"Ich lasse die Leute in Workshops Reiskörner oder Linsen zählen oder eine leere Wand anstarren. Sie dürfen für eine gewisse Zeit weder sprechen noch essen. Sie werden in den Wald geführt und müssen mit verbundenen Augen wieder hinausfinden. Das Publikum wird damit auf die Teilnahme an Langzeitwerken vorbereitet – nicht nur an meinen Langzeitwerken, sondern auch an solchen junger Künstler, die ich unterrichte. Es lernt, sich auf immaterielle Kunst, auf Erfahrung schlechthin einzulassen.
Meine Performances können Sie sich tatsächlich nicht wie Bilder an die Wand hängen. Aber Sie können eines meiner transitorischen Objekte kaufen. Die betrachte ich nicht als Skulpturen, sondern als Instrumente der Abramović-Methode: Die Leute können jeden Morgen vor ihrem Frühstückskaffee ihre Stirn, ihr Herz und ihren Magen an eines meiner Kristallkissen pressen, um einen Energieraum zu schaffen. Sie können mit nackten Füßen in ein Paar meiner 70 Kilo schweren Amethyst-Schuhe schlüpfen und damit zwar nicht körperlich, aber dafür geistig abheben. Ist das geschehen, brauchen sie diese Objekte nicht mehr. Deshalb nenne ich sie "transitorisch", "vorläufig", "vorübergehend".
Als ich mit meinen Performances begann, kam ich gar nie auf den Gedanken, dass ich je von meinen Arbeiten würde leben können. Ich wollte auch nicht, dass meine Kunst zur Ware wurde. Deshalb unterrichtete ich 25 Jahre lang an verschiedenen Kunstakademien auf der ganzen Welt, in Berlin und Paris ebenso wie in Kitakyushu in Japan. Nun veranstalte ich meine Workshops, halte Vorträge, ich mache Fotografien und Videoinstallationen und habe sieben Galerien, die mich vertreten.