Das klassische Museumstabu, die Dinge nicht zu berühren, durch praktische Gebrauchsaskese an ihrem ewigen Leben mitzuweben, ist nicht so selbstverständlich jedem Besucher eingebildet, als das es nicht notewendig wäre, es mit Hilfe einer entsprechenden Beschriftung zu erinnern und zu erneuern. Zumal dann, wenn ein Objekt geradezu dazu einlädt, es in Gebrauch zu nehmen.
So scheinen dieser Sessel und dieses Textblatt trivial. So etwas gibt es in vielen Museen. Aber die scheinbar unauffällige Geste, ist doch auch noch etwas anderes als nur ein bekräftigtes Gebot, sich gefälligst auf den Augensinn zu beschränken.
Diese Geste trennt das Museum vom Nicht-Museum. Denn woher soll ein Besucher wissen, daß er vor einem Sessel steht, auf den auszuruhen er eingeladen ist oder der, wie hier im Freud-Museum, zum Interieur einer Wohnung einer "historischen Person" gehört, deren Andenken wir in der Betrachtung von Resten würdigen?
Der kleine Unterschied von Museum und Nicht-Museum ist in aller Regel keinem der Dinge zu entnehmen, die im Museumsraum exponiert werden. Wir trennen beim Museumsbesuch rasch und unbewusst auf Grund von Alltagserfahrung den Feuermelder, die Sicherheitskordel, die transparente Vitrine, den Beleuchtungskörper, die Objektbeschriftung und vieles andere mehr von den "eigentlichen" Exponaten.
Sie alle werden durch eine vorgängige Entscheidung, durch ein Positionieren, ein Stellen und Zeigen und ein Rahmen zu dem, was wir "Museum" nennen. Sie selbst bleiben sich gleich, egeal ob wir sie nur symbolisch besitzen (als Eigentümer staatlichen Sammlungsgutes, wenn auch abstrakt und abgeleitet von der Idee des gemeinsamen kulturellen Erbes) oder real besetzen. Davor sei der beschriftete Zettel vor! Auf den setzt man sich, eingedenk höflicher Umgangsformen und bürgerlicher Sittsamkeit eher noch weniger, als auf den Stuhl selbst.
Bitte nicht! heißt also: hier ist Museum!