Heimatmuseum Langenlois |
Sonntag, 6. November 2016
Vanitas-Sitzen
Das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen
Sparbüchse in Zeppelinform (Foto: GF 2016) |
Nach einer langen militärischen Karriere, zu der eine Beobachterposition im Amerikanischen Bürgerkrieg gehörte und eine Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg, widmete er sich nach seiner Verabschiedung aus der Armee, im Alter von über 50 Jahren, mit der Ballonluftfahrt, die er in militärischer Verwendung kennengelernt hatte und versuchte Armeeführer und Könige von der "Notwendigkeit der Lenkballone" (der Titel einer seiner Denkschriften) zu überzeugen. Ermutigend waren die Reaktionen auf seine Vorschläge ganz und gar nicht.
Auch der Beginn des Baues eines Starrluftschiffes wurde bespöttelt, obwohl schon ein Jahr später erste Aufstiege über dem Bodensee erfolgten. Die Wende brachte ausgerechnet die Havarie eines seiner Luftschiffe auf die mit Spenden und Interesse reagiert wurde.
Zeppelin, in Konstanz geboren, siedelte die Produktion der Luftschiffe in Friedrichshafen an und legte so den Grundstein zur rasanten Industrialisierung der Stadt am Bodensee.
Doch die Technik eines Starrluftschiffes erwies sich als schwierig beherrschbar und der Nutzen hielt sich in Grenzen. Zunächst wurden kurze Passagierflüge damit möglich und Aufklärung und Bombenabwürfe im militärischen Einsatz. Ab den 1920er-Jahren wurden so große und relativ zuverlässige Schiffe gebaut, daß sogar Transatlantikflüge möglich waren. Dennoch blieb der finanzielle und personelle Aufwand enorm - bei vielen Flügen mußte es ebenso viel Besatzung wie Fluggäste geben- daß die Weiterentwicklung zu riesigen Zeppelinen erst in der NS-Zeit mit massiver Unterstützung auch in Hinblick auf Kriegstauglichkeit möglich wurde. Der Betrieb der Schiffe blieb unsicher - man schätzt daß bis dahin bei allen Flügen zusammen etwa 45% der Besatzung umkamen. Das endgültige aus für den Zeppelin kam mit dem katastrophalen Brand und Absturz der "Hindenburg" in den USA (Lakehurst) 1937, das übrigens auch als erstes life übertragene Großunglück der Mediengeschichte gilt.
Damit kam die Entwicklung der Starrluftschiffe zum Erliegen. Aber es gibt eine List der Geschichte. 1945, als es der Bundesrepublik noch verboten war, eine eigene Luftfahrt aufzubauen, gingt die von Zeppelin vorsorglich eingerichtete Stiftung wegen Erlöschens des Stiftungszwecks an die Stadt Friedrichshafen über, die in der Nachkriegs- und Wiederaufbauzeit zahlreiche Bau- und Sozialprojekte finanzieren konnte und bis heute von der Stiftung profitiert.
Seit den 90er-Jahren erfolgte eine von vielen Rückschlägen begleitete Wiederaufnahme des Luftschiffbaues in Friedrichshafen. Die Einsatzmöglichkeiten sind bescheiden, aber es gibt wieder eine Personenschifffahrt v.a. im Bodenseeraum. Der Betrieb solcher moderner und relativ sicherer Schiffe kann annähernd rentabel sein, die Produktion aber bei weitem nicht. Auch auf Grund der Entwicklung von Großflugzeugen wird der "Zeppelin" ein Nischenprodukt bleiben.
Museumsfoyer (Foto: GF 2016) |
Der 1933 entstandene Bau bietet einen architektonisch interessanten, sehr sachlichen Rahmen für die beiden Schwerpunkte des Museums: Entwicklung und Technik des Zeppelins einerseits und Kunst andrerseits.
Rumpfteil der "Hindenburg" in Originalgröße und begehbar (Foto: GF) |
Ein weiterer großer Ausstellungsteil, übersichtlich in Vitrinen gegliedert, gilt der Entwicklung des Ballon- und Starrluftschiffbaues mit einer Unzahl von Objekten. Texte und Objekte vermittelten auch mir als Laien eine gut nachvollziehbare Entwicklungsgeschichte dieser speziellen Form der Luftfahrt mit ihren technischen und kulturellen Implikationen.
Anfänge der Ballon- und Starrluftschifffahrt |
Saal mit der geschichtlichen Entwicklung der Zeppelin-Luftfahrt |
Fotos des bombardierten Friedrichshafen |
Eine ähnliche kritische "Pointe", die die Entfesselung des militärisch-industriellen Komplexes derart beredt implodieren läßt, habe ich bisher nur in der (so nicht mehr existierenden) Dauerausstellung des Stadtmuseums Rüsselsheim gesehen. Dieser Abschnitt der Ausstellung zum Kriegsende in Friedrichshafen verhindert, daß man die Geschichte des Zeppelins als konsequente Erfindungs- und Erfolgsgeschichte lesen kann.
Die Kunstsammlung |
Samstag, 5. November 2016
Freitag, 4. November 2016
Eine Kritik der Ausstellung auf der Schallaburg (NÖ) Die 70er-Jahre. Damals war Zukunft
Für H-Soz-Kult habe ich eine Rezension der Schallaburg-Ausstellung "Die 70er-Jahre. Damals war Zukunft" geschrieben. Hier der Link:
http://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen-252
http://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen-252
Grau und andere Farben (Texte im Museum 593)
Donnerstag, 3. November 2016
Erinnerung an die Mauerbach-Auktion
In einem bemerkenswerten, informativen und kritischen Artikel hat vor wenigen Tagen Olga Kronsteiner im Standard (hier) über ein unrühmliches Kapitel österreichischer Museums- und Kulturpolitik berichtet. Über die vor 10 Jahren stattgefundene sogenannte Mauerbach-Versteigerung im Museum für Angewandte Kunst, wo aus Beständen der Republik Österreich ohne weitere Prüfung der Provenienz vermeintlich "herrenloses" Kunstgut versteigert wurde.
Gestützt auf die detaillierte Schilderung einiger konkreter Fälle, wo man die Besitzer leicht hätte eruieren können, entrollt Kronsteiner das "Panorama der Versäumnisse" (Zitat).
Es bedurfte erst der Beschlagnahme von Werken aus der Sammlung Leopold in den USA, daß die Republik und die Museen sich ihrer Aufgabe bewußt wurden, ernsthaft Restitutionsforschung zu betreiben und Kulturgut zurückzuerstatten.
Gestützt auf die detaillierte Schilderung einiger konkreter Fälle, wo man die Besitzer leicht hätte eruieren können, entrollt Kronsteiner das "Panorama der Versäumnisse" (Zitat).
Es bedurfte erst der Beschlagnahme von Werken aus der Sammlung Leopold in den USA, daß die Republik und die Museen sich ihrer Aufgabe bewußt wurden, ernsthaft Restitutionsforschung zu betreiben und Kulturgut zurückzuerstatten.
Mittwoch, 2. November 2016
Understanding objects (Texte im Museum 591)
Victoria & Albert Museum. British Gallery |
Ein Leckerbissen von Text, weil er Einblick in das kuratorische Denken gibt, in die Einschätzung sowohl des Publikums wie der hermeneutischen Arbeit durch einen Kurator. Zuerst, sagt uns der Kurator durch den Text, muß man es lernen, kritisch Objekte anzusehen und sich nicht mit dem Augenschein zu begnügen. Kuratoren würden sich ständig damit beschäftigen (also können sie es schon), aber jedermann könne das erlernen.
Wie, das sagt uns der Text nicht. Er sagt uns auch nicht, was dem Verstehen von Objekten in Museen entgegenwirken könnte, wie der Mangel an Information, eine schwer auflösliche Unvertrautheit mit Dingen (etwa aus fernen Zeiten, Regionen oder Gebrauchsweisen) oder gar mißverständliche Information durch Museumstexte.
Durch genau Betrachtung könne man das Material oder gar die Verarbeitungsweise an einem Objekt erkennen. Wirklich? Echtes Silber, echter Bernstein, Bakelit, Holzarten, Papiere - alles kein Problem? Dieser genaue Blick könne darüber hinaus aber auch Geschichte "enthüllen". Doch dieses großartige Versprechen wird gleich gewaltig ermäßigt durch die Einschränkung, daß man an Dingen Reparaturen, Beschädigungen oder Veränderungen erkennen könne.
Das war der Stand an Einsicht vor über hundert Jahren in Alois Riegls Denkmaltheorie. Mehr als das ist nicht.
Und dann macht der Text aus dem Besucher potentielle Fachleute, die sich diverser Hilfsmittel bedienten, um, ja um was eigentlich zu tun? Um die Möglichkeiten ihrer Einsichten zu erweitern? Aber um mehr als Identifikation gehts da kaum oder beim ihm vorbehaltenen ultravioletten Licht um ein technisch vertieftes Sehen, das kaum die Erfahrung vertiefen wird ohne zusätzliches spezialisiertes Wissen.
Der Autor dieses Textes begibt sich auf gefährliches Terrain, denn er will die Frage anpacken, wie Besucher eigentlich zur Erfahrung der Dinge in einem Museum kommen. Und er kapituliert früh, muß er uach. Denn selten lassen sich Dinge ohne (Kon)Text auch nur annähernd deuten, erst recht nicht auf individuelle Deutungsbedürfnisse hin.
Dienstag, 1. November 2016
Montag, 31. Oktober 2016
Sonntag, 30. Oktober 2016
Ein Museum: Museo della Merda Castelbosco/Piacenza
Ein Scheisse-Museum?? Eine abseitige, verrückte Idee eines Spinners? Mitnichten. Sondern ein Nebenprodukt einer modernen landwirtschaftlichen Anlage mit ökologischen, ästhetischen und künstlerischen Ambitionen.
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The Shit Museum was founded in Lombardy in 2015 by the agricultural entrepreneur Gianantonio Locatelli and a group of associates: Luca Cipelletti, who manages its projects and products, Gaspare Luigi Marcone and Massimo Valsecchi.
The idea came into being in Castelbosco, in the province of Piacenza, on a farm which makes milk for Grana Padano cheese and includes seven production units. Here every day 3,500 specially selected cows produce around 50,000 litres of milk and 150,000 kilos of dung. Under Locatelli’s management, this quantity of excreta started to be transformed into a futuristic ecological, productive and cultural project. Using highly innovative systems, electrical energy started to be produced from the manure. Today the farm produces up to three megawatts per hour. The buildings and offices of the farm are heated exploiting the warmth given off by the digesters as they turn manure into energy. Not to mention the fertiliser produced. All these activities have drawn attention from various international institutions concerned with ecology and innovation, leading to widespread recognition and prizes, and making Castelbosco a point of reference.
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The Shit Museum (Italian: Museo Della Merda) is a museum in the province of Piacenza, in the north of Italy, and is reported to be the world's first museum dedicated to faeces. The museum opened on 5 May 2015, having been founded by agricultural businessman Gianantonio Locatelli and three associates.
The museum, set in a medieval castle in the village of Castelbosco, was created by a local dairy farmer whose herd of 2,500 (some reports say 3,500) cows produce 30,000 litres (7,900 US gal) of milk a day, which is used to make Grana Padano cheese. The cows also produce around 100,000 kilograms (220,000 lb) of dung, which is transformed into methane, fertiliser for the fields, as well as raw material for plaster and bricks. The dung is used to generate power to run the operation. The museum has a symbiotic relationship with the farm and cheesemaking facility. It is an eccentric byproduct of the huge aggregation of cows and their prodigious output of cow manure.
Ein Mistkäfer als Logo |
Eco-friendly recycling is an important theme of the museum. That includes the reuse of farmyard manure, but the museum also features many artefacts on display, including a lump of fossilised dinosaur faeces, jars of faeces, art works inspired by human waste, ancient Roman medicinal cures that featured animal excrement, and a collection of dung beetles.
An even broader motif (and goal) is "transformation" in an engineering, philosophical, scatological, sociological, and practical sense. As the organization's website offers: "The idea for a new museum slowly took shape, emerging from manure to deal with the broader theme of transformation. The museum would be an agent of change which, through educational and research activities, the production of objects of everyday use and the gathering of artefacts and stories concerning excrement in the modern world and throughout history, was to dismantle cultural norms and prejudices."
Transforming the site took more than twenty years. It started with paint. The museum commissioned artists David Tremlett and Anne and Patrick Poirier to transfigure the mechanical digesters "into a sign" mixing allegorical symbols with botany, thereby creating "a work of evolutionary land art". Luca Cipelletti was the principal architect.
Within the Gazzola Castelbosco, exhibit spaces are designed to reinforce the themes, beginning with the museum's repeated use of the dung beetle – the Egyptian's considered the scarab to be divine as a symbol of the heavenly cycle and of the idea of rebirth or regeneration – and to provide proof that shit "is a useful and living material". Thus, it combines historical references (including Pliny's Naturalis Historia) to point out that waste and recycled materials can be the basis for a better civilization.
Part of the mission of the Shit Museum is to make tangible contributions: ideas and exhibits are purposed to lead to objects, innovation and projects. Production is key to the transformation the museum's creators envision. In its inaugural year, the museum invented and patented Merdacotta, which it says is "emblematic". The product's name is 'baked shit' in Italian. The material combines the twin principles of sustainability and transmutation, which are the museum's baseline. It combines the twin materials of dried cow dung and Tuscan clay.[8] The Merdacotta was used in "simple, clean rural shapes", devoid of adornment and embodying "ancient principles", thereby making the first tangible products bearing the Museo della Merda brand. These objects include bowls, flowerpots, jugs, mugs, plates, and tiles. In that sense, the use of materials gives voice to a Mcluhanesque view where "the medium is truly the message". By their existence, the materials used eloquently imply that the material is their substance, and that shape is peripheral. "These are objects that redesign the cycle of nature in a virtuous circle, constituting essential elements of contemporary living." At the Salone del Mobile in 2016, the museum's "primordial products" made their debut. They garnered first prize in the Milano Design Award. Merdacotta is said to have a rugged look that enhances the hand crafting. When glazed and fired at 1,800 degrees,[clarification needed] it can be used to serve food and drink.
Webseite des Museums: http://www.museodellamerda.org/the-museum/
Unter der Rubrik "Ein Museum" stelle ich im Blog ungewöhnliche Museen vor, auch um die Diversität des Museums weltweit zu repräsentieren. Einfach das Lemma "Ein Museum" anklicken, um alle einschlägige Posts aufzurufen.
Freitag, 28. Oktober 2016
Donnerstag, 27. Oktober 2016
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