"Was leistet das Museum heute für die gesellschaftliche Debatte?
Die offizielle Meinung dazu ist: Wir sind eine Institution, die sammelt, forscht und bewahrt. Aber die Wahrheit ist doch: Das Museum kann viel mehr! Im Museum sieht man nur die schönen Seiten des Lebens, da stimmt doch irgendwas nicht. Das Museum ist eine soziale Kohäsionseinrichtung. Wenn die Museen mal den Mut hätten, sich richtig auf die Bevölkerung mit all ihren Sorgen einzulassen, die Leute wirklich dort abzuholen, wo sie stehen, keine Angst mehr hätten, sich mit Alltagsthemen auch in die Niederungen zu begeben! Wir haben hier so viel Material, um Welten zu erklären, politische Zusammenhänge herzustellen - und trauen uns nicht ran. Das Museum als zutiefst soziale Einrichtung, das nimmt heute keiner ernst. Asche auf mein Haupt."
So spricht der Generaldirektor der Staatlichen Museen in Dresden, Martin Roth, in ART, 4/2010, dem eine Sonderbeilage zu 450 Jahre staatliche Kunstsammlungen Dresden beigefügt ist. Recht hat er. Warum beschäftigt sich kaum ein Museum mit der Gegenwart, mit dem Alltag, mit den aktuellen, drängenden, umkämpften Fragen. Und ja, das Museum hätte 'Material' für solche Debatten und auch Methoden jenseits des nur Ausstellens, Debatten anzustoßen, zu führen, mit seinen genuinen Mitteln zu visaulisieren und argumentieren. Und abermals ja, das Museum ist eine soziale Einrichtung, eine deren Qualität sich aber nicht darin erschöpft, Publikum anzuwerben und zu zählen, sondern die im und mit der dem Museum impliziten zivilisatorischen und öffentlichen Funktion arbeiten müsste. Und noch einmal ein großes Ja, traut Euch was! Wieso ist das Museum so kleinlaut, so irrelevant im öffentlichen Diskurs, an dem sich doch alle anderen kulturellen Einrichtungen beteiligen? Und auch ja: da stimmt was nicht! Aber was? Und auch ja: Asche aufs Haupt, Herr Roth, denn ihre Museumspolitik ist vom Gegenteil dessen gekennzeichnet, was Sie verkünden.
Abb.: Wolfgang Mattheuer: Sisyphos behaut den Stein. 1974. Derzeit zu sehen in der Jubiläumsausstellung der Staatlichen Museen Dresden Zukunft seit 1560
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