Sonntag, 5. Februar 2017
Das Jubiläum des Centre Pompidou
Das Centre Pompidou wird vierzig Jahre alt.
In "Welt N24 (hier) würdigt Hans-Joachim Müller den Geburtstag auf so kuriose Weise, daß es fast schon wieder aufschlussreich für den Stellenwert des Centre Pompidou ist. Die z.T. genau Beschreibung und Analyse des Bauwerks, seiner revolutionären Funktion, des Museums, mancher Ausstellung mündet in eine Generalverurteilung als überholt und alt geworden. Zentrale Kriterien sind Müllers eigener Überdruß, den er allen Besuchern zuschreibt und die überholende Modernität moderner Museumsbauten. Das was das Centre Pompidou ausgemacht hat, wird ihm nun im Vergleich zum Verhängnis: "Von der massenwirksamen Abrüstung des Kunstheiligen will niemand mehr etwas wissen. Zugleich scheint die unterkühlte, sachdienliche Binnenarchitektur immer weniger geeignet für all die sagenhaften Wertsachen, die der Kunstbetrieb zu verschieben pflegt."
Müller ist nicht der einzige, der mit der Rückkehr des Tempelhaften kokettiert, da waren Hanno Rauterberg oder Wolfgang Ullrich schon früher dran.
Also halten wir uns lieber an die präzise Charakterisierung der innoveativen Qualitäten, die der Essay eingangs bietet: "Wie Piano und seine Compagnons ohne den klassischen Museumsernst auskommen und strikt auf jeglichen Galerienschick verzichten, das ist so nie wiederholt worden. Dem Centre Pompidou fehlt all das Palaströse eines Louvre. Ihm fehlt aber ebenso die Laborkälte des White Cube. Das Centre ist unkompliziert. Von außen deutet nichts auf Kunst hin. Und hinter den Einlassschleusen könnte es auch zu einer Campingmesse weitergehen. Irgendwie ist der Empfangseindruck in all den Jahren geblieben.
Was aber deutlicher geworden ist, wie wenig hier die Formauffälligkeit die Maßlosigkeit braucht. Was umso bemerkenswerter erscheint, als die Nachfolger ihre rigorosen Inszenierungen und visuellen Überwältigungen nicht selten gegen den städtebaulichen Kontext durchgesetzt haben. Zaha Hadids groß gestikulierendes Maxxi in Rom zum Beispiel, das wurstartige Kunsthaus, das Peter Cook und Colin Fournier in die Grazer Innenstadt gepresst haben, oder Frank Gehrys Guggenheim in Bilbao. Ganz anders das Centre Pompidou. In seinem technoiden Charme erscheint es noch immer eigenwillig, aber keineswegs unmaßstäblich." Na bitte.
Ärgerlich ist nur, daß Müller das Centre Pompidou als Museum bezeichnet. Das ist es auch aber eben nur zum kleineren teil. Wenn man nur noch die Bibliothek für erwähnenswert hält aber alle anderen kulturellen Einrichten einfach nicht nennt, kann man ein so völlig verzerrtes Bild zeichnen. Aber auch das ist nie wieder versucht worden, ein Maison de la culture zu schaffen, in dem die Institutionen miteinander in Wechselbeziehung stehen dürfen und das Museum eingebettet ist in vielfältige andere Funktionen und Angebote.
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