Designschlamperei oder Gestaltungssubversion? Neulich im Belvedere |
Am 29. Juni 2021 hat die erste Veranstaltung von museumdenken stattgefunden. Insgesamt vierzehn Personen aus drei Ländern trafen sich auf der Basis eines gemeinsamen Interesses an einer Museumsdiskussion die aktuelle – durch die Pandemie bedingte – Krisenphänomene und grundsätzliche Museumsfragen aufgriff.
Es ging um die Festlegung der wichtigsten Fragen, deren Debatte dringend nötig scheint, und um die Bildung eines Netzwerkes von Personen und Institutionen, die diese Diskussion öffentlichkeitswirksam tragen kann.
Als Schwerpunkte kristallisierten sich unter anderem diese Felder heraus:
Ein ausführlicher Bericht folgt später.
Renate Flagmeier, Leiterin Museum der Dinge (Berlin)
Gottfried Fliedl, Museologe (Graz)
Alina Gromova, Vorstandsmitglied ICOM Deutschland und COMCOL (International Committee for Collecting) (Berlin)
Cilly Kugelmann, ehem. Programmdirektorin Jüdisches Museum Berlin (Berlin)
Felicitas Heimann-Jelinek, Kuratorin (Wien)
Angela Jannelli, Kuratorin Historisches Museum Frankfurt (Frankfurt)
Hanno Loewy, Leiter des Jüdischen Museum Hohenems (Hohenems)
Roswitha Muttenthaler, Museologin und ehem. Kuratorin des Technischen Museum Wien (Wien)
Anika Reichwald, Kuratorin Jüdisches Museum Hohenems (Hohenems)
Thomas Sieber, Prof. Hochschule der Künste Zürich und Institute for Cultural Studies in the Arts (Zürich)
Hannes Sulzenbacher, Kurator (Wien)
Thomas Thiemeyer, Univ. Prof. Institut für empirische Kulturwissenschaften Tübingen (Tübingen)
Niko Wahl, Kurator (Wien)
Regina Wonisch, ARGE/Stabsstelle Bezirksmuseum/Wien-Museum (Wien)
Darf man bei dieser Hitze in Gemäldegalerien Alter Meister (Dürer, Tizian, Velazques und so) kurze Hosen tragen? (Die Frage richtet sich beide Geschlechter)
Kunsthaus Graz, neulich |
Die „Quote“, das heißt der „Besucherumsatz“, die statistische Erhebung der Zahl der Besucher (eigentlich: der Besuche) ist zum Universalmaßstab für die Bedeutung von Museen geworden, eine Rechtfertigung ihrer Existenz, ein Nachweis ihrer demokratischen Funktion – schließlich sind sie ja „jedermann“ (wie die ICOM-Definition weiß) zugänglich.
So problematisch die Methodik und die Manipulationsanfälligkeit der Erhebung ist, inzwischen scheinet die Veröffentlichung von „Erfolgszahlen“ unverzichtbar, vor allem bei großen Ausstellungen, wo es unter sechsstellig kaum noch geht. Dabei wird die schiere Zahl zum Wertmaßstab und ersetzt die Mühsal der Kritik durch eine simple Ziffer. Die „Quote“ treibt die Museen in eine Konkurrenz untereinander und weckt bei potentiellen Museumsbesuchern Versäumnisängste - „muß ich nicht dort gewesen sein?“.
Vor allem aber verdeckt die „Quote“ den Ausschluss, der Museen in sozialer Hinsicht als Voraussetzung ihrer Existenz kennzeichnet. Grob gesagt besuchen etwa 50% einer Stadt, einer Region, eines Landes „ihre“ Museen har nicht und denken auch gar nicht daran. Das sind Menschen, die auf Grund ihrer sozialen Stellung nie in den Genuss einer kulturellen Sozialisation gekommen sind und für die das Museum lebensweltlich schlicht inexistent ist.
Vielleicht kommt einmal die Zeit, da sich die Museumsleiter:innen, die skeptisch sind, durchsetzen und Museen wie Medien verzichten aufs Zählen?!