Samstag, 12. April 2014

Ein katalanischer Erinnerungsort. Das Born-Kulturzentrum in Barcelona




Bald nach 1860 wurde in Barcelona die erste Markthalle aus Glas und Eisen errichtet, nach französischem Vorbild. Über hundert Jahre funktionierte die und dann gab es, nicht ganz unerwartet, Proteste, als sie vor einigen Jahren abgerissen werden sollte. Ein Kulturzentrum zu errichten schlug fehl, also dachte man daran, die regionale Bibliothek in der restaurierten Halle zu installieren. Bei den Bauarbeiten entdeckte man aber, daß wider Erwarten Reste der barocken Stadt knapp unter dem Niveau sichtbar wurden. Und das an einer historisch besonderen Stelle. Die Grabungen legten Hausgrundrisse, Straßen und einen Kanal frei, die bei der Errichtung einer Zitadelle Anfang des 18.Jahrhunderts unter dem Bau verschwunden, begraben worden waren.
Am 11. September 1714 hatte die Stadt vor den bourbonischen Truppen kapituliert und damit war es auch mit der kurzen Unabhängigkeit und Freiheit Katalaniens vorbei. Diese katastrophale Niederlage war zwar nie vergessen aber das Datum der Kapitulation wurde erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts wieder "entdeckt", als der Wunsch nach einer katalanischen Nation wieder erwachte.
Heute, da die spanischen Nachrichten täglich mit der Frage der katalanischen Unabhängigkeit beschäftigt sind und das Parlament erst vor wenigen Tagen gegen ein Referendum gestimmt hatte, versteht man, daß die paar Reste von Hausmauern, Kanälen, Straßen mehr sind als nur eine stadthistorisch interessante Ausgrabung, noch dazu in dem Jahr, in dem sich die Kapitualtion von 1714 zum 300. Mal jährt.


Die Kommentare zur Ausgrabung, vorbildlich informativ und lesbar, lassen auch keinen Zweifel am Gewicht dieses Erinnerungsortes. Das Ergrabene war nicht nur ein besonderes Dokument des Alltagslebens, sondern ein Gedächtnisort, der eine Region und ihre Geschichte betraf.
Alle älteren Pläne zur Nutzung der riesigen Markthalle waren sofort obsolet, als man die Reste des seinerzeit an den Mauern der Stadt gelegenen, eher ärmlichen Viertels entdeckte und jetzt war die Halle plötzlich eine ideale Schutzhülle für die Grabung und ihre Erhaltung war erst recht legitim.
Wo in den kommentierenden Texten der Grabung noch sachliche Informativität im Vordergrund steht, waltet in der kleinen temporäreren, zum Jubiläum angesetzten Sonderausstellung ein sonderbar militanter und emotionalisierender Geist. Von Beginn an wird die Geschichte des langen vergeblichen Verteidigungskampfes als hochemotionaler Opfergang zelebriert, unter Zuhilfenahme neuer Medien auch möglichst "realistisch" und schließlich in Form eines mit bombastischer Hollywod-Filmmusik unterlegten Kurzfilms in immersivee Installation mit voller Kraft auf den Zuseher losgelassen. Rote Farben, lodernde Flammen und patriotische Appelle ganz am Schluss. So antiaufklärerisch ist Museum selten, andrerseits kann man damit rechnen daß namentlich für jugendliche Besucher der postmoderne Mummenschanz eher das Gegenteil von patriotischer Entflammung bewirkt. Unterhaltsame Zerstreuung ist da eher der Modus der Wahrnehmung. Und bei Tapas und kleinem Bier in der Cafeteria ist die Welt auch dann noch im Lot, wenn Katalonien noch immer nicht befreit ist.



Freitag, 4. April 2014

Hasenzeit




Die Essl-Häme. Oder: vorher/nachher

Agnes Essl hat in ihrem KURIER-Interview darauf hingewiesen - daß so manche(r), der sich gegen die Sammlung äußerte, aus Anlass des 15-jährigem Bestandes des Museums (die Sammlung ist mehr als doppelt so alt) sich sehr positiv geäußert hat.
Unter den aus 800 Gratulationen ausgewählten, im Museum angeschlagenen, fische ich eine der bemerkenswertest später "vergessenen" heraus.


Unfreundliche Übergabe

Unfreundliche Übergabe. Unter diesem Titel ist ein Text (noch einmal) von mir zum "Transfer" der Sammlung des Generali Konzerns an das Museum der Moderne in Salzburg und die merkwürdigen Begleiterscheinungen in den Texten zur Kunst erschienen. Hier



Passion (Texte im Museum 468)


O.T . ( Texte im Museum 467)


Mittwoch, 2. April 2014

Sammlung Essl. Was nicht alles eine Rettung ist...

Nach dem Treffen von Politik, Banken und Sammler wurde der Fortbestand von Sammlung und Museum verkündet. Wie das nun gesichtet sein soll, darüber gibt es keine Auskunft, auch die ersten zeitungsberivhte geben ben dazu keine Auskunft. Es sieht fast so aus, als habe Essl keinerlei staatliche Unterstützung bekommen sondern sei auf den Weg der ohnehin anstehenden und ungewissen Sanierung seines Konzerns verwiesen worden. Essl kann natürlich, was man aus dem Wenigen herauslesen könnte, was veröffentlicht würde, auf die Sammlung selbst zurückgreifen, um mit Verkäufen aus der Sammlung den Betrieb zu sichern. Aber woher plötzlich die Sicherheit, daß die Sanierung gelingt?

Sonntag, 30. März 2014

Genau beschriftet (Texte im Museum 466)


Beschrifteter Albatroskopf

Schwimmfähig? (Texte im Museum 465)


Sammlung Essl - Pressestimmen (aktualisiert am 30.3.)

Die Sammlung von Artikeln, Interviews, Statements, Glossen etc. zum Angebot Karlheinz Essls, der Staat möge zur Rettung der Sammlung und Sanierung der Firma seine Kunstsammlung ankaufen, ist umfangreich aber nicht lückenlos. Ich habe versucht, alle die Informationen zu filtern, in denen originelle und neue Informationen und Argumente enthalten sind.

Es kann sein, daß aus technischen Gründen die Links zu den Originalartikeln nicht hervorgehoben dargestellt werden. Sie liegen jeweils auf den Zeitungs-Namen.
Die Nachrichten sind chronologisch gereiht, die aktuellsten finden sich am Schluß des Posts.


"Rasch, rasch. Innerhalb einer Woche müsste etwas passieren." So antwortet Karlheinz Essl auf die Frage nach der Dringlichkeit einer Lösung im APA-Interview, das die Kleine Zeitung wiedergibt. Hier spricht sich Essla auch strikt gegen die Eingliederung der Sammlung in ein Bundesmuseum aus.

"7000 Kunstwerke gegen 4000 Jobs" lautet ein Kernsatz in der Berichterstattung des Kurier. Der zuständige Minister wird so zitiert, als wäre auch für ihn die Rettung der Jobs, das heißt der Baumarktkette, das eigentliche Ziel.
In einem kurzen historischen Exkurs untermauert der Kurier seine These, daß öffentliche Museen ja meist aus privaten Sammlungen entstanden seien. Die Schlußfolgerung, daß daher der aktuellle Vorgang "Essl-Sammlung" nicht so ungewöhnlich sei mündet im Resümee: "Da die öffentlichen Stellen für den Aufbau großer Kunstsammlungen zuletzt immer weniger Geld übrig hatten, sind Kooperationen mit Privatsammlern zum Muss geworden." Was den Kurier nicht so sehr interessiert ist, unter welchen Bedingungen früher Sammlungen staatlich wurden und unter welchen heute. Aktuell zeigt etwa der Deal des Generali-Konzerns mit dem Land Salzburg, daß private Interessen gewahrt bleiben ja sogar von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt werden - zum Nachteil der öffentlichen Institutionen. Ist das bei einer Stiftungslösung nach Ankauf der Sammlung Essl durch den Staat nicht auch zu  erwarten?

Die Presse übernimmt in ihrem Bericht von Judith Hecht weitgehend die Argumentation Karlheinz Essls und hält sich mit eigenem Kommentar zurück. Schon am 23.3. berichtete die Zeitung (hier) über den Hintergrund - die Situation der Baumrktkette "baumax", in deren Insolvenz die Sammlung hineingezogen würde.

Im Standard zeigt sich Thomas Trenkler gegenüber dem Status der Sammlung skeptisch, so einzigartig sei sie nicht und ihr Wert könne nicht über eine Schätzung der einzelnen Werte ermittelt werden, wenn sie en bloc verkauft würde. Er beruft sich auf Museumsleiter, die dem staatlichen Ankauf sehr skeptisch gegebüberstünden, vieles sei ohnehin in Bundesmuseen vorhanden oder könnte vorhanden sein, wenn man ein Ankaufsbudget gehabt hätte.

Die Tiroler Tageszeitung fasst ausführlich die Sammlertätigkeit des Ehepaares Essl zusammen und macht darauf aufmerksam, daß sich das Essl-Museum nicht nur im Feld der bildenden Kunst profiliert hat: "Von Beginn an ist die Pflege der zeitgenössischen, elektronischen und experimentellen Musik durch Konzerte, Performances und Klanginstallationen in den Ausstellungsräumen integraler Bestandteil des Museumsprogramms. Damit hat sich ein international renommiertes und in Österreich einzigartiges Forum Neuer Musik im musealen Kontext etabliert. Seit 2011 bildet das Essl Museum auch eine Plattform für neue Literatur. In Lesereihen und Publikationen wird das Zusammenspiel von Literatur und zeitgenössischer Kunst ausgelotet."

Noch vor der aktuellen Krise der Sammlung brachte das profil (27.2.2014) einen Bericht, der interessant ist, weil er sich mit der Haltung der Essls und ihrem Verständnis ihrer Sammeltätigkeit beschäftigt. Daran schließt sich ein längeres Interview mit dem Ehepaar Essl an.

Olga Kronsteiner geht am 27.3. im Standard der Frage nach dem Wert der Sammlung nach. Dabei müsse man zwischen dem "internationalen" Teil der Sammlung - der kleiner aber wertvoller sei -, und dem "österreichischen Teil unterscheiden. Klar wird bei ihren Ausführungen daß alle bislang genannten Zahlen ziemlich unbrauchbar sind und zum Beispiel zeischen einem Teilverkauf (was Essl vehement ablehnt) und dem Verkauf der ganzen Sammlung ein erheblicher Unterschied bestünde. Sie berichtet, daß nun auch von Seiten der Banken ein Gutachten zum Wert der Sammlung in Auftrag gegeben worden sei.  

Hier berichtet die Kleine Zeitung über die ersten Gegenstimmen gegen den staatlichen Ankauf und hier gibt sie ein weiteres Interview mit Karlheinz Essl wieder, in dem er auf erste Gegenstimmen bereits reagiert.  

Auch der Kurier (25.3.) listet die ersten überwirgend skeptischen Reaktionen auf. Bestritten wird, daß die gesamte Sammlung von Wert sei, daß ein Ankauf eine Sammlungspolitik per Zufall sei oder daß eine Sanierung wohl kaum mit ausschließlich dem Sammlungsverkauf denkbar sein werde. Immerhin gibt es eine Glosse, in der entschieden zum Ankauf geraten wird.

Von überwiegend skeptischen Reaktionen berichtet auch die Presse (25.3.), wobei sie sich unter Galerien umgehört hat. Die nutzen die Gunst der Stunde um für eine Gesetzesänderung zu werben, die es den Museen erlauben würde, Kunstwerke auch wieder zu verkaufen. Damit wäre auch das Problem Essl-Ankauf gelöst, denn dann könnte man die Sammlung erwerben und weniger wertvolle oder für Museen nicht attraktive Teile der Sammlung loswerden.

Ebenfalls in der Presse wird über die wirtschaftliche Situation der "baumax"-Kette und den wirtschaftlichen Hintergrund des Verkaufsangebots der Essl-Kuntsammlung berichtet. 

In einem Beitrag im Standard widmet sich Eric Frey (26.3.) einem sonst unbeachteten Aspekt: dem Ethos des Firmengründers Karlheinz Essl, seiner hohen gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber. Seinen Ausführungen, die sich auf die Führung des Konzerns beziehen, müsste man die analoge Haltung bei der Sammeltätigkeit, der Museumsgründung und -führung und der am Konzernstandort gelebten Verbindung von Firmenführung und ästhetischem Engangement gegenüberstellen. Wie auch Eric Frey einräumt, kann dies aber leider kein wirkliches Argument in der laufenden Debatte um den Ankauf der Sammlung sein.

In der Online-Ausgabe des Kurier, abgerufen am 28.3., finden sich gleich mehrere kurze Artikel, die unter anderem die zahlreichen Gegenstimmen gegen den Ankauf referieren, die ablehnende Haltung des Niederösterreichischen Landeshauptmannes (den Essl eigenem Bekunden nach nicht angesprochen hat) und die offenbar etwas vorsichtiger werdende Haltung von Minister Ostermeyer. Mit einer Bildergalerie "Die Preziosen der Sammlung Essl" wird aber ein Plädoyer für das Gewicht der Sammlung gehalten. 

Die Presse zeigt sich angesichts des Gegenwindes gegen Essls Angebot skeptisch und stellt ebnfalls fest, daß aus dem Minsterium vagere Töne zu hören sind: „Der Minister" zitiert sie einen Sprecher,  "hat angeregt, dass sich alle an einen Tisch setzen. Wenn sich keine Lösung finden lässt, dann gibt es eben keine.“ Unter den scharfen Gegenstimmen, die durch das Aufrechnen eigener Sparvorgaben gegen vermutetes Ankaufsbudget motiviert sind, fallen zwei durch ihre Aggressivität auf, das der Secession und das des Rektors der Universität für Angewandte Kunst: „Die Bundesmuseen haben zwar das ,Sammeln‘ als gesetzlichen Auftrag bekommen, aber seit Jahren praktisch kein Budget für Kunstankäufe.“ Kunst und Wissenschaft seien „am Kommunikationsradar der Politik offenbar nicht existent. 0,7% des Staatszuschusses an die Hypo-Alpe-Adria-Bank oder 58% des Buchwertes der Sammlung Essl reichen aus, um den österreichischen Kunstuniversitäten die Inflation in den drei Jahren von 2016–2018 auszugleichen!“

Eben in einem Artikel in der Presse sieht Rainer Nowak die Angelegenheit "Essl-Ankauf" schon erledigt. Vor allem angesichts des Neins aus Niederösterreich, zur Unterstützung einer staatlichen Lösung und wegen des Hypo-Desasters, das das Budget massiv und langfristig belasten wird, gibt es keinen Spielraum mehr.
Tatsächlich spiegelt sich in den ungewöhnlich vielen Reaktion in den Leserforen der diversen Zeitungen, von denen sich viele auf die Hypo-Pleite und die Burgtheater-Krise beziehen, eine große Frustration angesichts einer neuerlichen Belastung der Steuerzahler.

In einem Artikel vom 25.3. listen die Salzburger Nachrichten stattliche Namen - Galeristen und Museumsleiter - auf, die sich mit wenigen Ausnahme mehr oder weniger strikt gegen den Ankauf wenden und sich allenfalls eine Filetierung der Sammlung vorstellen können. Einen bislang überhaupt noch nicht aufgetauchten zentralen Punkt nennt Edelbert Köb: der Staat habe kein Museumskonzept, keine Museumspolitik, was bei einer derartigen Situation eine Entscheidungshilfe wäre.

Am 26.3. argumentierte der Künstler Richard Kriesche für eine strikte Trennung öffentlich-institutionellen Engagements und wandte sich in diesem Sinn selbst gegen eine Schenkung und verwies Essl auf den Kunstkarkt. (Im Standard, hier) Damit sind wir bereits in der Steiermark gelandet, ein anderes Indiz neben den zahllosen, in die hunderte gehenden Leser-Posts in den hier genannten Zeitungen, welche Kreise die Causa Essl zieht. MIt dem Kulturlandesrat und dem Intendanten des Universal-Museum Joanneum meldeten sich aus der Stiermark gleich zwei gewichtige Stimmen, und beide ablehend. (ORF.at, hier)

Martina Salomon steuert im Kurier originellerweise die Auffassung bei, daß es in Österreich zu wenig Reiche gäbe. Und zwar weil "exorbitante Einkommensbesteuerung und hohe Umverteilung in Österreich" den "Spitzenverdienern das Gefühl geben, sie müssten der Allgemeinheit nichts mehr freiwillig zurückgeben." (Kurier) Na, das wird schon noch - bei der rasch wachsenden Einkommenskluft! Frau Salomon, ein bissl Geduld!

Im "Kommentar des Anderen" bietet der Standard am 28.3. gleich vier AutorInnen auf, um die Vorgänge um den Kauf der Sammlung Essl zu kommentieren. Der angesehene Kuartor Rudi Fuchs zeigt sich voll Verständnis für das Ehepaar Essl, Ihre Sammlungspolitik und ihre Persönliche Haltung (hier). "Wenn sie (die Sammlung GF), was der Himmel verhüten möge, zerstreut wird, welches andere österreichische Museum könnte diese Kunst in solcher Vielfalt zeigen."

Auch die Kunsthistorikerin Brigitte Groihofer plädiert für die Sammlung und stellt zu Recht die Frage, welche andere und museale Sammlung denn je einer Sammlungspolitik geolgt und lückenlos gewesen sei? "Das Sammlerpaar Essl hat immerhin eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt. Denken Sie nur an die kritischen Stimmen zur zweifelhaften "Sammlung Batliner" in der Albertina , zum "eigenwilligen" Geschmack von Karola Kraus, an die Kritik an den Ankäufen Lóránd Hegyis seinerzeit, an die umstrittene Sammlung Ludwig usw." (hier)

Edgar Honetschläger polemisiert wüst gegen Essl - "Herr Essl ist hauptverantwortlich für die Verschandelung dieses Landes und des gesamten Ostens - hier eine abscheuliche Säule, dort ein gräulicher Plastikzaun, den seine Baumärkte unters Volk brachten", den Ankauf und die Sammlung, die er zu 805 "Schrott" nennt. (hier)

Angelika Stief, ehemals Kuratorin an der Wiener Kunsthalle, befragt die Kooperation zwischen Privaten und öffentlichen Institutionen und kommt zur Schlußfolgerung: "Aktuell verdichtet sich der Eindruck, dass es nicht mehr Zeiten der Not und der großen Umwälzungen braucht, um zu erkennen, dass in unserer Kultur und in den kulturellen Angelegenheiten des Landes private Interessen stets den Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben, was dem propagierten gesellschaftlichen Anspruch der Kunst diametral entgegensteht." Und weiter: "Was wir uns von den Verwaltern der öffentlichen Gelder erwarten müssen, ist Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz im Umgang mit unserem Kulturgut, Transparenz und Kontrolle von denjenigen Direktoren, denen hohe Summen überantwortet werden und die in den letzten Jahren, wie die Fälle Seipel, Noever, Matt und Hartmann drastisch zeigten, Misswirtschaft in einem unverträglich hohen Maße betrieben." (hier)

am 28.3. hat Olga Kronsteiner (ebenfalls im Standard, hier) dem "Filetieren" alles abgewinnen können. In ihrem argumentativ klaren und mit vien recherchierten Details untermauerten Artikel zieht sich den unter allen bislang mir zu Gesicht gekommenen Artikeln den "neoliberalsten Schluß". Verkauf über den Kunstmarkt. Der zweite Teil ihres Essays liest sich denn auch wie ein ekonkrete Handlungsanweisung: "Genau genommen ist die Zerschlagung der Kollektion und ihr schrittweiser Verkauf über Auktionshäuser in London und Wien die ideale, weil marktkonforme Vorgehensweise. Zeitlich wäre derlei sogar innert 18 Monaten abwickelbar, beginnend mit einem Single-Owner-Sale bei den Londoner Juni-Auktionen, gefolgt von weiteren Tranchen, vielleicht auch in Paris, in New York und natürlich in Österreich." Ideal ist, was marktkonform ist. Alle Überlegungen zu einem nichtmateriellen Wert werden strikt ausgeschlossen, oder wo sie auftauchen, dann nur als erwänschtes Nebenproduktion der spekulativen Verwertung. "Mit etwas Fantasie könnte die Demontage des Essl'schen Lebenswerks - die Mechanismen des internationalen Kunstmarktes beherzigend - insofern sogar einen Prestigegewinn für Österreich und eine Vielzahl seiner Künstler bringen." Filetierung, Demonatge, na dann! Der Artikel ist denn auch unter der Rubrik "Kunstmarkt" erschienen.

Im Kurier vom 30.3. reagiert Karlheinz Essl im Interview unter anderem auf die Ablehung durch die Museumsdirektoren und verteidigt die Sammlung: "Die Direktoren jammern alle, dass sie seit Jahren kein Budget für Ankäufe bekommen. Das finde ich auch nicht gut. Nur eines ist sicher: Ob unser Museum übernommen wird oder nicht, hat nichts mit den Museumsdirektoren zu tun. Ihr Budget wird deswegen nicht mehr oder weniger werden. So gesehen betrifft sie der Ankauf der Sammlung kaum. Das Problem ist, dass die Museen in den letzten 50 Jahren nur peripher zeitgenössische Kunst ankaufen konnten. Da wurde ein Mal ein Mikl, ein Rainer und dort ein Staudacher gekauft. Aber das sind ja keine Dokumentationen eines Künstlers, der doch mehrere Schaffensperioden hat. Wir haben alle Entwicklungen von allen wichtigen österreichischen Künstlern seit 1945 in unserem Museum. Meine Frau und ich haben immer versucht, in die Tiefe zu sammeln, wir haben Künstler 40 Jahre lang begleitet. Die Lücke, die in den Museen entstanden ist,wäre mit unserer Sammlung geschlossen. Das ist unbestritten."

Nicht gerade freundlich kommentiert die Welt am Sonntag Karlheinz Essls angebot und spricht von "Erpressung nach Gutsherrenart".

Am 29.3. bittet die Kleine Zeitung eine Reihe Prominenter um ihre Meinung, ob man die Sammlung Essl ankaufen soll und listet die Antworten nach "pro" (3) und "contra" (5) auf.

In der Kronen-Zeitung vom 29.3. kommt erstmals Agnes Essl zu Wort, in einem wie eine Homestory gerahmten und geführten Interview. Darin deutet sie an, daß man sich auch einen anderen Käufer als den Staat vorstellen kann und die ERhaltung des Museums auch ohne Sammlung.

Im Kurier vom 31.3. springen Künstler und Museumsleiter dem Sammlerehepaar Essl bei. Dieter Ronte, Erster Direktor des Museums Moderner Kunst / Museum Ludwig in Wien: "Nirgendwo ist die österreichische Kunstszene so international verankert wie in Klosterneuburg." Das Museum ist ein "Ort der Erinnerung und des Gedächtnisses der Kultur des Landes seit 1945. (...) Das Essl Museum ist aus der museologischen Karte des Landes nicht mehr wegzudenken."