Dienstag, 8. Januar 2013

Weihnachtsbaum, 1942 (Objet trouvée)


1942 ließ Hermann Göring künstliche kleine Tannen, fertig geschmückt mit Lametta, goldenen Sternen und Glocken in den Kessel von Stalingrad einfliegen. Die versprochene Versorgung dagegen konnte längst nicht sichergestellt werden. Ende 1942 gab es 25 Gramm Brot je Soldat und Tag, am Weihnachtsfeiertag aufgestockt um Wurst, Kuchen, Kaffee und Zigaretten. Und um moralische Aufrüstung: eine „Weihnachtsringsendungen“, in denen die Fronten mit der Heimat verbunden wurden und Weihnachtsbäumchen. Am Tag zuvor war der Versuch, die eingeschlossene Armee aus dem Kessel zu befreien. Nur einige wenige dieser kleinen, zerzausten Bäume gibt es noch - in Museen. 

"Wir schreiben den 24.12.1942. Das ist Rundfunkweihnachten. Die Propagandasprecher in Narvik rufen ihre Kollegen in Afrika, wo Rommels Panzersoldaten "Weihnachten in der Wüste" mit Palmenzweigen feiern. Die Rufe quer durch Europa enden im Kessel von Stalingrad. Alle wehmütigen Schlager seit 1936, dem Olympiade-Jahr, werden wie "Hirten auf dem Felde" aufgeboten. Propaganda, Kitsch, aber auch wirkliche Angst und Sorge kommen in diesem Heiligabend der Krise zusammen: Not kittet. Eines der zu dieser Weihnacht meist gespielten Lieder, Nr. 1 im Wunschkonzert, heißt "Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen". Es geht um ein Kinderspielzeug, ein Pferd mit kriegerischer Ausrüstung, einst dem Sohn des Hauses geschenkt. Und jetzt ist die Nachricht eingetroffen, dass das damals beschenkte Kind im Krieg gefallen ist. Dieser Krieg war schon verloren, als er begann. Definitiv seit dem Dezember 1941, nachdem das Deutsche Reich den USA den Krieg erklärt hatte. Aber erst jetzt, am propagandistisch ornamentierten und zugleich beklemmenden Heiligabend 1942 wird der Stand der Dinge wahrgenommen." (Alexander Kluge)

"Es klingt kaum glaubhaft, was ich euch jetzt berichte, ist aber pure Wahrheit", schrieb ein gewisser Josef Wenzl vom bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment 16 am 28. Dezember 1914 an seine Eltern: "Kaum fing es an Tag zu werden, erschienen schon die Engländer und winkten uns zu, was unsere Leute erwiderten. Allmählich gingen sie ganz heraus aus den Gräben, unsere Leute zündeten einen mitgebrachten Christbaum an, stellten ihn auf den Wall und läuteten mit Glocken... Zwischen den Schützengräben stehen die verhassten und erbittertsten Gegner um den Christbaum und singen Weihnachtslieder. Diesen Anblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen."

Weihnachten 1914 kommen die im Krieg verfeindeten Soldaten aus ihren Gräben und feiern gemeinsam. Über 100.000 Soldaten sollen beteiligt gewesen sein. Am nächsten Tag mit Erschießen bedroht, kehren sie in die Schützengräben zurück. So etwas wird sich nicht wiederholen.


"Am 23. Dezember 1914 wurde dies verstärkt durch den Wunsch, die aus der Heimat angekommenen Weihnachtsgeschenke in Ruhe und ohne Todesangst öffnen zu können. Jeder britische Soldat erhielt ein Päckchen des Königs, in dem er unter anderem eine Princess Mary Box fand, eine Metalldose mit dem gravierten Profilbildnis von Princess Mary, der einzigen Tochter George V. Die Schachtel enthielt Schokolade, Scones (britisches Gebäck), Zigaretten, Tabak und eine Grußkarte der Prinzessin. Ein Faksimile des Königs stellte Georg V. als Truppenvater dar, der seinen Truppen wünscht: “May God protect you and bring you home safe” (deutsch: „Möge Gott Euch schützen und sicher nach Hause bringen“). 355.000 dieser Princess Mary Boxes wurden 1914 verschickt.
Viele deutsche Soldaten bekamen zu Weihnachten 1914 aus öffentlichen Mitteln gestiftete Geschenksendungen ihrer Heimatgemeinden, daneben Pakete ihrer Familien mit warmer Bekleidung, Essen, Alkohol, Zigaretten, Briefen usw. 1914 herrschte im Gegensatz zu den späteren Kriegsjahren noch keine besondere Knappheit an Nahrungs- und Genussmitteln in Deutschland. Zudem hatte die Oberste Heeresleitung zehntausende Miniaturweihnachtsbäume an die deutschen Fronten versandt, die zu Weihnachten angezündet werden sollten." (Wikipedia)

"Die Beharrlichkeit, mit der die Menschen in Mitteleuropa auf ihren Familienzusammenkünften zu Weihnachten bestehen, beweist, dass dies ein authentischer Feiertag ist, in der Seele gefestigt, ein Fest, das man nicht gegen eine Pflegeversicherung eintauschen würde wie den Buß- und Bettag. Warum kann man das nicht? Kein Krieg, kein Drittes Reich, kein Realsozialismus, keine weltliche Macht wird mit diesen Feiertagen fertig: Sie danken ab für drei tolle Tage." (Alexander Kluge)

Montag, 7. Januar 2013

Die Schottische Nationalgalerie in Edinburgh

Das Glück, eine so wunderbare Stadt wie Edinburgh bei strahlendem, einen ganzen Tag anhaltenden Schönwetter zu erleben, hat wohl nicht jeder. Mein Gastgeber, Besitzer eines winzigen Hotels für eine hand voll von Gästen, wiegte den Kopf, als ich ihn nach der idealen Reisezeit fragte. "In Schottland kann es jederzeit regnen" war dann seine Auskunft. Das sollte ich auch noch erleben, am folgenden Tag, was Regen in Schottland heissen kann. Aber vorerst bin ich ja noch im sonnigen Edinburgh und habe die Altstadt verlassen, bin vom "Berg" auf dem die Burg liegt, herabgestiegen, kurve um die Waeverly Station herum und finde mich in einem Park, der entlang der Eisenbahnlinie angelegt ist, die Princess Street Gardens.
Von dort sieht die hoch oben schwebende Kante der Altstadt ziemlich eindrucksvoll aus. Ich komme an Scotts Monument vorbei, einem neogotischen Denkmal, das aussieht wie die gekappte Spitze einer mittelalterlichen Kirche, aber zwei sehr praktische Eigenschaften hat, einerseits an den Nationaldichter Schottlands Sir Walter Scott zu erinnern und, wenn man in das Denkmal hinein- und hochsteigt, eine schöne Aussicht zu bieten.

Vor mir liegen zwei Greek-Revival - Bauten, beide den Künsten gewidmet, eine Akademie und die Schottische Nationalgalerie - die Galerie wurde von William Henry Playfair geplant und 1859 eröffnet.. Vom Grün des Parks auf Abstand gehalten, hält sich hier die Bebauung der Stadt zurück und schafft den beiden Architekturen etwas Platz, den sie auch benötigen, denn gegen das Umfeld  der eindrucksvollen Stadtlandschaft kann sich hier selbst ein Monumentalbau nicht so ohne weiteres behaupten.
Zwei Tempelfassaden und eine kleine dazwischenliegende Loggia bilden die Eingangsfront - auch nicht gerade wenig an Aufwand an klassischem Zitat. Die Überraschung beim Betreten ist umso größer. Man findet sich in einem unerwartet kleinen, unspektakulären Raum, kauft seine Eintrittskarte und betritt auch schon den ersten Saal der Gemäldegalerie. Ein empfangender und repräsentativer, die Besucher "sammelnder" Raum, wie er so typisch ist für die meisten Museen, fehlt hier.




Die andere Überraschung ist die Galerie selbst. Durch die Tür tritt man wie durch eine Zeitfalte, plötzlich befindet man sich im 19.Jahrhundert. Rote Wandbespannungen, voluminöse, mit Leder bespannte Sitzmöbel, Plastiken, die eher als Raumausstattung fungieren, denn als Exponate und goldene römische Ziffern über den Durchgängen, die die Museumsordnung autoritativ markieren.
Mit einem Rundgang hat man auch schon die kleine feine Gemäldesammlung gesehen, deren bekanntestes, oft reproduzierte Gemälde, den Reverend Robert Walker beim Schlittschuhlaufen zeigt, gemalt von Joseph Raeburn im Jahr 1784.



Der Rundgang - das erschließt sich so recht erst bei einem Blick auf den Grundriss -, wird durch zwei Reihen von oktogonalen Räumen gebildet, deren toter Raum (der jeweils an den Kreuzungspunkten von vier Abschnitten entsteht) praktisch, z.B. für die Toiletten, genutzt wird, die man z.B. direkt durch die Wand mit den Gemälden betritt. Ich kenne keinen vergleichbaren Grundriss, aber die Zusammenfügung von aus identischen oktogonalen Raumeinheiten gebildeten zwei "Sälen" (Enfilade) und zwei intimeren Kabinetten, die in diese Struktur in deren Zentrum verschachtelt sind, bietet ein angenehmes Raumgefühl und - endlich einmal - Überschaubarkeit! Das ist ein Museum, das man mit dem Gefühl verlassen kann, man habe gesehen und gewürdigt was es zu bieten hat und als Bonus gibt es noch die Möglichkeit, in eine Galerie einzutauchen, die die Atmosphäre des 19.Jahrhunderts offenbar ziemlich authentisch erhalten hat.
Aber ich bin mit der Beschreibung nicht fertig. Das Museum hat noch zwei kleine Raumgruppen im oberen Geschoß. Auch deren Erschließung ist merkwürdig wie manches an der Architektur des Hauses. Die beiden "Belvederes" sind voneinander getrennt und man erreicht sie über zwei kleine, fast versteckt untergebrachte Treppenhäuser (also auch hier keinerlei Monumentalität, die ist hier überall vermieden), die auch als Sammlungsräume" genutzt werden.



Die Bezeichnung "Nationalgalerie" gilt hier nicht einer auftrumpfenden Rhetorik, die das Nationale nach Innen wie nach Außen verkündet, sondern einer kleinen, feinen bürgerlichen Galerie (deren Sammlungsgrundlage freilich königlicher Kunstbesitz war), die man wie eine versunkene Welt betreten und erfahren kann.
Und da man nach einem Museumsbesuch Hunger auf Kaffee und Kuchen hat taucht man am besten ins in den 70er-Jahren eingezogene Untergeschoss ein und nimmt seinen Espresso mit schönem Park- und Stadtblick.


Und? (Entrée 90)


Samstag, 5. Januar 2013

Wien Museum. Doch etwas Neues?

"Gesetzte Zeitpunkte sind mir zwar wichtig. Es geht aber auch darum, das Richtige zu tun - und nicht das Schnelle."
Man kann einen Stadtrat fragen was man will. Die Antworten sind die Antworten die Antworten.
Die Frage war, ob denn, wie angekündigt, bis Ende 2012 eine Entscheidung zum Standort des Wien Museum gefallen sein wird.
Nun, wie wir jetzt, da dieses Datum hinter uns liegt und wir 2013 haben, sicher wissen: nein.
Es ist nichts mit dem "gesetzten Zeitpunkt". Aber was ist das "Richtige"? das dann alternativ übrigbleibt für den Stadtrat.
Wie es aussieht ist das für ihn der Standort am neuen Zentralbahnhof. Dafür hätte die Museumsdirektorin Agnes Husslein auch schon eine bekannte und aus Erfahrung eher als gefährliche Drohung für Museumsprojekte einschätzbare Etikette bereit: "Jahrhundertchance".
Denn dort, in Bahnhofsnähe, wäre ja schon das Heeresgeschichtliche Museum, das Museum des XXI.Jahrhunderts und "ihr" Museum, das Belvedere, also die Österreichische Galerie.
Also bräuchte man nur noch ein Museum dazustellen und das wärs dann auch schon.
Die Expertenrunde, die die Stadt zur Beratung befragt hat, hat sich aber mehrheitlich für den Karlsplatz ausgesprochen. Und, was ja auch nicht ganz unwichtig ist, der Leiter des Wien Museums möchte dort wo er ist auch bleiben.
Reklamefigur. Wien Museum

Der Stadtrat, dem die Präferenz für den neuen Standort nachgesagt wird: "Ja, es gab deutliche Wortmeldungen für den Karlsplatz. Ich bin aber nach wie vor für beide Optionen offen."
Inzwischen zitiert der STANDARD (hier) aus dem vertraulichen Protokoll der vertraulichen Beiratssitzung, um zu zeigen, daß es starke Stimmen für den Karlsplatz gegeben hat.
Die Zusammensetzung der Beratungsgruppe, in der Architekten und Stadtplaner die Mehrheit gehabt haben dürften, sorgte dafür, daß sich - so ist der Eindruck bei der Lektüre des Standardartikels - das Beraten nur auf die Frage des Standorts bezogen hat.
Und das unter möglicherweise mediokren Bedingungen. Thomas Trenkler zitiert den Leiter des Architekturzentrums, Dietmar Steiner, aus dem Protokoll: "Ich halte das hier nicht für eine Fach-Enquete, denn was wir an Informationen bekommen haben, war eher auf einem touristischen Niveau." Und Trenkler ergänzt, architektonische Hoffnungen habe Steiner für keinen der beiden Standorte.
Niemand tastete inhaltliche Fragen an, etwa nach der prinzipiellen Notwendigkeit einer Erweiterung. Es gilt als ausgemacht, daß das Museum "zu klein" ist. Allerdings gilt das nicht für das Depot,  sondern für die Ausstellungsflächen. Denn ein neues Depot wird demnächst in Betrieb genommen. Das heißt, daß das Museum mit der materiellen Seite seines Wachstums, der der Sammlung, zumindest aktuell und auch mittelfristig keine Probleme haben sollte.
Und von Ausstellungsflächen hat das Museum zu wenig? Mit all seinen Dependancen und der völlig ungenutzten Fläche der veralteten Dauerausstellung? Welche Ausstellung ist n i c h t zustandegekommen, weil es zu wenig Platz gab? Anders als bei einer Sammlung gibt es beim Ausstellen keine immanente Logik, daß alles im größer werden muß.
Aber was solls, da ist nicht damit zu rechnen, daß es noch mal zu einer Diskussion zur Qualität und Zukunft des Museums kommt. Wozu also noch darüber schreiben und argumentieren.
Dem Wiener Bürgermeister wird es vorbehalten bleiben, als einziger einen programmatischen Satz - von der breiten Volksbildungseinrichtung - zum Besten gegeben zu haben. Jetzt wird nur noch ein Grundstück gesucht, ein Bauplatz und dann wird halt gebaut werden.
Dazu könnte aber gerade eine nicht so glückliche Entscheidung gefallen sein: die Verlängerung des Vertrages von Wolfgang Kos um nur eine halbe weitere Vertragsperiode. Das ist dann die Mitte des Jahres 2015. Wenn man den Zeitaufwand einer Ausschreibung, eines Architekturwettbewerbes und der Vorbereitung des Neu- oder uach nur Zubaues in Rechnung stellt, dann könnte das bedeuten, daß ein Direktor für seinen Nachfolger baut, der dann alle impliziten Vorgaben seines Vorgängers ohne eigene Eingriffsmöglichkeiten übernehmen müsste. Man kann sich, wenn man es denn wirklich wissen will, informieren was das bedeutet und sich das Vorarlberger Landesmuseum ansehen und die Probleme und - langfristigen - Hypotheken, die der Hals-Über-Kopf-Abgang von Exdirektor Natter hinterlassen hat.
Aber "irgendwie" wird das schon alles gehen. Insofern: doch nichts Neues aus Wien.

Mittwoch, 2. Januar 2013

Donate! (Texte im Museum 364)

National Gallery Edinburgh

1908 (Texte im Museum 363)

Museum für Angewandte Kunst Wien (2012)

Unglücklichkeitslehre (Das Museum lesen 30)


Alfred Polgar

Aus Guayaquil (Ekuador) wird gemeldet: »Die Regierung hat dreißig Kommunisten, die von anderen benachbarten Ländern nicht aufgenommen wurden, nach den Galapagos-lnseln deportiert. Die Regierung gibt bekannt, daß die deportierten Kommunisten auf den Galapagos-lnseln ihren Kommunismus ausüben können.«
Dort, auf den Galapagos-lnseln, dürfte man also nach einiger Zeit, in Miniaturausführung, alles übersichtlich beieinander, ein nach kommunistischen Grundsätzen hergerichtetes Gemeinwesen studieren können. Das bringt auf eine Idee: wäre es nicht sehr interessant, lehrreich und etwas durchaus Neuartiges, eine Ausstellung zu veranstalten, eine Great Show, wo die verschiedenen politischen Systeme in beispielhaft vollem Betrieb gezeigt würden, naturgetreu und lebensnah? Also etwa eine kommunistische, eine nationalsozialistische, eine faschistische, eine anarchistische Siedlung usw, bevölkert von Originaltrupps der respektiven politischen Färbung?
So wie seinerzeit die ethnographischen Ausstellungen, wo Samojiden oder Aschanti oder Singhalesen sich zur Schau stellten und man gegen geringes Entree beobachten konnte, wie sie leiben und leben, kochen, heiraten, ihre Kinder erziehen, Gericht halten, ihre Häuptlinge wählen und ehren, ihre Kulte üben und ihre Kriegstänze exekutieren Das Nebeneinander solcher Musterbetriebe wäre ungemein anschaulich, erlaubte instruktive Vergleiche und trüge zur Aufklärung der Ausstellungsbesucher bei, nach welcher Methode am liebsten sie unglücklich zu werden wünschen. Die Amerikaner sollten den Vorschlag überlegen. Es wäre eine sehr amüsante und farbige Ausstellung, hätte noch mehr Zulauf als die Olympiade und lohnte reichlich die Spesen des Unternehmens, selbst wenn Kinder und Militär, vom Feldwebel abwärts, nur die Hälfte zu zahlen hätten.
Pistolen und Handgranaten wären bei der Kassa abzugeben.

Samstag, 29. Dezember 2012

Was ist passiert? Museen 2012


Militärhistorisches Museum Dresden. Das 'nicht-militaristische' Militärmuseum...
--> Blåvand Bunker Museumim dänischen Varde
Erweiterung des Staedel-Museum Frankfurt
Titanic-Museum im nordirischen Belfast
Pläne für einen aufblasbaren Pavillon im Innenhof des Hirshorn-Museum Washington
Rubic`s Cube Museum Budapest (in Planung)
Erweiterungsbau des Staedelijk-Museum Amsterdam
Perot Museum for Nature and Science. Dallas. USA
Red Location Art Gallery. Port Elizabeth. Südafrika
Museo-Parc Alésia. Frankreich
Holzskulpturen-Museum. Harbin. China
Erweiterung des Israel-Museum. Jerusalem
Dongsam Maritime Museum. Südkorea
"His Majesty King Abdullah on Tuesday inaugurated the Prophet Mohammad Museum at the King Hussein Mosque." Amman. Jordanien
Louvre Lens
Power Station of Art. Shanghai

Samstag, 22. Dezember 2012

Für alle, die den Weltuntergang nicht versäumen wollen: er kommt erst 2015. Und: was soll eigentlich mit den Museen geschehen?


Stephen Weil | The Museum at the End of Time

To: Members of the Staff
Metropolitan Museum of Life From: Office of the Director
As all of you must be aware by now, it has been established beyond any pos­sible doubt that the universe will cease, abruptly and without a trace, a few seconds after 11:43 P.M. Greenwich mean time on August 16, 2125. At its most recent meeting, the museum's board of trustees asked me to be in touch with various of the museum's stakeholders (including the staff) to so­licit their views as to how this impending cessation of the universe might impact the museum's operations during the interim and also to inquire as to what changes in its programming, budget allocations, staffing, and so forth they might think appropriate in the light of this unprecedented situa­tion. Responses may be sent directly to my attention. For the sake of brevity, you may refer to the date of cessation as "C-Day".
Responses to the C-Day Memo from a history curator: Humankind will never again be the same. As the clock ticks toward its final tock, people, communities, and na­tions will behave toward one another in entirely unpredictable ways. These new relationships will be reflected in works of art, architecture, the de­ign of household objects, the content of publications of every kind, and nore. I am proposing (a) that we immediately establish apocalyptica as a major new collecting category that would cut across all previous depart-nental boundaries and (b) that we undertake a series of exhibitions to be given at regular intervals (perhaps once a decade through 2100, and at five-ear intervals after that) documenting the ways—sometimes somber, sometimes amusing—in which various communities are coping with their anticipated nullification. To provide just a touch of drama, the last of these night be timed to close on C-Day.

FROM   THE   ASSISTANT   DIRECTOR   FOR   FINANCE   AND   ADMINISTRATION:
Now that the "Big Gnab" theory has finally been verified, I have two principal concerns: the endowment and the impact of end-time inflation. Concerning the endowment, it would clearly be absurd f any of this were left unspent on C-Day. How and when we can get the court's permission to spend the restricted part is something we'll need to consider. Given the freedom to do so, ought we treat it as an annuity and plan to have it run out just as our own time expires? Complicating this is he prospect of an inflation that will certainly rise to ever-more-hyper dimensions as C-Day approaches and the future value of money sinks toward nil. In those final days, what will induce our employees to come to work when their wages are no longer meaningful? The availability of canned food and bottled water might well be the answer. One of the things I hope we an commission somewhere down the line is a computer simulation indicating how and when we might optimally begin to shift parts of the endowment from securities to edibles.

FROM A RECENTLY HIRED AND JUNIOR MEMBER OF THE REGISTRAR´S DEPARTMENT:
One of my museum studies classmates argues that registration work will start to slacken off as C-Day gets loser. He says that, in the end, nobody will care. I think that's wrong. If I were here, I would care. Even if the work weren't finished until the very    afternoon of C-Day, I'd want to know that there's not a single object in this collection that hasn't been properly measured, photographed, and cata-3ged. It's a matter of duty. If something's the right thing to do, it's the right thing to do no matter what the circumstances. I hope that you and your successors will agree and maintain a fully staffed registrar's department right up to the very last minute.
from the curator of film and video: Being a frus­trated artist myself, I can envision exactly what I'd like to have on view in our new video gallery if I were still to be around when toodle-oo time comes along. What I see is a huge, floor-to-ceiling globe with the world's twenty-four time zones clearly marked. Inside each time zone, a television monitor would be mounted. Displayed on each of these twenty-four moni­tors would be real-time images televised in each case from the pertinent time zone. These would be selected so that adjacent monitors showed con­trasting images of tumultuous urban life and placid natural beauty. As the countdown to C-Day nears its end, and as the constraints of civilized be­havior begin first to loosen and then finally to fall away entirely, the juxta­positions and multiple ironies would be remarkable. Imagine images of Shanghai in the throes of a Saturnalian revelry, played off against images of the Pacific's steady roll as it heaves itself westward. Think of a bacchana­lian festival sweeping through the streets of Buenos Aires, while the next monitor over shows images of the Andes in all their cold, unearthly beauty; orgiastic London, and the night-shadowed fjords of Norway; San Francisco, and the imperturbable Rockies. As humankind hurtles back toward a state of nature, mute nature itself will be blindly marching down the path to its own oblivion. All right there on the screen, all right here in the museum. Oh, how I would like to live long enough to see it. I greatly envy my re­mote successor, who most likely will.
from the head of security: People are motivated to obey the law primarily by their fear of the consequences that may follow from breaking it. As C-Day approaches, the consequences that follow anything will become increasingly unlikely, and we can almost certainly expect to see a gradual increase in crime. This will pose a threat to our collection, our visitors, and our building. Although we would normally plan to counter this threat with a corresponding increase in the size of our guard force, the approach of C-Day may also prove to be a disincentive to work. If our col­lection, visitors, and building are to be properly protected until the end, priority must be given to the acquisition and development of a fully auto­mated security system that would not only apprehend potential perpetrators but might actually put them on trial and, if it found them to be guilty, carry out their sentences as well.

FROM   THE    DEPUTY   ASSISTANT    DIRECTOR   FOR   FINANCE AND ADMINISTRATION:
If the museum is to make the maximum possible use of its resources, what will be required is a strategic plan pur­suant to which those resources can be gradually redeployed from future-focused activities to present-oriented ones, most particularly to public pro­gramming. By crunch-time on C-Day, every last vestige of infrastructure should have been phased out. Whatever remaining resources we've still got should (at least ideally) by then have been dedicated to active public use. In terms of space, this will mean converting our various working spaces (the conservation laboratory, the library, the registrar's area, the carpentry and other shops, and ultimately even our executive offices themselves) to gallery and/or special-events spaces. Likewise, collections storage must eventually be converted to open storage. The timing will be tricky. On the one hand, we don't want to terminate vitally important activities prematurely. On the other, it would be important to do this before terminal inflation makes the work prohibitively costly.
from the head of development: Tempting as it may be to concentrate on last things first—to wring our hands and complain that the glass is already half empty—the fact is that C-Day is more than a century and a quarter away. That's a half-full glass if I've ever seen one. Important now is not to brood about how we'll end our days but to exult over what we can be doing in the meanwhile to make them better. Development-wise, I think we can do well—not just well, but very well. How do we turn this oblivion thing to good use?
Well, for instance, since we won't be able to celebrate any anniversaries after the event, why not celebrate them before? I could see a benefit dinner dance to be held every August 16 with a regular recurring theme like "The Last Supper? Not Quite Yet, but Still Counting." If the curators weren't too finicky, a highlight of the evening might be an auction of some things from the collection. The idea would be to get an up-front payment for some fu­ture delivery (for example, on C-Day minus ten). In the same vein, since our costume collection no longer has to be preserved indefinitely, why couldn't we rent out some of the more famous items for people to wear to these events? Ditto the jewelry collection? Samuel Johnson once said that the knowledge that one was shortly to be hanged "concentrates [the] mind wonderfully." Well, if that's so, then the end of the universe should really get our creative juices flowing!!!

ASSIGNMENT
Think about your own museum. Assume the contrary of what was imag­ined above. Assume that the "Big Gnab" theory has been discredited, and that the universe is not going to cease without a trace on August 16, 2125 or at any other time soon. To what extent has your museum articulated a distinct obligation to future generations? To what extent is that obligation explicitly reflected in its day-to-day operations? To what extent is it implicit? Are you satisfied with the extent to which future obligations are reflected in the operation of your museum? If not, what would you change?

Noch mehr Beratung, noch bessere Museen?

Es gibt eine neue österreichische Institution, die sich mit der Beratung und Entwicklung von Musen beschäftigt. "Kultur-Agenda". Über die Ziele informiert die angegebene Webseite.

Mag. Christian Waltl MA
KulturAgenda – Institut für Museen, Kulturwirtschaft und Publikum
Dr. Wutte Strasse 14
9020 Klagenfurt
Austria
Mobile: +43 (0)650 5545165
Office: + 43 (0)463 591566
christian.waltl@kulturagenda.at
www.kulturagenda.at

Konstruktiver Vorschlag für die Erweiterung des Sisi-Museums

Siehe dazu den Post unten

Über den Zustand der Museen der Republik. Der Milchzahn der Kaiserin

"Das Kind hatte bereits bei der Geburt einen Milchzahn, einen so genannten "dens connatus", wie schon früher der französische Sonnenkönig Ludwig XIV.
Der Umstand, dass das Kind am Weihnachtsabend, einem Sonntag und schon mit einem Zahn geboren wurde, veranlasste die Mutter zu der Annahme, dass die Geburt dieser Tochter unter einem ganz besonderen Glücksstern stand. Damit wollte sie vielleicht auch ihr Gewissen beruhigen, denn sie fürchtete einen Fluch, den sie selbst an ihrem Vermählungstag ausgesprochen hatte. Sie war so ungücklich am Tag ihrer Hochzeit gewesen, dass sie beim Werfen des Brautstraußes gesagt haben soll: 'Dieser Ehe und allem, was daraus hervorgeht, soll der Segen Gottes fehlen bis ans Ende'."

Das Kind, um das es hier in den herzerwärmenden Worten der Webseite der "Kaiserappartements der Hofnurg" geht, war Elisabeth, "Sissi", später Gemahlin Kaiser Franz Josefs. Weil dieses Mysterienkind nicht nur mit einem Zahn auf die Welt kam, sondern an einem 24. Dezember, sieht sich das Museum veranlasst, Taufkleid (entzückend) und Zahn - diesen im Milchzahnbehälter aus vergoldetem Messing mit gekröntem Allianzwappen der Herzogin Ludovika in Bayern  - ab diesem Datum auszustellen. Befristet, bis März des kommenden Jahres, dann kommt er wieder is Depot, aus konservatorischen Gründen. Also nicht versäumen, denn wer weiß, wann der Milchzahn wieder zu sehen sein wird, der am Freitag von niemand geringerem als Sisis Ururenkelin Magdalena Habsburg in die Vitrine gelegt wurde, wie die Tageszeitung Die Presse zu berichten weiß.


Wem der Wert dieser k.k. Zimelien etwas schleierhaft ist, den belehrt in der genannten Tageszeitung die Kuratorin des Museums Olivia Lichtscheidl: Diese Dinge haben ja auch einen unglaublichen ideellen Wert. 

Zum Stolz einer der berühmtesten Sammlungen der frühen Neuzeit, der von Tradescant Vater und Sohn in Oxford, zählte unter anderem: Ein babylonisches Gewand, Diverse Sorten Eier aus der Türkei; eines von ihnen als Drachenei deklariert, Ostereier des Patriarchen von Jerusalem, zwei Federn vom Schweif des Vogels Phönix, eine Klaue des Vogels Rock, der dem Vernehmen nach einen Elefanten zu entführen vermag, ein Dodar von der Insel Mauritius; der ob seiner Korpulenz des Fluges nicht fähig ist, ein Hasenkopf mit rauhem Gehörn, drei Zoll lang, ein Krötenfisch und einer mit Stacheln, diverse Darstellungen, in Pflaumenkerne geschnitzt, eine Messingkugel zum Wärmen der Hände für Nonnen. 
Wenig später setzte eine ätzende Polemik gegen derlei Sammlungen ein. Der Geist der rationalen Wissenschaften machte den Sammelsurien den Garaus. Spottgedichte erschienen, ironische Texte, die derlei Sammelpraktiken verulkten. Ein Milchzahn einer Kaiserin hätte vor dem Richterstuhl dieser Sammlungskritik keine Gnade gefunden.

Das verschrobene Sammeln überlebte in der Literatur, in der Schilderung kauziger Obsessionen, etwa der, der Jaromir Edler von Eynhuf in Fritz von Herzmanovskis Roman Der Gaulschreck im Rosennetz huldigt, wo er, der Sekretär des Hoftrommeldepots aus patriotischer Gesinnung beschließt, seinem Landesvater zu dessen Regierungsjubiläum seine Milchzahnsammlung zu verehren. Hat Herzmanowsky vom allerhöchsten kaiserlichen Zahn, der im Depot schlummerte, gewußt? und wurde er so zum Patron eines Rückschrittes der Musealisierung von der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung zurück zum vormodernen Kuriositätenkabinett?