Mittwoch, 25. November 2015

Haus der Geschichte. Jetzt wird es absurd

Die "Koalitionspartner" legen dem Ministerrat, wie heute (25.11) Zeitungen berichten, die Pläne für die Umgestaltung des gesamten Bereiches Heldenplatz vor. Dabei dreht es sich um eine Tiefgarage, einen Tiefspeicher, die Umgestaltung des sogenannten Heldentores, das Haus der Geschichte und - achtung! - ein Haus der Zukunft.
Dazu gibt es eine - unvollständige - Kostenschätzung, das Haus der Zukunft ist nicht berechnet worden, kann derzeit auch gar nicht abgeschätzt werden, auch die Betriebskosten wenigstens für den Start des Hauses der Geschichte hat man offensichtlich nicht berücksichtigt.
Das Haus der Zukunft soll in einem provisorischen Bau am Heldenplatz errichtet werden, unter "hoher Bürgerbeteiligung". Also die gibts post festum, nachdem man die wesentlichen Weichen gestellt hat.

Aber mit der koalitionären Lösung, daß die SPÖ ihr Haus der Geschichte und die ÖVP eins der Zukunft bekommt, beschädigt man massiv alle bisherigen Planungsvorhaben und Argumente.
Denn wenn es nun plötzlich möglich erscheint, einen Neubau am Heldenplatz zu errichten, warum dann nicht - wie vielfach gefordert - für das Haus der Geschichte? Und sei es nur deswegen, weil man damit der fragwürdigen und schwierigen Unterbringung in der Neuen Burg entgeht. Dann könnte meinenthalben die Musiksammlung bleiben wo und wie sie ist, vor allem aber, das Weltmuseum könnte seine Pläne zum Relaunch vollständig realisieren.
Was immer ein Haus der Zukunft werden wird - dazu gibt es nichts, aber auch wirklich gar nichts an Ideen, Vorschlägen, schon gar nicht Pläne oder Konzepte -, die Idee an sich führt das Haus der Geschichte ad absurdum. Wer immer bei Trost ist, weiß, daß Geschichtsforschung und Geschichtsvermittlung, wie es ein Museum oder eine Ausstellung nun mal sind, immer von der Gegenwart, von gegenwärtigem Wissen, gegenwärtigen Interessen ausgeht und dass vernünftigerweise Geschichtskultur immer die Dialektik aller drei Zeitdimensionen einschließt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - man lese z.B. im Konzept zum Deutschen Historischen Museum nach.

Mahrer im August 2015: "Wir brauchen die Beschäftigung mit Geschichte und unseren Quellen, um zu wissen, woher wir kommen, um entscheiden zu können, wohin wir gehen." Benötigt würde aber auch "ein öffentlicher Verortungsraum, wo wir mit modernen Mitteln in einer modernen Agora partizipativ unter Einbindung aller Kräfte darüber debattieren, wie Zukunft sein soll". Es gebe zu wenig Diskurs über "die Vision für Österreich, wie soll Österreich in 15, 20 Jahren aussehen angesichts der dramatischen Veränderungen". Gut, aber was soll ein Haus der Geschichte denn sein, wenn es gerade dies nicht leistet und diese Aufgabe einem anderen Haus übertragen wird?

Während das Haus der Geschichte nicht ausschließlich durch eine einsame politisache Entscheidung verwirklicht wurde, sondern erst dessen Konkretisierung durch die infallible ex cathedra-Entscheidung des Herrn Ministers eingeleitet wurde, aber ansonst auf eine lange Geschichte verschiedener Ideen zurückzuführen ist, entsteht das Haus der Zukunft allein auf der minimalistischen Basis eines parteitaktischen Sagers eines Funktionärs aus der zweiten Politikerreihe.

Allein die Idee eines Hauses der Zukunft degradiert also implizit das Haus der Geschichte zu einer rein retrospektiven Angelegenheit, zwingt zu einer Arbeitsteilung zwischen Zukunftsperspektive und Vergangenheitsschau. Es sei denn, man unterwirft sich dieser Logik nicht, dann hat man aber unweigerlich zwei historische Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft, wenn man St.Pölten nicht vergißt nun sogar deren drei. Man könnte das nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernte Wien Museum in die Überlegungen einbeziehen und das Heeresgeschichtliche Museum, um zu erinnern, daß es Wien dann gleich fünf einschlägige Institutionen gäbe.

Warum gibt es ein Haus der Zukunft überhaupt? Ich kann mich an nichts anderes erinnern, als eine Wortspende des ÖVP-Staatssekretärs Mahrer, die einfach die übliche komplementäre zu einer Idee des "Partners" in der Koalition war. Das gehört zum koalitionären Ritual, jede Wortmeldung mit einer eigenen zu konterkarieren. Das genügte, um einen Anspruch nach dem Motto von Sandkasten-Kindern "Ich auch", nun dem Koalitionspartner seitens der SPÖ zuzugestehen, also eigenes Museum!

Mehr als diese Mahrer-Wortmeldungen zu einem Haus der Zukunft gibt es nicht. Außer Ein paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-Geschichtedaß es ein Holzbau werden soll, um die Holzwirtschaft zu fördern (der Standard über Mahrers Pläne). Und oh Wunder, schon wird sie Wirklichkeit, die staatsekretärliche Flause!

Der getreulich wiedergegebene Pressetext der Koalition, der heute publiziert wurde, sagt zu allem: "Mit der Neugestaltung des Heldenplatzes besteht die einmalige Chance, das geschichtlich gewachsene Gesamtensemble weiter zu entwickeln. Eine städtebauliche Intervention am Heldenplatz in Form eines 'Hauses der Zukunft' wäre, 150 Jahre nach dem Beginn des Baus der Ringstraße, nicht nur eine Signatur unserer Zeit. Ein derartiges Zukunftsprojekt im größten Kulturquartier Europas soll auch als Symbol für eine neuartige Zugangsweise zum Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik fungieren."
Da bleiben einem angesichts der Kraftmeierei Luft und Spucke weg. Auch angesichts der Unverfrorenheit, mit der hier autoritativ verordnete Geschichtspolitik als "neuartige Zugangsweise zwischen BürgerInnen und Politik" verkauft werden.

Man wird sehen, welche öffentliche Reaktionen es dazu gibt. Die erste ist schon mal gruselig: Die Intelligenzblätter Standard und Die Presse drucken wortident die einschlägige Meldung der Presseagentur ab.

Samstag, 21. November 2015

Deckel drauf! Das Wien Museum "neu"

Besonders mutig wollte die Jury bei der Wahl des Siegerprojektes nicht sein. Zu riskant wäre wohl eine Entscheidung für einen Baukörper auf dem Platz vor dem Museum gewesen. Nur keine städtebaulichen Irritationen! Die Öffentlichkeit (der Boulevard) hätten das kaum goutiert. Also hat man sich für einen Dachausbau entschieden.
Ein neues Wien Museum kommt ohnehin nicht durch eine neue Architektur. Sie kann nur vom Museumsteam kommen und da gibt's jetzt mal ein paar Jahre Zeit. 1959 hat das Museum eröffnet und die seither gezeigte Dauerausstellung dürfte die älteste eines namhaften Museums in Wien, wenn nicht Österreich sein. Selbst das vergleichbare Heeresgeschichtliche Museum hat sich inzwischen ein paar Neuerungen geleistet.
Matti Bunzl: „Das Museum soll künftig auch ein Labor der Zivilgesellschaft sein, eine Bühne für eine globale Stadt. Es soll sich kritisch mit Vergangenheit und Zukunft beschäftigen." Genau!




Freitag, 20. November 2015

Die Katzen der Eremitage


Wie stets in diesem Blog um Aktualität und umfassende Berichterstattung bemüht, sehe ich mich heute in der Lage, Informationen zu einem weithin vernachlässigten Thema anzubieten: Die Bedeutung der Katze für die Ökologie des Museums, jetzt mal am Beispiel der Katzen der Eremitage. Nachzulesen hier http://artdaily.com/index.asp?int_sec=11&int_new=82966#.Vk9U2XrmWrV

Freitag, 13. November 2015

Die Sammlung Essl. Wie geht es weiter?

Das ist kein Post mit Informationen, sondern einer mit Fragen. Seit etwa zwei Wochen ist der Baumax-Konzern definitiv zerschlagen, der die materielle Grundlage für seine Besitzer Karl-Heinz und Agnes Essl bot, Kunst zu sammeln und ein Museum zu errichten.
Die beiden müssen mit dem durch Gutachten ausgewiesenen Makel leben, dass der Konzern nicht unverschuldet, durch wirtschaftliche unbeeinflussbare Rahmenbedingungen zugrundeging, sondern durch ihre Managementfehler.
Und auch die Kunstsammlung ist ihrem Einfluss - wie weit eigentlich? - entglitten. Viel zu spät kam der Rettungsversuch, die Sammlung dem Staat anzubieten. Dann sollten große Teile versteigert werden bis ein anderer Unternehmer einsprang. Hans-Peter Haselsteiner gehören 60% Anteile an der Sammlung. Karl-Heinz Essl ist künstlerischer Leiter des Museums. Aber wie kann sich das Museum erhalten und kann die Sammlung vermehrt, weiterentwickelt werden?
Und worüber kann Essl entscheiden? Haselsteiner dürfte demnächst das Recht erhalten, Teile des Künstlerhauses, dessen Sanierung er bezahlt, bespielen zu dürfen. Mit der Sammlung Essl unter anderem, wie er schon mehrfach gesagt hat. Der Standort in Klosterneuburg sei ungünstig, meint er, die Sammlung Essl gehöre in Wien gezeigt.
Und er bemühe sich weiter um die Kooperation mit der Albertina, die seiner Meinung nach einen zweiten Standort brauche. Wie? Wieso soll wenige hundert Meter von der Albertina, die über enorme, teuer zu bespielende Ausstellungsflächen verfügt, eine Filiale entstehen? Wozu? Mit welchem Programm? Und mit welcher Rückwirkung auf die Sammlung Essl?
Gut, es geht um private Sammler und Sammlungen, um deren Spielzeuge und das rangieren von Besitztümern. Da hat die Öffentlichkeit ihr Recht verloren. Und nebenbei geht's um ein Scheibchen Privatisierung. Das Erdgeschoss des Künstlerhauses wird künftig ihm, Haselsteiner, Baunternehmer, Westbahn-Betreiber, Kunstssammler, zur Verfügung stehen. Der Bund und die Stadt Wien sehen zu und lassen zu. Programmatische Privatisierung um Steuergeld zu sparen? Kultur- und museumspolitische Mut- und Phantasielosigkeit?
Ich habe wie gesagt diesmal nur Fragen.

reading looking

Künstlerselbsterklärung (Texte im Museum 532)


Mittwoch, 11. November 2015

Braucht Österreich ein „Haus der Geschichte“? Rezension zur Tagung


Zur Tagung in der Akademie der Wissenschaften, wo die Frage nach der Notwendigkeit eines "Hauses der Geschichte" diskutiert wurde, ist nun eine Rezension der Historikerin Andrea Brait erschienen. Hier der Link.

Das Selfie-Museum

Im Selfie-Museum geht es nicht darum sich vor Kunstwerken zu fotografieren, sondern um Selfies von Kunstwerken, die ins (Selfie)Museum gekommen sind...Drei Beispiele (mit Dank an Blog-Leserin S.D.)





Samstag, 7. November 2015

Ein Museum: Die Aishti-Foundation in Beirut



Making Waves: Tony Salamé’s Aïshti Goes Big in Beirut (Webseite): Recently the Lebanese businessman Tony Salamé bought a large artwork by John Armleder, creating a problem for himself, or rather, for his curator. If the ten-meter-long painting were to go on view in the inaugural exhibition in Salamé’s new private museum in Beirut, it would use up an awful lot of available wall space.
Well, maybe not that much. In late October, Salamé, who, along with his wife, Elham, is a new addition to the ARTnews Top 200 (which will be published online next week), will open a 40,000-square-foot exhibition space for his Aïshti Foundation in Jal el-Dib, a short drive up the Mediterranean coast from downtown Beirut. There he will show a portion of his vast art collection, kicking things off with a show curated by New Museum artistic director Massimiliano Gioni. In a city that doesn’t have a large contemporary-art museum, Aïshti’s opening is hotly anticipated.
Salamé is one of Beirut’s post-civil-war success stories. Over the past quarter century he has built his Aïshti retail empire from a single high-end clothing store to a region-wide enterprise that is among Lebanon’s largest employers, along the way facing the challenging task of persuading luxury brands to do business in an environment that remains politically and economically unstable.
That first store was in Jal el-Dib, and it grew into the 60,000-square-foot, 45-shop Aïshti Seaside. His art foundation’s exhibition hall is part of an ambitious expansion of Aïshti Seaside by British architect David Adjaye. “When Tony asked me how I wanted to do it,” Adjaye recalled, “I said I’d like to make a hybrid building combining lifestyle, wellness, and culture.
“This is a city that’s more or less been in conflict or at the border of conflict for more than 30 years,” Adjaye added. Nevertheless, people have “found ways to have an outgoing life.” His building’s design, he said, is meant to celebrate that. Inside the huge new space—around 350,000 square feet overall—a 10,000-square-foot atrium will open onto, on the left, a retail area with shops and restaurants and, on the right, the art foundation’s space. The rooftop will have a spa, a gym with a pool, and a small nightclub. The building is wrapped in a louvered skin of red-toned aluminum, a system Adjaye devised for filtering out the sound from a nearby highway and handling the region’s temperature fluctuations. Adjaye spent a part of his childhood in Beirut, and the skin’s color is a reference to the city’s past. “My father talked about Beirut as an incredible place where you would see a sea of red terra-cotta,” he said.
Also echoing the local setting is the public plaza Adjaye is designing for 150,000 square feet of land between Aïshti and the Mediterranean. With its undulating topography, it will look, Salamé said, “like you are seeing the waves from high up.” The landscaping was as complicated as the building itself. “We had to reclaim the land and, on top of that, we had to build huge retaining walls.” There will be regional Middle Eastern greenery, outdoor dining, and outdoor sculptures chosen by Gioni’s wife, Cecilia Alemani, curator of New York’s High Line park. “It’s setting a precedent,” said Adjaye. “Beirut has not had much public sculpture, because of security concerns.”
Salamé spends much of his time traveling, but when he’s in Beirut he’s on the building site seven days a week. The complex has come together in just two and a half years, at what has been reported by The Art Newspaper as a personal cost to him of $100 million.

Aishi Group Profile (Webseite): It all began in 1989, when Tony Salamé dreamt about creating a lifestyle for the new millennium. His dream was Aïshti, a word that has become synonymous with ultimate luxury in Lebanon.
Since its inception, Aïshti has grown from a single high-end clothing store into a successful, globally recognized chain that carries renowned luxury brands. With various branches throughout Lebanon, Aïshti brought together under one roof some of the most prestigious fashion labels in the world, including Prada, Miu Miu, YSL, Dolce & Gabbana, Dior, Sergio Rossi, Roberto Cavalli, Marc Jacobs, Marni, Burberry, Fendi, Chloé and many more. Aïshti's stunning Seaside store in Jal el Dib, a few minutes north of Beirut, also features furniture and home accessories from high-end European brands like Minotti and Misura Emme.
The Aïshti empire also includes several monobrand boutiques, most notably Cartier, Gucci, Celine, Zegna and Diesel.
Aïzone, the more casual side of Aïshti, exists as a separate entity and carries some of the hippest international brands including Camper, True Religion, 7 for All Mankind, Armani Jeans and various other trendy LA brands.
The company has also branched out into parallel industries, with a full-fledged spa and hair salon operating inside the Aïshti store in Downtown Beirut, and a glossy, glamorous lifestyle publication, Aïshti Magazine, focusing on fashion, entertainment and design. Three restaurants, People (with two separate locations) and Aïshti Café also operate under the Aïshti umbrella.
Today, Aïshti is the undisputed fashion and luxury products market leader in Lebanon.