Freitag, 14. Februar 2014

Der Museum of the Year Award macht sich völlig unglaubwürdig

Das GrazMuseum wirbt seit einiger Zeit mit seiner Nominierung für den Museum of the Year Award, den das Europäische Museumsforum vergibt.
Der Preis sei dem Museum gegönnt, das so manche verdienstvolle Ausstellung in einem schwierigen Umfeld (knappes Budget, chancenlose Konkurrenz durch den Riesen Landesmuseum...) realisiert hat.
Die Dauerausstellung ein "bestes Museum Europas". Eher nicht. Aber da halte ich mich heraus, wegen Befangenheit.
Ziemlich kurios, um nicht zu sagen befremdlich ist die Nominierung eines zweiten österreichischen Museums, des Tirol Panorama und Kaiserjägermuseums in Tirol (Innsbruck). Kein anderes Museum in Österreich ist derart von Nationalismus, Militarismus, Katholizismus, Opferkult, Monarchismus geprägt wie dieses Museum. Und Schicht um Schicht wird dieser Ort bis heute verdichtet und angereichert mit Geschichte und Geschichten, die nie durchdrungen, nie aufgelöst werden und wo Geschichte wie Trümmer aus Blei unerlöst und unerledigt herumliegt.
Das Europäische Museumsforum gibt sich ziemlich bedeckt, was die Kriterien der Vergabe betrifft. The EMF Judging Panel is looking for enterprise and innovation that enhances the public quality of the museum. The judges seek to identify new developments which are likely to have a significant influence in the national and international museum field.
Nichts davon trifft auf den Innsbrucker Un-Ort zu. 
Vollends unglaubwürdig und geradezu lächerlich macht sich das EMF, wenn man ein weiteres Museum nennt, das um den Preis rittert: das Stedelijk Museum in Amsterdam.
Erstens frage ich mich, unter welchem Gesichtspunkt lassen sich die drei Museen denn überhaupt vergleichen?
Da hinkt ja jeder Vergleich, abgesehen davon, daß das Amsterdamer Museum in doch einer ganz anderen Liga spielt. Ich habe im Stedelijk die besten Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst gesehen, herausragend durch ihre Konzeption, durch die Qualität der Gestaltung, durch die Qualität der Werke und last but not least durch die offene Politik, die das Haus gegenüber den Besuchern pflegt und mir bei jedem Aufenthalt das Gefühl gegeben hat, ich und alle anderen sind willkommene Gäste des Hauses. Ein Kriterium der Distinktion, das neben den genannten jeden Vergleich mit den österreichischen Museen im Rahmen des Awards unmöglich macht, ist die Geschichte des Hauses, seine Pionierrolle vor allem unter Direktor Willem Sandberg und seine kunst-politische Positionierung. Dieses Museum soll gegen den krachledernen Andreas-Hofer-Patriotismus am Bergisel abgewogen werden und in Konkurrenz stehen mit einem wenige Monate alten lokalen, bescheidenen Stadtmuseum?

Montag, 10. Februar 2014

Begleitheft - Lucien Freud Ausstellung



Stille



Böse Dinge - ausgerechnet im Hofmobiliendepot

2009 hatte das Werbundarchiv/Museum der Dinge Berlin eine Ausstellung unter dem Titel "Böse Dinge" veranstaltet. Sie basierte auf einer ebenso kuriosen wie - heute - amüsant zu lesenden Streitschrift Gustav Pazaureks "Guter und schlechter Geschmack im Kunstgewerbe" (1912). Pazaureks pädagogischer Eifer ließ ihn auch 1909 eine Abteilung der Geschmacksverirrung im Stuttgarter Landesmuseum einrichten.
Er erstellte einen Kriterienkatalog, der v.a. funktionelle und gestalterische "Gräuel" erfassen helfen sollte. Das Museum der Dinge untersuchte in ihrer Ausstellung von 2009 (hier ein Post dazu) aktuelle Gestaltungen mit Hilfe von Pazaureks Katalog.
Gräueldinge aus Eigenbesitz können zu Ausstellungsbeginn geschenkt werden und dienen als Versteigerungsobjekte später einem sozialen Zweck. Aber Achtung! Nichts mitbringen, was "lebt, Krach macht, schmutzt, schlecht werden kann oder zum Anziehen ist...".
Hofmobiliendepot/Möbel Museum Wien 19.Februar bis 6.Juli 2014

Gebrauchsanweisung (Texte im Museum 457)

Galerie Freihausgasse, Villach (Foto: GF, 2014)

Montag, 3. Februar 2014

Das Große Goldene (Privatisierung 6)

Landeshauptmann Dr. Michael Häupl überreichte dem renommierten Kunstsammler Prof. DDr.Dr.h.c. Herbert Batliner das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. (2007)

Offer of loan (Texte im Museum 455)

Offer of loan for the Mona Lisa. Office of the Secretary Records, The Metropolitan Museum of Art Archives

Donnerstag, 30. Januar 2014

Der Blick ins Freie


Im April 1867 erhielt Claude Monet vom Superintendenten des Louvre die Erlaubnis, im Museum malen zu dürfen. Das Malen, das Studium von Kunstwerken in Galerien, Sammlungen und Museen hatte zu diesem Zeitpunkt eine jahrhundertelange Tradition. Zeitweise gehörte das Kopieren von 'Meisterwerken' zum festen Bestandteil der akademischen Ausbildung und viele Museen regelten den Besuch von Kunststudierenden mit besonderen Öffnungszeiten, etwa getrennt angesetzt vom allgemeinen Besuch.
Nur vor diesem Hintergrund versteht man den Bruch, den dieses Gemälde darstellt. Monet kehrte dem Kanon der musealisierten Werke den Rücken und malte die Aussicht aus einem der Fenster, den Blick auf die Eglise St.-Germain-l'Auxerroise und die in der gleissenden Sonne flanierenden Menschen vor ihr.
Das Gemälde ist also mehr als nur ein Bild, es ist auch eine Geste. Eine Geste der Abkehr, gesetzt etwa zu der Zeit als die Kritik am Museum, am Museum als solches, nicht nur am Louvre, fundamental zu werden begann und in museoklastische Appelle mündete. Der Ruf nach dem Anzünden des Louvre (als Inbegriff einer eine überfordernde wie belastende und überholte Tradition hinter sich zu lassen) wurde wenige Jahre nach Monets "Besuch" im Louvre wahr. 1871 schickten sich die Aufständischen der Commune an, die Parole in die Tat umzusetzten, wurde aber von beherzten Menschen davon abgehalten. So blieb es bei der Brandstiftung an den Tuilerien, die so beschädigt wurden, daß man sie wenige Jahre später abbrach.
Spielen Museen bei der Ausbildung von Künstlern noch eine Rolle? Wenn, dann sicher nicht mehr im Sinn des 18. oder 19. Jahrhunderts. Und das Kopieren? Ich habe bei meinen Besuchen im Kunsthistorischen Museum noch oft Kopisten gesehen und erinnere mich an den starken und angenehmen Geruch der Farbe, der die gesamte Wahrnehmung der Säle und der Werke veränderte. Das habe ich schon lange nicht mehr gesehen, allerdings eine Frau, die in der Lucien Freud Ausstellung gezeichnet hat...
Schauen wir aus dem Fenster, in Museen? Sicher, wenn dieser Blick ohnehin inszeniert ist, wie etwa in Hans Holleins Museum am Abteiberg in Mönchengladbach, oder Heinz Tesars Essl-Museum in Klosterneuburg oder gar im Vorarlberger Landesmuseum, das einen eigenen Raum besitzt, der dem Blick nach draußen gewidmet ist und sonst nichts.
Doch am Blickbleibt die Kränkung des Museums, vor allem der Dinge haften, wie in der Fotografie Lenkkeris. Er ist eine Abwendung von den Dingen, aber, wie in diesem Fall, scheint er melancholisch das Museum und die Verfasstheit der Dinge zu reflektieren.
Die Museen wehren sich gegen unsere Abschweifung, mit dem Vorwand konservatorischer Bedenken. Schützende Jalousien, raffinierte Fensterkonstruktionen nehmen uns diese Möglichkeit, wir werden blind für das, was draußen vorgeht, so lange wir im Museum weilen und seiner geschlossenen und immersiven Welt. Bis jemand kommt und das Fenster öffnet...
Ville Lenkkeri: Looking out of a museum window. 2004