Freitag, 26. November 2010
Das Altonaer Museum wirbt weiter um Unterstützung
Das Altonaer Museum braucht und wirbt auch weiter um Unterstützung. Der politische 'Kompromiss' hat den Sparzwang zeitlich aufgeschoben und auf mehrere Museen verteilt, aufgehoben ist er nicht.
Deshalb hier der Link zur Webseite des Museums mit allen Möglichkeiten es zu unterstützen:
http://www.altonaermuseum.de/altonaer-museum/ausstellungen/aktuelle-ausstellungen/ansicht.html?uniqid=2773
Deshalb hier der Link zur Webseite des Museums mit allen Möglichkeiten es zu unterstützen:
http://www.altonaermuseum.de/altonaer-museum/ausstellungen/aktuelle-ausstellungen/ansicht.html?uniqid=2773
Donnerstag, 25. November 2010
Diverse Österreicher (Texte im Museum 149)
Und noch ein Direktorenrücktritt: der des Vorarlberger Landesmuseums
"Der Direktor des Vorarlberger Landesmuseums, Tobias Natter, wird seinen Mitte Mai 2011 auslaufenden Vertrag nicht verlängern und das Haus verlassen. Er werde sich selbstständig machen und in Zukunft private Kunstsammler im In- und Ausland beraten, erklärte der 49-Jährige am Donnerstag in einer Aussendung des Landesmuseums."
So lese ich es vor einigen Stunden in der Online-'Presse' und bin einigermaßen verbüfft. Es ist ein Rücktritt - pardon: Verzicht - ohne Begründung, mitten im Prozess des Entstehens eines - baulich wie inhaltlich - 'neuen' Landesmuseums. Erst vor etwa zwei Monaten war, bei einer Präsentation der Pläne Natters, die Welt scheinbar noch in Ordnung. Auch die strukturellen Konflikte mit einer Art Landesholding der Kulturhäuser schienen, Natters eigenen Bekundungen nach, bereinigt.
Wer tritt zurück, der sagen kann: "Die Neuausrichtung des Landesmuseums sei erfolgreich auf Schiene gebracht worden" und damit auf die Ernte dieses Erfolges verzichtet?
Das macht niemand, der sehr ernste Gründe hat. Doch darüber schweigt sich Natter aus. Er muß wissen, daß er mit diesem Abgang eine sehr schwierige Situation schafft. Wenn tatsächlich alles 'erfolgreich auf Schiene ist', dann ist jeder Nachfolger (oder Nachfolgerin) bloß eine Art Nachlaßverwalter mit wenig Spielraum der Profilierung. Natter auf ORF.at: "…. er habe seine Ziele erreicht, das Konzept sei fertig, die Weichen seien gestellt. Sein Nachfolger müsse sich nur noch der Umsetzung widmen." Wenn der Rücktritt aber am Scheitern des Konzepts läge (auch dafür gibt es Indizien), dann hieße es: zurück an den Start. Und ein Nachfolger hätte bei Null oder Nahe bei Null zu beginnen.
So lese ich es vor einigen Stunden in der Online-'Presse' und bin einigermaßen verbüfft. Es ist ein Rücktritt - pardon: Verzicht - ohne Begründung, mitten im Prozess des Entstehens eines - baulich wie inhaltlich - 'neuen' Landesmuseums. Erst vor etwa zwei Monaten war, bei einer Präsentation der Pläne Natters, die Welt scheinbar noch in Ordnung. Auch die strukturellen Konflikte mit einer Art Landesholding der Kulturhäuser schienen, Natters eigenen Bekundungen nach, bereinigt.
Wer tritt zurück, der sagen kann: "Die Neuausrichtung des Landesmuseums sei erfolgreich auf Schiene gebracht worden" und damit auf die Ernte dieses Erfolges verzichtet?
Das macht niemand, der sehr ernste Gründe hat. Doch darüber schweigt sich Natter aus. Er muß wissen, daß er mit diesem Abgang eine sehr schwierige Situation schafft. Wenn tatsächlich alles 'erfolgreich auf Schiene ist', dann ist jeder Nachfolger (oder Nachfolgerin) bloß eine Art Nachlaßverwalter mit wenig Spielraum der Profilierung. Natter auf ORF.at: "…. er habe seine Ziele erreicht, das Konzept sei fertig, die Weichen seien gestellt. Sein Nachfolger müsse sich nur noch der Umsetzung widmen." Wenn der Rücktritt aber am Scheitern des Konzepts läge (auch dafür gibt es Indizien), dann hieße es: zurück an den Start. Und ein Nachfolger hätte bei Null oder Nahe bei Null zu beginnen.
200 Jahre
Mit einer Pressekonferenz der Geschäftsführung wurde das 'Jubiläumsjahr' des Universalmuseum Joanneum gestartet. Bis zur 200. Wiederkehr des Gründungstages im Novemebr 2011 stehen die Veranstaltungen des Museums im Zeichen des Jubiläums.
Bis vor kurzem noch ein Landesmuseum Joanneum, forciert man mit dem Attribut 'universal' die Vielfalt des Museums, das bis auf eine technische und eine historische Sammlung so gut wie alle klassischen Themen des Museums anbieten kann. Parallel zu den vielfältigen Veranstaltungen geht der bislang größte Erneuerungsprozeß des Joanneums weiter, die Sanierung von Gebäuden, die Neugestaltung ganzer Sammlungen und der Neubau einer zentralen Erschließung am ältesten Standort des Museums, zwischen Raubergasse und Neutorgasse.
1811 als von den Ständen verwaltetes, von Erzherzog Johann initiiertes und geleitetes 'Nationalmuseum' gegründet, ist das Museum heute eine GesmbH mit mehreren hundert Mitarbeitern und mehreren Standorten, nicht nur in Graz gelegen.
Das Museum ist, wie es immer wieder gerne selbst versichert, nicht nur eines der größten Museen Österreichs, sondern auch eines der ältesten überhaupt. Vor allem inspiriert von den Wissenschaftsmuseen, die Leopold von Toskana in Florenz gründete, aber auch inspiriert von den Gründungen der Französischen Revolution, gehörte das in seinen Ambitionen ehrgeizige und erstaunliche Projekt zu den frühesten, mit denen die Idee des Museums als Ort kollektiver Identifizierung und öffentlicher Bildung in Europa realisiert wurde.
Bis vor kurzem noch ein Landesmuseum Joanneum, forciert man mit dem Attribut 'universal' die Vielfalt des Museums, das bis auf eine technische und eine historische Sammlung so gut wie alle klassischen Themen des Museums anbieten kann. Parallel zu den vielfältigen Veranstaltungen geht der bislang größte Erneuerungsprozeß des Joanneums weiter, die Sanierung von Gebäuden, die Neugestaltung ganzer Sammlungen und der Neubau einer zentralen Erschließung am ältesten Standort des Museums, zwischen Raubergasse und Neutorgasse.
1811 als von den Ständen verwaltetes, von Erzherzog Johann initiiertes und geleitetes 'Nationalmuseum' gegründet, ist das Museum heute eine GesmbH mit mehreren hundert Mitarbeitern und mehreren Standorten, nicht nur in Graz gelegen.
Das Museum ist, wie es immer wieder gerne selbst versichert, nicht nur eines der größten Museen Österreichs, sondern auch eines der ältesten überhaupt. Vor allem inspiriert von den Wissenschaftsmuseen, die Leopold von Toskana in Florenz gründete, aber auch inspiriert von den Gründungen der Französischen Revolution, gehörte das in seinen Ambitionen ehrgeizige und erstaunliche Projekt zu den frühesten, mit denen die Idee des Museums als Ort kollektiver Identifizierung und öffentlicher Bildung in Europa realisiert wurde.
Dienstag, 23. November 2010
Dienstag, 16. November 2010
Die letzten Tage von Pompeij
In Pompeji ist ein Haus eingestürzt, "Case dei Gladiatori". Pompeji ist mit dem UNESCO-Etikett Weltkulturerbe ausgezeichnet, aber niemand scheint sich um die systematische Erhaltung, Pflege und Erforschung der archäologischen Stätte zu kümmern. Seit etwa 50 Jahren wird praktisch nichts mehr gemacht, weitere Bauwerke drohen zusammenzubrechen oder sind wegen ihres Zustandes geschlossen. Während der FAZ das einen Empörungsartikel wert ist, sieht man das vor Ort großzügiger. Vor der Kamera des Fernsehens weist man auf das riesige kulturelle Erbe Italiens hin und auf die Unmöglichkeit, das alles zu schützen und zu pflegen. Tja, ab und zu stürze eben auch was ein. Von den Kürzungen der Kulturbudgets redet hier niemand, die FAZ hingegen von Klientelismus und mafiösen Zuständen.
Zeitungen veröffentlichen Listen, was nicht schon alles in Italien eingestürzt (z.B. ein Gewölbe der Domus Aurea, auch das Kollosseum und die Arelianische Stadtmauer bröckeln). Da das Kulturbudget, mit 0,18% des Staatshaushaltes ohnehin schon sensationell niedrig, um ein Viertel gekürzt wird, ist es neheliegend, diese einstürzenden Altbauten gleich als Symptom für den Berlusconismus als Ganzes zu nehmen.
So uninteressant ist das kulturelle des Erbes des Landes nicht für die Politik. Nämlich dann, wenn sich seine "Aufwertung" betreiben ließe. 2008 wurde die Direzione generale per la valorizzazione del patrimonio culturale (Generaldirektion für die Aufwertung des Kulturbesitzes) dem Chef von McDonald's Italien anvertrau. Und jetzt soll die Verbesserung der Managementqualitäten der regionalen Denkmalbehörden in dieselbe Richtung wirksam werden.
Zeitungen veröffentlichen Listen, was nicht schon alles in Italien eingestürzt (z.B. ein Gewölbe der Domus Aurea, auch das Kollosseum und die Arelianische Stadtmauer bröckeln). Da das Kulturbudget, mit 0,18% des Staatshaushaltes ohnehin schon sensationell niedrig, um ein Viertel gekürzt wird, ist es neheliegend, diese einstürzenden Altbauten gleich als Symptom für den Berlusconismus als Ganzes zu nehmen.
So uninteressant ist das kulturelle des Erbes des Landes nicht für die Politik. Nämlich dann, wenn sich seine "Aufwertung" betreiben ließe. 2008 wurde die Direzione generale per la valorizzazione del patrimonio culturale (Generaldirektion für die Aufwertung des Kulturbesitzes) dem Chef von McDonald's Italien anvertrau. Und jetzt soll die Verbesserung der Managementqualitäten der regionalen Denkmalbehörden in dieselbe Richtung wirksam werden.
Montag, 15. November 2010
In eigener Sache
Das Alpenvereinsmuseum in Innsbruck, an dem ich unter anderem mit Ursula Gillmann, Gabriele Rath, Beat Gugger, Philipp Felsch, Martin Scharfe und Monika Gärtner mitgearbeitet habe, bekommt am Freitag in zwei Wochen (26.11.) den Österreichischen Museumspreis.
Das Museum hat bereits den Tiroler Museumspreis bekommen und ist unter die Auswahl der letzten 16 beim European Museum of the Year Award gekommen.
Mehr Information zum Museum hier
http://museologien.blogspot.com/search?q=Alpenvereinsmuseum
Das Museum hat bereits den Tiroler Museumspreis bekommen und ist unter die Auswahl der letzten 16 beim European Museum of the Year Award gekommen.
Mehr Information zum Museum hier
http://museologien.blogspot.com/search?q=Alpenvereinsmuseum
Sublime Gier. Der gute Ruf privater Sammler und Sammlungen
Beim "Aufräumen" im Computer habe ich einen Text gefunden, den ich verloren geglaubt habe - ein Interview eines bolivianischen Privatsammlers. Ich hatte den Text 'archiviert' weil er ungewöhnlich offenherzig, wenn auch nicht in der Absicht offen zu sein, über Usancen privaten Sammelns und die Rolle die illegitimer Erwerb und Besitz dabei spielen.Während in den USA gesetzliche Regelungen und öffentliche Debatten ein Bewußtsein für die Rolle des unrechtmäßigen Erwerbs von Kunst- und Kulturgütern geschärft haben, ist hierzulande das Thema "Raubkunst" ganz von den Praktiken der NS-Zeit und ihrem Umgang damit (nach 1945 bis heute) überlagert.
Erst ganz langsam wird an spektakulären Fällen, wie dem Einschleusen von gefälschter Kunst über nicht existierende Privatsammlungen, das jüngst in Deutschland aufflog, deutlich, welche illegitimen Energien und Potentiale im (weltweiten) Kunsthandel schlummern.
Ortiz' Interview ist weder besonders ausführlich noch in der Sache sehr weit führend, aber die Umstandslosigkeit mit der hier jemand sein auf Reichtum und sozialem Status gründendes 'Recht' erläutert, gibt einen Blick frei auf Praktiken, die umfassend geübt werden.
Um den Text verstehen, ist es sinnvoll, einige Umstände zu erläutern, die im Gespräch nur angetippt werden. So ist der erwähnte Großvater Simon Patino nicht einfach nur einer der reichsten Männer der Zeit, sondern er kontrollierte den Zinnabbau und die Verarbeitung weltweit. Er war kontrollierte nicht nur den Zinnbergbau in Bolivien, er dominierte auch die Politik dieses Landes, das ganz auf die Ausbeutung seiner Bodenschätze ausgerichtet war.
Seit dem 16.Jahrhundert war das so, wo zuerst das Silber abgebaut wurde, unter der Kontrolle Spaniens. Um 1900 wurde, als die Silbervorkommen erschöpft waren, Zinn abgebaut, das sich rasch zum gewinnträchtigen Wirtschaftszweig entwickelte, bis sich in den 50er-Jahren auch diese Vorkommen erschöpften, die Preise verfielen und politische Revolten ausbrachen.
Bolivien, das heißt die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, hat von der mehrhundertjährigen Ausbeutung seines Reichtums nie etwas gehabt. Er floß ins Ausland oder in den Familienbesitz buchstäblich einer Hand voll von Tycoons.
Bolivien ist heute das ärmste und instabilste Land (seit der Unabhängigkeit gab es 200 Putsche und Putschversuche) Südamerikas. Und dieser Zustand hat direkt mit der die Politik dominierenden Ausbeutungspolitik zu tun. Die traf und trifft besonders die indigene Bevölkerung, aus der sich jene Arbeiterschaft rekrutierte, die in den Silber- und Zinnminen unter barbarischen Bedingungen und zu unsagbaren Löhnen für zuerst die ausländischen dann die einheimischen 'Investoren' arbeiteten.
Mit der Wahl des ersten indigenen Präsidenten hat sich die Situation erst vor kurzem geändert - wie grundlegend und vor allem wie nachhaltig, wagt niemand vorherzusagen.
Normalerweise interessiert sich niemand für derartige 'Geschichten', wenn sie und wie sie den Hintergrund einer Sammlung und ihrer Geschichte bilden. Im Gegenteil: Sammeln gilt als kulturell wertvolle und hoch angesehene Betätigung, das das Prestige des Sammlers bestimmt. Seine individuelle Befriedigung, seine sublime Gier, wird als erfolgreich sozialisiert angesehen, vor allem dann, wenn die Sammlung - mehr oder minder - öffentlich wird.
Was den privaten Sammler in den Augen der Öffentlichkeit auszeichnet ist die Vermutung oder Behauptung, daß seine Tätigkeit eine Art von Opfer sei, ein Opfer an Zeit, Energie, Leidenschaft und vor allem Geld, der Allgemeinheit dargebracht und zu ihrem Wohl verschwendet.
Im Fall von Ortiz waren dabei große Institutionen in Berlin London behilflich, wo in solchen Fällen weder die Provenienz der Sammlung und schon gar nicht deren politischer und ökonomischer Hintergrund interessiert, sondern allein der Wert und die Aura bedeutender Kulturgüter.
Alles vorgängig, direkt und indirekt Bedingung des Zustandekommens der Sammlung war, gilt als wie gelöscht durch eine, nun sagen wir ebenso großzügige wie leichtfertige Übertragung der individualpsychologischen Sublimationstheorie auf die sozioökonomischen Prozesse. Geld stinkt vor allem dann nicht, wenn es sich in Gold, in altes Gold, verwandelt, das noch dazu Kultur und Kunst ist.
Es fehlt nicht an Aufmerksamkeit gegenüber dem, was da vorgeht; beim Recherchieren zu Ortiz' Sammlung bin ich auf einen Blog gestoßen, wo umfangreiches Material und beträchtliche Rechercheanstrengungen in die Aktualität der globalen Raubkunst-Praktiken investiert wird. In "Looting Matters" wird man auch zur Sammlung Ortiz fündig und zu merkwürdigen Transfers zwischen Sammler, Auktionshäusern und Museen.
Anders als im lange zurückliegenden Interview scheint Ortiz jetzt auch die Notwendigkeit zur Rechtfertigung einzuholen. Und die fällt eindeutig aus. Als ziemlich dreiste Zurückweisung von gesetzlich verankerten Rechten und Pflichten im Namen seiner Humanität.
So klandestin, wie noch im Interview, muß Ortiz nicht mehr sein. Über eine Webseite kann man sich zur Sammlung informieren. Und dort weist er die einschlägige UNESCO-Konvention von 1970 ebenso zurück, wie die der UNIDROIT von 1995, denn "As a humanist and collector, I passionately oppose the Conventions as drafted, believe that their creators are misled by the Utopian idea that every created object has its perfect or natural location and must remain in situ, overlooking the fact that art is cross cultural and, in many aspects, timeless."
Und nun das Interview, das Fred David mit dem Kunstsammler George Ortiz führte. Auszüge. Quelle: Der Standard, 1.3.1996, Album, S.1f.
Sie wurden in Paris geboren, sind Bolivianer, lebten lange in den USA und Großbritannien. Warum sind Sie gerade in Genf hängengeblieben?
Ortiz: Wegen meiner Kunstsammlung. Die französische Regierung stellte den Kunsthandel unter scharfe Kontrollen, man darf keine französischen Kulturgüter aus dem Land nehmen. Ich war also nicht frei, über meine Sammlung zu verfügen. Deswegen ging ich 1964 nach Genf.
Ist der Kunsthandel von der Schweiz aus ungehindert möglich?
Ortiz: Im Moment noch. Aber die Schweiz will sich wie auch Deutschland dem Unesco-Vorschlag zur Einschränkung des Kunst- und Kulturgüterhandel anschließen. Das wird harte Konsequenzen haben.
Es geht vor allem um archäologische Kulturgüter. Insbesondere im letzten Jahrhundert geraubte und in westeuropäischen und amerikanischen Museen stehende Stücke sollen zurückgegeben werden.
Was künftig an Antikem gefunden wird, soll in den einzelnen Ländern bleiben. Ist doch gar nicht schlecht.
Ortiz: Da ist viel Ideologie und Desinformation im Spiel. Der Druck geht von den Enwicklungsländern aus. Es wird nicht berücksichtigt, daß Schutz und Bewahrung solcher Kulturgüter, ebenso die wissenschaftliche Erforschung stark eingeschränkt werden. Zudem haben die meisten dieser Länder keinerlei Möglichkeit, ihre Kulturgegenstände einem größeren Publikum zu zeigen.
Aber der private Kunsthandel floriert doch, die Preise steigen.
Ortiz: Drei Viertel des antiken Materials, das auf den Markt kommt, ist für Wissenschaft und Museen uninteressant. Wenn es kein Material mehr zu verkaufen gibt, gibt es auch keinen Markt. Höchstens im Untergrund.
Ihnen konnte das nur recht sein. Der Wert Ihrer Sammlung steigt damit ins Unermeßliche.
Ortiz: Stimmt, mir persönlich nützt dieses Gesetz. Aber. ich kämpfe aus idealistischen Gründen dagegen. Kulturgegenstände sind nicht nur Handelsware; es sind Botschaften des Humanismus. Sie gehören nicht nur einem Staat, sie sind ein Erbe der Menschheit.
Ihre Sammlung ist nur selten zu sehen, wie im März im Alten Museum in Berlin. Warum verbergen Sie diese Schätze sonst vor der Öffentlichkeit.
Ortiz: Das hat praktische und finanzielle Gründe. Ich habe kein eigenes Museum. Einen Teil gab ich als Leihgabe an Museen. Eigene Ausstellungen zu machen ist unglaublich aufwendig. Der größte Teil meiner Sammlung befindet sich in meinem Haus irgendwo im Großraum Genf.
Den genauen Ort wollen Sie nicht verraten?
Ortiz: Nein, um Gottes willen! Ich will keine ungerufenen Gäste. Das Risiko ist zu groß. Keines meiner Stücke ist versichert. Touch wood! Die Versicherungen sind zwar wie die Teufel hinter mir her. Aber auch als wohlhabender Zeitgenosse kann man das gar nicht mehr bezahlen.
Ihre Kollektion hat einen realen Hintergrund: Ihr Großvater war Simon Patino, der Zinnkönig Boliviens, einer der reichsten Männer seiner Zeit.
Ortiz: Natürlich, ich hatte das Glück, aus einer wirklich sehr reichen Familie zu stammen. Mein Vater war Botschafter in Den Haag und Paris und gehörte einer der angesehensten Aristokratenfamilien Boliviens an, mit großem Grundbesitz. Und der Vater meiner Mutter war Simon Patino, in dessen Zinn- und Silbergruben 5000 Bergleute arbeiteten.
Was blieb vom riesigen Patinoimperium übrig?
Ortiz: Simon Patino war schwer herzkrank. Die Gruben liegen in einer Höhe bis zu 5000 Metern. Er mußte in tiefere Regionen wechseln und Bolivien verlassen. Aber es gibt nichts Schlimmeres als ein dauernd abwesender Patron. Er hatte sich nie in die Politik eingemischt, was ein Fehler war. Seine Direktoren taten es umso mehr und sehr ungeschickt. Sie provozierten eine Revolution. 1952 wurden die Gruben von der Regierung konfisziert, ebenso die Ländereien meines Vaters.
Ihre Familie hatte beträchtlichen Besitz ins Ausland geschafft.
Ortiz: Dummerweise eben nicht. Ein Teil des Zinnprofits steckte in der Banco Mercantile. Im Ausland blieben ein paar Zinnminen-Holdings in Malaysia, der Zinnhandel in London und ein paar andere Dinge. 1976 krachte der Rest des Trusts völlig zusammen. Vom Patino-Glanz blieb nicht viel übrig.
(...) Welchen Wert hat Ihre Sammlung heute?
Ortiz: Ehrlich, ich weiß es nicht. Bis vor drei Jahren wußte ich nicht einmal, wie viele Objekte meine Sammlung umfaßt. Für meine erste Ausstellung 1993 in der Eremitage in St. Petersburg mußte ich dann ein Inventar machen, ich hab's in ein Schulheft eingetragen und kam auf 1600 Objekte. 300 wählte ich aus, es war eine Tortur, weil ich mich schwer entscheiden konnte, etwas
wegzulassen.
Erst ganz langsam wird an spektakulären Fällen, wie dem Einschleusen von gefälschter Kunst über nicht existierende Privatsammlungen, das jüngst in Deutschland aufflog, deutlich, welche illegitimen Energien und Potentiale im (weltweiten) Kunsthandel schlummern.
Ortiz' Interview ist weder besonders ausführlich noch in der Sache sehr weit führend, aber die Umstandslosigkeit mit der hier jemand sein auf Reichtum und sozialem Status gründendes 'Recht' erläutert, gibt einen Blick frei auf Praktiken, die umfassend geübt werden.
Um den Text verstehen, ist es sinnvoll, einige Umstände zu erläutern, die im Gespräch nur angetippt werden. So ist der erwähnte Großvater Simon Patino nicht einfach nur einer der reichsten Männer der Zeit, sondern er kontrollierte den Zinnabbau und die Verarbeitung weltweit. Er war kontrollierte nicht nur den Zinnbergbau in Bolivien, er dominierte auch die Politik dieses Landes, das ganz auf die Ausbeutung seiner Bodenschätze ausgerichtet war.
Seit dem 16.Jahrhundert war das so, wo zuerst das Silber abgebaut wurde, unter der Kontrolle Spaniens. Um 1900 wurde, als die Silbervorkommen erschöpft waren, Zinn abgebaut, das sich rasch zum gewinnträchtigen Wirtschaftszweig entwickelte, bis sich in den 50er-Jahren auch diese Vorkommen erschöpften, die Preise verfielen und politische Revolten ausbrachen.
Bolivien, das heißt die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, hat von der mehrhundertjährigen Ausbeutung seines Reichtums nie etwas gehabt. Er floß ins Ausland oder in den Familienbesitz buchstäblich einer Hand voll von Tycoons.
Bolivien ist heute das ärmste und instabilste Land (seit der Unabhängigkeit gab es 200 Putsche und Putschversuche) Südamerikas. Und dieser Zustand hat direkt mit der die Politik dominierenden Ausbeutungspolitik zu tun. Die traf und trifft besonders die indigene Bevölkerung, aus der sich jene Arbeiterschaft rekrutierte, die in den Silber- und Zinnminen unter barbarischen Bedingungen und zu unsagbaren Löhnen für zuerst die ausländischen dann die einheimischen 'Investoren' arbeiteten.
Mit der Wahl des ersten indigenen Präsidenten hat sich die Situation erst vor kurzem geändert - wie grundlegend und vor allem wie nachhaltig, wagt niemand vorherzusagen.
Normalerweise interessiert sich niemand für derartige 'Geschichten', wenn sie und wie sie den Hintergrund einer Sammlung und ihrer Geschichte bilden. Im Gegenteil: Sammeln gilt als kulturell wertvolle und hoch angesehene Betätigung, das das Prestige des Sammlers bestimmt. Seine individuelle Befriedigung, seine sublime Gier, wird als erfolgreich sozialisiert angesehen, vor allem dann, wenn die Sammlung - mehr oder minder - öffentlich wird.
Was den privaten Sammler in den Augen der Öffentlichkeit auszeichnet ist die Vermutung oder Behauptung, daß seine Tätigkeit eine Art von Opfer sei, ein Opfer an Zeit, Energie, Leidenschaft und vor allem Geld, der Allgemeinheit dargebracht und zu ihrem Wohl verschwendet.
Im Fall von Ortiz waren dabei große Institutionen in Berlin London behilflich, wo in solchen Fällen weder die Provenienz der Sammlung und schon gar nicht deren politischer und ökonomischer Hintergrund interessiert, sondern allein der Wert und die Aura bedeutender Kulturgüter.
Alles vorgängig, direkt und indirekt Bedingung des Zustandekommens der Sammlung war, gilt als wie gelöscht durch eine, nun sagen wir ebenso großzügige wie leichtfertige Übertragung der individualpsychologischen Sublimationstheorie auf die sozioökonomischen Prozesse. Geld stinkt vor allem dann nicht, wenn es sich in Gold, in altes Gold, verwandelt, das noch dazu Kultur und Kunst ist.
Es fehlt nicht an Aufmerksamkeit gegenüber dem, was da vorgeht; beim Recherchieren zu Ortiz' Sammlung bin ich auf einen Blog gestoßen, wo umfangreiches Material und beträchtliche Rechercheanstrengungen in die Aktualität der globalen Raubkunst-Praktiken investiert wird. In "Looting Matters" wird man auch zur Sammlung Ortiz fündig und zu merkwürdigen Transfers zwischen Sammler, Auktionshäusern und Museen.
Anders als im lange zurückliegenden Interview scheint Ortiz jetzt auch die Notwendigkeit zur Rechtfertigung einzuholen. Und die fällt eindeutig aus. Als ziemlich dreiste Zurückweisung von gesetzlich verankerten Rechten und Pflichten im Namen seiner Humanität.
So klandestin, wie noch im Interview, muß Ortiz nicht mehr sein. Über eine Webseite kann man sich zur Sammlung informieren. Und dort weist er die einschlägige UNESCO-Konvention von 1970 ebenso zurück, wie die der UNIDROIT von 1995, denn "As a humanist and collector, I passionately oppose the Conventions as drafted, believe that their creators are misled by the Utopian idea that every created object has its perfect or natural location and must remain in situ, overlooking the fact that art is cross cultural and, in many aspects, timeless."
Und nun das Interview, das Fred David mit dem Kunstsammler George Ortiz führte. Auszüge. Quelle: Der Standard, 1.3.1996, Album, S.1f.
Sie wurden in Paris geboren, sind Bolivianer, lebten lange in den USA und Großbritannien. Warum sind Sie gerade in Genf hängengeblieben?
Ortiz: Wegen meiner Kunstsammlung. Die französische Regierung stellte den Kunsthandel unter scharfe Kontrollen, man darf keine französischen Kulturgüter aus dem Land nehmen. Ich war also nicht frei, über meine Sammlung zu verfügen. Deswegen ging ich 1964 nach Genf.
Ist der Kunsthandel von der Schweiz aus ungehindert möglich?
Ortiz: Im Moment noch. Aber die Schweiz will sich wie auch Deutschland dem Unesco-Vorschlag zur Einschränkung des Kunst- und Kulturgüterhandel anschließen. Das wird harte Konsequenzen haben.
Es geht vor allem um archäologische Kulturgüter. Insbesondere im letzten Jahrhundert geraubte und in westeuropäischen und amerikanischen Museen stehende Stücke sollen zurückgegeben werden.
Was künftig an Antikem gefunden wird, soll in den einzelnen Ländern bleiben. Ist doch gar nicht schlecht.
Ortiz: Da ist viel Ideologie und Desinformation im Spiel. Der Druck geht von den Enwicklungsländern aus. Es wird nicht berücksichtigt, daß Schutz und Bewahrung solcher Kulturgüter, ebenso die wissenschaftliche Erforschung stark eingeschränkt werden. Zudem haben die meisten dieser Länder keinerlei Möglichkeit, ihre Kulturgegenstände einem größeren Publikum zu zeigen.
Aber der private Kunsthandel floriert doch, die Preise steigen.
Ortiz: Drei Viertel des antiken Materials, das auf den Markt kommt, ist für Wissenschaft und Museen uninteressant. Wenn es kein Material mehr zu verkaufen gibt, gibt es auch keinen Markt. Höchstens im Untergrund.
Ihnen konnte das nur recht sein. Der Wert Ihrer Sammlung steigt damit ins Unermeßliche.
Ortiz: Stimmt, mir persönlich nützt dieses Gesetz. Aber. ich kämpfe aus idealistischen Gründen dagegen. Kulturgegenstände sind nicht nur Handelsware; es sind Botschaften des Humanismus. Sie gehören nicht nur einem Staat, sie sind ein Erbe der Menschheit.
Ihre Sammlung ist nur selten zu sehen, wie im März im Alten Museum in Berlin. Warum verbergen Sie diese Schätze sonst vor der Öffentlichkeit.
Ortiz: Das hat praktische und finanzielle Gründe. Ich habe kein eigenes Museum. Einen Teil gab ich als Leihgabe an Museen. Eigene Ausstellungen zu machen ist unglaublich aufwendig. Der größte Teil meiner Sammlung befindet sich in meinem Haus irgendwo im Großraum Genf.
Den genauen Ort wollen Sie nicht verraten?
Ortiz: Nein, um Gottes willen! Ich will keine ungerufenen Gäste. Das Risiko ist zu groß. Keines meiner Stücke ist versichert. Touch wood! Die Versicherungen sind zwar wie die Teufel hinter mir her. Aber auch als wohlhabender Zeitgenosse kann man das gar nicht mehr bezahlen.
Ihre Kollektion hat einen realen Hintergrund: Ihr Großvater war Simon Patino, der Zinnkönig Boliviens, einer der reichsten Männer seiner Zeit.
Ortiz: Natürlich, ich hatte das Glück, aus einer wirklich sehr reichen Familie zu stammen. Mein Vater war Botschafter in Den Haag und Paris und gehörte einer der angesehensten Aristokratenfamilien Boliviens an, mit großem Grundbesitz. Und der Vater meiner Mutter war Simon Patino, in dessen Zinn- und Silbergruben 5000 Bergleute arbeiteten.
Was blieb vom riesigen Patinoimperium übrig?
Ortiz: Simon Patino war schwer herzkrank. Die Gruben liegen in einer Höhe bis zu 5000 Metern. Er mußte in tiefere Regionen wechseln und Bolivien verlassen. Aber es gibt nichts Schlimmeres als ein dauernd abwesender Patron. Er hatte sich nie in die Politik eingemischt, was ein Fehler war. Seine Direktoren taten es umso mehr und sehr ungeschickt. Sie provozierten eine Revolution. 1952 wurden die Gruben von der Regierung konfisziert, ebenso die Ländereien meines Vaters.
Ihre Familie hatte beträchtlichen Besitz ins Ausland geschafft.
Ortiz: Dummerweise eben nicht. Ein Teil des Zinnprofits steckte in der Banco Mercantile. Im Ausland blieben ein paar Zinnminen-Holdings in Malaysia, der Zinnhandel in London und ein paar andere Dinge. 1976 krachte der Rest des Trusts völlig zusammen. Vom Patino-Glanz blieb nicht viel übrig.
(...) Welchen Wert hat Ihre Sammlung heute?
Ortiz: Ehrlich, ich weiß es nicht. Bis vor drei Jahren wußte ich nicht einmal, wie viele Objekte meine Sammlung umfaßt. Für meine erste Ausstellung 1993 in der Eremitage in St. Petersburg mußte ich dann ein Inventar machen, ich hab's in ein Schulheft eingetragen und kam auf 1600 Objekte. 300 wählte ich aus, es war eine Tortur, weil ich mich schwer entscheiden konnte, etwas
wegzulassen.
Soll man das glauben? Hamburger Museums- und Kulturpolitik
"Soll man das glauben?" fragt sich der heutige "Perlentaucher", der in der taz gelesen hat, daß die Stadt Hamburg 570.000.- Euro ausgibt, um einem Privatsammler zu ermöglichen, seine Sammlung ("….wobei der Schwerpunkt bei der grellen Macker-Kunst liegt…" taz) 15 Jahre lang an die Deichtorhallen anzugliedern. 570.000.- im Jahr, dachte ich. Falsch gelesen: im Monat. Ein Verschreiber der taz? Das wäre ja dann per anno ein Mehrfaches der Einsparung bei den Museen? Soll man das glauben?
Kann man wohl, denn schon länger bemüht sich der Unternehmer und Jurist Harald Falckenberg, die Stadt Hamburg zum Kauf der Sammlung zu bewegen, von 30 Millionen Euro war noch im Jänner (zur Erinnerung: 30 Millionen investierte die Stadt in die ebenfalls private Sammlung des Schiffesammlers Tamm) dieses Jahres die Rede. Rechnet man die 'Monatsmiete' hoch, kommt man auf 102 Millionen. Soll man das glauben?
Kann man wohl, denn schon länger bemüht sich der Unternehmer und Jurist Harald Falckenberg, die Stadt Hamburg zum Kauf der Sammlung zu bewegen, von 30 Millionen Euro war noch im Jänner (zur Erinnerung: 30 Millionen investierte die Stadt in die ebenfalls private Sammlung des Schiffesammlers Tamm) dieses Jahres die Rede. Rechnet man die 'Monatsmiete' hoch, kommt man auf 102 Millionen. Soll man das glauben?
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