Freitag, 28. Februar 2014
Was leitet ein Museum?
"Künstlerisch-wissenschaftliche Museumsleitung: Otto Hochreiter" steht da am Ende der Credits einer aktuell laufenden Ausstellung des Stadtmuseums Graz. Früher war man "Direktor" - jetzt ist man was Spezielles. Daniel Spera, Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien nennt sich in einem akademischen Netzwerk (oder läßt sich nenen) "CEO". Den "künstlerischen Leiter" hat meiner Erinnerung nach Peter Noever eingeführt, als er Direktor des MAK war. Noever hat sich als Künstler verstanden, als Architekt. Aber was ist "künstlerisch" an der Leitung eines Museums? Inzwischen war ja schon aus dem Ersten Direktor des Kunsthistorischen Museums unter Wilfried Seipel der "Generaldirektor" geworden, der einen Museumsverbund leitete und vermutlich daraus den militärischen General ableitete.
Also, was ist "künstlerisch" an der Leitung eines Museums? Man könnte sagen, daß das Ausstellungsmachen eine Tätigkeit zwischen Wissenschaft und Kunst ist, mal mehr zu der einen, mal mehr zu der anderen Seite neigend. Aber nur künstlerisch ist sie sehr selten und dann ist der Autor von so einer Ausstellung meist tatsächlich Künstler. Und nur wissenschaftlich kann Ausstellungsmachen auch nicht sein, weil sie unter anderem mit ästhetischer und narrativer Kompetenz zu tun hat, die aus der jeweiligen Fachwissenschaft nicht ableitbar ist. Also ist "künstlerischer Leiter" ein Unding. Und "wiisenschaftlicher" auch. Ausstellungen machen ist "dazwischen" angesiedelt und etwas, wofür es ein Wort eigentlich noch gar nicht gibt.
Natürlich trifft die Selbstbezeichnung "künstlerisch" nicht mal dann zu, wenn ein Museumsleiter selbst Ausstellungen kuratiert. Denn er ist ja auch noch jemand, der für die Finanzen, das Personal, die gesamte Infrastruktur, das Programm, die Öffentlichkeitsarbeit uam. (letzt)verantwortlich ist. Und daran ist bekanntlich wenig künstlerisch.
Diese Spaltung in "künstlerisch" und z.B. "administrativ" (oder finanziell) erlaubt immerhin im Notfall die Ausrede, man sei eben nur für das eine (oder das andre) zuständig gewesen. Wie man auf dieser Klaviatur spielt, zeigt uns derzeit der Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann. Plötzlich ist er (nur mehr) "künstlerischer Leiter", was bei ihm zwar plausibler ist, denn er ist ja auch Regisseur und inszenieren wird man mit Recht als künstlerisch bezeichnen dürfen, mit mehr jedenfalls, als das Ausstellungsmachen. Aber natürlich trägt Herr Hartmann ja auch die Verantwortung für die gesamte Organisation Burgtheater, seine Finanzgebarung, sein künstlerisches Profil. Mit einer Bezeichnung "künstlerisch-wissenschaftlich" für die Leitungsposition, wie hier im Bild, am GrazMuseum, gehts aber auch nicht, denn natürlich liegt auch hier die gesamte Verantwortung immer bei der Direktion, was ja (unfreiwillig wohl) in der Bezeichnung "Museumsleitung" eingestanden wird. Ja, was wenn nicht Museumsleiter ist ein Direktor eines Museums? Und wenn er Museumsleiter ist, dann leiter er alles und nicht einen Teilbereich.
Dann hätten wir in Graz noch einen "Intendanten" als Museumsleiter (Peter Pakesch, am Joanneum, aber den aus Proporzgründen neben einem zweiten Leiter, dem "wissenschaftlichen Geschäftsführer" (Wolfgang Muchitsch). Diese Bezeichnung ist schon in sich nicht stimmig, ich muß jetzt nicht mehr sagen warum, auch wenn man gutwillig unterstellen könnte, das Universalmuseum in Graz sei eben eine nach wissenschaftlichen Grundsätzen geführte Organisation. Aber die Erläuterungen zur Tätigkeit auf der Homepage des Museums lauten so: "Direktion; Wahrnehmung aller wissenschaftlichen Belange; Belange der Sammlungen und ständigen Schausammlungen; Belange der Abteilungen Interne Dienste und Museumsservice."
So, und was sagt uns das jetzt? Was ist daran eigentlich wissenschaftlich und was nicht? Und wie grenzt sich das vom "Intendanten" ab?
Diese Bezeichnung kommt aus dem Musik- und Sprechtheater, den Festivals und war bislang für eine Museumsleitung eher unüblich. Übersetzt heißt "Intendant" auch nicht viel mehr als Aufseher oder Verwalter und leitet sich aus der gleich geschriebenen französischen Vokabel ab, die, einst im höfischen Bereich (das sagt Wikipedia und lege dafür nicht meine Hand ins Feuer), den Verwalter der Kleiderkammer bezeichnete.
Modern bezeichnet Intendant den Geschäftsführer und künstlerische Leiter einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, einer Oper, eines tHeaters usw. Man könnte also beim Leitungsduo des Joanneum von einer Trennung der künstlerischen und wissenschaftlichen Funktionen sprechen, aber in der Praxis stimmt das natürlich nie wirklich und vor allem sind ja beide, im Sinne der Definition von "Intendant", eben Geschäftsführer einer in einer bestimmten Organisatiuonsform verfassten kulturellen Institution, für die sie der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet handeln.
Man kann noch die "Arbeitsplatzbeschreibung" des Intendanten des Joanneum nachreichen: "Intendanz; Wahrnehmung aller künstlerischen Belange; Ausstellungsprogramm; Belange der Abteilungen Außenbeziehungen und Besucher/innenservice."
Jetzt könnte man noch drüber grübeln, warum die lange übliche Bezeichnung Direktor oder Leiter nicht mehr genügt.
Es hat wahrscheinlich mit der Differenzierung der Museumsberufe insgesamt zu tun und mit der Ansiedlung neuer Funktionen und Kompetenzen in der gesamten Hierarchie großer und mittlerer Museen. Das soll sich auch in der Benennung der Leitung und der Beschreibung ihrer Aufgaben abbilden. Und vielleicht geht aus auch um jene Abgrenzung und Markenprofilierung, die Museen zunehmend glauben betreiben zu müssen, also um eine möglichst unikale und nicht so leicht verwechselbare Berufsbezeichnung der Leitung - so wie man ja auch bei der Benennung von Museen darauf bedacht ist, eine unverwechslbare "Marke" zu schaffen (etwa: "Universalmuseum" beim Joanneum). Schauen wir mal, was noch so alles kommt.
In der Phantasie der Direktoren, mit der sie ihre Arbeit neu (wirklich neu?) beschreiben kommt ein widersprüchliches Strukturmerkmal zu Tage: die extrem hierarchische Gliederung komplexer und hoch arbeitsteiliger Organisationen (bei Museen mit entsprechender Größe). Mit der Entstehung von Museen hat sich diese Konzentration auf eine Leitungsperson rasch entwickelt, korporative Verwaltungsformen sind die Ausnahme. Über Vor- und Nachteile wird nicht diskutiert. Den einzigen Unterschied, den ich sofort zwischen der Frühzeit der Museumsgründungen und der heutigen Situation erkennen kann, ist der Grad der Professionalisierung und eine Verschiebung der Zuständigkeit. Kunstmuseen wurden sehr häufig und manche noch sehr lange von Künstlern geleitet (die deswegen nie "künstlerischer Leiter" genannt wurde) und fachliche Professionalisierung entwickelte sich erst allmählich und parallel zu und auch in den Museen, wie etwa bei der Kunstgeschichte.
Die diversen Varianten von Neubezeichnungen halten alle an der autoritativen Konzeption der Organisation fest - aber sie spitzen, im Unterschied zur Bezeichnung Direktor, etwas zu, was ein Museumsleiter selbst im Ausnahmefall eigentlich nie sein wird: Autor.
Wenn jemand ein Theater in Personalunion von Textautor, Regisseur und Intendant (also Verwalter) leitet, so steht seine Autorschaft immer in einem Spannungsverhältnis zum Autor des aufgeführten Stücks. Der Widerspruch ist ja ein Liebkind der animosen Anschreiberei gegen das sogenannte Regietheater.
Beim Museum könnte man also weit eher von der Rechtmäßigkeit einer Autorschaft sprechen, da es ja keinen Autor, keinen Text und keine Partitut gibt und ja alle Elemente, die zur Verfügung stehen und in einer Ausstellung genutzt werden können, frei kombinierbar und verfügbar sind. Aber wo gibt es den Fall, daß der (administrative) Leiter eines Theaters zugleich "inszeniert" und "schreibt" - und dabei auf jede Unterstützung eines Teams verzichtet?
Das gibt es nur bei kleinen Museen. Aber was heißt "nur", das sind ja viele. Dennoch hat dort noch niemand das Recht für sich in Anspruch genommen, "künstlerischer Leiter" oder "Intendant" zu sein. Kann ja noch kommen.
Donnerstag, 27. Februar 2014
"Holt mir den Hasen raus!"
Kritikerpoesie, so könnte eine 'Kolumne' in diesem Blog heißen. Aber davon gibt es zu viel.
Zu Höchstform läuft im STANDARD Anne Katrin Fessler auf, wenn es um den "Charme des Mümmlers" geht, von dem uns zuallererst versichert wird, daß es sich anders als "hartnäckige Gerüchte" nicht um einene Katze handelt.
Sondern um was? Um DÜRERS HASEN, der, so die Überschrift, seinen "Winterschlaf beendet" hat. Und zwar deswegen, weil er im März mal wieder gezeigt wird, und zwar in einer Ausstellung zur Gründungsgeschichte der Albertina.
Die Querele um eine angeblich 2005 nicht eingeholte Genehmigung, Dürers Blatt in ausländischen Museen zu zeigen, nimmt die Berichterstatterin zum Anlaß, ihrer Eloge auf das Tier "mit den langen Löffeln und flauschigem Winterpelz" noch Anekdoten zu seiner sicheren Verwahrung hinzuzufügen. Bekanntlich tröpfelte es ja mal in den Speicher der Albertina, der zwar bomben- und einbruchssicher aber offenbar (damals) nicht ganz wasserdicht war.
Der Satz "Holt mir den Hasen raus", den uns Frau Fessler von Klaus Albrecht Schröder dankenswerter Weise überliefert, ist nicht nur ein Kulminationspunkt in ihrer Kurzprosa, er läßt uns den Albertinadirektor auch als Mann mit energischem Zugriff und Sinn für das Wessentliche in Augenblicken der Gefahr noch mehr schätzen als ohnehin schon immer.
Zu Höchstform läuft im STANDARD Anne Katrin Fessler auf, wenn es um den "Charme des Mümmlers" geht, von dem uns zuallererst versichert wird, daß es sich anders als "hartnäckige Gerüchte" nicht um einene Katze handelt.
Sondern um was? Um DÜRERS HASEN, der, so die Überschrift, seinen "Winterschlaf beendet" hat. Und zwar deswegen, weil er im März mal wieder gezeigt wird, und zwar in einer Ausstellung zur Gründungsgeschichte der Albertina.
Die Querele um eine angeblich 2005 nicht eingeholte Genehmigung, Dürers Blatt in ausländischen Museen zu zeigen, nimmt die Berichterstatterin zum Anlaß, ihrer Eloge auf das Tier "mit den langen Löffeln und flauschigem Winterpelz" noch Anekdoten zu seiner sicheren Verwahrung hinzuzufügen. Bekanntlich tröpfelte es ja mal in den Speicher der Albertina, der zwar bomben- und einbruchssicher aber offenbar (damals) nicht ganz wasserdicht war.
Der Satz "Holt mir den Hasen raus", den uns Frau Fessler von Klaus Albrecht Schröder dankenswerter Weise überliefert, ist nicht nur ein Kulminationspunkt in ihrer Kurzprosa, er läßt uns den Albertinadirektor auch als Mann mit energischem Zugriff und Sinn für das Wessentliche in Augenblicken der Gefahr noch mehr schätzen als ohnehin schon immer.
Samstag, 22. Februar 2014
Privatisierung von Innen. Privatisierung (8)
In einem Artikel zur jährlichen Besuchsstatistik der Bundesmuseen (1) werden nicht nur die Museen gegeneinender aufgerechnet und in Konkurrenz zueinander gesetzt (2) sondern auch Sabine Haag zitiert, die den von ihr geleiteten Museumsverbund als Konzern bezeichnet haben soll. Der ganze Artikel mit seinen vielen Zahlenangaben erweckt, nicht nur bei mir, sondern bei vielen Posts von Lesern, den Eindruck einer Konzernbilanz, nirgendwo vom Berichterstatter relativiert. Der Artikel legt nahe, Erfolg am Besucherstrom ablesen zu können und wieder einmal, man kann es nicht oft sagen, werden Besucher mit Besuchen verwechselt, denn nur letztere sind erfassbar. Die beigefügte Grafik, die die Entwicklung der Besuchszahlen über die Jahre hinweg wie Aktienkurse abbildet, ist vollends absurd. Denn es wird hier nicht auseinenandergehalten, ob ein Museum ganz oder teilweise geschlossen hatte, welche und wie viele Ausstellungen es gemacht hat, ob eine neue Aussenstelle geöffnet wurde, das heißt es wird auch notorisch nicht zwischen Dauerausstellung und Sonderausstellungen unterschieden. Ob und welche Sonderveranstaltungen einbezogen wurden und werden bleibt unklar und angesichts der "Berichtigung" der Zahlen des MAK unter der Direktion Noever ist das insgesamt unglaubwürdig und unseriös. Mit der Übernahme statistischer Bewertungskriterien, dem Wegfall einer museologischen und kulturpolitischen Begründung für Erfolg, mit der Adaption neoliberalen Jargons bestreiten manche Museen, grade die staatlichen "Flagschiffe", eine "Privatisierung von Innen" her, die ihnen ganz schön auf den Kopf fallen könnte. Die Tendenz, die Deckelung der staatlichen Mittel, gezwungenermaßen mit Sponsoring zu kompensieren ohne Widerstand gegen eine Politik der "Entstaatlichung" zu leisten, könnte auch die Museen in die prekäre Lage bringen, in die sich das Burgtheater manövriert hat.
(1) Thomas Trenkler: Museen: Rekordjahr mit Alarmsignal, in: der Standard 27.1.2014
(2) In einem Interview fragt Andrea Schurian vom Standard tatsächlich die Direktorin des KHM, Sabine Haag, wies ihr mit der Tatsache geht, daß sie vom Belvedere "überflügelt" worden sein.
(1) Thomas Trenkler: Museen: Rekordjahr mit Alarmsignal, in: der Standard 27.1.2014
(2) In einem Interview fragt Andrea Schurian vom Standard tatsächlich die Direktorin des KHM, Sabine Haag, wies ihr mit der Tatsache geht, daß sie vom Belvedere "überflügelt" worden sein.
Freitag, 21. Februar 2014
Zu hässlich fürs Nationalmuseum. Ein historischer Fall von Deakzession
Daß Museen immer öfter daran denken, Teile ihrer Sammlung zu veräußern, schlägt sich in der Prominenz eines erst seit relativ kurzer Zeit gebräuchlich gewordenen Wortes nieder: Deakzession. Das meint, etwas was man erhalten, gekauft, erworben, gesammelt hat, wieder abzugeben. Zwei Gründe scheinen mir für die aktuelle Konjunktur von Deakzession plausibel: auch den Museen sind Grenzen des Wachstums gesetzt. Die Sammlung immer weiter zu vergrößern ist kostspielig und platzraubend. Und Museen geraten immer stärker unter Druck, an ihren Budgets an allen Ecken und Enden nach Einsparungspotential zu suchen. Doch noch ist das Wort Deakzession eher ein Stichwort für museologische Diskussionen und selten noch für geübte Praxis. In staatlichen Museen geht es ja um Gemeinbesitz und gestzliche Regelungen und ethische Tabus bilden (noch) eine hohe Hürde.
vor diesem Hintergrund hat mich ein Artikel in dem um kuriose Themen nie verlegenen SPIEGEL gut unterhalten.
1854 kaufte die National Gallery sechzig deutsche Gemälde aus der Zeit der Renaissance. Die Briten waren not amused. Schlechte Kunst, häßlich! Zu realistisch, hart! (Cranach, zum Beispiel, da könnte man ja drüber reden mit mir, ob der sein muß...). Schon zwei Jahre später verkaufte die National Gallery fast zwei Drittel des eben erst erworbenen Bilderkonvoluts. Jetzt rehabilitiert sie sie mit einer Ausstellung. Seit 1960 (schon...) hätten sich die Engländer an die Deutsche Renaissekunst gewöhnt, so ein ungenannter Kurator.
vor diesem Hintergrund hat mich ein Artikel in dem um kuriose Themen nie verlegenen SPIEGEL gut unterhalten.
1854 kaufte die National Gallery sechzig deutsche Gemälde aus der Zeit der Renaissance. Die Briten waren not amused. Schlechte Kunst, häßlich! Zu realistisch, hart! (Cranach, zum Beispiel, da könnte man ja drüber reden mit mir, ob der sein muß...). Schon zwei Jahre später verkaufte die National Gallery fast zwei Drittel des eben erst erworbenen Bilderkonvoluts. Jetzt rehabilitiert sie sie mit einer Ausstellung. Seit 1960 (schon...) hätten sich die Engländer an die Deutsche Renaissekunst gewöhnt, so ein ungenannter Kurator.
Eine mögliche Zukunft des Museums...?
Alexander Nikolajewitsch Iwanow, Jahrgang 1962 in Ostrow, russischer Unternehmer, Kunstsammler, ist Gründer eines privaten Fabergé Museums in Baden-Baden. Iwanow sammelt außer Fabergé-Kunsthandwerk auch auch Fossilien von Dinosauriern, antike griechische und römische Kunst, präkolumbisches Gold, Gemälde alter Meister, impressionistische Gemälde, orthodoxe Ikonen und Oldtimer. Er malt selbst und erzielt beim Verkauf seiner Werke hohe Preise. Aufmerksam auf ihn geworden bin ich durch die Berichterstattung über die Fabergé-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien, wo erwähnt wurde, daß er die zweitgrößte Sammlung von Fabergé-Eiern nach dem Kreml-Museum besitzt. Eines davon, das 1902 als Verlobungsgeschenk von Béatrice Ephrussi de Rothschild an die Verlobte ihres Bruders angefertigtes, ersteigerte er um 12,5 Mio Euro bei Christies.
Die Gründung eines Museums in Deutschland und nicht in seiner Heimat begründete er (ich zitiere Wikipedia): „Es ist sehr schwierig [in Russland] wegen der vielen administrativen Hürden […] Man muss immer jemanden danken, und man kann nie das Gefühl haben, dass seine Sammlung sicher ist: nicht vor dem Staat, nicht vor Banditen - vor niemandem. Natürlich, in Deutschland […] wissen wir, dass der Staat selbst nichts wird tun.“ Geplant ist eine Erweiterung seines Museums in Baden-Baden, um andere Teile seiner Sammlung zeigen zu können, etwa die Oldtimer, und die Gründung eines weiteren Fabergé-Museum, diesmal in in Dubrovnik.
Ach ja, woher das Geld für das alles? Wikipedia, das ihn in einer Fußnote "Tycoon" nennen lässt, dazu: "In den späten 1980er-Jahren, als die Sowjetunion den Weg des Kapitalismus beschritt, war Alexander Iwanow einer der ersten russischen Unternehmern im Computerhandel. Schnell baute er ein erfolgreiches und lukratives Geschäft auf."
Die Gründung eines Museums in Deutschland und nicht in seiner Heimat begründete er (ich zitiere Wikipedia): „Es ist sehr schwierig [in Russland] wegen der vielen administrativen Hürden […] Man muss immer jemanden danken, und man kann nie das Gefühl haben, dass seine Sammlung sicher ist: nicht vor dem Staat, nicht vor Banditen - vor niemandem. Natürlich, in Deutschland […] wissen wir, dass der Staat selbst nichts wird tun.“ Geplant ist eine Erweiterung seines Museums in Baden-Baden, um andere Teile seiner Sammlung zeigen zu können, etwa die Oldtimer, und die Gründung eines weiteren Fabergé-Museum, diesmal in in Dubrovnik.
Ach ja, woher das Geld für das alles? Wikipedia, das ihn in einer Fußnote "Tycoon" nennen lässt, dazu: "In den späten 1980er-Jahren, als die Sowjetunion den Weg des Kapitalismus beschritt, war Alexander Iwanow einer der ersten russischen Unternehmern im Computerhandel. Schnell baute er ein erfolgreiches und lukratives Geschäft auf."
Donnerstag, 20. Februar 2014
Ein Erster
Montag, 17. Februar 2014
Win-Win. Privatisierung (6)
Die Kunstmäzenin gründete die Sammlung "Thyssen-Bornemisza Art Contemporary". Sie bekam den Preis, den Leading Ladies Award, von Agnes Husslein, Direktorin der Österreichischen galerie, überreicht. |
"Ich habe bei der Eröffnung des 21er Hauses die Frage aufgeworfen, was mit dem Augarten Atelier passieren wird und habe natürlich sofort daran gedacht, dass die TBA21 im Augarten Ausstellungen machen könnte. Diese Lösung ist für mich eine Win-Win-Situation", sagt Kunstmäzenin Francesca Habsburg. (Quelle: OE1, ORF.at 29.05.2012)
Für vorerst vier Jahre wird die TBA 21 die zum Belvedere gehörenden Räumlichkeiten im Augarten bespielen. Einer Verlängerung steht Hausherrin Agnes Husslein-Arco positiv gegenüber. Für TBA21-Gründerin Francesca Habsburg nicht zuletzt eine Chance zu zeigen, wie öffentliche und private Institutionen zum Vorteil aller Beteiligten zusammenarbeiten können. (Quelle: OE1, ORF.at 29.05.2012)
"Weiße Normen der Macht". Eine Ausstellung im GrazMuseum
Das GrazMuseum greift immer wieder (was ich kaum von einem anderen österreichischen Museum kenne) aktuelle, gesellschaftspolitische Themen auf, meist in kleinen 'Trabantenausstellungen'. Wie das bei "Weiße Normen der Macht" der Fall ist, die (in einem einzigen Raum) als eine Art von Intervention mitten in der Dauerausstellung eingerichtet ist.
Anlass ist die Übernahme des grazspezifischen Teils des Frauendokumentationsprojektes DOKU durch das Stadtmuseum. Die kleine Ausstellung verweist also einerseits auf das Archiv und seine Arbeit, dann aber auch auf das Thema der Aus- und Eingrenzung. Eine Reihe von Texten, Statements und von Kunstwerken/Objekten thematsieren die verschiedenen, besonders akuten Formen der diskrimierenden Ausgrenzung.
„Weiße Normen der Macht setzt sich im Sinne einer feministischen Kritik mit Machtverhältnissen auseinander. Wissen, Ressourcen und Macht sind in der Gesellschaft ungleich verteilt. Je näher jemand den normativen Idealen (wie Weiß-Sein, hohe Einkommensschicht, Männlichkeit, Heterosexualität, körperliche Leistungsfähigkeit) kommt, desto größer ist die eigene Handlungsmacht. Dass es Privilegien mit sich bringt, den Normen zu entsprechen, bleibt meist unsichtbar und unhinterfragt" heißt es im Begleittext.
Ich habe schon an anderer Stelle auf das Verdienst des Museums verwiesen, Vereinen, NGOS, engagierten Gruppen, Initiativen Räume und Gelegenheit zur Verfügung zu stellen. Diese Praxis möchte ich ohne wenn und aber verteidigen. Das gehört gerade zum Stadtmuseum als eine seiner besonderen Aufgaben. Wenngleich ich mich auch, wie bei der zeitlich parallel laufenden 'Vampir'-Ausstellung frage, ob man nicht konsequenter nach geeigneten Vermittlungsformen suchen könnte. Die Konvention, Texte und Medien in einem losen Verweiszusammenhang zu platzieren ist ja bewährt und wenn es hier sogar Sitzgelegenheiten gibt, die einem konzentrierteres Lesen, Sehen oder Hören ermöglichen, um so feiner. Aber Themen 'nur' in Form ambitionierter (Wissenschafts)Texte und anspruchsvoller Medieninstallationen zu vermitteln, ist das nicht ein todsicherer Weg, erneut Ausschlüsse zu produzieren, mehr als jene, die eine Museum schon 'im Normalbetrieb' - auch unsichtbar und unhinterfragt - produziert?
Anlass ist die Übernahme des grazspezifischen Teils des Frauendokumentationsprojektes DOKU durch das Stadtmuseum. Die kleine Ausstellung verweist also einerseits auf das Archiv und seine Arbeit, dann aber auch auf das Thema der Aus- und Eingrenzung. Eine Reihe von Texten, Statements und von Kunstwerken/Objekten thematsieren die verschiedenen, besonders akuten Formen der diskrimierenden Ausgrenzung.
„Weiße Normen der Macht setzt sich im Sinne einer feministischen Kritik mit Machtverhältnissen auseinander. Wissen, Ressourcen und Macht sind in der Gesellschaft ungleich verteilt. Je näher jemand den normativen Idealen (wie Weiß-Sein, hohe Einkommensschicht, Männlichkeit, Heterosexualität, körperliche Leistungsfähigkeit) kommt, desto größer ist die eigene Handlungsmacht. Dass es Privilegien mit sich bringt, den Normen zu entsprechen, bleibt meist unsichtbar und unhinterfragt" heißt es im Begleittext.
Ich habe schon an anderer Stelle auf das Verdienst des Museums verwiesen, Vereinen, NGOS, engagierten Gruppen, Initiativen Räume und Gelegenheit zur Verfügung zu stellen. Diese Praxis möchte ich ohne wenn und aber verteidigen. Das gehört gerade zum Stadtmuseum als eine seiner besonderen Aufgaben. Wenngleich ich mich auch, wie bei der zeitlich parallel laufenden 'Vampir'-Ausstellung frage, ob man nicht konsequenter nach geeigneten Vermittlungsformen suchen könnte. Die Konvention, Texte und Medien in einem losen Verweiszusammenhang zu platzieren ist ja bewährt und wenn es hier sogar Sitzgelegenheiten gibt, die einem konzentrierteres Lesen, Sehen oder Hören ermöglichen, um so feiner. Aber Themen 'nur' in Form ambitionierter (Wissenschafts)Texte und anspruchsvoller Medieninstallationen zu vermitteln, ist das nicht ein todsicherer Weg, erneut Ausschlüsse zu produzieren, mehr als jene, die eine Museum schon 'im Normalbetrieb' - auch unsichtbar und unhinterfragt - produziert?
Sonntag, 16. Februar 2014
"Carmilla der Vampir". Eine Ausstellung im GrazMuseum. Blitzkritik
WAS?
"Carmilla der Vampir und wir". Eine Ausstellung über die Figur des Vampirs (und seiner Verwandten) in Literatur, Film, Trivialmythologie, Volksglaube, Wissenschaft usw. Die Ausstellung nimmt ihren Ausgangspunkt von der Tatsache, daß die frühen Vampirerzählungen noch in der Steiermark angesiedelt waren, bzw. sein sollten (Bram Stoker entschied sich schließlich für Rumänien).
WO und WANN?
GrazMuseum, bis Ende Oktober 2014
WIE?
Eine Ausstellung, die vor allem mit zweidimensionalen Medien, Büchern, Manuskripten, Grafiken, Gemälden und Erläuterungstexten sowie Filmen (die auf Monitoren gezeigt werden, aber etwa die Hälfte absichtsvoll, so sagte man mir jedenfalls, bis zur Unrezipierbarkeit "gestört") vielfältige Aspekte des Themas vorstellt.
Relativ umfangreiches Themenspektrum, nicht strikt chronologisch entwickelt, sondern zwanglos entwickelt
Für ein offenbar breites Publikum fast aller Altersstufen attraktiv (die Ausstellung war bestens besucht, an einem allerdings selten tristen und verregneten Sonntagnachmittag)
Ziemlich tollkühne Möblierung, einschließlich der Stellwände und Vitrinen, kann man auch als Symptom für das finanzielle Kurzgehaltenwerden des Museums durch die Stadt verstehen
Viele Texte, die eine seminaristisch-akademische Lust der Welterklärung verraten, wie man sie in Texten einer bestimmten Graduierungsstufe häufig findet. Manchmal bombastisch, manchmal essenzialistisch, immer aber im Habitus des Wir wissen es und erklären euch das jetzt mal (Gender, Tod, Industrialisierung, Verdrängung, Identität, Moderne, Emanzipation usf.). Wird Besucher in zwei Hälften spalten: gnadenlos Ausgebremste und Einheimische der Bildungselite, die sich das wie Manna und Ambrosia reinziehen werden).
Die Texte tragen die Last der Aussage und Erzählung(en). Objekte sind fast nie selbst als Quelle von Einsichten und Aussagen oder Medien der Vermittlung eines nicht zuvor schon textlich gefassten Gedankens eingesetzt. (Kommt sehr häufig vor, ist aber immer wieder traurig und manchmal ärgerlich). Dazu kommt, daß das GrazMuseum keine reiche und attraktive Sammlung hat und auch bei Leihgaben keine großen Sprünge machen kann. Allerdings - gibts überhaupt eine Museumssammlung, aus ein solches Thema bestritten werden könnte? Damit komme ich zum dritten Minus:
Das Medium der Vampirerzählungen ist das Buch und dann der Film. Die Gefahr einer "Flachwarenausstellung" ist groß und nicht wirklich vermieden worden. Quadratmeter um Quadratmeter Text(e), wie (fast) immer im Stehen zu würdigen, zu (wenns überhaupt geht) zu lesen, geht nicht.
Ein Ausweg aus dem genannten Dilemma wäre gewesen, die Ausstellung selbst wie einen Vampir-Text oder Film zu behandeln (aber nicht als Faschingsgschnas, so meine ich das nicht; eher als - nur eine Idee - großes Schattentheater a la Kentridge. Das wäre sogar noch billiger gewesen), das heißt der gestalterischen und gedanklichen Kreativität Flügel zu verleihen (nicht die von Red Bull), also eine Visualisierung sui generis zu erfinden. Stattdessen das genaue Gegenteil: wo das Sujet phantastisch ist, versucht die Ausstellung zu konkretisieren, holt so die Schemen und Phantasmen auf einen harten Boden einer Realität zurück, wo die Poesie in den Sachen (objets alibi) erstickt. Wenn der Zusammenprall von Archaik und Moderne an den Reisewegen von Verfolgtem und Verfolgern erläutert werden soll, da steht dann eine Lokomotive in der Vitrine, entliehen aus dem Technischen Museum, mit Erläuterung zur Baureihe etc und ein Baedeker, die Inkunabel genau jenes Reisens, das durch Standardisierung der Warenförmigkeit der Wahrnehmung entlang von must sees alles Phantastische austrieb. O je.
Trotzdem hingehen! Meine Meinung ist ja bloß eine exotische Minderheitenmeinung eines überkritischen Ausstellungsgehers.
Und jetzt ein paar Fotos.
"Carmilla der Vampir und wir". Eine Ausstellung über die Figur des Vampirs (und seiner Verwandten) in Literatur, Film, Trivialmythologie, Volksglaube, Wissenschaft usw. Die Ausstellung nimmt ihren Ausgangspunkt von der Tatsache, daß die frühen Vampirerzählungen noch in der Steiermark angesiedelt waren, bzw. sein sollten (Bram Stoker entschied sich schließlich für Rumänien).
WO und WANN?
GrazMuseum, bis Ende Oktober 2014
WIE?
Eine Ausstellung, die vor allem mit zweidimensionalen Medien, Büchern, Manuskripten, Grafiken, Gemälden und Erläuterungstexten sowie Filmen (die auf Monitoren gezeigt werden, aber etwa die Hälfte absichtsvoll, so sagte man mir jedenfalls, bis zur Unrezipierbarkeit "gestört") vielfältige Aspekte des Themas vorstellt.
Relativ umfangreiches Themenspektrum, nicht strikt chronologisch entwickelt, sondern zwanglos entwickelt
Für ein offenbar breites Publikum fast aller Altersstufen attraktiv (die Ausstellung war bestens besucht, an einem allerdings selten tristen und verregneten Sonntagnachmittag)
Ziemlich tollkühne Möblierung, einschließlich der Stellwände und Vitrinen, kann man auch als Symptom für das finanzielle Kurzgehaltenwerden des Museums durch die Stadt verstehen
Viele Texte, die eine seminaristisch-akademische Lust der Welterklärung verraten, wie man sie in Texten einer bestimmten Graduierungsstufe häufig findet. Manchmal bombastisch, manchmal essenzialistisch, immer aber im Habitus des Wir wissen es und erklären euch das jetzt mal (Gender, Tod, Industrialisierung, Verdrängung, Identität, Moderne, Emanzipation usf.). Wird Besucher in zwei Hälften spalten: gnadenlos Ausgebremste und Einheimische der Bildungselite, die sich das wie Manna und Ambrosia reinziehen werden).
Die Texte tragen die Last der Aussage und Erzählung(en). Objekte sind fast nie selbst als Quelle von Einsichten und Aussagen oder Medien der Vermittlung eines nicht zuvor schon textlich gefassten Gedankens eingesetzt. (Kommt sehr häufig vor, ist aber immer wieder traurig und manchmal ärgerlich). Dazu kommt, daß das GrazMuseum keine reiche und attraktive Sammlung hat und auch bei Leihgaben keine großen Sprünge machen kann. Allerdings - gibts überhaupt eine Museumssammlung, aus ein solches Thema bestritten werden könnte? Damit komme ich zum dritten Minus:
Das Medium der Vampirerzählungen ist das Buch und dann der Film. Die Gefahr einer "Flachwarenausstellung" ist groß und nicht wirklich vermieden worden. Quadratmeter um Quadratmeter Text(e), wie (fast) immer im Stehen zu würdigen, zu (wenns überhaupt geht) zu lesen, geht nicht.
Ein Ausweg aus dem genannten Dilemma wäre gewesen, die Ausstellung selbst wie einen Vampir-Text oder Film zu behandeln (aber nicht als Faschingsgschnas, so meine ich das nicht; eher als - nur eine Idee - großes Schattentheater a la Kentridge. Das wäre sogar noch billiger gewesen), das heißt der gestalterischen und gedanklichen Kreativität Flügel zu verleihen (nicht die von Red Bull), also eine Visualisierung sui generis zu erfinden. Stattdessen das genaue Gegenteil: wo das Sujet phantastisch ist, versucht die Ausstellung zu konkretisieren, holt so die Schemen und Phantasmen auf einen harten Boden einer Realität zurück, wo die Poesie in den Sachen (objets alibi) erstickt. Wenn der Zusammenprall von Archaik und Moderne an den Reisewegen von Verfolgtem und Verfolgern erläutert werden soll, da steht dann eine Lokomotive in der Vitrine, entliehen aus dem Technischen Museum, mit Erläuterung zur Baureihe etc und ein Baedeker, die Inkunabel genau jenes Reisens, das durch Standardisierung der Warenförmigkeit der Wahrnehmung entlang von must sees alles Phantastische austrieb. O je.
Trotzdem hingehen! Meine Meinung ist ja bloß eine exotische Minderheitenmeinung eines überkritischen Ausstellungsgehers.
Und jetzt ein paar Fotos.
Hoch/Kultur/Spiel/Kultur
Chinas 1000 neue Museen
Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber dann las ich mehrere Berichte und wurde davon überzeugt, daß es tatsächlich eine Art Zehn-Jahresplan gibt, der die Errichtung von tausend Museen vorsieht. Statistisch also alle paar Tage eines. Möglich, daß da nicht nur Neubauten und -gründungen gemeint sind, sondern auch Renovierungen, Erneuerungen, Neukonzeptionen. Und nicht alle dieser Museen dürften staatliche sein, sondern regionale und lokale. Dennoch - warum dieser "angeordnete Museumsboom"?
Etwa dreieinhalbtausend Museen soll es derzeit in China geben, darunter spektakuläre Neubauten chinesischer, aber auch namhaftester europäischer Architekten. 1978 sollen es noch 350 gewesen sein. Ein Zehntel der heutigen Zahl. Allein 2012 sind über 400 (!) Museen entstanden, eine unglaubliche Zahl, die aber von der chinesischen Museumsorganisation selbst kommt.
Das zentrale Pekinger Nationalmuseum wurde unter Beteiligung deutscher Architekten umgeplant und erweitert. Der Ehrgeiz ist sichtbar, hier in der allerersten Liga der Weltmuseen vertreten zu sein, wenngleich vorerst eher den Dimensionen nach. Die Ausstellungsfläche gilt als größte der Welt.
Das neue und nationale Pekinger Kunstmuseum, als dessen Architekt Jean Nouvel 2012 als Architekt ermittelt wurde, wird sechs Mal so groß sein wie das existierende.
Woher sollen eigentlich die Sammlungen kommen, für tausend neue Museen? Und um welche Art von Sammlungen soll es sich eigentlich handeln? Und woher werden die Besucher kommen für all diese Museen? In Shanghai sollen sich angeblich nur 11% für Museen interessieren, deutlich weniger, als in Europa. China hat eine relativ junge, am Beginn rein koloniale Tradition der Museumskultur und erst nach 1945 entstanden vermehrt Museen (1949, im Jahr des Machtantritts der Kommunistischen Partei, hatte China 25 Museen und inj den zehn Jahren der Kulturrevolution wurden zahlreiche Museen zerstört), z.B. historische, die den kommunistischen Fortschritt oder militärische Erfolge und Leistungen dokumentierten oder Personalmuseen, etwa mehrere Mao Tse Tung gewidmete, die die großen Persönlichkeiten würdigten.
Diese Museen gibt es immer noch, aber seit einigen Jahren wandelt sich auch auf diesem kulturellen Gebietet vieles und tiefgreifend.
In den Finanz- und Wirtschaftsmetropolen gibt es ein Bedürfnis nach Anschluß an den Westen, 2013 wurde in Shanghai in der Power Station of Art (wo angesichts des Gebäudes der Vergleich mit der Tate Modern sich aufdrängt) eine große Warhol-Ausstellung gezeigt, eine umfassende Werkschau, nur ohne Mao, wie ich der Wirtschaftswoche vom 16.6.2013 entnehme, das einer meiner Quellen für diesen Post ist.
Der Museumsboom ist ein "verordneter" und er scheint gezielt eine Art von Überkapazität zu schaffen, vor allem im Bereich der Kunstmuseen. Langfristig würden die Museen für eine rasch wachsende, urbane und wohlhabendere Mittelschicht interessant werden und - wofür es in China nur eine sehr dünne Tradition gibt -, als Ort der Bildung anerkannt und genutzt werden.
Parallel zur staatlichen Museumspolitik boomen nun auch private Museen, auch deren Zahl ist sprunghaft angestiegen, und manche von ihnen sind technisch und didaktisch auf dem avanciertesten Stand. Bei den staatlichen Museen hinkt aber die Vermittlung, Gestaltung, Konzeption usw. hinter dem atemlosen Bau- und Gründungsboom hinterher. Auch der Bedarf an qualifiziertzem Personal kann nicht so schnell gedeckt werden.
Ist das nicht eine ziemlich paradoxe Entwicklung: eine staatliche Politik, die sehr darauf bedacht ist, jede Dissidenz, gerade in der Kultur und Kunst, zu regulieren und auch notfalls zu unterdrücken, bedient sich eines im Zeitalter der europäischen Aufklärung entstandenen Modells, das ohne ein Minimum an öffentlicher Debatte, Unabhängigkeit, Kritik kaum lebensfähig erscheint? Andrerseits kann auch das Museum instrumentalisiert werden, als ideologischer, staatlich gelenkte Apparatur, in der gesellschaftspolitische Vorstellungen im Interesse der politischen Machthaber modelliert und propagiert werden können.
Und überhaupt: Europäische Aufklärung? Die große, von deutschen Museen konzipierte, ausgerechnet zur Wiedereröffnung im Nationalmuseum in Peking gezeigte Ausstellung "Die Kunst der Aufklärung", hatte ihre Grenzen keineswegs nur an der Zurückhaltung der Politiker und Behörden. Aufklärung läßt sich nur schwer mit der langen kulturellen und philosophischen Tradition Chinas vermitteln. Das wurde an der Schau und an der um sie herum in den deutschen Medien damals heftig geführte, von der nahezu zeitgleichen Verhaftung Ai Weiweis ausgelösten Debatte deutlich. (Hier zum Post Postideologische Museumspolitik. Die Ausstellung der Bundesrepublik Deutschland "Kunst der Aufklärung" im Chinesischen Nationalmuseum mit ausführlicher Dokumentation der Debatte und zahlreichen Links zu den diversen Berichten, Kritiken und Essays).
Doch warum sollten in China ausschließlich idealistische Ziele dem Museumsboom zugrundeliegen. Auch dort gibt es inzwischen eine "Kulturindustrie" deren symbolische Bedeutung vielleicht sogar weniger wiegt als die materielle: "n 2009 a State Council meeting upgraded culture to the level of a strategic industry. The current five-year plan for 2011-15 spells out government policy in detail. Culture is the “spirit and soul of the nation”, it says, and a powerful force for the country’s development. Over time culture is to become a “pillar industry”, loosely defined as one that makes up at least 5% of the country’s gross domestic product." (The Economis, 21.12.2013).
Yinchuan Yellow River Arts Museum |
Das zentrale Pekinger Nationalmuseum wurde unter Beteiligung deutscher Architekten umgeplant und erweitert. Der Ehrgeiz ist sichtbar, hier in der allerersten Liga der Weltmuseen vertreten zu sein, wenngleich vorerst eher den Dimensionen nach. Die Ausstellungsfläche gilt als größte der Welt.
Das neue und nationale Pekinger Kunstmuseum, als dessen Architekt Jean Nouvel 2012 als Architekt ermittelt wurde, wird sechs Mal so groß sein wie das existierende.
Nationales Kunstmuseum Peking, NAMOC |
Diese Museen gibt es immer noch, aber seit einigen Jahren wandelt sich auch auf diesem kulturellen Gebietet vieles und tiefgreifend.
Shanghai Powerstation of Art |
Der Museumsboom ist ein "verordneter" und er scheint gezielt eine Art von Überkapazität zu schaffen, vor allem im Bereich der Kunstmuseen. Langfristig würden die Museen für eine rasch wachsende, urbane und wohlhabendere Mittelschicht interessant werden und - wofür es in China nur eine sehr dünne Tradition gibt -, als Ort der Bildung anerkannt und genutzt werden.
Parallel zur staatlichen Museumspolitik boomen nun auch private Museen, auch deren Zahl ist sprunghaft angestiegen, und manche von ihnen sind technisch und didaktisch auf dem avanciertesten Stand. Bei den staatlichen Museen hinkt aber die Vermittlung, Gestaltung, Konzeption usw. hinter dem atemlosen Bau- und Gründungsboom hinterher. Auch der Bedarf an qualifiziertzem Personal kann nicht so schnell gedeckt werden.
Red Brick Contemporary Art Museum, Peking |
Datong Art Museum |
Doch warum sollten in China ausschließlich idealistische Ziele dem Museumsboom zugrundeliegen. Auch dort gibt es inzwischen eine "Kulturindustrie" deren symbolische Bedeutung vielleicht sogar weniger wiegt als die materielle: "n 2009 a State Council meeting upgraded culture to the level of a strategic industry. The current five-year plan for 2011-15 spells out government policy in detail. Culture is the “spirit and soul of the nation”, it says, and a powerful force for the country’s development. Over time culture is to become a “pillar industry”, loosely defined as one that makes up at least 5% of the country’s gross domestic product." (The Economis, 21.12.2013).
Freitag, 14. Februar 2014
Der Museum of the Year Award macht sich völlig unglaubwürdig
Das GrazMuseum wirbt seit einiger Zeit mit seiner Nominierung für den Museum of the Year Award, den das Europäische Museumsforum vergibt.
Der Preis sei dem Museum gegönnt, das so manche verdienstvolle Ausstellung in einem schwierigen Umfeld (knappes Budget, chancenlose Konkurrenz durch den Riesen Landesmuseum...) realisiert hat.
Die Dauerausstellung ein "bestes Museum Europas". Eher nicht. Aber da halte ich mich heraus, wegen Befangenheit.
Ziemlich kurios, um nicht zu sagen befremdlich ist die Nominierung eines zweiten österreichischen Museums, des Tirol Panorama und Kaiserjägermuseums in Tirol (Innsbruck). Kein anderes Museum in Österreich ist derart von Nationalismus, Militarismus, Katholizismus, Opferkult, Monarchismus geprägt wie dieses Museum. Und Schicht um Schicht wird dieser Ort bis heute verdichtet und angereichert mit Geschichte und Geschichten, die nie durchdrungen, nie aufgelöst werden und wo Geschichte wie Trümmer aus Blei unerlöst und unerledigt herumliegt.
Das Europäische Museumsforum gibt sich ziemlich bedeckt, was die Kriterien der Vergabe betrifft. The EMF Judging Panel is looking for enterprise and innovation that enhances the public quality of the museum. The judges seek to identify new developments which are likely to have a significant influence in the national and international museum field.
Nichts davon trifft auf den Innsbrucker Un-Ort zu.
Vollends unglaubwürdig und geradezu lächerlich macht sich das EMF, wenn man ein weiteres Museum nennt, das um den Preis rittert: das Stedelijk Museum in Amsterdam.
Erstens frage ich mich, unter welchem Gesichtspunkt lassen sich die drei Museen denn überhaupt vergleichen?
Da hinkt ja jeder Vergleich, abgesehen davon, daß das Amsterdamer Museum in doch einer ganz anderen Liga spielt. Ich habe im Stedelijk die besten Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst gesehen, herausragend durch ihre Konzeption, durch die Qualität der Gestaltung, durch die Qualität der Werke und last but not least durch die offene Politik, die das Haus gegenüber den Besuchern pflegt und mir bei jedem Aufenthalt das Gefühl gegeben hat, ich und alle anderen sind willkommene Gäste des Hauses. Ein Kriterium der Distinktion, das neben den genannten jeden Vergleich mit den österreichischen Museen im Rahmen des Awards unmöglich macht, ist die Geschichte des Hauses, seine Pionierrolle vor allem unter Direktor Willem Sandberg und seine kunst-politische Positionierung. Dieses Museum soll gegen den krachledernen Andreas-Hofer-Patriotismus am Bergisel abgewogen werden und in Konkurrenz stehen mit einem wenige Monate alten lokalen, bescheidenen Stadtmuseum?
Der Preis sei dem Museum gegönnt, das so manche verdienstvolle Ausstellung in einem schwierigen Umfeld (knappes Budget, chancenlose Konkurrenz durch den Riesen Landesmuseum...) realisiert hat.
Die Dauerausstellung ein "bestes Museum Europas". Eher nicht. Aber da halte ich mich heraus, wegen Befangenheit.
Ziemlich kurios, um nicht zu sagen befremdlich ist die Nominierung eines zweiten österreichischen Museums, des Tirol Panorama und Kaiserjägermuseums in Tirol (Innsbruck). Kein anderes Museum in Österreich ist derart von Nationalismus, Militarismus, Katholizismus, Opferkult, Monarchismus geprägt wie dieses Museum. Und Schicht um Schicht wird dieser Ort bis heute verdichtet und angereichert mit Geschichte und Geschichten, die nie durchdrungen, nie aufgelöst werden und wo Geschichte wie Trümmer aus Blei unerlöst und unerledigt herumliegt.
Das Europäische Museumsforum gibt sich ziemlich bedeckt, was die Kriterien der Vergabe betrifft. The EMF Judging Panel is looking for enterprise and innovation that enhances the public quality of the museum. The judges seek to identify new developments which are likely to have a significant influence in the national and international museum field.
Nichts davon trifft auf den Innsbrucker Un-Ort zu.
Vollends unglaubwürdig und geradezu lächerlich macht sich das EMF, wenn man ein weiteres Museum nennt, das um den Preis rittert: das Stedelijk Museum in Amsterdam.
Erstens frage ich mich, unter welchem Gesichtspunkt lassen sich die drei Museen denn überhaupt vergleichen?
Da hinkt ja jeder Vergleich, abgesehen davon, daß das Amsterdamer Museum in doch einer ganz anderen Liga spielt. Ich habe im Stedelijk die besten Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst gesehen, herausragend durch ihre Konzeption, durch die Qualität der Gestaltung, durch die Qualität der Werke und last but not least durch die offene Politik, die das Haus gegenüber den Besuchern pflegt und mir bei jedem Aufenthalt das Gefühl gegeben hat, ich und alle anderen sind willkommene Gäste des Hauses. Ein Kriterium der Distinktion, das neben den genannten jeden Vergleich mit den österreichischen Museen im Rahmen des Awards unmöglich macht, ist die Geschichte des Hauses, seine Pionierrolle vor allem unter Direktor Willem Sandberg und seine kunst-politische Positionierung. Dieses Museum soll gegen den krachledernen Andreas-Hofer-Patriotismus am Bergisel abgewogen werden und in Konkurrenz stehen mit einem wenige Monate alten lokalen, bescheidenen Stadtmuseum?
Dienstag, 11. Februar 2014
Montag, 10. Februar 2014
Böse Dinge - ausgerechnet im Hofmobiliendepot
2009 hatte das Werbundarchiv/Museum der Dinge Berlin eine Ausstellung unter dem Titel "Böse Dinge" veranstaltet. Sie basierte auf einer ebenso kuriosen wie - heute - amüsant zu lesenden Streitschrift Gustav Pazaureks "Guter und schlechter Geschmack im Kunstgewerbe" (1912). Pazaureks pädagogischer Eifer ließ ihn auch 1909 eine Abteilung der Geschmacksverirrung im Stuttgarter Landesmuseum einrichten.
Er erstellte einen Kriterienkatalog, der v.a. funktionelle und gestalterische "Gräuel" erfassen helfen sollte. Das Museum der Dinge untersuchte in ihrer Ausstellung von 2009 (hier ein Post dazu) aktuelle Gestaltungen mit Hilfe von Pazaureks Katalog.
Gräueldinge aus Eigenbesitz können zu Ausstellungsbeginn geschenkt werden und dienen als Versteigerungsobjekte später einem sozialen Zweck. Aber Achtung! Nichts mitbringen, was "lebt, Krach macht, schmutzt, schlecht werden kann oder zum Anziehen ist...".
Hofmobiliendepot/Möbel Museum Wien 19.Februar bis 6.Juli 2014
Er erstellte einen Kriterienkatalog, der v.a. funktionelle und gestalterische "Gräuel" erfassen helfen sollte. Das Museum der Dinge untersuchte in ihrer Ausstellung von 2009 (hier ein Post dazu) aktuelle Gestaltungen mit Hilfe von Pazaureks Katalog.
Gräueldinge aus Eigenbesitz können zu Ausstellungsbeginn geschenkt werden und dienen als Versteigerungsobjekte später einem sozialen Zweck. Aber Achtung! Nichts mitbringen, was "lebt, Krach macht, schmutzt, schlecht werden kann oder zum Anziehen ist...".
Hofmobiliendepot/Möbel Museum Wien 19.Februar bis 6.Juli 2014
Samstag, 8. Februar 2014
Montag, 3. Februar 2014
Das Große Goldene (Privatisierung 6)
Offer of loan (Texte im Museum 455)
Sonntag, 2. Februar 2014
Abonnieren
Posts (Atom)