Freitag, 3. Januar 2014

Die Sache mit dem definierten Kammervolumen. Oder: Geht es aufwärts mitder Museumsvermittlung?

Gerhard Matzig fühlt sich verhöhnt. Er, Journalist und Ingenieur, bekommt im Deutschen Museum in München Informationen, die er nicht versteht. "Zwei achteckige Drehkolben werden vom einströmenden Gas beaufschlagt und drehen sich in einem Gehäuse, mit dem zusammen sie ein definiertes Kammervolumen bilden." Allerdings ist er durch einen anderen Text vorgewarnt worden:  "Zum Verständnis der in der Übersichtstafel dargestellten Prozesse ist ein Grundwissen über die Rohölverarbeitung erforderlich."
Was er offenbar nicht weiß ist, daß das deutsche Museum schon seit langem eine eigene kleine Abteilung führt, die sich mit Texten beschäftigt. Man könnte deshalb vermuten, der erste Text sei vom Fachkurator, der zweite von den Textexpertinnen.
In der Glyptothek findet Matzig nur Spurenelemente an Information, "Saal des Fauns ist auf einem Schild zu lesen - und das hätte man sich beinahe auch selbst gedacht, angesichts eines Saals, in dem sich ein Faun befindet."
Der um Hilfe gebetene Herr Wenrich von der Bayerischen Museumsakademie nimmt ihn in die FC Bayern-Erlebniszentrum mit, die mit Medien, Lautstärke, Abwechslung und Interaktion beeindruckt.
Aber ist ein Erlebniszentrum ein Museum fragt sich Matzig bange? So wird er dann glücklich erst im - neuen - Ägyptischen Museum in München. Obwohl einem als Leser nicht ganz so klar wird, warum eigentlich. Weil es hier "keine Replik, kein Plastik, kein Disneyland" gibt?
Die Direktorin ("wir sind Dienstleister") wird als "Pionierin der Museumspädagogik" (2014 - sind das noch Pionierzeiten?) vorgestellt und Museumspädagogik ist  hier, in diesem Text der süddeutschen Zeitung vom 2.1.2014, eine Überredungskunst, mit deren Hilfe es gelingt, etwas schwer Genießbares bekömmlich zu halten: "Es ist eigentlich wie im Unterricht", sagt Herr Wenrich, von der Bayerischen Museumsakademie, "den muß man auch spannend gestalten, um als Erfolg als Lehrer zu haben." 

Sonntag, 22. Dezember 2013

Museum, Politics and power

Museum, Politics and power. Was für ein Programm! Was für eine Steilvorlage! Ich bin sicher, daß ich nicht annähernd einen Überblick habe, was in welcher medialen Form derzeit museologische so jenseits der konventionellen Formen "Buch", "Seminar" oder "Tagung" zirkuliert. Doch so ein programmatischer Titel klingt ja nach Breaking News, so als ob noch nie über das politische des Museums und Macht und Museum diskutiert worden wäre.

Der Blog ist noch frisch! das Ausmaß der Beteiligung ziemlich überschaubar, die Internationalität noch ziemlich begrenzt. hier aber mal der Link und das eröffnende Statemt der Projektbetreiber:

http://museumspoliticsandpower.org

"With the social media project Museum, Politics and Power: An International Conversation we are breaking new ground by accompanying an international ICOM conference with a social media conversation across multiple channels. We’ve taken the tri-national conference as our starting place, but our interests in the topic are global.  No matter where you live or work, we hope you’ll join the conversation.  Here’s what we’ll be doing:

  • Encouraging and leading a discussion to explore what kind of topics connect or separates nations around the world in the arena of museums and politics. Can we really develop transnational and intercultural issues for discussion?

  • Providing information about the conference

  • Sharing background information on the topics closely related to the conference theme “Museums & Politics”/“Museums & Power“

  • Blogging, tweeting and sharing information live from the conference next fall for all colleagues who cannot come to St. Petersburg, Russia.

  • Providing a platform for exchanges among colleagues beyond and after the conference."


Freitag, 20. Dezember 2013

Text macht Museum (Texte im Museum 441)

Der "Ausweichsitz der Verfassungsorgane", kurz Regierungsbunker, sollte die Deutsche Regierung 30 Tage lang in einem Atomkrieg überleben lassen und auch Regierungsfähigkeit ermöglichen Und dann? Wir werden es nie erfahren, denn irgendwann begann man den Bunker aufzugeben. 
Aber es gibt offenbar immer Menschen, die der Meinung sind, daß man etwas erhalten muß, was immer es auch sei, anstatt es verschwinden zu lassen. Der lokale Widerstand, der sich gegen die völlige Demontage des unheimlichen Objekts entwickelte, "rettete" einen Rest - als Museum. Eine rasch hingepinselte Schrift (auf die ich durch Jörn Borchert aufmerksam geworden bin), setzt die entscheidende Demarkationslinie. 
Der Schriftzug bringt wie kein anderer "Museumstext" (in meiner Sammlung von Museumstexten in diesem Blog) Musealisierung auf den Punkt: Museum (Musealisierung) ist ein dezisionistischer Entschluss, etwas auf Dauer unverändert zu lassen.




Museumsszenen

Archäologisches Museum Reggio di Calabria - die sogenannten Bronzen von Riace

Weltmuseum - Stadtmuseum

Bekanntlich wurde die Idee, das Wien Museum vom Karlsplatz in die Umgebung des Zentralbahnhofes zu verlegen, aufgegeben. Nachdem die mit der Stadt kooperationswillige Bank, die den Museumsbau in ihre Entwicklungspläne einbeziehen wollte, wegen der Zögerlichkeit der Stadt Wien den Plan nicht weiter verfolgen wollte, verkündete unlängst der Kulturstadtrat das Verbleiben des Museums am alten Standort als wohlüberlegte kulturpolitische Entscheidung.
Soll sein. Offenbar hat man aber nicht parallel zu diesem Wohlüberlegen einen Plan B ausgearbeitet, denn es soll erst 2015 eine Ausschreibung erfolgen. Da ist der derzeitige Direktor in Pension und die Frage offen, wer denn den Wettbewerb vorbereiten wird. Interessant ist das auch deswegen, weil es offenbar kaum die für einen Architektenwettbewerb nötigen inhaltlich-museologischen Entscheidungen gibt. Seit 2009 hatten die Politiker der Stadt Wien, ziemlich vollmundig, ein "Stadtmuseum neu" angekündigt. Viel Zeit ist vergangen um zuzusehen, wie diesem bunten Luftballon langsam die Luft ausgeht - und die Chance vollkommen vergeben ist, die seit 1963 (!) existierende Dauerausstellung endlich zu ersetzen.

Ein paar hundert Meter entfernt dümpelte ein Museum ebenfalls schon lange in einem eher tristen Zustand dahin. Aber dort scheint nun doch, mit dem neuen Direktor und einer 25 Millionen Euro Investition, etwas in Bewegung geraten zu sein. Dort hat man ein Konzept entwickelt, den Wettbewerb durchgefüht und mit der Adaption von Museen erfahrene Architekten gefunden. Nach einer einigermaßen erträglichen Schliesszeit könnte das Museum 2015 wieder offen sein. Da beginnt man bezüglich des Wien Museums grade noch einmal von vorne.