreich durch ihre Aktivität bereits jetzt erwiesen hat.

 

4)     Auf den Einwand, dass es notwendig wäre, „pragmatische“ Lösungen zu suchen, kann geantwortet werden, dass es nur in einem überpragmatischen Umfeld wie dem ministeriellen als „unpragmatisch“ gelten kann, die Forderung nach einer breiteren Diskussions- und Neukonzeptionsphase zu erheben. Für die Einbeziehung von Fach- und Zivilgesellschaft in Veränderungsprozesse gibt es gute Vorbilder. Solche Prozesse brauchen Zeit, Geld und Sachverstand. Viele haben in den letzten Monaten ihren Sachverstand bereits ehrenamtlich eingebracht.

 

5)     Die letzte Chance des HGM wäre es gewesen, wenn es selbst die Kommission beauftragt hätte. Wenn die Initiative „HGM neu denken“ und der Impuls für diese Tagung vom HGM selbst ausgegangen wäre, hätten wir uns heute im HGM getroffen. Nicht zufällig habe ich beim HGM immer die Vorstellung, dass es eine physische Inbesitznahme des Museums durch die Zivilgesellschaft - wie nach einer Machtübernahme - bräuchte: Dann müsste man es auch nicht schließen, denn in jedem Raum könnte ein Vertreter/eine Vertreterin des Übergangsregimes für die Teilhabe des Publikums an den notwendigen Veränderungs- und Lernprozessen sorgen. Ich bleibe beim Schlusssatz meines Textes für den Reader: Die alten Kräfte hatten 103 Jahre dafür Zeit. Sie haben sie nicht genutzt.“

 

Martin Fritz

Freitag, 28. Mai 2021

Das Heeresgeschichtliche zeigt eine Ausstellung, die die Verfolgung der Juden und damit den Holocaust thematieiert. Aber wie!?

Im Heeresgeschichtlichen Museum wird derzeit die Ausstellung „Die Gerechten“ gezeigt. Mit diesem Namen zeichnet die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem Menschen aus, die während des Naziregimes jüdischen Mitbürger:innen das Überleben ermöglicht haben
Der Verein »Die österreichischen Freunde von Yad Vashem« initiierte eine Ausstellung zu den österreichischen „Gerechten“, die unter der wissenschaftlichen Leitung der Professoren Michael John und Albert Lichtblau entstand ist.

Auf der Tagung zum Heeresgeschichtlichen Museum, die jüngst im Literaturhaus Wien stattfand, wurde diese Ausstellung heftig kritisiert. Und zwar nicht ihr Inhalt und ihre Gestaltung, sondern einerseits als Instrumentalisierung des Holocaust-Gedenkens im Kontext der seit über einem Jahr massiv kritisierten ideologischen, musenlogischen und organisatorischen Missstände am Museum und andrerseits wegen der ausserordentlich befremdlichen Unterbringung der Ausstellung in den Räumlichkeiten des HGM.

Vor allem im Bereich der Feldherrnhalle wirkt die Ausstellung wie abgestellt, wie etwas, was man vergessen hat, wegzuräumen. Die diversen Teile der Ausstellungen konkurrieren mit diversen Möbeln, Partytischen, auf denen Info-Material liegt, Kleiderständern, Garderobeschränken, Info-Tafeln zum HGM. Man scheint sich überhaupt nicht die Frage gestellt zu haben, welche Effekte die Konfrontation von Architektur, Ausstattung, Dekor und v.a. der Monumentalstatuen der Feldherrn einerseits und der Ausstellung andrerseits hat. Unklar ist auch, auf der Webseite scheint es keine Erwähnung dazu zu geben, warum und wie eine zweite Ausstellung, eine zu Zivilcourage, miteinander kombiniert wurde, eine Ausstellung, die, so habe ich gehört, vom Österreichischen Mauthausen-Kommitee erstellt wurde.

Völlig unklar bleibt, auch hier gibt die Webseite des Museums keine Auskunft, wie man sich im Museum den Zusammenhang der „Gerechten“-Ausstellung zur Dauerausstellung vorstellt.

Ich leiste hier keine Ausstellungskritik, ich begnüge mich mit Fotografien, die einen Eindruck von der Art und Weise gibt, wie das HGM die Ausstellung in ihr Haus „implementiert“ hat.

 












Dienstag, 25. Mai 2021

Montag, 24. Mai 2021

Besuchen Sie das Heeresgeschichtliche Museum solange es noch steht. Die Veranstaltung von HGMneudenken bringt ein eindeutiges Ergebnis


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Veranstaltung der Initiative HGMneudenken von Elena Messner und Peter Pirker vom 20. und 21. Mai im Wiener Literaturhaus hat ein eindeutiges Ergebnis: Das Museum ist nicht reformierbar, es kann nicht überarbeitet werden. Man muß ein neues Konzept erstellen, eine neue Direktion berufen und ministeriumsinterne organisatorische Änderungen vornehmen.

Wie weit der Mut dabei tragen wird, wird sich zeigen. Den großen Schritt einer Ausgliederung wird es wohl nicht geben und auch nicht eine sorgfältige, nicht überhastete Vorbereitung der Neugründung des Museums - auf nicht weniger läuft es hinaus. Was man hoffen darf, ist eine personelle Erneuerung und Rahmenbedingungen, die einem neuen Museumsteam alle Chancen für einen Neuanfang bietet.

Die Kritik am Museum war eindeutig: die Ausstellungen, auch die zuletzt gestalteten, entsprechen weder in (militär)wissenschaftlicher noch museologischer Hinsicht heutigen Standards. Weniger als das - in großen Teilen unterbietet das Gezeigte so gut wie alles, was man an Anforderungen ans historische Ausstellen kennt. Besonders massiv war die Kritik an der Ausstellung, die unter dem Titel „Republik und Diktatur“ seinerzeit als Ausbau des Museums zum zeitgeschichtlichen Nationalmuseum gedacht war.

Die Tagung bot viele Anregungen, was für ein künftiges Museum von Belang sein sollte, es wurden mögliche Szenarien sichtbar und auch über die Rolle des Museums als Ort eines Bundesheeres in einer demokratischen Gesellschaft wurde ebnso debattiert wie etwa über das Verhältnis des künftigen Museums zu bestehenden historischen Museen, v.a. zum Haus der Geschichte Österreich. Bemerkenswert war die Beobachtung, das Bundesheer sei schon weitzer als das Museum was die sogenannte Traditionspflege betrifft. Das habe sich am offenen und konstruktiven Umgang mit dem Burgtor als Denkmal und Gedenkstätte gezeigt, wo das Heer sich von überholten Riten verabschiedet habe.

Historiker:innen sparten übrigens nicht mit Selbstkritik. Zu lange habe man dem Museum nicht energisch genug Aufmerksamkeit geschenkt und kaum Kritik öffentlich vorgetragen. Hier liegt freilich auch ein ungelöstes Problem. Meiner Meinung und beobachtung nach gibt es viel zu wenige Historiker:innen, die sich den anspruchsvollen spezifischen medialen Anforderungen des Ausstellens widmen. Aber gerade sie fühlen sich sowohl in der Politikberatung wie bei der Produktion von historischen Ausstellungen gewissermaßen als Berufsstand zum Agieren berechtigt und privilegiert. 

Insofern war die Veranstaltung wichtig, als sie viele Kompetenzen aufrief und im Grunde eine Art von bürgergesellschaftliche Initiative bildete, die implizit den Anspruch nach Mitsprache erhob. Museen sind öffentliche Angelegenheiten und so ist jeder aufgerufen, der sich verantwortlich mit anderen zusammen äußern und beteiligen will.

Die Initiative HGM neudenken stützte sich in ihrer Veranstaltung auch nicht bloß auf Wissenschaft, sondern bezog Literatur, in Form literaturwissenschaftlich und zeithistorisch kommentierter Romanfragmente - und Film ein - ein schöner Weg, Dingen auf mehreren Ebenen auf den Grund zu kommen.

Meine eigene Haltung habe ich als Frage nach dem Sinn eines Heeresmuseums formuliert. Wozu braucht wer einen solchen Museumstyp? Die Frage scheint absonderlich, da ja niemand ernsthaft an eine Auflösung des Museums und der Sammlung denkt. Aber sie provoziert eine symmetrisch dazu gleichermaßen grundsätzliche Antwort. Die Antwort ist offen, aber sie würde, ernsthaft beantwortet eher in Richtung eines (kultur)historischen Musuems gehen. Womit dann erneut das Verhältnis v.a. zum Haus der Geschichte Österreich aufgerollt werden müsste.

Die Initiative HGMneudenken wird im September einen Sammelband mit kritischen Beiträgen vorstellen. Und sie wird, das ist zu hoffen, aufmerksam die Einleitung des Erneuerungsprozesses beobachten und begleiten. Ihr ist es zu verdanken, daß die öffentliche Kritik am Museum nicht abriss. Daß nun das Museen grundlegend neu gedacht wird, ist ihr Verdienst.

Die Direktion des HGM weigerte sich übrigens, die Buchpräsentation im Museum stattfinden zu lassen. Sie folgte auch nicht der Einladung, sich an der Veranstaltung bzw. am Diskussionsprozess überhaupt zu beteiligen. Damit hat die Museumsleitung nicht wenig dazu beigetragen, daß nun nur noch ein grundlegender Erneuerungsprozess eingeleitet werden kann.


Montag, 17. Mai 2021

Veranstaltung "Heeresgeschichtliches Museum neu?" – Chancen einer angesagten Reform

"Heeresgeschichtliches Museum neu?" – Chancen einer angesagten Reform

Do, 20.05. bis Fr, 21.05.2021

Tagung | Diskussionen, Lesungen, Videopräsentation
 

Die Veranstaltungen können über den Live Stream auf unserer Homepage mitverfolgt werden.
 

Im Jänner 2020 wurden bei der Tagung #hgmneudenken Probleme, Defizite und Potenziale des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) in Wien diskutiert. In Medienberichten, parlamentarischen Anfragen und in einem Rechnungshofbericht wurde deutlich Kritik formuliert. »Nicht mehr zeitgemäß und insgesamt unzureichend«, lautete auch das Urteil einer vom zuständigen Verteidigungsministerium eingesetzten Expert/inn/enkommission. Bundesministerin Klaudia Tanner kündigte eine Reform an. 
Infos zum aktuellen Stand: www.textfeldsuedost.com/hgm-neudenken/
 

Im Rahmen dieser Tagung widmen sich Fachpersonen aus unterschiedlichen Disziplinen grundlegenden Fragen, u. a.: Was soll das HGM leisten? Warum soll das Verteidigungsministerium die historische Vermittlung von Kriegen gestalten, tragen und finanzieren? Was sind die organisatorischen und inhaltlichen Eckpfeiler der angekündigten Reform? Diskutiert wird u. a. ein dringend notwendiger "Leitbildprozess" für die Neukonzeption des Museums.
 

Erstmals tritt auch das Literaturkonsortium – Fokusgruppe Heeresgeschichtliches Museum Wien (A30/Militär- und Literaturgeschichte Österreichs) in Aktion – es hat die Aufgabe, eine Literaturgeschichte des österreichischen Militärs zu erstellen und die beeindruckende Streitkraft der österreichischen Literatur unter Beweis zu stellen.
 

Konzept & Organisation: Elena Messner (Literaturwissenschaftlerin, Institut für Slawistik, Universität Klagenfurt) & Peter Pirker (Historiker, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck)
 

PROGRAMM 

Do, 20.05.2021


16.00 Uhr: BEGRÜßUNG
16.30 – 18.00 Uhr: PANEL I
DAS HGM – EIN MILITÄRMUSEUM DES 21. JAHRHUNDERTS?
Es diskutieren: Gottfried Fliedl, Judith Götz, Georg Blaha, Mario Keller, Georg Spitaler, Nora Sternfeld, Dirk Rupnow Moderation: Peter Pirker
18.00 – 18.15 Uhr: MAROKKANERTURM UND RUHMESHALLE. EIN MANÖVER AUS DER PROVINZ
Videofilm von Matthias Breit
19.00 – 19.10 Uhr: DER RECHNUNGSHOFBERICHT ZUM HGM. EINE ANALYSE von Sebastian Reinfeldt
19.10 – 20.30 Uhr: LITERATURKONSORTIUM HGM: DIE STREITKRAFT DER ÖSTERREICHISCHEN LITERATUR
Es lesen und diskutieren: Maria Hofstätter, Stefan Maurer, Peter Pirker, Elena Messner
Projektionen und Kunstbeiträge von: Nils Olger, Lichtenstein & Mario nette, Anonym, Adolf Frankl
 

Fr, 21.05.2021 
17.00 - 18.30 Uhr: PANEL II: "NICHT MEHR ZEITGEMÄß UND INSGESAMT UNZUREICHEND" – WAS KOMMT NACH DER AUSSTELLUNG "REPUBLIK UND DIKTATUR"?
Statement: Michael Baier
Es diskutieren: Heidemarie Uhl, Niko Wahl, Eva Blimlinger, Tim Corbett, Andrea Brait
Moderation: Anna Goldenberg
19.15 - 20.45 Uhr: PANEL III: "EIN LEITBILDPROZESS FÜR DAS HGM?" CHANCEN EINER ANGESAGTEN REFORM
Es diskutieren: Wolfgang Muchitsch, Dieter-Anton Binder, Felicitas Heimann-Jelinek, Peter Melichar, Werner Wintersteiner, Renate Höllwart, Martin Fritz
Moderation: Linda Erker
 

Montag, 10. Mai 2021

Heeresgeschichtliches Museum: Noch eine Kommission, noch ein Bericht

Und noch eine Kommission!
Eine zum Museumsshop.
Zur Erinnerung: Zu den allerersten Vorwürfen, die an das Heeresgeschichtliche Museum gerichtet waren, gehörten (in einem Blog veröffentlicht) die gegen Literatur, Modelle und Spielzeuge gerichteten. Das sei eine äußerst einseitige, rechtslastige, vor allem die NS-Zeit verfälschende Auswahl.
Das Ergebnis der Kommission beeilt man sich unter anderem mit der Wendung "nichts Rechtsradikales gefunden" zusammenzufassen, was vom eigentlichen Problem ablenkt und nach Entlassung klingen soll. Wenn es Bücher aus rechtsradikalen Verlagen gibt, was soll dann diese "Entlastung"? Die vom HGM veröffentlichten Schriften hat man inhaltlich nicht geprüft. Wäre nicht gerade das interessant gewesen?

Aber die Kommission empfiehlt, einiges aus dem Shop zu entfernen und etwa dem Holocaust und den Verbrechen der Wehrmacht Gewicht zu verleihen.

Es ist ja schon ziemlich einzigartig, daß es einer Kommission bedarf, die ein Shop-Angebot evaluiert.

Interessant ist das, was da in der Pressekonferenz der Ministerin so alles nebenbei gesagt wird. Man werde, so Ministerin Tanner, ein neues Gesamtkonzept erarbeitet. Dann erst werde der Direktionsposten neu ausgeschrieben. Den hat noch immer Christian Ortner inne, obwohl sein Vertrag ausgelaufen ist. Und: Das Heeresgeschichtliche Museum soll einen ständigen wissenschaftlichen Beirat erhalten. Aber wann? Und wird er bereits beim Gesamtkonzept beraten - oder es gar selber ausarbeiten?

Der Standard berichtet (hier) und der ORF (hier)
 

Den Bericht zur Evaluation des Shops gibt es hier


 

 

Freitag, 26. Februar 2021

Aus allen Rohren wird gefeuert. Die Debatte um das Heeresgeschichtliche Museum geht weiter


Hier die wichtigsten und jüngeren Beiträge zum Heeresgeschichtlichen Museum:

Den letzten Kommissions-Bericht findet man hier: 


https://www.bundesheer.at/download_archiv/pdfs/bericht_hgm_01022021.pdf


Der Standard berichtet hier:


https://www.derstandard.at/story/2000123782814/heeresgeschichtliches-museum-experten-sehen-grossen-reformbedarf?ref=push_os_forum_post#posting-1066670261


Und hier:


https://www.derstandard.at/story/2000123782418/hgm-bericht-praesentiertkeine-hinweise-auf-antisemitische-inhalte

 

Sowie:

 

https://www.derstandard.at/story/2000123821091/reform-des-heeresgeschichtlichen-tanner-ist-auf-dem-richtigen-weg

 

Die Wiener Zeitung berichtet über den Vorschlag der NEOS, das Heeresgeschichtliche Museum mit dem Haus der Geschichte zusammenzulegen

 

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/wien/2091403-Neos-fuer-Zusammenlegung-von-HGM-mit-Haus-der-Geschichte.html

 

Im Standard ein kurzer Bericht über den Wunsch der Gewerkschaft, daß das Museum beim Landesverteidigungsministerium bleiben soll

https://www.blogger.com/blog/stats/week/936424358107584429?pli=1

 

Michael Hochedlinger findet die gesamte DEbatte verfehlt. "Geistiger Musikantenstadel"). Ebenfalls im Standard

https://www.derstandard.at/story/2000124090680/hgm-reform-geistiger-musikantenstadel 

 

Und dann macht sich der Standard noch auf die Suche nach dem Narrativ (15.2.)

https://www.derstandard.at/story/2000124142638/neue-geschichtsmuseen-auf-der-suche-nach-dem-narrativ 

 

ORF-Kulturmontag (1):  

https://orf.at/stories/3199810

ORF-Kulturmontag (2):  

https://tv.orf.at/groups/kultur/pool/hgm

 

Martin Fritz im Standard, 19.2.2021

https://www.derstandard.at/story/2000124297015/keine-adaequate-erinnerungskultur-schwachpunkt-heeresgeschichtliches-museum  

 

Und der Zeithistoriker Peter Pirker, am gleichen Tag im Standard, der sich mit eineigen NS-Biografien von Musuemsleitern und-mitarbeitern beschäftigt

https://www.derstandard.at/story/2000124297015/keine-adaequate-erinnerungskultur-schwachpunkt-heeresgeschichtliches-museum

 

 Manfried Rauchensteiner, der langjährige Direktor, wiederum im Standard

https://www.derstandard.at/story/2000124391599/hgm-debatte-kraeftig-uebers-ziel-geschossen


Und ein Ruf nach mehr Sachlichkeit von Erwin A. Schmiedl am selben Tag in derselben Zeitung

https://www.derstandard.at/story/2000124390494/hgm-debatte-zurueck-zu-mehr-sachlichkeit

 

Dienstag, 2. Februar 2021

Heeresgeschichtliches Museum Wien. Der abschließende Kommissionsbericht wurde veröffentlicht

Nun ist der letzte „Kommissionsbericht“ zum Heeresgeschichtlichen Museum erschienen. Er wurde in vollem Umfang veröffentlicht, umfasst fast einhundert Seiten und eine Kritik, die die bislang unberücksichtigt gebliebenen Abteilungen der Dauerausstellungen umfasst. Zudem bildet er eine Art abschließender Zusammenfassung, die man in aller Kürze so umreißen kann: das Museum ist in großen Teilen veraltet und mangelhaft und eine Erneuerung ist dringend notwendig.

Was von der zuständigen Ministerin angekündigt wurde, läßt eine solche Erneuerung erwarten, etwa als Wechsel in der Leitung des Hauses und der Freigabe von Mitteln zur Erneuerung der Dauerausstellung.


Besonders tief wird die Erneuerung vermutlich nicht gehen. Weder der Sinn eines Militärmuseums im 21.Jahrhundert noch die Führung des Museums durch das Bundesheer werden hinterfragt.


Bemerkenswert bleiben zwei Umstände. Es ist das erste Mal, daß ein Museum umfassend auf seine Qualität hin überprüft wurde und seine Verfassung und seine Bedeutung öffentlich debattiert wurden und werden.


Und es ist das erste Mal, daß es zivilgesellschaftliches Engagement war, die den Stein ins Rollen brachte und die die Debatte u,a. durch Veranstaltung einer Tagung am Leben hielt. Zwei Blogs machten auf Mißstände im Museum aufmerksam und deren Recherche wurde von Zeitungen aufgegriffen und vertieft. Die Tagung vertiefte die Kritik weiter und belebte die Diskussion mit neuen Fragestellungen und Einwänden gegen fragwürdige Verhältnisse im Museum.


Jetzt kommt es darauf an, ob die weitere Entwicklung allein vom Ministerium bestimmt werden wird, mit Bedacht auf vielleicht eher kosmetische Maßnahmen, auf Kalmierung oder ob es, v.a. den zivilgesellschaftlich Engagierten gelingt, eine Grundsatzdebatte durchzusetzen. Eine zweite Tagung zum HGM ist in Vorbereitung und wird im April stattfinden.


Den Bericht findet man hier: 


https://www.bundesheer.at/download_archiv/pdfs/bericht_hgm_01022021.pdf


Der Standard berichtet hier:


https://www.derstandard.at/story/2000123782814/heeresgeschichtliches-museum-experten-sehen-grossen-reformbedarf?ref=push_os_forum_post#posting-1066670261


Und hier:


https://www.derstandard.at/story/2000123782418/hgm-bericht-praesentiertkeine-hinweise-auf-antisemitische-inhalte

 

Sowie:

 

https://www.derstandard.at/story/2000123821091/reform-des-heeresgeschichtlichen-tanner-ist-auf-dem-richtigen-weg

 

Die Wiener Zeitung berichtet über den Vorschlag der NEOS, das Heeresgeschichtliche Museum mit dem Haus der Geschichte zusammenzulegen

 

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/wien/2091403-Neos-fuer-Zusammenlegung-von-HGM-mit-Haus-der-Geschichte.html

 

Im Standard ein kurzer Bericht über den Wunsch der Gewerkschaft, daß das Museum beim Landesverteidigungsministerium bleiben soll

https://www.blogger.com/blog/stats/week/936424358107584429?pli=1

 

Michael Hochedlinger findet die gesamte DEbatte verfehlt. "Geistiger Musikantenstadel"). Ebenfalls im Standard

https://www.derstandard.at/story/2000124090680/hgm-reform-geistiger-musikantenstadel 

 

Und dann macht sich der Standard noch auf die Suche nach dem Narrativ (15.2.)

https://www.derstandard.at/story/2000124142638/neue-geschichtsmuseen-auf-der-suche-nach-dem-narrativ 

 

ORF-Kulturmontag (1):  

https://orf.at/stories/3199810

ORF-Kulturmontag (2):  

https://tv.orf.at/groups/kultur/pool/hgm

 

Martin Fritz im Standard, 19.2.2021

https://www.derstandard.at/story/2000124297015/keine-adaequate-erinnerungskultur-schwachpunkt-heeresgeschichtliches-museum  

 

Und der Zeithistoriker Peter Pirker, am gleichen Tag im Standard, der sich mit eineigen NS-Biografien von Musuemsleitern und-mitarbeitern beschäftigt

https://www.derstandard.at/story/2000124297015/keine-adaequate-erinnerungskultur-schwachpunkt-heeresgeschichtliches-museum

 

 Manfried Rauchensteiner, der langjährige Direktor, wiederum im Standard

https://www.derstandard.at/story/2000124391599/hgm-debatte-kraeftig-uebers-ziel-geschossen


Und ein Ruf nach mehr Sachlichkeit von Erwin A. Schmiedl am selben Tag in derselben Zeitung

https://www.derstandard.at/story/2000124390494/hgm-debatte-zurueck-zu-mehr-sachlichkeit

Sonntag, 20. Dezember 2020

Die Debatte um das Humboldt-Forum in Berlin. Eine "Presserundschau"

Kürzlich wurde das sogenannte Humboldt-Forum im rekonstruierten Berliner Schloß eröffnet - virtuell angesichts der Corona-Krise. Hier sind eine Anzahl von Pressereaktionen verlinkt. Da das gesamte Projekt seit Beginn ehr skeptisch bis kritisch und ablehnend beurteilt wurde, überraschen die vielen erneut skeptischen und ablehnenden eiträge nicht. Neu an der Debatte sind zwei Aspekte: daß Nigeria nun bezüglich der Beninbronzen offizielle Rückgabeforderungen stellt. Das betrifft eine für das Konzept des Humboldt-Forums wichtige Objektgruppe aber stellt generell den Umgang von Politik und Wissenschaft mit der Kolonialfrage und Restitution infrage.

Die erst kürzlich voll ausgebrochene Antisemitismusdebatte, die von einem Bundestagsbeschluß gegen bestimmte Formen des Antisemitismus ausgelöst wurde, wird in mehreren Kommentaren mit der seit der Me-Too-Bewegung aufgeflammten Rassismusdiskussion und der Kolonialismusdebatte verknüpft. Zwei Texte dazu finden sich am Ende meiner Liste mit Links.


Paul Starzmann: Raubkunst-Streit überschattet Eröffnung des Humboldt-Forums. Nigeria will Benin-Bronzen zurück. In: Tagesspiegel, 11.12.2020

https://www.tagesspiegel.de/politik/nigeria-will-benin-bronzen-zurueck-raubkunst-streit-ueberschattet-eroeffnung-des-humboldt-forums/26707296.html


Bernhard Schulz: „Eine andauernde Grausamkeit, die mit jeder Museumsöffnung aufgefrischt wird“. Den Raub der Benin-Bronzen 1897 durch britische Truppen schildert Dan Hicks in seinem Buch "The Brutish Museums". Hunderte Bronzen kamen auch nach Berlin. In: Der Tagesspiegel, 11.12.2020

https://www.tagesspiegel.de/wissen/streit-um-rueckgabe-der-benin-bronzen-eine-andauernde-grausamkeit-die-mit-jeder-museumsoeffnung-aufgefrischt-wird/26708928.html


Susanne Messmer: Cremekasten mit Tiefgang. Am kommenden Dienstag eröffnet endlich das Humboldt Forum in der Berliner Schlossattrappe – wenn auch nur digital. Es wird besser, als viele denken. In: taz, 13.12.2020

https://taz.de/Humboldt-Forum-eroeffnet-bald/!5734302/


Susanne Memarnia: Blamage mit Ansage. Kurz vor der Eröffnung des Humboldt Forums fordert Nigeria ein Prunkstück der Ausstellung, die Benin-Bronzen, zurück. In: taz, 13.12.2020 

https://taz.de/Raubkunst-im-Humboldt-Forum/!5733565/


Bert Rebhandl: Leeren der Geschichte. Der ehemalige Palast der Republik musste einer Neukonstruktion des Hohenzollern-Schlosses weichen. Die Frage bleibt: Warum? In: Der Standard, 14.12.2020

https://www.derstandard.at/story/2000122460978/humbold-forum-berlin-eroeffnet-die-leeren-der-geschichte


Nikolaus Bernau: Zusammengedrängte Pracht. Frankfurter Rundschau. 16.12.2020

https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/zusammengedraengte-pracht-90133486.html


Ralf Schönball: Ins Schloss hinein darf noch niemand, aber Anfassen ist ab Donnerstag erlaubt. Der Tagesspiegel, 16.12.2020

https://www.tagesspiegel.de/berlin/das-humboldt-forum-ist-eroeffnet-ins-schloss-hinein-darf-noch-niemand-aber-anfassen-ist-ab-donnerstag-erlaubt/26726164.html


Harry Nutt: Humboldt-Forum zur Wiedervorlage. Frankfurter Rundschau. 15.12.2020

https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/humboldt-forum-zur-wiedervorlage-90132444.html


Bénédicte Savoy: Eine Art von Verschleppung. In: FAZ, 15.12.2020

https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2020-12-15/8972870739fdc72429dec20bb3ca7a09/?GEPC=s2&fbclid=IwAR2TIYagBgelbIgpfLR8h224FcZRgCkISP6HAActUs_qkZGUGNuMRCjlIUM


Ulrike Wagener: Dauerbaustelle Raubkunst. In: Neues Deutschland, 16.12.2020

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145904.humboldt-forum-dauerbaustelle-raubkunst.html?fbclid=IwAR1srLh7fK0erMOBRUzWG8g6qFTXiUIKSUR5fLqrkJ-EnKF3NKm051SdTH4


Kolja Reichert: Ein imperiales Museum, das keines sein will, in: DIE ZEIT, 17.12.2020

https://www.zeit.de/kultur/kunst/2020-12/humboldt-forum-virtuelle-eroeffnung-berliner-stadtschloss-museum-kulturpolitik?fbclid=IwAR0riy5WthJNoJ108rXqr3ZYKhtPEuuB5vBrlVcxtUhlQiLw0eqM2bwmcq4&utm_referrer=https%3A%2F%2Fl.facebook.com


Susanne Messmer: Kritik? Egal? Bei der digitalen Eröffnung des Humboldt Forums im Stadtschloss ging man der Kontroverse aus dem Weg. Die wieder aufgeflammte Kritik war kein Thema. In: taz, 17.12.2020

https://taz.de/Humboldt-Forum-in-Berlin-eroeffnet/!5733910/


Nikolaus Bernau: Ein Schloß ist kein Schloß ist kein Schloß. In: Cicero. Magazin für politische Kultur. 17.12.2020

https://www.cicero.de/kultur/humboldt-forum-eroeffnung-berliner-schloss?fbclid=IwAR3rLYjy4b8ihl8cO9EU32LjrKhP5dJuK34Cf3Yl6IGXRuyUcgdlLweT-Ws


Sonja Zehri: Öffnung zur Welt, in: Süddeutsche Zeitung, 18.12.2020 (Zum "Plädoyer der Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ und dem Zusammenhang mit der Kolonialismus-Debatte) https://www.sueddeutsche.de/meinung/geschichtsdebatte-oeffnung-zur-welt-1.5151521?fbclid=IwAR3TZIVDPPohkMnwT_8Fb1UnWhEOdgO-mFrQSDNXApcFfXSJW8XIY8xqKWk


Stefan Hebel: Existenzrecht Differenz, in: Frankfurter Rundschau, 18.12.2020 (Ebenfalls zum Zusammenhang von Antisemitismus- und Kolonialismus-Debatte).

https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/existenzrecht-differenz-90145703.html