Georgia O Keefe in der Sammlung Beyeler. Foto G.F. 2022 |
Was macht eigentlich die noch June Initiative musuemdenken? - Nun, wir sind auch ein wenig gebremst von COVID und mussten eine in Wien geplante Veranstaltung aufschieben. Aktiv sind wir im Kontakt mit den Freunden von museum matters in Deutschland und auf unserer Webseite.
Eben hat Hanno Loewy einen kurzen Essay zur Frage zur Verfügung gestellt, der sich mit der Frage beschäftigt, was denn Jüdische Museen sind. Man kann diesen Text auch als eine Art Auftakt lesen zur kommenden Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems, das sich Jüdischen Museen und ihrer Zukunft widmet. Der bemerkenswerte Titel: Ausgestopfte Juden?
Hier gehts zum Text von Hanno Loewy
https://www.museumdenken.eu/post/hanno-loewy-uber-die-frage-was-sind-judische-museen
In einem Artikel in ARTNET beschreibt Zachary Small, wie schwierig es geworden ist, Leitungspositionen in US-Museen zu besetzen. Ein zentrales Problem ist die für die USA typische und wichtige Rolle und die Macht der Trustees. Ein Aspekt dabei ist, daß die Kluft zwischen den sehr wohlhabenden Trustees einerseits und den schlecht bezahlten MitarbeiterInnen zunehmend unerträglich zu werden beginnt. Dazu kommen aber neue Anforderungen, wie Diversität und das Zurechtkommen mit den Folgen der Corona-Pandemie. Nicht weniger als 22 Leitungspositionen sind derzeit vakant - offenbar ein Symptom eines krisenhaften Wandels des Museums. Zumindest in den USA.
Hier gehts zu Artikel:
https://news.artnet.com/art-world/u-s-museums-director-vacancies-2038335
Ein Museum ist eine lose Folge von Posts mit denen ich die Diversität von Museen weltweit hinsichtlich gesellschaftlicher Ziele, Architektur, Ausstellungsdesign, Organisation, Einbeziehung von Communities uam. spiegeln möchte. Die Texte stammen inder Regel aus einschlägigen Quellen und nicht von mir.
Mémorial ACTe. Pointe-à-Pitre, Guadeloupe (Französische Antillen, und daher EU!)
Das karibische Zentrum zum Ausdruck und zum Gedenken an den Sklavenhandel versteht sich vor allem als einen symbolischen Ort, ein Mausoleum, eine Hommage an die Sklaven vergangener Zeiten. Abgesehen von der Hauptfunktion des Gedenkens und Besinnens ist das Mahnmal auch ein innovatives Museum mit einer Architektur und Szenografie, die Geschichte und Objekte der Vergangenheit mit neuen Technologien und zeitgenössischer Kunst verbinden. Indem das Mémorial ein kollektives Gedächtnis über den Sklavenhandel und die Sklaverei erstellt, ist es wesentlich für das Verstehen der Welt von heute und der Beziehungen zwischen den verschiedenen Kulturen. Es soll es ermöglichen, die große Herausforderung anzunehmen, mit der die Menschen des 21. Jahrhunderts konfrontiert sind: harmonisch zusammenzuleben.
Das Mémorial ACTe ist wie ein Leuchtturm konzipiert, wie das Erste, das man sieht, wenn man vom Meer kommt und in die Bucht von Pointe-à-Pitre einfährt. Es wurde symbolisch am Standort der größten ehemaligen Zuckerfabrik der Kleinen Antillen errichtet, wo es noch im 19. Jahrhundert Zwangsarbeiter gab. Es handelt sich um ein 240 Meter langes, mit einer silbernen Netzstruktur überzogenes Gebäude. Es soll an die Luftwurzeln des Feigenbaums erinnern, die in verfallene Mauern eindringen, aber auch dafür sorgen, dass sie nicht einstürzen. Dieses metallene Netz umschließt einen schwarzen Kasten, der das schwarze Volk repräsentiert. Die Quarzsplitter, mit denen dieser Kasten übersät ist, symbolisieren die Seelen der Opfer des Sklavenhandels und der Sklaverei. Eine Fußgängerbrücke verbindet den zweiten Stock der Gedenkstätte mit dem Garten Morne Mémoire auf dem gegenüberliegenden Hügel, der zum Gedenken einlädt und von dem aus man einen wundervollen 360°-Ausblick über die Bucht hat. Jacques Martial, Vorsitzender des Memorial
Simon Brugner, Künstler, Fotograf, Steirer, Kurator, veröffentlichte im Jahr 2018 ein Foto-Kunst-Buch mit dem Titel „The Arsenic Eaters“. (Brugner, Simon: The Arsenic Eaters. Erschienen bei The Eriskay Connection o.O. 2018)
Jetzt gibt es dazu auch eine Ausstellung. Gegenstand von Buch und Ausstellung ist die künstlerische Auseinandersetzung mit einem kaum beachteten Thema, den, in der Vergangenheit auch als Giftesser bekannten, Arsenik Essern seiner unmittelbaren Heimat. Arsenik, als psychoaktive Substanz (Droge), die seit der griechisch- und römischen Antike als solche bekannt und genutzt ist, entdeckten auch die Steirer und Tiroler für sich, nachdem sie Arsenik-Vorkommen vorfanden. In geringen Mengen zu sich genommen, geraucht oder geschleckt, zermahlen und pulverisiert wirkte es wie ein Schönheitsbooster. Pferdehändler verfütterten es dem Vieh, das es galt in naheliegender Zukunft zum Verkauf anzubieten. Dem Fell verlieh es Glanz und den Muskeln Spannung.
Könige vieler bekannten Reiche der Geschichte suchten sich mit gezielten, wohldosierten Portiönchen davon vor Giftanschlägen zu immunisieren, schönheitsbewusste Griechinnen nutzen einstmals das Mittel, um sich zu enthaaren.
Die kleine, exquiste und überschaubare Ausstellung von Simon Brugner ist jedoch keine Kulturgeschichte regionaler Drogen, sie ist eine Kunstausstellung. Seine Fotoarbeiten stellt Brugner von ihm ausgewählten Objekten aus dem Depot des Hauses gegenüber. Wer gewillt ist, sich auf eine künstlerische Präsentation, auf eine gewisse Art von Spiegelung einzulassen, der wird am Ende belohnt. Brugners Arbeiten, Auswahl und Zusammensetzung beruhen nämlich auf dem Prinzip eines (unbewussten?) Gestaltenwechsels. Seine, bereits in den Fotografien angelegte, vergleichende Morphologie liegt als Prinzip auch der Ausstellung zugrunde. Daher scheint es logisch und konsequent, Votivbilder und Strahlenkränze aus dem Bestand des Hauses in die Schau aufzunehmen, morphologische Ähnlichkeiten zu seinen Fotografien hin auf subtile Weise zu offenbaren. Weil es keinen umfassenden Raumtext zur Kulturgeschichte der Droge Arsenik gibt (was für Unwissende anzubieten eine hilfreiche Geste wäre), ist der Besucher mehr denn sonst gefordert, sich bedingungslos auf die gebotene Kunst samt „fremden“, irritierenden Objekten einzulassen. Wem dies gelingt, der vernimmt auch den sublimen erotischen Charme, der in den Dingen, Bildern, den religiösen Motiven, angelegt liegt.
Der idealerweise räumlich von der Ausstellung separierte Lesetisch mit seinen Textkopien wirkt leicht überfordernd bis tapsig hingestellt. Da wäre doch ein feiner, kulturhistorisch aufklärerischer Raumtext, der von der Mithradisation, dem Arsenik-Handel der Steirer, von der Praxis, es als Schönheitsmittel anzuwenden, wie grundsätzlich von der Faszination des Arsenik- Essens als Droge erzählt, eleganter und hilfreicher gewesen. So aber finden wir einen, im Charakter einer Kunstkritik gehaltenen, Text zur Arbeit des Fotografen vor, der etwas einbeinig daherkommt.
Wer sich davon unbeeinflusst auf die Ausstellung einlässt, zieht Genuss aus der kleinen chiasmatischen Kunstschau.
„Erinnerungen an die steirischen Arsenikesser“. Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum, Graz. Kurator: Simon Brugner. Co-Kuratorin: Birgit Johler. Die Ausstellung läuft noch bis 6. März 2022