Als der Wiener Kulturstadtrat Mailath-Pokorny die Enquete zum Wien Museum schloß, würdigte er die Transparenz, mit die Diskussion geführt werde. Das Ergebnis der Enquete, geschweige denn ihr Protokoll wurden nie veröffentlicht.
Martin Fritz hat einen Fund gemacht und nun kann man die 58seitige Dokumentation nachlese: http://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_213991.pdf
Was mir beim Querlesen besonders aufgefallen ist, ist der Mangel an sachlich fundierten Argumenten. Stattdessen gibt es viel Meinung. Das zweite ist die Dominanz der städtebaulichen und architektonischen Fragen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Konzept und Programm des Museums fand kaum statt.
Posts für Suchanfrage mailath werden nach Datum sortiert angezeigt. Nach Relevanz sortieren Alle Posts anzeigen
Posts für Suchanfrage mailath werden nach Datum sortiert angezeigt. Nach Relevanz sortieren Alle Posts anzeigen
Samstag, 7. September 2013
Donnerstag, 14. April 2011
Antwort auf den Offenen Brief betreffend Vorgänge Jüdisches Museum der Stadt Wien an Dr. Andreas Mailath-Pokorny, Bürgermeister Dr. Michael Häupl, Frau Vizebürgermeisterin Mag. Maria Vassilakou, Frau Vizebürgermeisterin Mag. Renate Brauner
30.3.2011
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu Ihrem "Offenen Brief" kann ich Ihnen namens der anderen Adressaten der Wiener Landesregierung und im eigenen Namen mitteilen, dass Prokurist Peter Menasse zwischenzeitlich - wie Sie ja sicher wissen - zurückgetreten ist.
Darüber hinaus hat die Direktion ihrerseits zu einem Dialog eingeladen.
Aus Sicht der Stadt Wien besteht ein großes Interesse an diesem Dialog, um die inhaltliche Arbeit des Jüdischen Museums bestmöglich zu gestalten und wieder ein Klima der Kooperation und des Vertrauens herzustellen, das zu befördern ja auch Ihr Interesse signalisiert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Mailath-Pokorny
sowie im Auftrag von Herrn Bürgermeister Dr. Michael Häupl, Frau Vizebürgermeisterin Mag. Maria Vassilakou und Frau Vizebürgermeisterin Mag. Renate Brauner
Hier der Offene Brief (Link)
PS.: Die als "zum Dialog Eingeladenen" versichern inzwischen, daß sie eine solche Einladung nicht erhalten hätten.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu Ihrem "Offenen Brief" kann ich Ihnen namens der anderen Adressaten der Wiener Landesregierung und im eigenen Namen mitteilen, dass Prokurist Peter Menasse zwischenzeitlich - wie Sie ja sicher wissen - zurückgetreten ist.
Darüber hinaus hat die Direktion ihrerseits zu einem Dialog eingeladen.
Aus Sicht der Stadt Wien besteht ein großes Interesse an diesem Dialog, um die inhaltliche Arbeit des Jüdischen Museums bestmöglich zu gestalten und wieder ein Klima der Kooperation und des Vertrauens herzustellen, das zu befördern ja auch Ihr Interesse signalisiert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Mailath-Pokorny
sowie im Auftrag von Herrn Bürgermeister Dr. Michael Häupl, Frau Vizebürgermeisterin Mag. Maria Vassilakou und Frau Vizebürgermeisterin Mag. Renate Brauner
Hier der Offene Brief (Link)
PS.: Die als "zum Dialog Eingeladenen" versichern inzwischen, daß sie eine solche Einladung nicht erhalten hätten.
Montag, 14. März 2011
Offener Brief zur Entwicklung und Zukunft des Jüdischen Museums
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Häupl,
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin Vassilakou,
Sehr geehrte Frau Stadtrat Brauner,
Sehr geehrter Herr Stadtrat Mailath-Pokorny,
Die UnterzeichnerInnen dieses offenen Briefes wenden sich aus tiefer Besorgnis um die Entwicklungen bzw. um die Zukunft des Jüdischen Museums der Stadt Wien (JMW) an Sie bzw. an die für das Jüdische Museums der Stadt Wien verantwortlichen Gremien.
· Zur Vorgeschichte: In Reaktion auf die Zerschlagung der Hologramme, dem Kernstück der bisherigen Dauerausstellung des JMW, hatten 25 Direktoren/Direktorinnen jüdischer Museen und WissenschaftlerInnen in einem Brief an die Direktorin des JMW, Danielle Spera, ihrer Besorgnis über die künftige Positionierung des JMW Wien in der internationalen Museumslandschaft Ausdruck verliehen.
http://museologien.blogspot.com/2011/02/zerstorung-ist-selbst-thema-unserer.html
· Die Zerschlagung dieser Ausstellungsobjekte erschien vielen als Fanal: als ein – womöglich nicht einmal bewusster – Akt der Zerstörung dessen, was das internationale Standing des JMW als Ort der Reflexion über die Frage der (musealen) Darstellbarkeit von (jüdischer) Geschichte (im Besonderen nach der Shoah) ausgemacht hat. Es war gerade diese Form der „Übersetzung“ von wissenschaftlich-intellektuellen Debatten in die Praxis des Ausstellens, auf der die besondere Position des JMW – trotz relativ beschränkter Mittel – in der internationalen Topographie jüdischer Museen beruhte.
· Das in diesem Schreiben eröffnete Angebot, in einen Dialog mit Frau Spera zu treten, wurde allerdings nicht aufgegriffen, ganz im Gegenteil: Die Reaktion der Leitung des JMW hat sich bislang nicht in inhaltlichen Positionen, sondern in persönlichen Diffamierungen der KritikerInnen und einer generellen Intellektuellen-Feindlichkeit erschöpft: als „Verkopfungen, die sich selbst richten“, wurden kritische Reflexionen denunziert.
http://science.orf.at/stories/1676061/
· Auch auf die Entkräftung des Arguments, man habe die Hologramme nicht abbauen können, durch jene renommierte Firma, die sie hergestellt hat, hat die Leitung des JMW bis heute keine adäquate Antwort gegeben.
Einen neuen Höhepunkt hat diese Diffamierung mit den Äußerungen des Prokuristen des JMW Peter Menasse in seiner – offenkundig auch für die öffentliche Kommunikation des Museums bestimmten – Facebook-Seite erreicht. Die dortigen Äußerungen haben mittlerweile einen Grad an Öffentlichkeit erlangt, der eine Reaktion erforderlich erscheinen lässt.
Im Facebook-Eintrag von Peter Menasse heißt es wörtlich über die UnterzeichnerInnen des Briefes an die Direktorin des JMW:
„Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue."
http://museologien.blogspot.com/2011/03/peter-menasse-es-kotzt-mich.html
Mit dem Wahlspruch der SS Direktorinnen und Direktoren Jüdischer Museen zu verhöhnen – damit ist eine Grenze überschritten, ein Tabu gebrochen, damit verlässt der Prokurist des Jüdischen Museums Wien den kommunikativen Raum, in dem eine Debatte um Ziele, Inhalte und Konzepte für die Zukunft des JMW im internationalen Kontext sinnvoll und möglich erscheint.
Peter Menasse hat diesen einen Satz „Unsere „Ehre heisst Treue“ mittlerweile zwar zurückgezogen, bezichtigt die KritikerInnen aber nach wie vor, eine „Hetzjagd“ gegen ihn zu führen, an anderer Stelle spricht er von „Menschenjagd“. Diese und weitere Anschuldigungen und Diffamierungen auf seiner Facebook-Seite hat Peter Menasse nicht zurückgenommen.
Wir, die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen dieses Schreibens, erklären uns solidarisch mit den Direktorinnen und Direktoren Jüdischer Museen und verwehren uns gegen diese unfassbare Entgleisung auf das Entschiedenste. Besorgt und bestürzt nehmen wir zu Kenntnis, dass sich das JMW durch solche Äußerungen selbst disqualifiziert.
Diese Polemik lenkt auch von der eigentlichen Frage ab: der Zukunft des Jüdischen Museums der Stadt Wien und den diesbezüglichen Vorstellungen der Museumsleitung. Daher möchten wir anregen, den Dialog darüber, der bereits im Schreiben der Museumsdirektorinnen und -direktoren vorgeschlagen wurde, zu beginnen.
Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Mag. Petra Bernhardt, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Univ. Prof. Dr. Hans Goldenberg, Vorstand des Instituts für Medizinische Chemie der Universität Wien
Dr. Louise Hecht, Kurt-und-Ursula-Schubert Institut für Jüdische Studien, Olomouc, CZ
Otto Hochreiter, Direktor stadtmuseumgraz
Dr. K. Hannah Holtschneider, University of Edinburgh
Doz. Dr. Ela Hornung-Ichikawa, Wien
Dr. Martha Keil, Direktorin, Institut für jüdische Geschichte Österreichs
Dr. Gerald Lamprecht, Leiter des Centrums für Jüdische Studien, Universität Graz
Univ. Prof. Dr. Gerhard Langer, stellvertretender Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien
Univ. Prof. Dr. Albert Lichtblau, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte
Thomas Mang, Wien
Univ.Doz.Dr. Wolfgang Maderthaner. Verein f. Geschichte d. Arbeiterbewegung
Dr. Gerhard Milchram, Kurator, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Sabine Offe, Institut für Religionswissenschaft, Universität Bremen
Mag. Petra Paolazzi, Ausstellungs- und Museumskonzeption, Innsbruck
Mag. Herbert Posch, Institut für Zeitgeschichte, Wien
Peter Putz, Wien
Dr. Gabriele Rath, Museumskonzeption und –beratung, Innsbruck
PD Dr. Dirk Rupnow, Leiter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck
Univ.Doz. Dr. Anna Schober, Kulturwissenschafterin, Wien/ Verona
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr.in Claudia Andrea Spring, Wien
PD Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
Mag. Elisabeth K. Wappelshammer, Historikerin, Wien
Bruno Winkler, Schruns
Mag. Regina Wonisch, Wien
Dr. Heidrun Zettelbauer, Institut für Geschichte, Universität Graz
Luisa Ziaja, Wien
Stand der Unterschriften: 16.3.2011
Wenn Sie sich dem Offenen Brief anschließen wollen, genügt eine formlose Zustimmung in Form eines Kommentars (unter dem Post).
Montag, 21. Februar 2011
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Marianne Enigl im "profil". Und ich habe immer noch Fragen...
Unter dem Titel "Scherbenhaufen" schreibt im heute erscheinenden "profil" Marianne Enigl (der Artikel ist inzwischen hier online zugänglich) zur "Zerstörung der Dauerausstellung" im Wiener Jüdischen Museum.
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.
Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.
Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."
Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."
Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:
"Spera kommt der Vorgabe (der Politik; GF) mit Elan nach – und macht sich auch selbst zum Exponat. Schulen dürfen sie zu „Director’s Visits“ laden. Um Lesern des Celebrity-Magazins „First“ das Jüdische Museum nahezubringen, ließ sie sich in beigestellter Designermode vor Artefakten ablichten, die der Zerstörung durch den Nationalsozialismus entgangen waren."
Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.
Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?
"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.
Marianne Enigl im Profil: "Die Homepage des Museums zeigt Spera vor einem unansehnlichen Plexiglas-Duplikat der Hologramme. Dieses war allerdings verdreht montiert worden, sodass die darauf schillernden Flaggen Österreichs und Israels liegend wehten"
Marianne Enigl interpretiert die Zerstörung der Hologramme als Effekt eines zu raschen und ehrgeizigen Versuchs, so schnell wie möglich die Sanierung des Gebäudes und die Errichtung einer neuen Dauerausstellung zu realisieren. Und sie zitiert den ehemaligen Geschäftsführer des Museums, der die Erhaltung der Hologramme als wohl möglich gewesen einschätzt.
Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.
Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."
Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."
Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:
Eine der Bildseiten in "First", die im Artikel erwähnt werden |
Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.
Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?
Montag, 13. Dezember 2010
Ein neues Wien Museum? Worüber man reden könnte (2)
Wien Museum, mit dem Karlsplatz im Titel |
Geht es also nur mehr um das "wohin" und nicht mehr um "ob" und "wie", also nicht um die Fragen, ob es einen Neubau überhaupt geben muß und wenn, mit welchem neuen Konzept?
Wir erfahren im Artikel zunächst etwas, warum das alte Museum nicht mehr reicht, und zwar vom Kulturstadtrat, der mitteilt, daß das alte Museum hätte saniert werden müssen und zu klein sei. Also soll es bereits 2011 die Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs geben. Für das - so Matthias Dusini - "kulturpolitische Prestigeprojekt der neuen rot-grünen Stadtregierung". "Ein architektonisches Signal, mit dem Wien sein museales Image korrigieren könnte" soll es werden (Mailath-Pokorny). Deshalb soll das Museum im Zentrum liegen und, so berichtet Dusini, neben Stephansdom und Riesenrad ein weiterer Leuchtturm der Kultur werden. Allerdings habe sich neben dem Schwedenplatz (Morzinplatz) auch der Karlsplatz als idealer Standort herauskristallisiert, sagt wiederum Direktor Kos. Nur: am Karlsplatz steht es ja eh, das Museum. Von den Grünen hört man in dem Artikel nur, daß sie sich als einzige Bedingungen eine umweltfreundliche Architektur wünschen.
Kos wird zitiert: "Es gibt einen breiten Konsens, sicher auch deshalb, weil es sich um kein Luxusmuseum handelt, sondern um ein Gebrauchsmuseum für ganz verschiedene und auch neue Zielgruppen, das Geschichte und Kunst im Konnex mit aktuellen, gesellschaftspolitischen Themen vermitteln will."
Das hört sich auch an, als seien die wesentlichen Entscheidungen schon gefallen.
Mit Kos sind alle zufrieden. Den Neustart des Museum seit dessen Bestellung nennt Dusini "gelungen", und nennt als Argumente das "sorgfältig erneuerte Erscheinungsbild" des "Museumsverbunds"; daß die Ausstellungen nun nicht mehr 'Wiener Uhren vom Mittelalter bis zur Neuzeit' hießen, sondern 'Kampf um die Stadt', und daß zum Beispiel diese Ausstellung ein Beispiel dafür sei, wie "ein Museum den Mainstream geschichtlicher Periodisierung umpflügen kann: Bürgerkrieg statt Biedermeier, Nachkriegsarchitektur statt Jugendstil."
Dann kommt die Frage nach einer zeitgemäßen Museumshaltung: "Was wäre denn der aktuelle Wien-Plot?". Dusini verweist auf das Stadtmuseum Frankfurt der 70er-Jahre mit ihrer Lernort contra Musentempel - Ideologie, das neueste Konzept desselben Hauses mit einem Schwerpunkt auf Partizipation, auf die Migrationsausstellung The Peopling of London im dortigen Stadtmuseum (2003) und schließlich eine Ausstellung der Direktion Kos selbst, "Gastarbeitejteri" (2004) zu 40 Jahren Arbeitsimmigration. Daß Migration ein Thema sein muß, das kommt von vielen Seiten. Daher sollen laut Kos "kulturelle Diversität und Zuwanderung (…) Kernthemen im neuen Museum werden."
Dusini wird ganz bange: "Wie können die Neuwiener - immerhin jeder vierte Einwohner - dazu gebracht werden, sich mit der Selbstdarstellung Wiens zu identifizieren?".
Kulturpolitik (Mailath-Pokorny) und Kos wollen, so Dusini, thematisch so gut wie alles und kommen damit der geplanten Fusion des Völker- und Volkskundemuseums in die Quere, Museen, an deren Zusammenlegung ja gebastelt wird (derzeit mit sehr wenig Aussicht auf Realisierung, jedenfalls nicht in nächster Zeit). Das seinen überdies Museen die den "Prozess der Selbstaufklärung längst hinter sich" (Dusini) haben und die in der Lage sind, die "heutige Gesellschaft in ihrer kulturellen Vielfalt" darzustellen. Das soll ja aber auch das Wien Museum. Mailath-Pokorny etwa möchte die Musikstadt Wien besonders berücksichtigt haben und irgendwie steht plötzlich auch noch die Integration des kommunalen Hauses der Musik im Raum aber auch die Integration des Stadtkinos.
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Ein neues WienMuseum? Worüber man reden könnte (1). Der FALTER läßt diskutieren.
Dachgleiche des Historischen Museums der Stadt Wien, 1955. Und jetzt ein neues Museum? |
Der FALTER veröffentlicht in seiner heute erschienenen Nummer einige kurze Statements und führt damit jene Diskussion, die Stadtrath Mailath-Pokorny angekündigt hat, wenigstens in Ansätzen.
In meinen 1600 oder 1700 Zeichen, die ich zur Verfügung hatte, frage ich mich vor allem, warum der Direktor des Museums erst jüngst entdeckt hat, daß der existierende Bau für seine Zwecke nicht mehr genügt und warum erst jetzt, wie es aussieht als Legitimation der Forderung nach einem Neubau, ein Konzept vorgelegt wird.
Wegen der verlangten Kürze des Statements ist bloß eine Polemik im Bonsai-Format herausgekommen und ich habe vor, im Blog ausführlicher zum WienMuseum und zu seinem Konzept zu schreiben.
Hier der Text für den FALTER.
Stadtmuseen haben das Problem, daß ihnen die Entwicklung der Städte davonläuft und das Publikum, dem sie einmal verpflichtet waren. Was eigentlich für wen in einem Stadtmuseum dargestellt und vermittelt werden soll, wird immer unklarer. Spürbar wird diese Entwicklung am Veralten, am Marginal-Werden der Stadtmuseen und an der Deklassierung gegenüber der Museums-Konkurrenz, die mit van Gogh und ausgestopftem Streichelschaf punktet.
Wolfgang Kos hat aus dem Dilemma vor allem mit Marketing zu entkommen versucht, mit einer Imagekorrektur, mit der Umbenennung und Abstoßen des ‚historisch’ aus dem Namen des Hauses und jüngst mit der Stilisierung zum Universalmuseum.
Nun soll aber alles anders werden, es soll ein neues Haus geben, eine neue Dauerausstellung, eine neue Haltung. 52 Seiten hat das sogenannte Vision Statement. Alle museologischen Reiz- und Stichwörter aus dem museologischen Proseminar sind aneinandergereiht, ein langer Katalog von Versprechen: antihegemonial soll das Museum werden aber auch touristisch, es soll alle ansprechen aber speziell doch die Schüler, es soll Klischees reflektieren aber das Biedermeier neu entdecken, es soll sensibel gegenüber dem Migrationshintergrund der Wiener sein aber auch ein Ort der Bürgergeschichte, es wird ein kultureller Grundversorger sein, ein Haus der Toleranz, ein Impulsgeber für die Stadtentwicklung, eine Sehenswürdigkeit, ein Modell für die Entwicklung von Museen im internationalen Maßstab, ein Volksbildungsinstitut neuen Zuschnitts, wach gegenüber Zeitfragen, fähig, gesellschaftliche Zusammenhänge und geschichtliche Brüche zu thematisieren, die Sammlung und ihre ‚Schätze’ ins rechte Licht rücken, den spatial turn mitvollziehen, erlebnisorientiert sein, Imagekonstruktionen dekonstruieren, Identitäten verflüssigen - und so weiter. Der zweite Teil stellt knapp die Module einer neuen Dauerausstellung vor. Dort fehlen dann nicht nur die meisten der genannten Ideen, vor allem fehlt hier jeder Hinweis, wie die hochgesteckten Ziele eigentlich umgesetzt werden sollen. Stattdessen paradieren hier alte Bekannte, Türken und Kaffeehaus, Klimt und Naschmarkt, Wien um 1900 und Karl Marx Hof.
Wolfgang Kos ist seit mehr als sieben Jahren Leiter des WienMuseum. Er hatte sieben Jahre Zeit, um zu entdecken, daß er für die Verwirklichung seiner Träume ein neues Haus braucht. Er hatte sehr viel Zeit, einige der Versprechen, die jetzt als Rechtfertigung eines Neubaues publiziert werden, einzulösen. Und er hatte sieben Jahre Zeit für die Ausarbeitung eines Konzepts, das keine eigene Sprache findet und kaum eine originelle Idee enthält.
Abonnieren
Posts (Atom)