Sabine Breitwieser im anlässlich ihrer Bestellung zur Leiterin des Museum der Moderne gegebenen Interview. Tageszeitung Der Standard, 13.August 2013 "...Es gab an diversen österreichischen Museen, auch am MdM, Ausstellungen privater Sammlungen und Institutionen. In den USA ist es tabu, eine Privatsammlung auszustellen, wenn einem nicht Werke auf Dauer zur Verfügung gestellt oder im Idealfall geschenkt werden. Das ist auch grundsätzlich richtig so: Eine private Sammlung zu zeigen, sozusagen zu ihrem Upgrading beizutragen und sie dann wieder ziehen zu lassen, ist nicht Aufgabe eines öffentlichen Museums. Mein Ziel ist es, eine wichtige Sammlung an das Haus zu binden und im Dialog mit den bestehenden Sammlungen zu entwickeln, welche weiteren Impulse für die Sammlung sinnvoll zu setzen sind."
Sabine Breitwieser weiß natürlich was sie sagt und sie weiß auch jetzt was sie tut. In dem Interview, aus dem ich zitiere, erwähnt sie den Code of Ethics des Museum of Modern Art (von dem sie ja nach Salzburg berufen wurde) und wie strikt der gehandhabt wurde. Es sei dahingestellt, ob wegen eines solchen Codes die Verhältnisse in den Museen der USA wirklich so viel anders sind, als in Europa. Allein die Existenz eines Codes weist ja darauf hin, daß es etwas zu regeln gibt. Und das gilt für keinen Museumstyp mehr, als für Museen moderner Kunst. Die Verflechtung von Museum, Markt, Galerien, Händlern, Experten, Sammlern ist nirgendwo derart eng und dickichhaft verflochten.
Sabine Breitwieser, weiß was sie tut. Und sie weiß, warum sie ihre Meinung ändern kann. Sie weiß, daß sie in Österreich anders agieren kann als anderswo. An der Albertina und an Klaus Albrecht Schröder gab es mancherlei Kritik, eine gezielte und wirksame an seinem Deal mit dem Ehepaar Batliner ist mir nicht bekannt, eine Auseinandersetzung mit Batliner und seiner Rolle in der Finanzwirtschaft auch nicht. Dabei müsste man z.B. nur die Süddeutsche Zeitung gelesen haben, seinerzeit und rechtzeitig. Als man die Stiftung Leopold einrichtete, statt die Sammlung in ein staatliches Museum zu integrieren, hat man über den Kaufpreis geschrieben. Was die Stiftungskonstruktion bedeutet, dämmert vielen erst jetzt, angesichts des Umgangs mit Restitutionsfragen und der Gründung einer Klimt-Stiftung durch Mitarbeiter des Hauses.
Weil die Verhältnisse so verschlampt sind, weil die Medien nicht reagieren oder auch wegschauen, kann Frau Breitwieser machen was sie eben macht. Was die Politiker betrifft, bleibt die Frage, wissen sie es auch, was sie tun oder haben sie ahnungslos und ohne jede Beratung agiert? Haben sie sich je mit der Frage beschäftigt, was den Unterschied von privat und öffentlich in bezug auf eine Kulturinstitution, auf ein Museum ausmacht?
(21.01.2014)
Der Ausgangstext mit den wesentlichen Informationen, einigen mir bekannt gewordenen Pressereaktionen und einem ersten Kommentar hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-ubernahme-eine.html
Dienstag, 21. Januar 2014
Montag, 20. Januar 2014
Ein Coup. Ein zweiter Kommentar. Das Museum der Moderne in Salzburg und die Generali Foundation
Dieser Kommentar bezieht sich auf den gestern verfassten Post zur Kooperation (um das neutralste aller Worte dafür zu verwenden) zwischen der Generali Foundation und dem Museum der Moderne Salzburg. Die durch eine Presseaussendung mitgeteilten Aspekte der Kooperation sollte man dort nachlesen: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-ubernahme-eine.html
Kommentar (2)
Das Land Salzburg bezahlt den Museumsbetrieb einschließlich Erhaltung des Baues, Lohnkosten der Mitarbeiter, die Errichtung eines Depots, die Kosten der Deponierung, die Kosten der Einrichtung der Dauerausstellung, die Kosten für Marketing und Pressearbeit, für Kataloge u.v.a.m.
Die Generali-Foundation spart sich (einige ihrer bisherigen) Mitarbeiter, den Aufwand für den bisherigen Standort, den sie u.U. als Immobilie verwerten kann, sie bekommt kostenloses Image und ihre Sammlung wird über die Laufzeit der Leihgabe von 25 Jahren eine veritable Wertsteigerung erfahren (und sich damit der Einsatz des Ankaufsbudgets sehr günstig verzinsen), unter andern deswegen, weil sie eine für den Kunstmarkt attraktive "museumsreife" Sammlung eines klassischen öffentlichen Museums besitzt. Womöglich kann die Generali Foundation dann, wenn das im Vertrag nicht untersagt ist (was ich mir nicht vorstellen kann, weil das eine Schmälerung des Verfügungsrechtes über Privateigentum wäre), die Sammlung oder Teile daraus verkaufen, ohne der Öffentlichkeit etwas zu schulden.
Dabei geht es um eine Sammlung, die sich kritisch mit Politik, (Kunst)Markt, Ökonomie auseinandergesetzt hat und in der mit Hans Haacke die direkte Institutionenkritik am Museum und an seinen ökonomischen und machttechnischen Rahmenbedingungen einen prominenten Platz hatte - eine Kritik an genau jenen Machtverhältnissen und -techniken, wie sie sich im gegenständlichen Fall zeigt - einschließlich des inferioren Umgangs mit den bisherigen MitarbeiterInnen der Foundation und ihrer Leiterin, die bis heute Montag, anders als versprochen, nicht über die Absichten der Foundation in Bezug auf ihre Rolle, unterrichtet sind und die nicht über den "Deal", der ihre Arbeit in Wien beendet, unterrichtet wurden.
Nach der Transformation der Grafischen Sammlung Alberten mithilfe der Sammlung des Ehepaares Batliner (die sie dem Museum der Moderne in Salzburg zuvor angeboten hatten, aber an der Kritik an der prominenten wie, nun sagen wir mal, von vielen Jornalisten und Beobachtern als ebenso problematisch eingestuften beruflichen Tätigkeit Herrn Batliners scheiterte) und der Einrichtung der Leopold-Stiftung ist das das dritte Beispiel einer - indirekten und unterschwelligen -, Privatisierung eines öffentlichen Museums.
Es ist eine Übernahme und eine Preisgabe. Aber alle, Initiatoren wie Berichterstatter, sind zufrieden, glücklich oder gar enthusiastisch.
Der Schaden, nimmt man nicht nur diesen aktuellen Fall, sondern die genannten Beispiele ins Auge, ist nachhaltig und wird es bleiben, denn es geht um die Preisgabe eines kulturellen Projekts, das untrennbar mit liberaler und diskursiver Öffentlichkeit, öffentlicher Verwaltung und sorglicher Erhaltung, egalitärer Nutzung im Interesse aller ohne jeden Ausschluss und um auch materiell-rechtlichen Gemeinbesitz an den kulturellen Gütern verbunden war.
Ein dritter Kommentar - zu einer bemerkenswerten Meinungsänderung von Sabine Breitwieser hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-gravierende.html
Kommentar (2)
Das Land Salzburg bezahlt den Museumsbetrieb einschließlich Erhaltung des Baues, Lohnkosten der Mitarbeiter, die Errichtung eines Depots, die Kosten der Deponierung, die Kosten der Einrichtung der Dauerausstellung, die Kosten für Marketing und Pressearbeit, für Kataloge u.v.a.m.
Die Generali-Foundation spart sich (einige ihrer bisherigen) Mitarbeiter, den Aufwand für den bisherigen Standort, den sie u.U. als Immobilie verwerten kann, sie bekommt kostenloses Image und ihre Sammlung wird über die Laufzeit der Leihgabe von 25 Jahren eine veritable Wertsteigerung erfahren (und sich damit der Einsatz des Ankaufsbudgets sehr günstig verzinsen), unter andern deswegen, weil sie eine für den Kunstmarkt attraktive "museumsreife" Sammlung eines klassischen öffentlichen Museums besitzt. Womöglich kann die Generali Foundation dann, wenn das im Vertrag nicht untersagt ist (was ich mir nicht vorstellen kann, weil das eine Schmälerung des Verfügungsrechtes über Privateigentum wäre), die Sammlung oder Teile daraus verkaufen, ohne der Öffentlichkeit etwas zu schulden.
Dabei geht es um eine Sammlung, die sich kritisch mit Politik, (Kunst)Markt, Ökonomie auseinandergesetzt hat und in der mit Hans Haacke die direkte Institutionenkritik am Museum und an seinen ökonomischen und machttechnischen Rahmenbedingungen einen prominenten Platz hatte - eine Kritik an genau jenen Machtverhältnissen und -techniken, wie sie sich im gegenständlichen Fall zeigt - einschließlich des inferioren Umgangs mit den bisherigen MitarbeiterInnen der Foundation und ihrer Leiterin, die bis heute Montag, anders als versprochen, nicht über die Absichten der Foundation in Bezug auf ihre Rolle, unterrichtet sind und die nicht über den "Deal", der ihre Arbeit in Wien beendet, unterrichtet wurden.
Nach der Transformation der Grafischen Sammlung Alberten mithilfe der Sammlung des Ehepaares Batliner (die sie dem Museum der Moderne in Salzburg zuvor angeboten hatten, aber an der Kritik an der prominenten wie, nun sagen wir mal, von vielen Jornalisten und Beobachtern als ebenso problematisch eingestuften beruflichen Tätigkeit Herrn Batliners scheiterte) und der Einrichtung der Leopold-Stiftung ist das das dritte Beispiel einer - indirekten und unterschwelligen -, Privatisierung eines öffentlichen Museums.
Es ist eine Übernahme und eine Preisgabe. Aber alle, Initiatoren wie Berichterstatter, sind zufrieden, glücklich oder gar enthusiastisch.
Der Schaden, nimmt man nicht nur diesen aktuellen Fall, sondern die genannten Beispiele ins Auge, ist nachhaltig und wird es bleiben, denn es geht um die Preisgabe eines kulturellen Projekts, das untrennbar mit liberaler und diskursiver Öffentlichkeit, öffentlicher Verwaltung und sorglicher Erhaltung, egalitärer Nutzung im Interesse aller ohne jeden Ausschluss und um auch materiell-rechtlichen Gemeinbesitz an den kulturellen Gütern verbunden war.
Ein dritter Kommentar - zu einer bemerkenswerten Meinungsänderung von Sabine Breitwieser hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-gravierende.html
Sonntag, 19. Januar 2014
Ein Coup. Eine Übernahme. Eine Privatisierung - Das Salzburg Museum wird zum Schauplatz des Generali-Konzerns
Was?
Am Freitag den 17.1. wurde in einer in Salzburg abgehaltenen Pressekonferenz mitgeteilt, daß die Sammlung der Generali Foundation, eines großen Versicherungskonzerns, von Wien ins Salzburger Museum der Moderne übersiedelt. Die Pressekonferenz wurde von den Initiatoren dieses Transfers abgehalten: den Vertretern des Versicherungskonzerns, der Direktorin des Museums der Moderne, Sabine Breitwieser, die 1988 die Institution der Generali Fundation in deren Auftrag gegründet und eröffnet hatte, dann kurzzeitig am Museum of Modern Art New York als Kuratorin tätig war und 2013 zur Leiterin des Salzburger Museums bestellt worden war, sowie Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne).
Die Vereinbarung sieht eine Dauerleihgabe von 2100 Werken von 250 Künstlern an das Salzburger Museum der Moderne auf 25 Jahre vor, aus der eine immer wieder modifizierte Dauerausstellung gebildet werden soll, die Bereitstellung von Personal, die Übersiedlung auch des dazu gehörigen Archivs und der Bibliothek sowie ein Ankaufsbudget, in nicht genannter Höhe, "um die Sammlung auch in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln." (Die Presse 17.01) Sabine Breitwieser, Gründungsdirektorin der Generali Foundation und bis 2007 für die Sammlung zuständig, leitet seit September 2013 das Museum der Moderne. " Sabine Breitwieser "bringt die einst von ihr gegründete und Wiener Generali Foundation in ihren Einflussbereich zurück. (...) Breitwieser stellte in Abrede, dass sie den Deal schon eingefädelt hatte, als sie 2012 ihren Top-Job als Chefkuratorin im New Yorker Museum of Modern Art zugunsten des Direktorsposten in Salzburg aufgab. Für die gebürtige Welserin ist die Fusion gewiss ein Glücksfall." ("Breitwieser holt Generali-Foundation nach Salzburg" in: Kurier, 17.01)
Warum?
„In Wien", sagte Peter Thirring, Vorsitzender des Vorstands der Generali Holding Vienna AG, "war es gut, aber an diesem prominenten Standort am Mönchsberg spielen wir in einer anderen Liga“. (Die Presse 17.01) Dr. Dietrich Karner, Präsident der Generali Foundation und Vorsitzender des Aufsichtsrates der
Generali Holding Vienna AG und der Generali Versicherung AG sagte: "Wir werden uns weiterhin um diese Sammlung bemühen (...) Die Sammlung war für unser Unternehmen immer ein bedeutender Imageträger. Aber in Wien sind wir an Grenzen gestoßen. In Salzburg wissen wir sie in guten Hände, da gibt es viel mehr Platz, große Teile der Sammlung der Öffentlichkeit häufiger zugänglich zu machen." (Die Presse 17.01) Und derselbe in einer Aussendung der Austria Presseagentur: "Diese Partnerschaft ist auch Garant dafür, dass sowohl die Kunstsponsoring-Aktivitäten der Generali Gruppe Österreich als auch die Vermittlung der internationalen Sammlung der Generali Foundation langfristig sichergestellt sind. Ich freue mich sehr, dass die Generali Foundation mit dem Museum der Moderne Salzburg einen so kompetenten Partner unter der visionären Leitung von Dr. Sabine Breitwieser gefunden hat."
Die Museumsdirektorin Sabine Breitwieser: „Wir können mit einem Schlag Defizite der internationalen Kunst der 1960er-Jahre bis zur Gegenwart ausgleichen.“ (Die Presse 17.01) Und dieselbe: "Man müsse Museumsdirektoren wie Chris Dercon, dem Direktor der Londoner Tate Modern, einen Grund geben, nach Salzburg zu kommen." (Der Standrad, 17.01.)
Der Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer begründet den Nutzen, den das Land von der Vereinbarung habe so: Kunstwerke der Generali-Sammlung seien bei internationalen Leihgebern sehr gefragt: „Das bedeutet, dass wir im Gegenzug auch häufig Kunstwerke nach Salzburg holen könne, die wir ohne die Generali-Sammlung nur selten bekommen würden.“ (Die Presse 17.01) Sowie: "Mit der wegweisenden wie stringenten Sammlung Generali Foundation
am Museum der Moderne Salzburg wird das Land Salzburg ein noch stärkerer Anziehungspunkt für Kunstfreunde aus aller Welt". (Aussendung der Austria Presseagentur 17.1.)
Dr. Heinrich Schellhorn, Landesrat für Kultur in Salzburg (Die Grünen): "Die hochkarätige und international anerkannte Sammlung Generali Foundation erweitert das Potenzial des Museum der Moderne Salzburg um ein Vielfaches und bringt inhaltlich und qualitativ Neues. Das wird dem Museum, den Besucher_innen und allen Interessierten zugutekommen. Das Museum kann damit auch seinen Vermittlungs- und Bildungsauftrag verstärkt wahrnehmen. Als Landesrat für Kultur freue ich mich riesig über die Aufwertung des Museum der Moderne und bedanke mich bei der Generali Foundation und allen, die dies möglich gemacht haben." (Austria Presseagentur 17.1.)
Die Tageszeitung Die Presse vom Tag der Bekanntmachung der Vereinbarung nennt noch weitere Bewertungen, wie sie in der Pressekonferenz geäußert wurden: "Strategische Weichenstellung für Salzburg", "Meilenstein", "Aufwertung des Kulturlandes Salzburg", "Liebesheirat."
Ein Problem wird mit der Übersiedlung für das Land Salzburg größer. Das Museum der Moderne hat keine Depoträume. Andere Salzburger Museen benötigen ebenfalls dringend Depotflächen. Nun sei mit der Übersiedlung der Bedarf auf das etwa dreifache gestiegen. Deswegen habe man (Wilfried Haslauer) den schon vorbereiteten Plan Einers Depots auf dem Mönchsberg aufgegeben. Man suche eine verkehrsgünstige Immobilie auf der grünen Wiese und nennt Ende 2015 als Ziel des Einzugs der Sammlungen in das Depot. (Die Presse 17.01)
Wie?
Die Generali Foundation hat vor, ihr Haus im vierten Bezirk in Wien noch bis Ende 2015 bespielen. Keine Pläne hat sie, was mit den Räumen in Wien nach der Übersiedlung geschehen soll. Sowohl einige der Medien (nicht alle) und vor allem viele Postings in den diversen Zeitungen nennen den Umgang mit der Leiterin und dem Team der Generali Fundation irritierend und unverständlich, auch schädigend für den Ruf des Generali-Konzerns: "Auf APA-Nachfrage am Wiener Standort zeigte man sich zunächst überrascht und war seither für keinen Kommentar erreichbar." (Die Presse 17.01). Offenbar wurde die Leiterin der Generali Foundation, Sabine Folie, von der Auflösung der von ihr geleiteten Institution zugunsten einer Partnerschaft mit dem Museum der Moderne in Salzburg vom Generali-Vorstand vor der Pressekonferenz nicht informiert. „Das Haus und seine Mitarbeiter inklusive der Direktorin“ seien vor der Salzburger Pressekonferenz „nicht in Kenntnis gesetzt worden“, hieß es am Freitagnachmittag via ORFNews und Presseaussendung. Zu der "für 2015 angesetzten Umsiedlung der Sammlung der Generali Foundation sowie der Bibliotheks- und Archivbestände in das Museum der Moderne, kann die Generali Foundation keine Stellungnahme abgeben, da das Haus und seine Mitarbeiter_innen inklusive der Direktorin, Dr. Sabine Folie, bis heute zum Zeitpunkt der Pressekonferenz in Salzburg nicht über die Entscheidungen des Vorstandes in Kenntnis gesetzt worden sind." APA Aussendung, 17.1. Der Generali-Konzern hat für Montag, den 20.1. eine Information dazu angekündigt. Die Zukunft von Sabine Folie, der derzeitigen Direktorin, wird vom Präsidenten der Foundation als "noch unklar" bezeichnet. „Wir sind dafür bekannt, dass wir mit unseren Mitarbeitern sehr wertschätzend umgehen.“
Pressestimmen
"Gottfried Bechtold, der seine Werke in der Generali Foundation immer gut aufgehoben sah, hat absolut nichts gegen den Ortswechsel. Er traut aber vor allem der neuen MdM-Leiterin viel zu. Wer das Ringen um die Errichtung des Baus verfolgt und immer wieder einmal die attraktiven Ausstellungsräumlichkeiten besucht hat, der kann sich über eine Belebung der Kunsthallenlandschaft nur freuen. Mit dem Kunsthaus Bregenz, dem erwähnten MdM in Salzburg und dem Lentos in Linz wurden Fixpunkte geschaffen. Jetzt sollte nur noch das tolle Kunsthaus Graz etwas deutlicher hervortreten." Christa Dietrich, Vorarlberger Nachrichten, 18.01
"In Salzburg kann die Sammlung der Generali Foundation – für sich und die Stadt als Kunststandort - zum heutigen Zeitpunkt noch wesentlich mehr erreichen. Sie kann einen „luftleeren Raum“ (Sabine Breitwieser, Direktorin MdM) im Museum der Moderne füllen und die Standortvorteile eines bekannten Landesmuseums für sich nutzen. Schließlich sollte das finanzielle Engagement des Generali Konzerns von Anfang an auch der Imagepflege dienen." Ann Katrin Feßler unter dem Titel "Generalis schlauer Umzug" in: Der Standard, 17.1.
"Ein Deal, den man durchaus als Coup bezeichnen kann." Ann Katrin Fessler, Stefanie Ruep, "Kunstsammlung verlässt Wien", in: der Standard 17.01.
"Es ist ein bisschen so, als hätte im nach dem Finanzskandal von Budgetnöten geplagten Salzburg jemand ein Füllhorn ausgeschüttet: Die Generali Foundation überträgt ihre international beachtete Sammlung als Dauerleihgabe an das Salzburger Museum der Moderne". Claudia Lagler, Die Presse 17.01.
Kommentar
Ein Museum ist dann öffentlich, wenn es von der öffentlichen Hand (Staat, Land, Stadtgemeinde) erhalten und verwaltet wird, in einem gesellschaftlichen Interesse an egalitärem Zugang zu Bildung und an einem sozialen und zivilisierenden Raum, an dem die permanente Auseinandersetzung mit den Grundlagen und Grundfragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und Zusammenhalts stattfinden kann. Dazu ist die Öffentlichkeit des Museums zusätzlich noch bestimmt, nämlich als liberale - bürgerlich traut man sich angesichts dieses Vorganges (und anderer in manchem vergleichbarer) gar nicht zu sagen -, also allgemein zugängliche Sphäre des Diskurses, der Argumentation, der Willens- und Erfahrungsbildung. Materiell ist dazu die staatliche Finanzierung und das allgemeine Eigentum an den Sammlungen zwingend. Jede Partikularisierung, d.h. jede Privatheit steht im strikten Widerspruch zu den Aufgaben und zur Struktur des öffentlichen Museums.
Auch wenn man die Einzelheiten des Vertrages nicht beurteilen kann, der ja nicht oder noch nicht veröffentlicht wurde, so lassen einzelne deklarierte Vereinbarungen und die Sprachregelung der Initiatoren keinen Zweifel daran (auch wenn sie das selbst vielleicht nicht so sehen oder nicht sehen wollen), daß es sich um die Privatisierung eines öffentlichen Museums handelt. Nicht de jure, aber de facto.
Die Wendung des Vorstandes "wir spielen in Salzburg in der ersten Liga" drückt, wahrscheinlich unbeabsichtigt, das Selbstbewusstsein des Konzerns aus, die Entscheidungshoheit und Verfügungsgewalt zu haben. Der Konzern mag Mittel bereitstellen, aber diese fließen in eine Sammlung, die ihm gehört, aus der er expressis verbis Image beziehen will, und die u.U. nach der Laufzeit der Vereinbarung wieder an ihn zurückfallen kann, womöglich auch zur Veräußerung. Das ist bei einem öffentlichen Museum undenkbar. Die aus Steuermitteln gespeiste Infrastruktur kommt nun wesentlich dem Konzerninteresse zugute, Ausstellungen, Sammlungserweiterung, bauliche Investitionen wie die Errichtung des Depots, Medienarbeit und Marketing, - von allem dem profitiert der Konzern.
"Ein Deal, den man durchaus als Coup bezeichnen kann," nennt das eine Journalistin. Ja, ein Coup, auch deswegen, weil mit ihm die Leiterin der Foundation kalt abserviert wird, samt ihrem Team, weil die bisherige Arbeit des Museums abgewertet wird, von der Direktorin selbst, die vom "luftleeren Raum am Mönchsberg" spricht, so als hätten dort nicht namhafte Leiter und exzellente Kuratoren gearbeitet an Ausstellungen, von denen ich von eigenen Besuchen nur schöne und eindrucksvolle Erinnerungen mitgenommen habe. Ja, ein Coup also, ein "frech und kühn angelegtes Unternehmen", ein "Handstreich", so wie es der Duden übersetzt. Eine kalte Enteignung der Öffentlichkeit. Mit Unterstützung ihrer wichtigsten Vertreter, Landeshauptmann und Kulturlandesrat. Ein Coup, der in die Zeit passt, der aber deswegen nicht entschuldbarer oder relativierter würde.
Öffentliche Orte sind kostbare Gefäße. Es bedurfte nicht erst des in Ausmaß und Tragweite kaum abschätzbaren NSA-Skandals, um wieder einmal in Erinnerung zu rufen, wie sehr die Demokratie einer lebendigen, vitalen Öffentlichkeit bedarf und wie fragil und gefährdet sie ist. Deswegen muß man gegen jede Zumutung, auch diese, auftreten.
P.S.: Der Post gibt meinen Informationsstand vom Abend des 19.1. wieder.
Ein inzwischen am 20.1. verfasster zweiter Kommentar hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-ein-zweiter-kommentar-das.html
Ein dritter Kommentar vom 21.1.: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-gravierende.html
Lümmeln im Museum
Donnerstag, 16. Januar 2014
Wien ist nicht New York
So in etwa könnte das dann aussehen |
Und so könnte man dann dort frühstücken |
Etwas vergnüglicheren Lesestoff bietet die taz-Korrespondentin Ophelia Abelere, die detailliert und mit Zitaten der New Yorker Presse angereichert über jenen Vorgang berichtet, den artin Fritz zum Vergleich mit Wien heranzieht. Museum schluckt Museum, das MOMA das wegen Verschuldung weichende American Folk Art Museum. In New York muß es noch eine weitaus reichere, vergnüglichere und respektlosere Museumskritik geben, als hierzulande. Der Gigant MOMA wächst und wächst aber so wirklich besser, sagen uns Frau Abeler und die New Yorker Kritiker, auch nicht. 80 Stockwerke hoch ist der Neubau, wird aber nur teilweise genutzt, um, sic!, nicht etwa konzeptuell begründet sich zu erweitern, sondern um die Besucher, von denen es derzeit im Verhältnis zum Bauvolumen zu viele gibt (Scherz!), unterzubringen. Von allen Nettigkeiten & Bösartigen, dies in der taz zu lesen gibt hier, nur eine: Jerry Saltz vom New York Magazine meint da, die Erweiterung sei dazu da, damit "Leute anderen Leuten dabei zugucken können, wie sie anderen Leuten beim Leuteangucken zugucken". (Ophelia Abeler: Sich einfach nur mal hinsetzen, in taz, 16.1.2014)
Dienstag, 14. Januar 2014
Aus der Reihe "Heroinen der Museumsgeschichte".... Martha Maxwell
Martha Maxwell mit Flinte (oben) und im von ihr geschaffenen Rocky Mountain-Museum, Boulder, Colorado. 1875 |
Das "ur"-älteste Museum der Welt und die erste Objektbeschriftung
1924 hat ein englischer Archäologe im babylonischen Ur, einer Nekropole im Gebiet des heutigen Irak, gegraben. Eine seiner Funde, auf etwa 530 v.Chr. datiert, die als sorgfältig zusammengestellte Objekte beschrieben werden, zirkulieren als ältestes Museum der Welt. Einerseits weil aus der Fundsituation auf eine überlegte Zusammenstellung von Objekten einer Sammlung geschlossen wird, andrerseits weils sich (Abb.) Texte fanden, die man als den Objekten zugeordnete "Erläuterungen" interpretiert. Flugs bringt man auch eine Person mit dem Fund in Zusammenhang, die gewissermaßen die "Autorin" dieses Arrangements sein soll, die Prinzessin Ennigaldi-Nanna, Tochter des letzten Königs von Neu-Babylon Nabonidus. Da hätten wir also auch die erste Museumskuratorin der Welt.
Ein Hoax? Vermutlich nicht. Eher eine populärwissenschaftliche Überinterpretation, die aus den Funden "the first museum known to historians dating to circa 530 BCE" macht.
Wie auch immer - mein Fund kommt als Prachtexemplar in meine Sammlung "Erste Museen"....!
Sonntag, 12. Januar 2014
Verlustanzeige (Objet trouvée)
Samstag, 11. Januar 2014
Erholung vorm Museum (Entrée 110)
Montag, 6. Januar 2014
Bitte nicht! (Museumsphysiognomien)
Das klassische Museumstabu, die Dinge nicht zu berühren, durch praktische Gebrauchsaskese an ihrem ewigen Leben mitzuweben, ist nicht so selbstverständlich jedem Besucher eingebildet, als das es nicht notewendig wäre, es mit Hilfe einer entsprechenden Beschriftung zu erinnern und zu erneuern. Zumal dann, wenn ein Objekt geradezu dazu einlädt, es in Gebrauch zu nehmen.
So scheinen dieser Sessel und dieses Textblatt trivial. So etwas gibt es in vielen Museen. Aber die scheinbar unauffällige Geste, ist doch auch noch etwas anderes als nur ein bekräftigtes Gebot, sich gefälligst auf den Augensinn zu beschränken.
Diese Geste trennt das Museum vom Nicht-Museum. Denn woher soll ein Besucher wissen, daß er vor einem Sessel steht, auf den auszuruhen er eingeladen ist oder der, wie hier im Freud-Museum, zum Interieur einer Wohnung einer "historischen Person" gehört, deren Andenken wir in der Betrachtung von Resten würdigen?
Der kleine Unterschied von Museum und Nicht-Museum ist in aller Regel keinem der Dinge zu entnehmen, die im Museumsraum exponiert werden. Wir trennen beim Museumsbesuch rasch und unbewusst auf Grund von Alltagserfahrung den Feuermelder, die Sicherheitskordel, die transparente Vitrine, den Beleuchtungskörper, die Objektbeschriftung und vieles andere mehr von den "eigentlichen" Exponaten.
Sie alle werden durch eine vorgängige Entscheidung, durch ein Positionieren, ein Stellen und Zeigen und ein Rahmen zu dem, was wir "Museum" nennen. Sie selbst bleiben sich gleich, egeal ob wir sie nur symbolisch besitzen (als Eigentümer staatlichen Sammlungsgutes, wenn auch abstrakt und abgeleitet von der Idee des gemeinsamen kulturellen Erbes) oder real besetzen. Davor sei der beschriftete Zettel vor! Auf den setzt man sich, eingedenk höflicher Umgangsformen und bürgerlicher Sittsamkeit eher noch weniger, als auf den Stuhl selbst.
Bitte nicht! heißt also: hier ist Museum!
Sonntag, 5. Januar 2014
Dark tourism in Rumänien
Rumänien, eins der ärmsten und politisch hoffnungslosest erscheinenden Länder Europas, scheint eine neue Form des Tourismus erfunden zu haben und aus seiner Not eine Tugend machen zu wollen. Die rabenschwarzen Seiten seiner Geschichte vernetzt man in einem touristischen Besichtungspfad zu einer Tour der Schrecken, die, in bewährter musealisierende Manier, zur konsumierbaren Gruseligkeit herabgemildert werden. Die traumatischen Erfahrungen einer Nation, von ih selbst kaum aufgearbeitet, sollen zu Touristenattraktionen werden.
Der "Standortvorteil", den speziell Rumänien hat, wird sofort klar, wenn man die Vermarktung gleichsam zeitlich rahmenden Schlüsselpersonen nennt: Vlad Tepec, den (angeblichen) Vampir und Ceaucescu, den Diktator.
Beide, Vlad Tepec, der "Pfähler" und Vorbild für Bram Stokers Dracula und der barbarische Staatschef lassen sich in der Provinzstadt Targoviste, etwa 80 Kilometer von Bukarest entfernt liegend, lokalisieren. Hier stehen die Reste von Tepec Schloss (allerdings ist das nur ein Ort, der mit mehren anderen um Authentizität konkurriert) und die Kaserne, in der dem Ehepaar Ceaucescu der Prozess gemacht und wo sie erschossen wurden.
Eilig und oberflächlich wurden die Räume der Kaserne für Besichtigungen hergerichtet, als "Expozitia 25 Decembrie 1989", in denen Nicola und Elena Ceaucescu ihre letzten Stunden vor ihrer Hinrichtung verbrachten und der Hof, wo die Erschießung stattfand, in einer Provinzkaserne in Targoviste, wo man die Einschusslöcher zu sehen bekommt, die allerdings ein Zeuge der Ereignisse als nachträglich angebracht bezeichnet.
Zur "roten Rundfahrt" gehört Ceaucescus Geburtshaus, sein aberwitziger Regierungspalast in Bukarest, der Sitz der Kommunistischen Partei.
Verbunden können zwischen diesen beiden Personifikationen des schieren Entsetzens die diversen martyrologischen Plätze, die von Verbrechen, Terror, Folter, Mord kontaminiert sind.
"Die Hoffnung der Tourismusministerin, dass der circuitul rosu Besucher aus Westeuropa, den USA und China nach Rumänien lockt, dürfte im Trend zum dark tourism begründet liegen. Fachleute verstehen darunter eine Reiseform, bei der Voyeurismus, Nervenkitzel, Faszination des Schreckens, aber auch die persönliche Auseinandersetzung mit Leiden und Tod eine Rolle spielen. Zu den Zielen zählen Schlachtfelder, Genozid-Museen und Konzentrationslager genauso wie Tschernobyl oder das London Dunkeln." (1)
Für Devisen die schwarze Seite deer Landesgeschichte an die Touristen zu bringen ist das Ziel der rumänischen Tourismusministerin Elena Udrea: "Western tourists are very interested in Ceausescu's history, provided we can sell it properly," Elena Udrea. Trauma wird Sehenswürdigkeit.
(1) Burkhard Strassmann: Der letzte Weg des Karpatengenies, in: DIE ZEIT 14.11.2013 Nr.47 (online)
Samstag, 4. Januar 2014
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