Samstag, 29. Juni 2013

Ein Museum: Das Panoramamuseum der Schlacht von Borodino




Die Schlacht von Borodino gilt als Wendepunkt in der Geschichte des napoleonischen Russlandfeldzuges. Von einer eilig erichteten Blockhütte aus leitete der Oberbefehlshaber der Russichen Armee, Kutusow, der bis dahin Napoleon mit Rückzügen hingehalten und sogar Moskau preisgegeben hatte, die nur widerwillig angenommene Schlacht. In "Krieg und Frieden" läßt sich die wunderbare Beschreibung dieses dramatischen, aus der Nahperspektive von vielen Zufälligkeiten bestimmte Schlacht, nachlesen.
Das Ereignis ist bis heute fester Bestandteil der nationalen Gedächtniskultur und - selbstverständlich - ist ihm auch ein Museum gewidmet. Das Panoramamuseum der Schlacht von Borodino befindet sich im Westen Moskaus auf dem Gebiet des ehemaligen Dorfes Fili. Es wurde im Jahre 1962 eröffnet, genau 150 Jahre nach dem Krieg gegen Napoleon 1812.
Schon 1887 hatte man die 1812 abgebrannte ehemalige Kutusow-Holzhütte wieder aufgebaut. Dieses Holzhaus, in dem sich im September 1812 die russischen Generäle um den Heerführer Michail Kutusow während der Schlacht von Borodino zu Beratungen versammelt hatten (die Schilderung dieses Treffens ist einer der Höhepunkte der Schlachtenbeschreibung in "Krieg und Frieden"), ist heute wichtiger Bestandteil der Museumsexposition. Kern des Museums ist das zylinderförmige Gebäude mit dem Panoramagemälde Schlacht von Borodino, ausgeführt vom russischen Künstler Franz Roubaud.




Das Meer im Zimmer (Museumsszenen)

Schiffahrtsmuseum Kopenhagen

Ohne Worte (Museumsszenen)

Mittwoch, 26. Juni 2013

Panoramatisch Sitzen (Sitzen im Museum)

Vorarlberg Museum



Schrill sitzen im Museum




Vorarlberg Museum

Sammelwut (Texte im Museum 417)

Franziskanermuseum Villingen


Das Franziskanermuseum Villingen








Im Jahr 1876 gründeten ein Villinger Buchhändler und Zeitungsherausgeber sowie ein Pfarrer eine Altertümersammlung, zu deren Erstellung sie auch die Bevölkerung zur Mitarbeit aufriefen. Die Sammlung wurde im alten Rathaus untergebracht. 



Zu den bemerkenswertesten Objekten zählen die der 1929 erworbenen Sammlung des Uhrenfabrikanten und Sammlers Oskar Spiegelhalder. Dieser hatte insgesamt drei Sammlungen volkskundlicher Objekte, Uhren, Handwerksgerät, Trachten, Gläser ua. zusammengetragen. Seine Recherchen, Dokumentationen und Überlegungen zur musealen Präsentation, die er in enger Verbindung mit den ältesten einschlägigen Museen im deutschsprachigen Raum, den volkskundlichen Museen in Wien und Berlin, entwickelten, inspirierten die frühe Volkskunde. 



Ungeachtet seines Interesses, diese Sammlungen mit Gewinn zu veräußern, gilt er als ein wichtiger Moderator des Interesses an der ländlichen Kultur des Scharzwaldes und ihrer Musealisierung.
Das aufgelassene Franziskanerkloster war als Museum vorgesehen, aber Wirtschaftskrise und Weltkrieg erlaubten dies nicht. Ausstellungen gab es deshalb in einem Kaufhaus und im ehemaligen Waisenhaus. Erst eine Ausgrabung keltischer Funde löste den alten Plan ein, das Franziskanerkloster wurde Museum sowie Kulturzentrum und 1999 noch einmal modernisiert.




Montag, 24. Juni 2013

Lassen wir doch Gras drüber wachsen.... (Texte im Museum 415)




Archäologische Ausgrabungen Aguntum (Dölsach/Lienz) Osttirol

Aguntum

Die unzumutbarste aller Musealisierungsformen ist die "Ausgrabung". Man stolpert quer über Grasnarben oder Kieswege zwischen knöchelhohen Mauerfragmenten und versucht sich - nur zum Beispiel - die Römerzeit vorzustellen. Wenn man Pech hat, hat es 32 Grad im Schatten und den Dauersound eines Museumsführers im Ohr.
Wenn man Glück hat, ist noch was stehen geblieben, wie das Löwentor oder ein ordentliches Gewölbegebäude, das angeblich ein Schatzhaus gewesen ist. Oder man hat halbherzig etwas aufgebaut oder nachgebaut, womöglich auch bunt bemalt, wie in Knossos.


Aber wenn es einen in ein Dorf wie Dölsach verschlägt, das kurz vor Lienz liegt, dem Zentralort Osttirols, dann wird man solche Erwartungen nicht hegen dürfen. So spektakulär wurde hier, am Rand des Römischen Imperiums, nicht gebaut und nicht gewohnt.
Indes, der Trägerverein, der die Grabungen und das dazugehörige Museum verwaltet, scheint geschickt im Akquirieren von Mitteln zu sein. Ein hallenartiges Museumsgebäude, ein in Dimension und Verortung ein riesiges Atriumhaus "vertretender" Bau und eine hohe, originell konstruierte Aussichtsplattform (mit abschreckender Aneinanderreihung von Treppen), das macht schon was her.

Im Freien bieten Tafeln, Texte und Rekonstruktionszeichnungen - diese transparent, so daß sie sich im Blick wie ein Passepartout über den analogen Grabungsbestand legen lassen -, Orientierung und Verweise auch auf Geländeteile, wo erst kommende Grabungen etwas ans Tageslicht bringen werden.
Das eigentliche Museum umgeht die Verlegenheit, daß es wenige originale und noch weniger spektakuläre Objekte zu zeigen gibt, mit Nachbildungen unterschiedlichster Provenienz.
Fein säuberlich nach Themen gruppiert und beflissen werden einem die Römer erklärt und die - relative - Bedeutung des Ortes "Aguntum" als einzige einschlägige Siedlung "auf Tiroler Boden".


In Erinnerung bleiben wird mir aber weniger das Römerzeitliche als das Gegenwärtige: die ambitionierte Architektur einschließlich der Zurichtung der Ausgrabung, die auch deshalb notwendig wurde, weil regelmäßige Überschwemmungen und Vermurungen eine teilweise Verlegung von Ausgrabungen nötig machten.
Es darf nichts mehr verschwinden, es darf nichts verloren gehen. Auch künftige Generationen sollen über Grasnnarben stolpern und verwitterte Steine als die Grundrisse eines Handwerkerviertels, eines Stadttores, einer Herrschaftsvilla würdigen....

Archäologenmelancholie (Texte im Museum 414)



Aguntum. Dölsach/Lienz. Osttirol. Museum und Ausgrabung

Sonntag, 23. Juni 2013

Anerkennung (Texte im Museum 413)

Vorarlberg Museum, 2013

Die Hallen für Neue Kunst in Schaffhausen



Immer wenn ich im Gespräch mit Schweizer Freunden auf die Hallen für Neue Kunst und den Sammler Urs Raussmüller zu sprechen komme, beginnt ein großes Geraune. Wie undurchschaubar doch das sei, was der da treibt und was ihn denn antreibt und wie er diesen Kunstort führt und wohin sich das denn entwickeln wird...


Na ja, Sammler dürfen eben alles, fast, und es muß mich nicht besonders beschäftigen, was dieser oder jener so treibt, außer es geht um ethische oder ideologische oder gar rechtliche Fragwürdigkeiten, wo die Öffentlichkeit ein Informations- und Einspruchsrecht haben kann.

Bei Raussmüller interessiert mich eher nur die restriktive Handhabung der Öffnungszeiten, dieses Sich-Rar-Machen oder der Mangel an brauchbarer und handlicher Information zum Projekt, zu den Werken, zu den Künstlern. Das, diese Diskretion, unterscheidet sich wenig von anderen Sammlern. Noch dazu agiert Raussmüller im Auftrag von Freunden, die selbst anonym bleiben - auch ein Grund fürs Geraune. Petra Kipphoff hat es in DIE ZEIT so beschrieben: "Drei Freunde von Urs Raussmüller, alle erfolgreiche Geschäftsleute, beschlossen, für ihren vierten Freund und dessen seltsame Interessen etwas zu tun. Er wurde beauftragt, mit ihrem Geld, aber ohne ihre Einrede eine Sammlung zeitgenössischer Kunst anzulegen." (14.9.1984 - http://www.zeit.de/1984/38/wenn-zwei-schornsteine-sich-treffen).



Dieses Bündnis ging im Streit um die Ausrichtung der Hallen zu Bruch und führte zu einem Prozess um die Eigentumsrechte an einem der berühmtesten Werke der Hallen, Beuys "Kapital", das dieser für die Biennale in Venedig 1980 geschaffen hatte. Das Werk ist freilich noch immer in den Hallen zu sehen, der Streit klammert, die Finanzierung seitens Kanton und Stadt gesichert. (Basler Zeitung, 17.6.2009 Kunsträume sind Denkräume - http://bazonline.ch/kultur/kunst/Kunstraeume-sind-Denkraeume/story/31885108

Das Spartanische oder besser Lakonische des Ortes hat mich, als ich so um 1999 zum ersten Mal hier war, fasziniert. Eine aufgelassene Fabrik, minimalistisch adaptiert, mit einem Minimum an Aufwand in Betrieb gesetzt, die Konzentration, die alleine schon daraus entsteht, das fand ich bemerkenswert. Über 5000 Quadratmeter Ausstellungsfläche gibt es und eine große Zurückhaltung was Infrastruktur, was Personal betrifft. Je eine Aufsicht pro Stock, eine Person an der Kassa. Ein kleines Regal als "Museumsshops", ein kleines Empfangsmöbel, die Künstlernamen auf den Treppenabsätzen je Stockwerk. Licht, Heizung. Keine Raumtexte oder -tafeln.
Die Räume gehören den Kunstwerken und obwohl einige von ihnen in der Tat monumental sind, sorgt der großzügig genutzte Raum für entspanntes Flanieren, fokussiertes Betrachten und intensive Kontemplation.



Und natürlich die Idee, Künstler einzuladen,  ausschließlich solche aus Europa und den USA, in den weitläufigen aber nicht eintönigen Geschossen der ehemaligen Textilfabrik, vorhandene, bereits anderswo gezeigte Werke auszustellen, unter Umständen zu adaptieren, selbst in den "Hallen" zu Ensembles zusammenzustellen, also zu "kuratieren", bzw. Werke für dieses besondere Ambiente zu schaffen.

Der erste Eindruck, den ich von 1999 her hatte, hat sich jetzt, 2013, erneuert. Zwar ist das eine oder andere Werk neu hinzugekommen, aber die Haltung und die Atmosphäre sind gleich geblieben. 


Die Gebrauchsspuren an der Architektur wurden nicht kaschiert, namentlich der Boden, fleckig, geflickt, tief zerkratzt, gelblich, gelbbräunlich, nicht ganz eben, ist ein visuelles Abenteuer. Die tragenden Teile, Wände, Gebälk, wurden auf einfachste Weise weiß getüncht, das Licht kommt aus Sheddächern oder aus riesigen, von durch ein sehr reduziertes Trägersystem gestützte Fenster.

Beuys, Konellis, le Witt, Ryman, Mangold, Merz, Weiner, André und andere besiedeln Räume oder Raumfluchten, in denen der Besucher bis auf knappe biografische Angaben und Labels zu den einzelnen Werken mit sich und den Objekten allein gelassen bleibt.



Sicher, ein Geschmack wird ausgestellt, das Spektrum der künstlerischen Positionen ist schmal, aber es wurde vor allem eine Präsentations- und Wahrnehmungsgelegenheit geschaffen, die sich signifikant von Museen Moderner Kunst unterscheidet. Für Raussmüller sind es Hallen, kein Museum für - neue - Kunst. Ein Privatsammler muß keine enzyklopädischen oder repräsentativen Erwartungen erfüllen, er kann sich ganz auf "seine" Künstler konzentrieren, wobei es so aussieht, als würde sich Urs Raussmüller als ein Co-Künstler sehen, der durch die Bereitstellung der Architektur und das Gespräch mit den Künstlern wirksam wird.




Zum Eindrucksvollsten dieser Kunst-Fabrik gehören die dem ersten Künstler gewidmeten (im obersten Stockwerk gelegenen) Räume, die Robert Ryman gewidmet sind. Die radikale Erkundung dessen, was ein "Bild" oder "Gemälde" ist, in meist vollkommen auf die Farbe Weiss reduzierte Arbeiten, hat hier im Wechsel von kapellenartigen, von Sheddächern beleuchteten Räumen und einer langen in diffuses Licht getauchten "Galerie" besonders günstige ambientale Entfaltungsmöglichkeiten. Es sind Arbeiten, die außergewöhnliche Beleuchtungssituationen brauchen und große Konzentration des Betrachters.

Der Eindruck dieser Arbeiten und, wie gesagt, diese Ortes, waren wiederum tief. 

Und wo steht dieses "Kunst-Haus"? Nun, in Schaffhausen (ja, das mit dem Rheinfall...). - Empfehlenswert ist es, sich vor dem Besuch über die aktuellen Öffnungszeiten zu informieren. Leider gibt es nichts, was man einen Katalog oder "Handbuch" nennen könnte, nur einige Publikationen zu einzelnen Künstlern und Ausstellungen.

Webseite "Raussmüller Org.": http://www.raussmueller.org/index1.cfm