Donnerstag, 29. November 2012

Berufsbild: Museologe

Joséphine Baker eund Georges-Henri Rivière vor einer Vitrine des Musée d'ethnographie du Trocadéro1933

Mikroausstellung "In Szene setzen"

Figurine aus dem ehemaligen Musée National des Arts et des Traditiones Populaires, Paris
Figurine aus dem Militärhistorischen Museum, Dresden

Human remains (II) (Texte im Museum 355)

Militärhistorisches Museum Dresden

Human remains (I) (Texte im Museum 354)



Ein Museum: Das Teufelsmuseum in Kaunas



Der Maler  Antanas Žmuidzinavičius in seinem Haus in Kaunas (Litauen), wo nach seinem Tod das Teufelsmuseum eingerichtet wurde. Inzwischen ist die Sammlung derart gewachsen, daß man in den 80er-Jahren einen Zubau errichtet hat.




Dienstag, 27. November 2012

Up to date (Texte im Museum 353)

e-books als Infotool. "Bruseum". Universalmuseum Joanneum Graz

Der Sanierungsfall Käntner Landesmuseum

Alle Österreichischen Landesmuseen haben im vergangenen Jahrzehnt eine mehr oder minder tiefgreifende Umgestaltung ihrer Dauerausstellung vorgenommen, meist einhergehend mit eingreifender Veränderung der Architektur oder sogar mit Errichtung von neuen (Zu)Bauten. Dieser Prozess wird im kommenden Jahr so gut wie abgeschlossen sein, wenn das Vorarlberger Landesmuseum wiedereröffnet werden wird und das Universalmuseum Joanneum seine letzte große Abteilung, die Natursammlungen, in neuer Aufstellung zeigen wird.
Die Ausnahme war und ist das Kärntner Landesmuseums und als der neubestellte Direktor kurz nach seinem Amtsantritt andeutete, daß die Kräfte und Mittel vorerst nur zur dringendsten Sanierung reichten, schien klar, daß das Landesmuseum in Klagenfurt seine Position als Schlußlicht im Modernisierungsprozess noch länger erhalten würde.

25 Jahre, so belehrt uns die Gedenktafel im Museum, hat die Nachkriegssanierung des Kärntner Landesmuseums gedauert. Seither sind wiederum 38 Jahre vergangen.
Nun sind Museumsleiter und Kulturreferent an die Öffentlichkeit gegangen, mit Horrormeldung über tausende verschimmelnde Objekte, gefährdete Buchbestände und vernachläßigte Architektur.
Sofort hat das Hickhack der Lokalpolitik begonnen, ohne daß sich dabei eine klar strukturierte Sanierung mit dem Ziel einer dringenden Erneuerung der Dauerausstellung abzeichnen würde. (Hier der Bericht des KURIER) Möglich ist, daß der Bau saniert wird, vielleicht wird auch ein modernes Depot errichtet werden, aber weit und breit (es redet auch niemand davon) ist keine Ausstellung in Sicht die die derzeitige, museologisch wie geschichtswissenschaftlich fragwürdige, ersetzen könnte. Kärnten wird mit seinem Museum noch sehr lange Schlußlicht bleiben,

Essen gegen den Tod

Die Grabstätte für Ramses XI. war leer vorgefunden worden. Hier dient sie im Jahr nach der Entdeckung des Grabes Tutanchamuns, 1923, James Henry Breasted, Harry Burton, Alfred Lucas, Arthur Callender, Arthur Mace, Howard Carter, dem Entdecker des Grabes, und Alan Gardiner als Speisesaal. Das Foto hatte der Gönner Carters, Lord Carnarvon, gemacht.

Engel (Entrée 86)


Montag, 26. November 2012

Rote Ohren


"Die Leidenschaften". Ausstellung im Hygiene-Museum Dresden

Vom Nutzen und gesundheitlichen Nachteil beim Betrachten von Kunstwerken und Sehenswürdigkeiten

Jerusalem-Syndrom

Das Jerusalem-Syndrom bezeichnet eine psychische Störung, von der jährlich etwa 100 Besucher und Einwohner der Stadt Jerusalem betroffen sind. Die Erkrankung besitzt den Charakter einer Psychose und äußert sich unter anderem in Wahnvorstellungen: Der oder die Betroffene identifiziert sich vollständig mit einer heiligen Person aus dem Alten oder Neuen Testament und gibt sich als diese aus.
Sehr prominente und wichtige biblische Personen werden dabei besonders häufig zum Objekt einer solchen Identifizierung, so zum Beispiel Mose und König David aus dem Alten Testament oder Paulus und Johannes der Täufer aus dem Neuen Testament.
Die Identifizierung als biblische Person geht einher mit einer entsprechenden Selbstdarstellung und wird oft begleitet von öffentlichen Predigten oder Gebeten des Erkrankten. Auch legen diese häufig ihre Kleidung ab und hüllen sich stattdessen in weite Gewänder oder Bettlaken.
Die Bezeichnung Jerusalem-Syndrom stammt vom israelischen Arzt Yair Bar El, der Anfang der 1980er Jahre als erster dieses Krankheitsbild diagnostizierte und seitdem über 400 Betroffene in der psychiatrischen Klinik „Kfar Shaul“ behandelt hat. Grundsätzlich ist die Erkrankung nicht gefährlich und die Betroffenen sind in der Regel nach wenigen Tagen vollständig genesen.

Paris-Syndrom

Als Paris-Syndrom wird eine vorübergehende psychische Störung bezeichnet, die meist Japaner beim Aufenthalt in Paris trifft. Als Auslöser des Paris-Syndroms gilt die starke Differenz zwischen der Erwartungshaltung der Touristen und der Realität der Stadt.
Das Paris-Syndrom ist durch einige psychische Symptome gekennzeichnet: akute Wahnzustände, Halluzinationen, Verfolgungswahn, Derealisation, Depersonalisation, Angst sowie psychosomatische Manifestationen wie etwa Schwindel, Tachykardie oder Schwitzen.
Es sind vor allem japanische Frauen in ihren Dreißigern betroffen. Es wird nerichtet, daß 73 % der Patienten junge Frauen seien, die eine geringe Motivation besitzen, die Sprache Französisch zu lernen, jedoch durch die finanzielle Unterstützung ihrer Familie in Paris leben können. Auch junge Frauen aus diesen familiären Verhältnissen, die mit „romantischen Vorstellungen“ etwa Kunstgeschichte in Paris studieren wollen, fallen in dieses Muster.

Stendhal-Syndrom

Der Begriff bezieht sich auf eine Notiz aus der 1817 veröffentlichten Reiseskizze Reise in Italien (Originaltitel: Rome, Naples et Florence), in der der französische Schriftsteller Marie-Henri Beyle, bekannt unter dem Pseudonym Stendhal, seine Eindrücke bei seinem Besuch in der italienischen Stadt Florenz beschrieb. Schon bei der Ankunft in der Stadt fühlte er sich wie in einem Wahn und konnte keinen klaren Gedanken fassen.Bei der Besichtigung der Kirche Santa Croce, berühmt für die Grabmäler von Florentinern wie Michelangelo, Dante Alighieri oder Galileo Galilei, steigerte sich seine Begeisterung:„Ich befand mich bei dem Gedanken, in Florenz zu sein, und durch die Nähe der großen Männer, deren Gräber ich eben gesehen hatte, in einer Art Ekstase. […] Als ich Santa Croce verließ, hatte ich starkes Herzklopfen; in Berlin nennt man das einen Nervenanfall; ich war bis zum Äußersten erschöpft und fürchtete umzufallen.“ Stendhal fühlte sich wie ein Verliebter und genoss die „angenehmen Sensationen“, zeigte sich in seiner Schilderung aber gleichzeitig bestürzt über seinen Erschöpfungszustand.
Der italienischen Ärztin Graziella Magherini fielen während ihrer Tätigkeit als Leiterin der psychologischen Abteilung des Florentiner Krankenhauses Santa Maria Nuova einander ähnelnde Krankheitsfälle unter ausländischen Touristen auf, die sie als eine Reaktion auf die Fülle an Kunstwerken und -eindrücken in Florenz deutete. In Anlehnung an die Reiseberichte Stendhals nannte sie 1979 diese psychosomatische Störung Stendhal-Syndrom. In den folgenden Jahren studierte Magherini mit ihrem Team zahlreiche Fälle von Patienten, die unter dem Stendhal-Syndrom litten. 106 dieser Krankengeschichten wurden von Magherini im Januar 1989 in der Monografie La Sindrome di Stendhal veröffentlicht, wodurch der Begriff „Stendhal-Syndrom“ einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde.
Merkmal des Stendhal-Syndroms sei ein „Verlust der Kohäsion des Selbst“. Bei einer Gruppe von Patienten äußerte sich das Stendhal-Syndrom durch Störungen des Denkens und der Wahrnehmung, die Halluzinationen und wahnhafte Stimmungen sowie tiefe Schuldgefühle bei den Betroffenen auslösten. Eine zweite Gruppe entwickelte affektive Störungen, die sowohl zu Allmachtsphantasien als auch zur Erkenntnis der eigenen Bedeutungslosigkeit angesichts der Fülle an Kunstschätzen führten. Bei einer dritten Gruppe von Patienten trat das Stendhal-Syndrom als eine Panikattacke auf, die mit erhöhtem Blutdruck, Ohnmachtsanfällen, Bauchschmerzen und Krämpfen verbunden war. Die meisten der vom Stendhal-Syndrom betroffenen Touristen waren zwischen 26 und 40 Jahre alt und unverheiratet. Alle Patienten waren Ausländer, zumeist aus den Vereinigten Staaten und der Nordhälfte Europas.

(Wikipedia; gekürzt)




Sorgen (Texte im Museum 352)

Hygienemuseum Dresden

Museum ohne Haftung (Texte im Museum 351)

Militärhistorisches Museum Dresden

Sitzen a la Libeskind kann Ihre Gesundheit beeinträchtigen (Sitzen im Museum)


Militärhistorisches Museum Dresden

Objet trouvée, verrostet, aber aus dem Führerbunker...

Schreibmaschine aus dem "Führerbunker". Militärhistorisches Museum Dresden

Dienstag, 20. November 2012

Leverian Museum London (Entrée 85)


FC Barcelona (Entrée 84)


Bücherecke (Texte im Museum 350)


Was man unter Kunst versteht (Texte im Museum 349)

Maria Lassnig - Ausstellung - Neue Galerie Graz



Tipp: Maria Lassnig in der Neuen Galerie Graz


Mikroausstellung "Heilige Schauer"

Heilige Schauer hat Vitus H. Weh im neuen Meteoritensaal des Naturhistorischen Museums. So viel Museumsglück läßt sich mit ihm in artmagzine teilen: http://www.artmagazine.cc/content65496.html

Der Meteoritensaal 1903

Der Meteoritensaal vor der Umgestaltung

Der neugestaltete Meteoritensaal

Samstag, 17. November 2012

Das Irgun-Museum (Etzel-Museum) in Tel Aviv

Während ich diese Zeilen schreibe, beschießt die israelische Luftwaffe Ziele im Gaz-Streifen und feuert die Hamas Raketen auf Israel. Wie sich das entwickeln wird, weiß niemand, woher es kommt, kann man sagen. Vielleicht stimmt es, was man lesen kann, daß ein Ministerpräsident und seine Partei ein frivoles Wahlkampfspiel treiben - aber auf dem Rücken der eigenen Bevölkerung und unter Inkaufnahme zahlloser toter Palästinenser? Aber das ist ohnehin "nur" ein Anlaß, der Grund ist bekannt und liegt Jahrzehnte zurück.

Die von der Sehnsucht in das "Gelobte Land" zurückkehren zu können und von Pogromen verursachten Einwanderungswellen nach Palästina lösten nur sehr vereinzelt Konflikte aus, aber mit der in den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts realisierbar erscheinenden Gründung eines National- und Territorialstaates Israel (nach einem sehr komplizierten diplomatischen Prozess) verschärfte den Konflikt zwischen Juden und Arabern.

England, seit 1917 so etwas wie eine Schutzmacht in Palästina, versuchte militärisch und diplomatisch die beiden Gruppen auseinanderzuhalten. Es gab verschiede Versuche, eine Koexistenz herzustellen und zu sichern. Als die englischen Truppen die Einwanderung einschränken und die Ansiedelung in Palästina nach ihren Plänen regeln wollten, kam es zur Gründung paramilitärischer Untergrundorganisationen, wie Hagana und Irgun (gegründet 1931, auch Etzel genannt, politisch verfolgte Irgun umstrittene Ziele und gilt als Keimzelle der knoservativen politischen Partei), die Anschläge auf englische Einrichtungen verübte. Die Eskalation dieser Anschläge nach dem zweiten Weltkrieg trug dazu bei, daß die britischen Truppen abzogen. (1)



Die Anschläge richteten sich auch gegen die arabische Bevölkerung. Nur etwa einen Monat vor der Staatsgründung richtete die Irgun in einem Dorf ein Massaker mit über hundert Toten an. Die Irgun war maßgeblich mit der Staatsgründung gleichsam zusammenfallenden Vertreibung der Araber aus Jaffa beteiligt. Jaffa war die von der Vertreibung der Araber am stärksten betroffene Stadt, man spricht von etwa 60.000 bis 75.000 Vertriebenen. Diese Vertreibungen war Effekt einer Staatsgründung nach Israels Vorstellung und zugleich der Beginn eines bis heute nicht gelösten Grundkonflikts. Die israelischen und palästinensischen Raketen, die sich heute im Himmel über dem Gazastreifen kreuzen, sind immer noch und wieder, ein Effekt dieses Grundkonflikts.

Heute schwankt, je nach Standpunkt, die Einschätzung dieser Gruppen wie Irgun zwischen Terroristen, Patrioten, Miliz, Untergrundorganisation usw. 1948 mit der Gründung einer israelischen Armee aufgelöst, ist Irgun heute ein Teil des israelischen Geschichtsbildes, trotz der partiellen Verdrängung und Verleugnung mancher Handlungen der Irgun. Das Verdängteste ist die Vertreibung der Araber. (2) Da muss man nur den Text lesen, der im Museum über das größte Massaker "informiert", das Irgun begangen hat, das in Deir Yassin

Genau dort, wo unter anderem Irgun, Jaffa zerstörte, liegt das Irgun (Etzel-)Museum, ein, ich würde vermuten von "Veteranen" betriebenes, von einer Organisation getragenes (3) Museum (gegründet von einem Kommandeur der Irgun). Frei stehend und weithin sichtbar in der Nähe des Strandes im südlichen Tel Aviv hat es einen durchaus prominenten Platz. Das Bauwerk dürfte symbolisch zu lesen sein: über einer Ruine eines aus ottomanischer Zeit stammenden Gebäudes, hat man eine Art Vitrine gestülpt, einen opaken Glaskubus, der den versehrten Unterbau zu einer Trophäe macht.

Das Museum ist ein Ort, den seine Gründer als Gedächtnis an die Opfer konzipiert haben - gemeint sind die bei den Angriffen auf Jaffa getöteten Irgun-Mitglieder. Das Museum rechtfertigt, soll man sagen "selbstverständlich", dieses Opfer, das die Irgun insgesamt als Bedingung für die Existenz des Staates Israel gebracht hat. Alle Text- und Bildinformationen laufen auf diese Sicht der Ereignisse hinaus und die - bescheidene - Staffage aus Waffen und Figurinen unterstreicht das. Irgun hat eine "Mission" im "Unabhängigkeitskrieg" (erfolgreich) erfüllt.
Diese Veteranen-Bastelarbeit hat mich eher gelangweilt. Immerhin, deine Überraschung hatte es für mich: Zeitungsausrisse zu einem Irgun-Anschlag auf das Wiener Parkhotel (dort waren britische Militärs stationiert).


Man kann sich fragen, warum ein solches Museum in einer derartigen Lage denkbar ist, aber man kann in jedem europäischen Land (nicht nur in europäischen) jederzeit ähnlich mufflig-verklemmte "Militärmuseen" finden (Österreich hat sogar eins im Großformat in Wien stehen), an denen es nur um eine einzige Wahrheit geht. In einen Touristenführer würde ich schreiben "Schöner Strandspaziergang".


(1) Ein jüngst auf ARTE gezeigter vierteiliger Spielfilm "The Promise" ("Gelobtes Land") des englischen Regisseurs Peter Kosminsky schildert, detailliert an den Fakten orientiert, diese Jahre unmittelbar vor der Staatsgründung. Die Verschränkung der Erzählung mit der Gegenwart Israels macht den Film zu einem wirklich bemerkenswerten Dokument zum Israelisch-Arabischen Konflikt. Hier ein interessantes Interview mit dem Regisseur zu seinem Film: http://foreignpolicyblogs.com/2012/09/21/an-interview-with-peter-kosminsky-creator-of-the-promise/
(2) ‪List of Arab towns and villages depopulated during the 1948 Palestinian exodus‬: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Arab_towns_and_villages_depopulated_during_the_1948_Palestine_War
(3) Das Museum wird von ‚The Society for Preservation of Israel Heritage Sites (SPIHS)’ erhalten, wozu es auf deren Webseite heißt „...The SPIHS was established to protect the irreplaceable historical buildings and heritage sites associated with Israel’s re-birth.

Eretz Israel (Entrée 83)


Minimal Label Art (Texte im Museum 347)

Alex Katz - Ausstellung. Essl-Museum, Klosterneuburg

Wiener Museumspläne

Gleich drei neue Museen könnte es in absehbarer Zeit in Wien geben. Nun, eins wäre nicht ganz neu. Aber wenn tatsächlich, wie eben angekündigt, das Völkerkundemuseum nach langen Jahren der Abwesenheit wiederum in etwa einem Dutzend Räumen eine Dauerausstellung zeigen sollte, dann wäre das schon fast ein "neues" Museum.

Die Finanzminsterin findet, daß die frisch renovierten Prunkräume - das Ministerium befindet sich im Stadtpalais des Prinzen Eugen -, nicht wieder schnöden Verwaltungsaufgaben gewidmet sein sollten und bot dem Museum im Belveder die Bespielung der Räume an. Da das das Finanzministerium bezahlen wird und nicht das zuständige Ministerium, hat das gute Chancen, realisiert zu werden. Beginnen soll die Kooperation mit einer Prinz Eugen-Ausstellung. Zwar hatte das Belvedere erst grade eine (2010), aber was solls.

Sozusagen "nebenan" liegt das zur Nationalbibliothek, die ja bereits mehrere Museen betreibt, das Hofkammerarchiv. Dort wird ein Literaturmuseum eingerichtet, unter dem Namen "Grillparzerhaus".
"Die denkmalgeschützten Regale" teilt uns die direktorin der Bibliothek mit, "haben eine unglaubliche Aura". Gibt es einen schöneren Grund, ein Museum einzurichten? Darf man damit rechnen, daß es nicht nur Regale zu sehen geben wird.

Resumé: Eine Ministerin wünscht sich was, eine Generaldirektorin findet Regale auratisch und ein Museum erwacht aus dem Winterschlaf. Wiener Museumspolitik.

Donnerstag, 15. November 2012

Turning Point (Texte im Museum 346)

"Die Kulisse explodiert". Theatermuseum Wien 2012

Würden Sie hier gerne sitzen? (Sitzen im Museum)

Römermuseum der Stadt Wien 2012

Where will we live? (Texte im Museum 345)

Cittadellarte. Kunsthaus Graz 2012

Die sogenannte Federkrone Montezumas. Unschuldskomödien um ein fragwürdiges Objekt

"Mexiko will Montezumas Federkrone nur ausborgen", beruhigte uns Barbara Petsch gleich mit der Schlagzeile eines Artikels der im Jänner 2011 erschien. Damals hatte es ja noch geheissen, daß man an eine Ausleihe auf Zeit denken könne, aber nur dann, wenn es keine konservatorischen Bedenken gäbe, und man ahnte schon damals, weiles ja konservatorische Bedenken immer geben kann, daß das mit dem Herborgen nichts werden würde. Tatsächlich, wir erfahren nun, fast zwei Jahre später, daß das nichts wird. Die Federkrone ist zu fragil, ein Schiffstransport käme nicht in Frage und ein vibrationsfreier Flug sei nur mit einem etwa dreihunder Meter langem Flugzeug machbar (sic!).
Es natürlich blöd, wenn man voll des guten Willesn ist, daß ein solches Flugzeug nicht existiert. 76 Meter ist das längste Flugzeug derzeit, da wird es also noch dauern mit dem Verborgen.

Die Federkrone war schon bei ihrer "Wiederentdeckung" eine Ruine. Achtlos lag sie Jahrzehnte in einem Schrank des Naturhistorischen Museums und drohte zu Staub zu zerfallen, als jemand entdeckte, daß das ein ganz ungewöhnliches Objekt sein müsse. Noch war niemand in der Lage, es zweifelsfrei zu identifizieren und so wurde eine eingreifende Restaurierung, die partiell eine Neuanfertigung war, auf der Grundlage unsicherer, wie sich später herausstellte irriger Annahmen gemacht. Die Identifizierung als Kopfschmuck durch eine US-Forscherin gegen Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichte dann die projektive Übertragung auf Montezuma.

Was nun? Also, stellen wir halt nach jahrelanger Pause die Federkrone wieder mal aus, in Wien, im Völkerkundemuseum, schließlich gehört er, wie auch der Kultursprecher der Grünen versichert, "uns". "Pracht und Passion" wird die Ausstellung heißen, in die der "Penacho" (eine neue Sparchregelung, die hilft, die Peinlichkeit zu umschiffen, wieviel Montetzuma denn nun wirklich an dem Objekt hängt - die richtige Antwort wäre: nichts, kein Funserl). Das mit der "Pracht" verstehe ich ja, aber welche "Passion" bitte?

Die Webseite des Völkerkundemuseums kündigt ihre Ausstellung mit Sätzen an, die zum Feinsten an Verdrehung gehören, was ich so im Zusammenhang mit der Federkrone gelesen ababe. "Steht der Federkopfschmuck tatsächlich in Verbindung mit dem legendären Aztekenfürsten Moctezuma," heißt es da "wie dies in Mexiko noch heute gerne behauptet wird? War er der Kopfschmuck eines Hohepriesters bei rituellen Handlungen? Wie und durch wen kam er wirklich nach Österreich? Dies sind nur einige von vielen Fragen, Mythen und Legenden, die sich um das kostbare Artefakt ranken."
Also einmal spekuliert man selbst noch immer, obwohl das längst, auch durch museumseigene Forschungen widerlegt ist, mit einer Verbindung des Objekts zu Montezuma. Gleichzeitig macht man aber dafür Mexiko verantwortlich, was angesichts des jahrzehntelangen Umgangs des Musuems mit der Herkunft des Exponats schon atemberaubend ist. Nicht zuletzt weil "Federkrone des Montezuma" so eine Art Marke war, mit der Museum reüssieren konnte, wurde damit immer wieder aufgewartet, wiewohl die Forschung das längst nicht mehr deckte. Wenn man nun die Verantwortung auf Mexiko schiebt, impliziert das auf paradoxe Weise, daß dies ja wahrheitswidrig sein könne. Dann würde Mexiko selbst für die Entwertung des Objekts als königlicher Kopfschmuck verantwortlich werden.

Damit belasse ich es mal. Vielleicht habe ich Gelegenheit die Ausstellung zu sehen. Dann mehr davon.

Gottfried Fliedl: "...Das Opfer von ein paar Federn". Die sogenannte Federkrone Montezumas als Objekt nationaler und musealer Begehrlichkeiten. Wien 2001, ISBN 3-85132-313-0.

Was ist ein "gutes Museum"?



Ein Versuch

Ein gutes Museum...

...ist sich seiner politisch-gesellschaftlichen Aufgabe bewusst und nimmt diese verantwortlich und in seiner Arbeit wiedererkennbar wahr

...arbeitet auf der Grundlage eines reflektierten also auch historisch fundierten Begriffs vom Museum

...agiert aktiv als öffentlicher und sozialer Raum, in dem freie und ungezwungene Diskurse initiiert, ermöglicht und unterstützt werden

...macht die ‚klassischen’ Aufgaben des Museums, Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln nicht zum Selbstzweck, sondern versteht diese als Grundlage für die Schaffung eines sozialen, rituellen und zivilisierenden Raumes, in dem die Gemeinschaft der Besucher sie betreffende Fragen bearbeiten kann

...nimmt seine Zeitgenossenschaft aktiv wahr, indem es anerkennt, dass jede Beschäftigung mit Vergangenem, sei es Sammeln, Bewahren oder Deuten, immer von der Gegenwart aus vollzogen wird

...versteht seinen Auftrag nicht in der Deponierung, Bewahrung und Fetischisierung von Dingen, sondern in der Kommunikation von Bedeutung

...trifft Entscheidungen über Themen und Weisen der Darstellung im Rückgriff auf seine politisch-gesellschaftliche Verantwortung

...ist gegenüber seinem Publikum fordernd und rechnet mit einem Publikum, das seinerseits anspruchsvoll ist

...ist sich der Tatsache bewusst, dass es nicht nur ein durch soziale Schranken begrenztes Publikum anspricht, sondern selbst an der Schaffung sozialer Unterscheidung, an Ein- und Ausschluss beteiligt ist

...ist in der Lage, mit hegemonialen, herrschenden, kanonisierten Vorstellungen, Erzählweisen, „Bildern“ reflektiert und kritisch umzugehen  

...ist sich seiner institutionellen Autorität bewusst und stellt sich reflexiv auf jeder Ebene seiner Arbeit dieser Tatsache

...meidet ausgetretene Pfade und such experimentell und auch mit Risiko neuartige Themen und Ausstellungsweisen sowie nach immer neuen Möglichkeiten der Kommunikation und Repräsentation

...reflektiert seine Geschichte und lässt erworbene Erfahrungen und Eigenschaften der Institution in seiner Arbeit wirksam bleiben   

...ist sich der Notwendigkeit professionellen Managements bewusst ohne dieses je über Zwecke des Museums selbst dominieren zu lassen

...zeichnet sich durch eine Organisationskultur aus, die allen MitarbeiterInnen Entfaltung und Anerkennung auf der Grundlage angemessener Arbeitsbedingungen bietet

Mittwoch, 14. November 2012

Brandzeichen


Wir befinden uns hier in einem Gang, der vom neuen Eingang zu den für Besucher geöffneten Bereichen des Stiftes Klosterneuburg  führt: Schazkammer, Prunksaal, Museum, Kaiserzimmer. Man hat den Museumsshop, die Kassa hinter sich und durchquert Räume, die über das Stift informieren, seine pastorale Tätigkeit, seine Kunstschätze, seine wirtschaftlichen Betriebe.
Während das Museum und die Prunkräume nicht oder noch nicht tiefgreifend modernisiert wurden, hat man die Schatzkammer mit ihren hochbarocken Möbeln zugänglich gemacht und um zwei neue, leider gänzlich athmosphärelose Räume erweitert.
Das "Branding" (ursprünglich das in die Haut gebrannte Zeichen zur Erkennung von Pferden oder Rindern, heute der Aufbau einer Marke), dem sich das Stift Klosterneuburg unterziehen wollte, beschränkt sich derzeit auf den Eingangsbereich und den Außenbereich, wo man Wegweise aufgestellt hat, die einem versichern, daß man sich vorm Stift Klosterneuburg befindet (und nicht etwa vor dem Schloss Schönbrunn oder der Klimt-Villa...).
In derselben Ästhetik und Zeigetechnik wie benachbart Kunstobjekte gezeigt werden, liegen hier fünf Flaschen vor einem Foto einer Emailletafel des Verduner Altares. Es sind mitnichten Weinflaschen, sondern es ist Apfelsaft, der hier aufgebahrt wird. Branding muß alles einander angleichen, austauschbar machen in Hinblick auf das, was das Schaffen einer Marke bezweckt: den Konsum der unter ihr subsumierten Ware. Und das ist, wir lesen es ja auch auf der Eintrittaskarte (hier), "Glaube, Wein, Kultur".

Mikroausstellung "Authentisch Sitzen"

Friedrich Kieslers Sitzmöbel für Ausstellungen in der Ausstellung "Die Kulisse explodiert" im Wiener Theatermuseum...

... und als Original aus den 40er-Jahren...
... auf dem Kiesler hier in seiner für Peggy Guggenheim konziperten Ausstellung "Art of this Century" (New York) sitzt...

... wobei Kiesler offenbar auch ganz anders konnte - vielleicht demonstrativ...