Samstag, 3. Oktober 2015

Das "Haus der Geschichte" im Parlament. Zustimmung sieht anders aus

Bislang ist es nur eine Presseagentur-Meldung, in Tageszeitungen habe ich noch keinen Bericht gefunden: im Kulturausschuss des Parlaments haben sich alle Parteien  bis auf eine kritisch zum Haus der Geschichte geäußert. Die eine Ausnahme ist die SPÖ. 
Was das bedeutet? Nun sicher einmal, dass er Boden, auf dem das Projekt gedeiht, dünn ist. Nach den Wahlen in Wien in einer Woche könnte der durchbrechen. Was es auch bedeutet: dass mehr denn je deutlich ist, dass das geplante Museum ein ideologisch-parteipolitisch gewünschtes und protegiertes ist und nur deshalb noch am Leben ist. Ein artikuliertes zivilgesellschaftliches Interesse lässt sich weit und breit nicht ausmachen.

Mittwoch, 30. September 2015

Tagung zum "Haus der Geschichte". 12. Oktober 2015


Braucht Österreich ein neues historisches Museum („Haus der Geschichte“)  und, wenn ja, was für eines?

Eine Enquête

Wien, 12. Oktober 2015
8:30 Uhr bis 19:30 Uhr
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Theatersaal, Sonnenfelsgasse 19, 1010 Wien
Organisation

Institut für Österreichische Geschichtsforschung Univ.-Prof. Dr. Thomas Winkelbauer Universität Wien
Universitätsring 1
1010 Wien
E-Mail:  thomas.winkelbauer@univie.ac.at

Anmeldung  erbeten

per E-Mail an Mag. Birgit H. Aubrunner Institut für Geschichte Universität Wien Universitätsring 1
1010 Wien
E-Mail:  birgit.aubrunner@univie.ac.at

Veranstaltet vom Institut für Österreichische Geschichts- forschung in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der ÖAW


Programm

8:30–8:45 Uhr:
Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Enquête durch Brigitte MAZOHL (ÖAW), Thomas WINKELBAUER (IÖG) und Wolfgang MUELLER (INZ der ÖAW)
8:45–9:00 Uhr:
Thomas WINKELBAUER: Einleitung
9:00–11:00 Uhr:
Manfried RAUCHENSTEINER: Anforderungen, Über- forderungen, Herausforderungen: Anmerkungen zu einem Leidensweg
Dirk RUPNOW: Braucht Österreich ein historisches Museum?
Gescheiterte Projekte und heutige Antworten
Michael MITTERAUER: Welche Geschichte – und wozu?
Oliver RATHKOLB: Das Haus der Geschichte Österreich als
Katalysator für ein zweites Museumsquartier


10:45–11:15 Uhr: Pause
11:15–13:00 Uhr:
Gerhard BOTZ: Zeitmaschine Geschichtsmuseum: Zwischen Identitätspolitik, Geschichtswissenschaft und der Macht der Bilder
Heidemarie UHL: Von der Unmöglichkeit, „die“ Geschichte auszustellen, und der Notwendigkeit eines Hauses der Geschichte Österreich
Michael HOCHEDLINGER: Geschichtsvernutzung im Zeitalter von Kulturkapitalismus und Moralismus
Hannes LEIDINGER: Die lebendige Vergangenheit. Zum Konzept einer „langen Zeitgeschichte“ im Kontext der musealen Präsentation Österreichs

13:00–14:30 Uhr: Mittagspause
14:30–16:15 Uhr:
Karl VOCELKA: Sind die Projekte für ein „Haus der
Geschichte“ schon im 21. Jahrhundert angekommen?
Wolfgang MUCHITSCH: Die Einbettung des Hauses der
Geschichte in die österreichische Museumslandschaft
Monika SOMMER-SIEGHART: Das Museum der brennenden
Fragen
Gottfried FLIEDL: Für ein Museum des Konflikts


16:15–16:45 Uhr: Pause
16:45–19:15 Uhr
Ernst BRUCKMÜLLER: Konfrontationen als Möglichkeit einer spannenden Darstellungsweise
Helmut RUMPLER: Die Wurzeln der politischen Kultur
Österreichs
Wolfgang MADERTHANER: Welche Narrative, wessen
Geschichte?
Brigitte MAZOHL: Die (schwierige) historische Beziehung
„Österreichs“ zu „Deutschland“ und die damit verbundenen
Probleme für ein „Haus der Geschichte Österreich(s)“
Wolfgang HÄUSLER: „Exzellenzen ausstopfen – ein Unfug.“
Factum und Alternative in Erforschung und Darstellung der
österreichischen Geschichte
19:15–19:30 Uhr
Thomas WINKELBAUER: Resümee

Freitag, 25. September 2015

Internationales Direktorenkarussell

Erst kürzlich habe ich über die Besetzung mehrerer namhafter italienischer Museen mit nicht aus Italien kommenden Direktoren berichtet (hier), da kommt die meldung, daß der Leiter der Dresdner Kunstsammlungen, der Kunsthistoriker Hartwig Fischer, Direktor des British Museum werden wird. Der Direktor des British Museum geht bekanntlich nach Berlin, um dort das "Humboldt Forum" in die Gänge zu bringen. Schon der Vorgänger Fischers, Martin Roth, wechselte nach London un dleitet dort das Victoria and Albert-Museum. Beide "Flaggschiffe" des britischen Museumswesens in "deutscher Hand"?! Und was für ein - sich anbahndes? - neues Verständnis vom Management großer Museen (nach dem Vorbild großer Konzerne und Banken?). Und: wird jetzt ein Niederösterreicher Direktor des Kärtner Landesmuseums werden dürfen oder ein Kitzbühler Leiter des Wiener Neustädter Stadtmuseums?

Direktoren helfen Direktoren. Eine caritative Abschiedsausstellung im Wien-Museum

Welch eine schöne Geste: Wolfgang Kos (scheidend) widmet seinem Direktorenkollegen Peter Pakesch (scheidend) eine Ausstellung über dessen Heroenzeit als Galerist in Wien. Ich darf mich jeden Kommentars enthalten, weil solche Liebesgaben unter älterten Herren ohnehin in den Medien breit gewürdigt werden. Dem geneigten Leser und der geneigten Leserin empfehle ich die kontrastreiche Lektüre des rosa Intelligenzblattes Der Standard, wo Andrea Schurian das exquisiste Ereignis unter dem Titel "Und plötzlich durfte Kunst auch Spaß machen" würdigt und parrallel dazu die Lektüre des blauen Intelligenzblattes Die Presse, wo Almuth Spiegler weniger respektierlich mit "Wien-Museum: It's a Man's Man's Man's World" titelt. Almut Spiegler habe ich den größeren Wissensgewinn zu verdanken, wenn sie mutmaßt, die Transformation der Kunstszene zur fraglichen Zeit sei der Modernisierung der Künstlerbesäufnisse vom Heurigen zur Bar zu verdanken.

Haus der Geschichte Niederösterreich. Wer redet eigentlich d a r ü b e r ?

Eine der Merkwürdigkeiten der Debatte um ein Haus der Geschichte in der Neuen Burg ist das völlige Ignorieren des Projektes in Niederösterreich. Wie immer man dazu stehen mag, wäre es nicht an der Zeit, ehr überfällig, liebe HistorikerInnen, KritikerInnen, JornalistInnen und so weiter, sich mal das Konzept und die Ideen dieses Museums auch anzusehen und sich dazu zu äußern. Hier eine kleine Hilfestellung, der Link zur Webseite des Projektes: http://www.hausdergeschichtenoe.at/de


Dienstag, 22. September 2015

Galeriebesuch

Eine Momentaufnahme von Fotografin Evelyn Richter in der Tretjakowgalerie in Moskau (1957) aus der Serie »Ausstellungsbesucher«

Montag, 14. September 2015

"Haus der Geschichte" - Kommt jetzt doch eine Diskussion zustande?

1

Der FALTER hat eine Artikelserie zum Haus der Geschichte gestartet.  Bis jetzt kamen Rudolf Schicker und Oliver Rathkolb zu Wort, übermorgen erscheint ein Beitrag von Eva Blimlinger. Derzeit ist nur der einleitende Essay der "Moderatoren" der Reihe (Barbara Toth, Matthias Dusini) online (hier).

2

Am 12. Oktober gibt es eine eintägige Veranstaltung an der Akademie der Wissenschaften zum Haus der Geschichte. Hier das vorläufige Programm:

Braucht Österreich ein neues historisches Museum („Haus der Geschichte“) und, wenn ja, was für eines?
Veranstaltet vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung
in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
und dem Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der ÖAW
Wien, 12. Oktober 2015
8:30 Uhr bis 19:30 Uhr

Theatersaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Sonnenfelsgasse 19, 1010 Wien

8:30 Uhr:
Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Eröffnung der Enquête durch Brigitte MAZOHL (ÖAW), Thomas WINKELBAUER (IÖG) und Wolf-gang MUELLER (INZ der ÖAW)
8:45 Uhr:
Thomas WINKELBAUER: Einleitung
9:00–11:00 Uhr:
Manfried RAUCHENSTEINER: Anforderungen, Überforderungen, Herausfor-derungen: Anmerkungen zu einem Leidensweg
Dirk RUPNOW: Braucht Österreich ein historisches Museum? Gescheiterte Pro-jekte und heutige Antworten
Michael MITTERAUER: Welche Geschichte – und wozu?
Oliver RATHKOLB: Das Haus der Geschichte Österreichs als Katalysator für ein zweites Museumsquartier
11:00–11:30 Uhr: Pause
11:30–13:00 Uhr:
Heidemarie UHL: Von der Unmöglichkeit, „die“ Geschichte auszustellen, und der Notwendigkeit eines Hauses der Geschichte Österreichs
Michael HOCHEDLINGER: Geschichtsvernutzung im Zeitalter von Kulturkapi-talismus und Moralismus
Hannes LEIDINGER: Die lebendige Vergangenheit. Zum Konzept einer „lan-gen Zeitgeschichte“ im Kontext der musealen Präsentation Österreichs

13:00–14:30 Uhr: Mittagspause
14:30–16:30:
Karl VOCELKA: Sind die Projekte für ein ‚Haus der Geschichte‘ schon im 21. Jahrhundert angekommen?
Wolfgang MUCHITSCH: Die Einbettung des Hauses der Geschichte in die ös-terreichische Museumslandschaft
Monika SOMMER-SIEGHART: ■■■■
Gottfried FLIEDL: Für ein Museum des Konflikts
16:30–17:00 Uhr: Pause
17:00–19:30 Uhr
Ernst BRUCKMÜLLER: Konfrontationen als Möglichkeit einer spannenden Darstellungsweise
Helmut RUMPLER: Die Wurzeln der politischen Kultur Österreichs
Wolfgang MADERTHANER: Welche Narrative, wessen Geschichte?
Brigitte MAZOHL: Die (schwierige) historische Beziehung „Österreichs“ zu „Deutschland“ und die damit verbundenen Probleme für ein „Haus der Ge-schichte Österreichs“
Wolfgang HÄUSLER: „Exzellenzen ausstopfen – ein Unfug.“ Factum und Al-ternative in Erforschung und Darstellung der österreichischen Geschichte

Samstag, 12. September 2015

Louvre und Rijksmuseum kaufen gemeinsam ein. Ein kleines Stückchen zukünftiger Museumspolitik

160 Millionen Euro kosten zwei Rembrandt-Gemälde. Ganzfigurige Porträts von Marten Soolmans und seiner Frau Oopjen Coppit. Eigentlich gar nicht so viel Geld angesichts der Rekordsummen, die Auktionshäuser mit Kunst so verdienen. Offenbar zu viel selbst für Museen von Weltgeltung.
Die Lösung? Die Museen erwerben die Gemälde gemeinsam und stellen sie abwechselnd aus.
Ungewöhnlicher noch als das Finanzierungsmodell ist die Abkehr von der festen "Örtlichkeit der Kunst", die, oft konservatorisch untermauert, Vorbehalte gegen Verleih oder Restitution war. Vielleicht ist das ein Schritt, der dieses Prinzip aufzuweichen beginnt und damit die Vorstellung der - buchstäblichen - Unverrückbarkeit des musealen Erbes.

Woran denken Sie gerade? (Texte im Museum 515)

British Museum, 2015. Foto: GF

Das Haus der Geschichte, wie es der Minister und die von ihm eingesetzte Kommission vorstellt

Jetzt gibt es also ein offizielles Konzept zum Haus der Geschichte in der Neuen Hofburg. Es nennt sich "Umsetzungsstrategie" (hier mit anderen Dokumenten auf der Webseite des Bundeskanzleramtes) und enthält ein Mission Statement, die Darstellung der Geschichte eines Haus der Geschichte, eine Meinungsumfrage, Marktanalyse, einen Umsetzungsplan, Angaben zur Organisationsform und anderes mehr. Obwohl noch unklar ist, ob das HdG eine Sammlung haben wird (und die Kosten für Ankäufe bzw. Depoträume ja auch in Rechnung zu stellen wären) gibt es auch ein Sammlungskonzept. Was fehlt sind Angaben zum Budget- und Personalbedarf und eine Information darüber, wie das HdG in die Nationalbibliothek eingegliedert werden wird.

Schreckliche Folgen der Sparpolitik in Museen


Freitag, 11. September 2015

Texte im (vorm, am) Museum 514


Dauerbaustelle Volksundemuseum

In fünf Jahren ist es zu Ende. Sagt der Leiter des Wiener Volskundemuseums.
Erst gestern dachte ich: Zu welchen (Wiener) Museen gibt es denn öffentliche Deabtten, zu keinem? Und dachte zum Beispiel an das Wien Museum, wo trotz des laufenden Architekturwettbewerbs keinerlei öffentliche Diskussion stattfindet, und an das Volkskundemuseum, das sich programmatisch ziemlich frisch zeigt in letzter Zeit.
Und dann steht es doch in der Zeitung. Aber mit welchem Satz.
Dauerbaustelle ist ein Euphemismus. Schön wärs. Denn der Zustand des Palais Schönborn ist ja die größte Hypothek, seine Sanierung kann der Trägerverein nicht aufbringen, konnte er nie und das ist schon lange bekannt. Also, sagt der Museumsleiter, werden wir in etwa fünf Jahren schließen müssen, weil es dann zu gefährlich wird.
Ein Rettungsanker: Kooperation oder gar Zusammenlegung mit dem Institut für Volkskunde.
Hier kann man's im Detail nachlesen: http://derstandard.at/2000022023051/Museumsdirektor-Matthias-Beitl-Volkskunde-mit-Punk

Donnerstag, 10. September 2015

Flüchtlinge ins Schloß!


"Die Situation der Flüchtlinge in Berlin hat sich dramatisch zugespitzt. ... Gestern Nachmittag nun hat sich im Berliner Abgeordnetenhaus eine fraktionsübergreifende Initiative gebildet, die plötzlich ein anderes Gebäude in den Focus stellt: den Neubau des Berliner Schlosses."

Das ist nun allerdings ein verspäteter Aprilscherz der "Tageszeitung" (hier in vollem Umfang nachzulesen). Allerrdings einer, für den die Zeitung gute Gründe anführen kann, gefunden im Gründungsdokument des Fördervereins Neues Schloss: „Berlin stellt sein Zentrum dem Dialog der Völker der Welt zur Verfügung, im Zeitalter der Globalisierung eine große Geste, mit der sich Deutschland als Teil der Völkergemeinschaft und derer Kulturen versteht und einbringt.“

Genau. Und? Ist das eine Anregung für das "Wiener Schloß" (Neue Hofburg)?

Statistik Bundesmuseen 2015. Immer mehr. Aber wovon eigentlich?

Alle Jahre wieder. Die Statistik der Bundesmuseen. Diesmal mehr. Mehr wovon? Von Besuchern. Irgendwann wird vielleicht der Unterschied von Besucherzahlen und Besuchszahlen den Verantwortlichen dämmern. Klar ist es "besser", zu suggerieren, daß so viel mehr Besucher in die Museen strömen. Abgesehen davon, daß die Statistik so lange wertlos ist, als alles zusammengemischt wird (Besuche der Dauerausstellungen, der Sonderausstellungen, von Veranstaltungen jeder Art...). Neu scheint mir (oder wra das in den letzten Jahren schon so), daß die unter 19jährigen, die freien Eintritt haben, extra ausgewiesen werden.

Wer (schlechte, mißliche und mißverständliche) Statistiken mag, hier gehts zu den Details: http://derstandard.at/2000021747729/Bundesmuseen-verzeichnen-steigende-Besucherzahlen

Do not sit (Texte im Museum 513)


Mittwoch, 9. September 2015

Peter Pakesch. Am Ende?

Wenn die lokal maßgebliche Zeitung von einer vorzeitigen Vertragsbeendigung seitens Peter Pakesch am sogenannten Universalmuseum Joanneum berichtet, darf man annehmen, daß das nicht aus Jux veröffentlicht wird. Ja vielleicht hilft hier die Zeitung sogar ein wenig nach, schubst ein bisserl.
Die Kritik des Bürgermeisters an der Kunsthaus-Ausrichtung muß Peter Pakesch sehr getroffen haben und er hat, wie schon bei Gelegenheit anderer Kritik an ihm, internationational Solidarität abgerufen. Ein Zeichen der Schwäche, nicht wie er galubte, der Stärke. Die hat man glaubhaft, vor allem für sich selbst, oder man muß sie sich bescheinigen lassen. Das war immer eine seiner großen Schwächen: eine geradezu unglaubliche persönliche Unsicherheit.
Als Grund für den Rückzug wird nun sein Verhältnis zum Kulturlandesrat genannt. Und wenn der (mit) hinter Nagls Angriff stand? Um so schlimmer. Als Motiv für den Rückzug wird nun die Sparpolitik des Landes genannt. So könnte er sich leidlich aus der Affaire ziehen, als ein Museumsleiter, der es nicht weiter verantworten will, daß das Museum "am Limit" (so etwa seine Worte) arbeiten muß. Andrerseits: Mit nichts war Pakesch so verbunden, wie mit dem Kunsthaus und daher war er nirgendwo so angreifbar.
Zugleich war das eine von Pakesch unabhängige Hypothek, daß das ursprünglich als städtische Einrichtung gedachte Kunsthaus aus finanziellen Gründen in das Joanneum eingegleiedert worden war und damit mit der existierenden Neuen Galerie und dem Joanneum überhaupt ein Spannungsverhältnis entstand. Sein überproportianles Engagement für das Kunsthaus wirkte zusätzlich im Haus negativ, auch noch nachdem er seinen - tatsächlichen oder vermeintlichen - "Rivalen" Peter Weibel (völlig zu Recht) gekündigt hatte.
Das ist noch kein "Nachruf zu Lebzeiten", noch ist nicht sicher, ob alles so stattfindet wie berichtet. Aber Pakesch wollte schon früher weg, bewarb sich (ohne die MitarbeiterInnen zu informiren) an anderen Museen. Erst wenn er tatsächlich "kündigt" könnte man mal genauer fragen, was seine Direktion für das Joanneum insgesamt bedeutet hat.

Donnerstag, 3. September 2015

Museumsrevolution auf italienisch

"Es mangelt an umsatzstarken Museumsshops, Cafés und Restaurants, an zeitgeistig gestylten Lounges und digital aufgerüsteten Flächen, die zu einer Vertiefung des Kunstgenusses anregen."
Mit diesem Satz begründet die Jornalistin Gabriele Detter kürzlich in der NZZ eine in vielen deutschsprachigen Zeitungen aufgegriffene maßnahme des italienischen Kulturministers: Die Neubesetzung von zwanzig Direktionsposten von Museen, darunter einige der namhaftesten und meistbesuchten. Sieben Direktionen wurden mit nicht-Italienern besetzt, der ehemalige Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums wird künftig den Herzogspalast in Mantua leiten.
Während der Vorgänger des Kulturministers seine Qualifikation von McDonalds mitbrachte, greift der neue metaphorisch auf die Ölindustrie zurück, wenn er die Kulturschätze als petrolio "d'Italia nennt" und damit klarmacht, daß es um wirtschaftliche Valorisierung geht.
Der naheliegenden Frage, warum die Nationalität ein Qualifikationsmerkmal sein soll, folgt die, ob die Verpflanzung in ein ungewohntes und notorisch schwieriges politisches Biotop ein Vorteil sein soll.
Kann ich mir auch vorstellen, daß ein Palazzo in Mantua mehr Fallgruben hat als ein Landesmuseum in der österreichischen Provinz, und auch ein Direktor mit dem vielversprechenden Namen Zuchtriegel wird im tiefen Treibsand Paestums möglicherweise schwer ins Rudern kommen.
Egal. Die italienischen Museen sind auf den richtigen Weg. Mehr Wirtschaftlichkeit, mehr Umsatz, mehr Cash, mehr Spaß!
Der designierte (deutsche) Direktor der Uffizien,Eike Schmidt, plant, Räume der Uffizien zu vermieten und Tickets per Smartphone zu verkaufen. Whow! Schmidt: "Alle Museen weltweit gehen in diese Richtung."

Dienstag, 7. Juli 2015

o.T. (Relikt)



A volunteer was prepping an unopened file for digital scanning and found this mole’s skin pressed in the papers of a Civil War widow’s pension file!  How did a preserved mole skin end up in our archives?
The soldier, James J. Van Liew, didn’t care to share his tent with this uninvited guest and captured it. As (a joke? a love token?), Van Liew sent the skin to his wife, Charity. She kept it for years but lost his original letter.
In July 1900, Charity applied to the government for a widow’s pension. In these applications, the widow had to establish her relationship with the soldier, and in an era before consistent recording of marriages, the women often had to be creative. Charity had no marriage certificate, but she did have this mole skin. She sent the Pension Bureau four testimonials from friends who had seen Van Liew’s letter—addressed to “Dear Wife”—and the surprising enclosure.
US National Archives, 1860s/1900.


Dienstag, 19. Mai 2015

Das "Haus der Geschichte". Wie geht es dem eigentlich?

"Das "Haus der Geschichte" kann kein Museum im traditionellen Sinn sein, es muss ein Ort des öffentlichen Diskurses, der öffentlichen Debatten werden und als wichtiger Vermittler von politischer Bildung fungieren. Dazu braucht es auch geeignete Räume - die müssten sich in der Hofburg auch finden lassen - mit der Möglichkeit von Filmvorführungen, neu produzierten Videos zu Sonderausstellungen und Installationen."
Wegen solcher Sätze ist mir schon lange die Lust vergangen, etwas zum Haus der Geschichte zu schreiben, mich damit weiter zu beschäftigen. Er stammt von Traudl Brandstaller, steht im Standard vom 17. April dieses Jahres und ist inhaltlich dreißig oder vierzig Jahre alt.
Frau Brandstaller hat 1996 mit Peter Diem, mit dem sie eine Internetseite "Pro Austria" betreibt, die wiederum ihr Projekt protegiert aber auch viele Informationen zur Geschichte der Debatte bietet, ein Konzept für ein Haus der Geschichte vorgelegt, unverlangt, wie mir scheint.

Thomas Winkelbauer, Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, macht in seinem Standard-Kommentar (13.4.2015) klar, was auf das Projekt noch alles zukommen wird, wenn erste Grundzüge des Konszepts vorgelegt werden. Winkelbauer, der davon ausgeht, daß die Studie von Claudia Haas die Grundlage dafür bilden wird, listet Frage nach Frage auf, die dort offen bzw. problematisch ist und rät ab, dieses Projekt Haus der Geschichte zu nennen und länger den Anspruch zu erheben, daß es die österreichische Geschichte (etwa im Vergleich zu deutschen Institutionen) repräsentieren werde.

Martin Fritz hat sich kürzlich (24.1.2015) in NZZ.at (der digitalen Österreich-Version der Neuen Zürcher Zeitung) vor allem gegen die kleinliche und klandestine Planung gewendet und versäumte Chancen beklagt. Er ist einer der nachdrücklichsten Befürworter eines Hauses der Geschichte in der Hofburg. Er beklagt den Kollateralschaden, den das Projekt am "Weltmuseum" angerichtet hat, aber er hält immer noch die Neue Burg für den idealen Ort für die Verwirklichung eines Hauses der Geschichte (abgesehen von einem Neubau). "Es ist also zu befürworten, daß die Geschichte und ihre republikanische Vermittlung in ein Haus zurückkehrt, in dem sie geschrieben wurde." In der Neuen Burg wurde "(die) Geschichte" geschrieben? Und ihr ein Haus (zurück)zugeben wäre "republikanische Vermittlung"? Ganz schön viel Pathos.

Wenn man ein wenig mehr Grundsätzliches und "Hintergründiges" zum Haus der Geschichte finden will, sollte man zur ZEIT vom 12.3.2015 greifen, wo Stefan Müller und Maria Sterkl das Projekt erst einmal gleich eingangs als "Luftschloß" bezeichnen. Was man so anderswo noch nicht gelesen hat, hier werden einige der Akteure des Projektes auf die Bühne geholt: Johanna Rachinger, die Leiterin der Nationalbibliothek, also eine der beiden Institutionen, in die das künftige Museum organisatorisch eingebaut werden soll, Oliver Rathkolb, der Im Kuratorium der Nationalbibliothek sitzt und nun Leiter der Projektgruppe ist, die die Realsierung des Geschichtsmuseums vorbereitet, sowie Günter Geyer, Präsident der Freunde der ÖNB und Aufsichtsratschef der Wiener Städtischen Versicherung.

Zum Weltmuseum vertreten die Autoren des Artikels die Meinung, daß seit der durch die Finanznot des Kunsthistorischen Museums erfolgten Eingliederung des ehemaligen Völkerkundemuseums (heute: Weltmuseum) dieses kaputtgespart wurde, weil Gelder aus dessen Budget in das KHM umgeleitet wurden.
Eine Pointe dazu kennen die ZEIT-Autoren nicht. Wilfried Seipel, der diese Eingliederung betrieb, war Ratgeber der ehemaligen Minsterin Gehrer und bei der stufenweisen sogenannten "Ausgliederung", in der die Bundesmuseen Spielraum in der Verwendung ihrer Budgets erhielten. Das wurde aber parktisch sofort mit einer Deckelung der staatlichen Zuwendungen gekoppelt, so daß die Museen nach und nach und bis heute unter Druck stehen. Das KHM offenbar so sehr, daß die brachiale Eingliederung des Völkerkundemuseums erfolgte, um mit dessen Budget dem KLHM auszuhelfen. Behaupten die ZEIT-Autoren. Der damalige Direktor des Völkerkundemuseums soll zum Rücktritt gezwungen worden sein, als er sich dagegen stellte. Ich glaube mich nicht falsch zu erinnern, daß Wilfried Seipel, ausgerechnet er, der erste Leiter eines Bundesmuseums war, der öffentlich die Form der "Ausgliederung" kritisierte.
Nicht nur in der ZEIT fragt man sich, wie das Haus der Geschiche finanzierbar sein wird. Die in einem Standard-Artikel (6.5.2015) "bis zu 120 Millionen" (der Standard zitiert einen "hochrangigen Museumsexperten" kommen nur unter abenteuerlichen Berechnungsbedingungen zustande, aber daß der Betrieb eines Museums - auch ohne Sammlung - etwas etwas mehr als bislang geplant kosten wird, kommt jetzt erst zur Sprache. Die wie atemlos vorgetragene "Sensation" einer (erwartbaren) Kostenexplosion wird auch deshalb zum Thema, weil offenbar in der kleinen Museumsberaterszene ein Familienkrach ausgebrochen ist.
Das Überraschendste am Beitrag der ZEIT ist die Wortspende von Oliver Rathkolb zur Finanzierung: "Nach dem Sommer muss die Regierung sagen: es gibt den Betrag X - oder der Beirat löst sich im Herbst unter internationalem Gelächter wieder auf." Galgenhumor? Kalkül?

Das ist mein Informationsstand. Und der enthält noch eine Beobachtung. Nirgendwo wird über den Zweck, den Sinn, das Ziel dieses Hauses der Geschichte gesprochen.