Sonntag, 29. Januar 2012

Das WienMuseum und die Wiener Museumspolitik - ein Leseversuch

Wenn man großzügig ist, wie Thomas Trenkler im "Standard" vom 27. Jänner, dann ist der Wiener Karlsplatz kein von einer Art Stadtautobahn dominierter Verkehrsknoten, sondern ein "Kunstplatz" an dem das Wien-Museum, der Musikverein, das Künstlerhaus, der Project Space der Kunsthalle und Secession eine Art Ensemble bilden. Hinzu kommen aber, so Thomas Trenkler, noch die Karlskirche, die Technische Universität und nicht weit entfernt das Theater an der Wien, die Generali Foundation und die Akademie der bildenden Künste.Whow, eine "Museumsinsel", ein "Museumsquartier", ein "Museumsviertel" der anderen Art also.
Trenkler berichtet über eine Veranstaltung, die sich um den Karlsplatz als städtebaulichen 'Unort' drehte und um vor allem zwei Institutionen, für die beide die Stadt Wien verantwortlich ist und die unter der räumlichen Situierung und der wiener Kulturpolitik leiden: das Künstlerhaus und das WienMuseum.

Die Dauerausstellung des WienMuseum sieht noch immer so aus, wie zu meiner Studienzeit, als das Museum noch Historisches Museum der Stadt Wien hieß, und war schon damals langweilig und altbacken.

In jeder Hinsicht - Platz, Künstlerhaus und Museum, herrsche Stillstand, da schien man sich in der Diskussion einig gewesen zu sein. Das Künstlerhaus bekommt nicht die gewünschte Unterstützung und "die Stadt (fällt) keine Entscheidung, ob das Wien-Museum einen Zubau oder einen Neubau bekommen soll: Direktor Wolfgang Kos hielt bei der Diskussion wieder ein flammendes Plädoyer für den Karlsplatz (ob der Sorge, dass der Neubau beim Zentralbahnhof errichtet werden könnte)." (Thomas Trenkler)
Aber war nicht Wolfgang Kos eben noch für einen Neubau? Und versteht man diese Meldung als Festhalten am Standort aus Angst des Direktors vor einem 'falschen' Bauplatz?

Fragen darf man auch nach einer neuen Dauerausstellung. Bis nämlich Kos seine zweite Amtszeit beendet und dann eine neue Leitung bestellt werden wird, dürfte sich kaum ein Neubau mehr mit fertig eingerichteter Ausstellung ausgehen, aber das heißt wohl auch, daß in einer so unklaren Entscheidungssituation erst recht keine neue Dauerausstellung im 'alten' Haus zustandekommen wird - oder doch (noch)?
Im schlechteren und wahrscheinlicheren Fall wäre nämlich eine bemerkenswerte 'Verlängerung' einer Ausstellung stillschweigend akzeptiert, die schon bei Amtsantritt von Kos als veraltet und dringend (mindestens) erneuerungsbedürftig galt.

Eine Museumspolitik der Stadt Wien gibt es nicht. Es wird pragmatisch und möglichst nicht öffentlich entschieden, wie im Fall des Jüdischen Museums der Stadt Wien auch mal so, daß man es nicht wirklich nachvollziehen kann. Übergreifende Perspektiven, in die etwa die Bezieksmuseen eingebunden wären oder das Freud-Museum (auch da gibt es in absehbarer Zeit einen Leitungswechsel), gibt es schon gar nicht.
Könnte man das WienMuseum nicht mal großzügiger und großspuriger denken und nicht so sehr als 'Ortsmuseum' begreifen sondern als eine großstädtisches Geschichtsmuseum mit hellwacher Zeitgenossenschaft - auch weit über die Stadtgrenzen hinaus (welche 'Internationalität' und Vernetzung hatte das WienMuseum bisher eigentlich??). Dann würde sich auch die endlose und auf der Stelle tretende Debatte um ein 'Haus der Geschichte' erübrigen.

Fundsache "Neuzugänge"

Musée Zoologique Strasbourg. Neuzugänge 2011

Samstag, 21. Januar 2012

Ein Museum - Yuri Gagarin Memorial-Haus-Museum

Das nach (nach dem Kosmonautenbenannte) Gagarin transferierte Elternahus Yuri Gagarins mit dem rekonstruierten Interieur der 50er-Jahre.



bestrussiantour.com: „The house in Gzhatsk was actually moved from Klushino village in 1945. Yuri Gagarin spent his school years in this house. You will see the Lilac bush which was planted by Yuri near the house. The interior of the house is replicated exactly as it was in 1949: with hand-made furniture, the family gramophone, his father's harmonica, his mother’s sewing machine and, of course, icons in the “red” corner. You will see the room where little Yuri grew up, learned and dreamt of the sky.“

Donnerstag, 19. Januar 2012

Ein zeitgemäßes Museum

The Museum of Foreign Debt (Museo de la Deuda Externa) was opened on April 28, 2005 in Buenos Aires, Argentina. The museum highlights the dangers of borrowing money from abroad.
The Argentine economic crisis that drove the 2001 riots in Argentina prompted the largest foreign debt default in history – approximately $100 billion USD.
The museum is located at the Faculty of Economics of the University of Buenos Aires, and shows the debt's history, how it grew, and the responsible parties for each action since the first attempt of independence in 1810.
The museum has no entrance fee.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Fundsache "Weltausstellungselefant"


Das Royal Museum for Central Africa in Tervuren / Brüssel offeriert auf seiner Webseite diesen Elefanten als "Schatz des Monats" - mit dieser Erläuterung:
Just like a lot of the other animals in the museum the elephant was collected for the 1958 World Exhibition. A group of hunters gave chase for around 10 days before the elephant was finally shot down on the Bushimaie Hunting Zone in South Kasai. It fell to its stomach and had to be rolled over by hand with the help of as many as 200 villagers. The elephant was immediately skinned and the meat was eaten there and then. Salt was rubbed into the skin which was then placed on a clay floor and left in the shade for three weeks. The dried skin and bones were then shipped to London where the structure which would be fixed to the skin, tusks and teeth was to be constructed. In 1957 the elephant was shipped to Brussels for the 1958 World Exhibition.  A year later it was transferred to the museum in Tervuren.

Montag, 2. Januar 2012

Opening Shot 2012

Ein Besucher fotografiert die Terrakotta-Krieger aus Schokolade im Schokaladen-Themenpark Shanghai

Samstag, 31. Dezember 2011

Eine Jahresbilanz für (deutsche) Museen

Niemand geringerer als der Präsident des Deutschen Bundestages zieht in DIE ZEIT (hier der ganze Text) eine Museumsbilanz für das Jahr 2011.

Wirklich neu ist keine seiner Beobachtungen, aber Amt, Zeitpunkt und Publikationsort machen das doch zu einer bemerkenswerten Äußerung.

Der rote Faden des Essays ist die Unterdotierung der Museen, die weniger mit den Sparhaushalten zu tun habe, als mit einer unausgewogenen Kulturpolitik, die Neubauten oder private Gründungen asymmetrisch fördere und so die Budgets traditioneller Häuser schmälere.

Lammert hat also zwei Entwicklungen im Auge, die zwar ebenfalls nicht ganz neu sind, die aber in Zukunft noch mehr Rolle spielen werden - die Privatisierung der öffentlichen Aufgaben der Museen mit der Konsequenz größerer Einflussnahme Privater auch auf diesen kulturellen Sektor und die Orientierung der Museumspolitik an populären Standards unter Vernachlässigung der Nachhaltigkeit.

Letzteres illustriert er eindrucksvoll an den zum Teil dramatisch schrumpfenden Ankaufsbudget. Hier hat Lammerts Argumentationen seine Schwachstelle, weil sie völlig einseitig an der Idee der Bewahrung und Pflege des kulturellen glanzvollen Erbes orientiert ist. Noch interessanter würde die Kritik als eine auch an den inhaltlichen Ausrichtungen der Museen interessierte.

Seine Kritik schließt aber auch die Schwächung des öffentlichen Status des Museums mit ein, die Auszehrung der Idee der staatlichen Verantwortung für das Museum. Lammert nimmt mit Hinweis auf die mit öffentlichen Geldern geförderte Gründung des Privatsammler-Museums Brandhorst in München sogar das Wort "Refeudalisierung" in den Mund.

Immerhin bemerkenswert, daß mal eine "Jahresbilanz" Museen überhaupt auftaucht.

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Bosnien-Herzegowina: Ende der kulturellen Institutionen

Bei keinem anderen Projekt, das wir seinerzeit in der Museumsakademie des Joanneum gemacht haben, war mir so mulmig zumute, wie bei dem in Sarajewo. Obwohl die Mitarbeiterinnen wohl das Beste getan haben, was unter den vorgefundenen Umständen getan werden konnte, war die Einladung, mit Museen, MuseumsmitarbeiterInnen und Studierenden an neuen Ideen zu arbeiten, immer prekär.
Zu offensichtlich war die fundamentale Notsituation, die nicht nur dem Mangel an Geld geschuldet war, sondern einer ungelösten politisch-administrativen Situation. Der rechtliche Status der Museen war und ist unklar, ebenso die administrativ-politische Zuständigkeit.
Die Museen befanden sich in einer Art Agonie, die MitarbeiterInnen in einer tief entmutigenden Situation.
Nun scheint man diese Agonie beenden zu wollen; angeblich sollen am 28.12. nicht nur das Landesmuseum geschlossen werden, sondern weitere Museen, Bibliotheken und Archive, allessamt Institutionen, die wie wir aus unseren Projekten wissen, letzte Bastionen kultureller Aktivität und Vernetzung nach Außen waren.
Vielleicht muß man zur Kenntnis nehmen, daß es gesellschaftlich-politische Krisen gibt, in denen Museen keine sinnvolle Rolle mehr spielen können. Vielleicht leitet der öffentliche Hilferuf des Landesmuseums aber auch einen Prozess der Rückbesinnung auf die Optionen ein, die Museen gerade in dieser Situation haben.

Hübsche Idee für ein "Haus der Geschichte"

Ein nationales historisches Museum Österreichs wird es wohl angesichts der ideologischen Brisanz des Projekts und wegen der Kosten wohl nicht geben, nicht in den nächsten Jahren.
Mit einer hübschen Idee, dieses Projekt dennoch zu verwirklichen, wartete unlängst der Staatssekretär im Finanzminsterium, Andreas Schieder, SPÖ, auf.
Wie realisiert man ein Museumsprojekt in Zeiten wie diesen? Na ganz einfach -: durch Sparen!
Unter den 19 sogenannten Verwaltungsreform-Vorschlägen, die er vorstellte, befand sich auch der, durch Zusammenlegung des Staatsarchivs und des Heeresgeschichtlichen Museums Geld zu sparen und ein "Haus der Geschichte" zu realisieren.
Irgendwann wird auch Herrn Schieder auffallen, daß ein Staatsarchiv und ein Heeresmuseum zwei sehr verschiedene Dinge mit sehr unterschiedlichen Aufgaben sind und daß die Zusammenlegung nicht nur kein zeitgeschichtliches historisches Museum ergibt, sondern ein teures und unbrauchbares Monstrum. Die Idee, durch Sparen Museen zu kreieren, verdient aber ein anerkennendes "wunderbar"!

Montag, 19. Dezember 2011

Finsterer Wald (Texte im Museum 251)

"Wald". Ausstellung im Museum für Völkerkunde, 2011

Die Gastfreundschaft der Museen, zum Beispiel der österreichischen Bundesmuseen

Angesichts des Redens vom besucherorientierten Museum oder der dienstleistungsorientierten Besucherfreundlichkeit werden Unfreundlichkeiten am Museum aussterben wie die grantigen Wiener Ober. Sicher! Sicher?
Na sicher nicht! Diese Folklore hält sich auch zäh.
Im eben eröffneten "21" (Museum des 21. Jahrhunderts) frage ich, ob Fotografieren erlaubt ist. "Ja, aber nur die Architektur, nicht die Werke". Ich fotografiere und ich gehe in das Obergeschoss und fotografiere und werde angeschnauzt wie nie mehr, seit ich beim Militär war. "Fotografieren ist hier verboten".
Hektisches hin- und herfunken, jede Aufsicht hat einen Knopf im Ohr und ein Mikro, als ich einwende, daß es vor ein paar Minuten grade noch erlaubt war.
Eine Wachmannschaft wie für einen russischen Oligarchen auf Skiurlaub in Kitzbühel. Und dazu jede Menge Videokameras. Jederzeit kann hier offenbar etwas ganz Fürchterliches losbrechen.
Dann darf ich wieder. Beiseitegemurmelte Entschuldigung.
Der überwachte Besucher. 21er-Haus (2011)

*
Am Morgen beschließe ich beim Frühstück, mal wieder das Pathologisch-Anatomische Bundesmuseum aufzusuchen, da käme ich grade um 10 Uhr zurecht, also wenn das Museum öffnet. Und es ist Samstag.
Ich gehe durch das menschenleere, kalte, windige Gelände des Uni-Campus bis ich vor dem 'Narrenturm' stehe, der aussieht wie immer: fast schon ruinös, mit blätternder Fassade. Jetzt gibt es einen Bauzaun rundherum, möglicherweise, weil der Zustand der Fassade schon gefährlich geworden ist.
In einem kleinen Kammerl empfangen mich zwei freundliche junge Frauen, die sichtlich frieren. Im Stehen erledigen Sie mein nicht so völlig unübliches Anliegen, ins Museum gehen zu dürfen, mit handschriftlichen Einträgen in eine Buch, das vor ihnen liegt. Den ICOM Ausweis kennen sie nicht. Sie beraten sich, ohne sachliches Ergebnis, zeigen sich aber großmütig. Ich darf kostenlos rein, nur für die Studiensammlung hätte ich zu zahlen.
Der Raum, in dem wir uns befinden, ist unbeschreiblich. Unaufgeräumt, abweisend, düster, kalt. Der Strom sei ausgefallen. Heuer werde mit einer Renovierung begonnen. Im obersten Stockwerk, leider, denn im untersten liegt die öffentlich zugängliche Schausammlung.
Ich denke mir, nein, warum soll ich mich in ein kaltes, ungemütliches Museum begeben, eins das einen empfängt, als wärs kurz vor dem Zugrundegehen? Ich drehe um, hab ich auch noch nie gemacht. Es gibt besser geheizte, freundlicher empfangende Museen.
Irgendwann wird die Museumsleitung ihre Mitarbeiterinnen ernst nehmen und über das Tarifsystem informieren und sich darum kümnmern, daß die einen vernünftigen Arbeitsplatz bekommen. Irgendwann wird die Museumsleitung entdecken, daß man kein Geld und nur ein paar Ideen braucht, um einen Empfangsraum erträglich zu gestalten (erst mal könnte man aufräumen).
Der sogenannte Narrenturm. So sieht er aus, seit etwa 30, 80, 120 Jahren?

*
Im Völkerkundemuseum halte ich mich sehr lange in der Ausstellung über die ehemalige Leiterin, Violetta Becker-Donner, auf. Ich kaufe einen Katalog und wende mich zum Gehen, als hinter mir zwei Besucher nach der Benin-Sammlung fragen. Nein, die Benin-Ausstellung sei schon längst geschlossen, mißversteht der Mitarbeiter die Frage. Ich gehe.
Ich habe es fast bei jedem Besuch erlebt, daß Besucher nach den Sammlungen oder auch nach bestimmten Sammlungsbeständen gefragt haben. Buchstäblich jahrelang gab es auf der Webseite des Museums keinen Hinweis darauf, daß es außer der "Götterbilder"-Ausstellung nichts von den Sammlungen des Hauses zu sehen gibt.
"Aufgrund einer Neukonzeption der Schausammlungen und noch nicht abgeschlossener Sanierungsarbeiten" heißt es nun auf der Webpage,  "ist im Augenblick abgesehen von den Sonderausstellungen nur die Sammlung Süd- und Südostasien und Himalayaländer: Götterbilder zugänglich." Im Augenblick? Welche Neukonzeption?
Im Besucherbuch, hier bemerkenswerterweise 'Beschwerdebuch' genannt, gab es viele und lange Einträge, wo Besucher auf diesen eklatanten Mangel aufmerksam machten. Das Buch ist weg, es war schon vor Monaten weg, und ich denke mir, man will keine Besucherreaktionen mehr. Kein Besucherbuch, keine Beschwerden. Und: Keine Sammlung, bis...??
Die Cafetteria des Museums für Völkerkunde (2011)




Stadtplan (Entrée 58)


Didaktisch sitzen, mit tiefviolett (Sitzen im Museum)

Jüdisches Museum der Stadt Wien (2011; GF)