Altonaer Museum 2010 |
Donnerstag, 26. August 2010
Das Berliner Weltzentrum des Scheiterns
Einer der bislang schönsten Beiträge zur "Berliner Schlossdebatte": Vier Herren sitzen auf der "leeren Wiese als Monument des Möglichkeitsraums" (Zitat) mitten in Berlin und reden was das Zeug hält. Der Architekt Diébédo Francis Keré aus Burkina Faso, Arno Brandlhuber Professor für Architektur und Stadtforschung an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und Benjamin Foerster-Baldenius, „darstellender Architekt“ und Mitbegründer des Berliner „Raumlabors.
Matthias Dell vom "Freitag" stellt Fragen, die fröhlich-salopp beantwortet werden. Befreunden mit dem Wiederufbau des Schlosses kann sich da niemand. Zum Trost gibts schräge Ansichten: "Ein Weltzentrum des Scheiterns etwa, das wäre Deutschland angemessen. Sich einzugestehen, dass Berlin einer der Orte ist, von dem die größten Misserfolge der Menschheit ausgegangen sind."
Der Freitag, 26. August 2010.
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Matthias Dell vom "Freitag" stellt Fragen, die fröhlich-salopp beantwortet werden. Befreunden mit dem Wiederufbau des Schlosses kann sich da niemand. Zum Trost gibts schräge Ansichten: "Ein Weltzentrum des Scheiterns etwa, das wäre Deutschland angemessen. Sich einzugestehen, dass Berlin einer der Orte ist, von dem die größten Misserfolge der Menschheit ausgegangen sind."
Der Freitag, 26. August 2010.
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Samstag, 21. August 2010
Apokalypse Now!?
Durch die Medien geistert seit Tagen eine Studie einer Unternehmensberaterfirma (Kearney), die das Verschwinden vieler Kultureinrichtungen, vor allem von Museen, vorhersagt. Die Rechnung ist einfach: prozentueller Rückgang der Zahlungen der öffentlichen Hand aufgerechnet mit erwartbarer Kostensteigerung + Feststellung eines nahezu gleichbleibenden Aufkommens aus Sponsoring = minus 10% Museen.
Meine Einschätzung ist, daß diese 'Studie' in die Reihe jener Beraterfirmen-Expertisen gehört, in denen genau jene Krankheit diagnostiziert wird, auf deren Heilung die Firma spezialisiert ist. Der Diagnose der Krise des Museums folgt das Angebot zu ihrer Behebung.
Und wie ausnahmslos immer ist der gute Rat solcher Firmen, die Ökonomisierung der Kultur weiter voranzutreiben. Kearny versteht dabei das Museum als Dienstleistungsbetrieb. Hat man dieses Bild vom Museum erst mal verfestigt, kann man ungeniert die Diversifiezierung des Angebots - ohne Rücksicht auf Ziele und Aufgaben des Museums und auf die Sinnhaftigkeit solcher Leistungen - nach Rentabilität suchen: Gastronomie, Einzelhandel, Veranstaltungsservice sind Gelegenheiten, dem Besucher mehr Geld abzunehmen, als nur einen Eintritt.
Als ob das nicht ohnehin schon versucht würde, als ob es nicht recht brauchbare Erfahrungen gäbe, zum Beispiel ab welcher Museums- und Shopgröße überhaupt Gewinne zu erzielen sind, als ob das guter Rat für die überwältigende Mehrzahl der Museen sei, die auf Grund ihrer kleinen Dimension und begrenzten Ressourcen zu solcher Erweiterung des Angebots gar nicht in der Lage sind.
Museen wären sehr schlecht beraten, wenn sie auf diesen Rat hörten. Als öffentlicher, wohlfahrtsstaatlicher Einrichtung muß auf der Finanzierung der öffentlichen Hand bestanden werden und es muß eine aktive und selbstbewußte Auseinandersetzung sowohl mit der staatlichen Zumutung zum sogenannten Sparen (das kein Sparen ist, sondern ein umschichten, ein Paradigmenwechsel in den politischen Zielen) als auch mit der Zumutung seltsamer Beratung stattfinden.
Museen sind dafür aber nicht besonders gut gerüstet, wenn sie selbst mehr und mehr dem Druck, der auf sie ausgeübt wird, dadurch zu entkommen, wenn sie Kriterien betrieblicher Effizienz und ökonomischer Bilanzierung selbst nach und nach ins Zentrum ihres Selbstverständnisses rücken.
Hier findet - nicht von außen erzwungen, sondern intern - ein schleichender Paradigmenwechsel statt, der ein tragendes Strukturelement des Museums betrifft: die staatliche treuhänderische Bereitstellung von Bildung, deren Mehrwert nicht in Geld gegengerechnet werden kann.
Meine Einschätzung ist, daß diese 'Studie' in die Reihe jener Beraterfirmen-Expertisen gehört, in denen genau jene Krankheit diagnostiziert wird, auf deren Heilung die Firma spezialisiert ist. Der Diagnose der Krise des Museums folgt das Angebot zu ihrer Behebung.
Und wie ausnahmslos immer ist der gute Rat solcher Firmen, die Ökonomisierung der Kultur weiter voranzutreiben. Kearny versteht dabei das Museum als Dienstleistungsbetrieb. Hat man dieses Bild vom Museum erst mal verfestigt, kann man ungeniert die Diversifiezierung des Angebots - ohne Rücksicht auf Ziele und Aufgaben des Museums und auf die Sinnhaftigkeit solcher Leistungen - nach Rentabilität suchen: Gastronomie, Einzelhandel, Veranstaltungsservice sind Gelegenheiten, dem Besucher mehr Geld abzunehmen, als nur einen Eintritt.
Als ob das nicht ohnehin schon versucht würde, als ob es nicht recht brauchbare Erfahrungen gäbe, zum Beispiel ab welcher Museums- und Shopgröße überhaupt Gewinne zu erzielen sind, als ob das guter Rat für die überwältigende Mehrzahl der Museen sei, die auf Grund ihrer kleinen Dimension und begrenzten Ressourcen zu solcher Erweiterung des Angebots gar nicht in der Lage sind.
Museen wären sehr schlecht beraten, wenn sie auf diesen Rat hörten. Als öffentlicher, wohlfahrtsstaatlicher Einrichtung muß auf der Finanzierung der öffentlichen Hand bestanden werden und es muß eine aktive und selbstbewußte Auseinandersetzung sowohl mit der staatlichen Zumutung zum sogenannten Sparen (das kein Sparen ist, sondern ein umschichten, ein Paradigmenwechsel in den politischen Zielen) als auch mit der Zumutung seltsamer Beratung stattfinden.
Museen sind dafür aber nicht besonders gut gerüstet, wenn sie selbst mehr und mehr dem Druck, der auf sie ausgeübt wird, dadurch zu entkommen, wenn sie Kriterien betrieblicher Effizienz und ökonomischer Bilanzierung selbst nach und nach ins Zentrum ihres Selbstverständnisses rücken.
Hier findet - nicht von außen erzwungen, sondern intern - ein schleichender Paradigmenwechsel statt, der ein tragendes Strukturelement des Museums betrifft: die staatliche treuhänderische Bereitstellung von Bildung, deren Mehrwert nicht in Geld gegengerechnet werden kann.
Donnerstag, 19. August 2010
Mission (impossible)
Wir haben Respekt vor allen Kulturen. Wir verschaffen allen Kulturen Respekt.
Wir sind ein lebendiges Museum, das mit vielfältigen Aktivitäten alle Sinne anspricht.
Wir bieten ein Forum für den partnerschaftlichen Austausch zwischen Menschen aller Kulturen.
Als Welt-Kultur-Archiv sammeln, bewahren und erschließen wir Zeugnisse aller Kulturen, um sie zugänglich zu machen.
Unsere Objekte in ihrer Qualität und Einzigartigkeit sind die unverzichtbare Grundlage unserer gesamten Arbeit.
Wie bieten wissenschaftlich fundierte, verständliche Informationen unter partnerschaftlicher Einbeziehung der Eigensicht der jeweiligen Kultur.
Mit einem qualitätvollen, attraktiven und breit gefächerten Ausstellungs- und Veranstaltungsangebot wenden wir uns an viele unterschiedliche Zielgruppen.
Bei unseren vielfältigen Aktivitäten fühlen wir uns dem Bezug zur Aktualität verpflichtet.
Der wirtschaftliche Einsatz und der Ausbau unserer Ressourcen sind wichtige Bestandteile unserer Arbeit.
Wir sorgen dafür, dass unsere Besucher sich bei uns wohl fühlen und die Nutzer unserer sonstigen Angebote mit uns zufrieden sind.
Text: Leitbild des Museums für Völkerkunde Hamburg (Webseite). Fotos von einem Besuch des Museums August 2010 (GF).
Mittwoch, 18. August 2010
Das Wissen der Mitarbeiter (Texte im Museum 93)
Das Gedächtnis des Herrn Holz. Intervention/Installation von Isi Kunath "A Strong Desire to See the World" im Völkerkundemuseum München, 2010
Das Bürgertum ist am Ende! Wo? In Hamburg!
Museumskrise? - Ein Nebelmeer |
Die heutige Ausgabe der WELT hilft uns, indem sie zunächst alarmistisch verlautbart: "In der Musterstadt des deutschen Bürgertums verliert die Kultur den Boden unter den Füßen."
Es gibt aber gleich Entwarnung, denn was da am Beispiel der Museumspolitik recherchiert wurde, entpuppt sich nach und nach weniger als Krise des Bürgertums, noch der Kulturpolitik, ja nicht einmal der Museumspolitik, sondern eher als eine Führungskrise der Kunsthalle. Hier aus Österreich neutral beobachtet gilt jede nur erdenkliche Unschuldsvermutung. Originell an dem Artikel - in Hinblick auf unsere bunte Sammlung "Krise ja oder nein" ist allein, daß hier nachdrücklich die Leitung eines Museums ins Visier gerät, die Ideen- und Visionenlosigkeit der am Museum Verantwortlichen. Das unterscheidet sich erheblich von der Einschätzung, die die Medien am Beginn der Auseinandersetzung der Hamburger Kunsthalle mit der Kulturbehörde hatten (hier dazu in diesem Blog). Wenngleich der Maßstab, den der Autor des Artikels, Hans-Joachim Müller anlegt, auch nicht grade viel zur Analyse beiträgt. Die leicht masochistische Kur empfiehlt jemanden, der imstande sein soll, das Bürgertum zur Kultur (zurück) zu treiben: "Wenn man sieht, mit welchem Erfolg der agile Max Hollein in Frankfurt seine Teams von einem Publikums- und Wissenschaftsereignis zum anderen treibt, dann sieht man zugleich, woran es Hamburg gebricht." Ja?
Montag, 16. August 2010
Streit um David
Zugänglichkeit als Recht und Gemeinbesitz der kulturellen Güter sind zwei strukturelle Merkmale, die das 'wohlfahrtsstaatliche' Modell des Museums als öffentlicher Bildungseinrichtung tragen. Kurios, wenn sich diese öffentliche Verantwortung plötzlich teilt, und miteinander im Clinch liegt, wie jetzt die kommunale und die staatliche - was zwar rechtlich und administrativ einen Sinn macht, aber weit weniger in Hinblick auf die notwendigerweise ungeteilte Idee allgemeiner gesellschaftlicher Verantwortung.
Jetzt streiten die Gemeinde Florenz und der Italienische Staat um den berühmtesten nackten Mann der Kunstgeschichte, der Staat will sich fraglos als Schützer und Besitzer aller bedeutsamen kulturellen Monumente verstehen, die Gemeinde sieht sich als Nachfolgerin der Florentinischen Republik.
Und die sei nun mal Auftraggeber Michelangelos gewesen, der ab 1504 den David schuf.
Worum geht es? Um Geld. Angeblich um 8 Millionen Euro, die jährlich Besuchern des steinernen Mannes abgeknöpft werden (man darf annehmen, allen Besuchern der Accademia, aber wer wird keinen Blick auf den David werfen...?).
Jetzt streiten die Gemeinde Florenz und der Italienische Staat um den berühmtesten nackten Mann der Kunstgeschichte, der Staat will sich fraglos als Schützer und Besitzer aller bedeutsamen kulturellen Monumente verstehen, die Gemeinde sieht sich als Nachfolgerin der Florentinischen Republik.
Und die sei nun mal Auftraggeber Michelangelos gewesen, der ab 1504 den David schuf.
Worum geht es? Um Geld. Angeblich um 8 Millionen Euro, die jährlich Besuchern des steinernen Mannes abgeknöpft werden (man darf annehmen, allen Besuchern der Accademia, aber wer wird keinen Blick auf den David werfen...?).
Donnerstag, 12. August 2010
Mittwoch, 11. August 2010
Das Museum als Ort der umkämpften und traumtisierenden Erinnerung
Der peruanische Bürgerkrieg kennt nur einen einzigen Erinnerungsort - ein Museum in Ayacucho. Es wurde von Angélica García Mendoza gegründet, die 1983 eine nationale Vereinigung der Familien der Entführten, Verhafteten und Verschwundenen ins Leben rief, die ihrerseits das «Museum der Erinnerung» als privates Museum der Angehörigen gründete, um der Opfer zu gedenken.
Nun soll ein Museum in einer Kaserne, die Zentrums des Terrors und der Folter war, zum Museum werden.
Vielleicht schon in einem Jahr soll ein Museum in Lima eröffnet werden. Eine Kommission unter der Leitung des Schriftstellers Mario Vargas Llosa bereitet einen Ort vor, an dem die überfällige Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg stattfinden soll.
Hier ist nicht private Initiative im Spiel, nicht einmal peruanische, sondern deutsche Entwicklungshilfe, die die von der peruanischen Wahrheitskommission konzipierte Ausstellung «Yuyanapaq» mit1700 Fotos und rund 15000 Zeitzeugenberichten in einem eigens neu gebauten Museum fortgeführt wissen will. Dieser Intervention von außen begegnet die Regierung in Peru mit Skepsis, das Militär mit Ablehnung. Bemerkensert bleibt, wie hier Museen ins Zentrum der Aufarbeitung von Traumata rücken. NZZ 11. August 2010
Nun soll ein Museum in einer Kaserne, die Zentrums des Terrors und der Folter war, zum Museum werden.
Vielleicht schon in einem Jahr soll ein Museum in Lima eröffnet werden. Eine Kommission unter der Leitung des Schriftstellers Mario Vargas Llosa bereitet einen Ort vor, an dem die überfällige Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg stattfinden soll.
Hier ist nicht private Initiative im Spiel, nicht einmal peruanische, sondern deutsche Entwicklungshilfe, die die von der peruanischen Wahrheitskommission konzipierte Ausstellung «Yuyanapaq» mit1700 Fotos und rund 15000 Zeitzeugenberichten in einem eigens neu gebauten Museum fortgeführt wissen will. Dieser Intervention von außen begegnet die Regierung in Peru mit Skepsis, das Militär mit Ablehnung. Bemerkensert bleibt, wie hier Museen ins Zentrum der Aufarbeitung von Traumata rücken. NZZ 11. August 2010
Ausstellen gegen Globalisierung und Unrechtssysteme
Potisi - im 17. Jahrhundert eine der größten Städte der Welt |
Und noch bemerkenswerter: «Die Welt befindet sich in einer tiefen Strukturkrise. Es ist an der Zeit, herkömmliche Paradigmen zu hinterfragen», sagt der Leiter des Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Manuel Borja-Villel. Neun weitere Ausstellungen mit politischem Inhalt sind bereits geplant, die aktuelle, Principio Potosí, über die die NZZ vom 5. August 2010 berichtet, beschäftigt sich mit Ereignissen und Verhältnissen, die das Verhältnis Spaniens zu Lateinamerika thematisieren.
Potosí war eine Abbaugebiet von Silber, das weltweit gehandelt wurde und dessen Förderung acht Millionen Indios das Leben kostete. Etwa 20 Künstler in Dubai, Peking, Moskau und London haben recherchiert und setzen sich in der Ausstellung mit dem Thema Globalisierung auseinander, die, so der Museumsleiter, in Spanien mit der Eroberung Amerikas beginne. Mit Konzeptschauen wie dieser will er erreichen, daß sein Haus nicht als Teil eines etablierten Unrechtssystems fungieren soll.
Sonntag, 8. August 2010
Zugang als Vergünstigung - Zugang als Recht. Der Strukturwandel der Museumsöffentlichkeit. (Was ist ein Museum? 09) (überarbeitet)
Kaiserliche Galerie in der Stallburg, Wien |
Die kaiserliche Gemäldegalerie im Belvedere |
Der Einschätzung von Aufklärung und Französischer Revolution
als Zeit des vollkommen Umbruchs der Museumsidee steht eine andere Sichtweise
entgegen. Sie betont die Kontinuität, und führt namentlich fürstliche Sammlungs-
und Museumsgründungen des späten 17. und des 18.Jahrhunderts als Beispiele an -
als Beispiele einer bereits auf eine breitere Öffentlichkeit berechnete
Sammelpraxis und Ausstellungspolitik.
In den meisten Fällen entzaubert ein etwas genauerer Blick auf die tatsächlichen Möglichkeiten, Sammlungen zu besichtigen oder gar zum Studium zu nutzen, den Anspruch auf ein 'öffentliches Museum'. Die Zahl der Besucher war oft auf wenige begrenzt und oft waren mehr oder weniger ausdrücklich untere soziale Schichten ausgeschlossen.
Wo Regelungen fehlen, bestimmten für die Pflege der Sammlung verantwortliche Personen mehr oder minder willkürlich über die Zulassung von Besuchern und darüber ob dies etwas kostete, ob Trinkgeld verlangt wurde oder ob der Zutritt frei war.
In den meisten Fällen entzaubert ein etwas genauerer Blick auf die tatsächlichen Möglichkeiten, Sammlungen zu besichtigen oder gar zum Studium zu nutzen, den Anspruch auf ein 'öffentliches Museum'. Die Zahl der Besucher war oft auf wenige begrenzt und oft waren mehr oder weniger ausdrücklich untere soziale Schichten ausgeschlossen.
Wo Regelungen fehlen, bestimmten für die Pflege der Sammlung verantwortliche Personen mehr oder minder willkürlich über die Zulassung von Besuchern und darüber ob dies etwas kostete, ob Trinkgeld verlangt wurde oder ob der Zutritt frei war.
Unter diesen Bedingungen läßt sich kaum von einem Aufbruch
zu einer neuen Museumsidee sprechen. So lassen sich zwar für die Düsseldorfer
Gemäldegalerie, einer zu ihrer Zeit berühmtesten Europas, viele prominente
Besucher nennen, denn sie lag sozusagen verkehrsgünstig an diversen Reiserouten
und war ein als guter Tipp in Reiseführern ausgwiesen, aber auch hier gab es
relativ restriktive Bedingungen der Publikumsnutzung.
Sicher, gegenüber der ehedem übercodierten Begegnung mit dem Schatz oder einer Sammlung in einem höfischen Zeremoniell war die Praxis, ein weitgehend anonymes Publikum zuzulassen, ein Entwicklungsschritt. Was damit möglich wurde, war die wissenschaftliche Beschäftigung, die künstlerische Weiterbildung und die touristische Besichtigung - aber das nur für Wenige.
Öffentlich wird in der museumsgeschichtlichen Literatur in der Regel gleichbedeutend mit Zugänglichkeit verwendet. Und das völlig unabhängig davon, welcher Typ von Sammlung aus welcher Epoche beschrieben wird. Aus der Zugänglichkeit allein (in welchem Umfang auch immer) auf das Vorhandensein von Öffentlichkeit zu schließen, ist zwar gängige Forschungspraxis aber grob irreführend. Im Grunde wird das Wort bloß zur Unterscheidung von unzugänglich und zugänglich verwendet und bloß quantifizierend ohne jede Rücksicht auf die Interessen der Besucher, den Modus und die Ziele des Besuchs oder Zwecke, die der Sammlungseigner verfolgte. Manchmal hat man den Eindruck, daß schon zwei Besucher eine Öffentlichkeit bilden sollen.
Unterschlagen wird dabei recht großzügig, daß 'Öffentlichkeit' selbst einem zeitlichen Wandel unterliegt und gerade in der Zeit der Aufklärung und bürgerlichen Revolutionen einem dramatischen Funktions- und Bedeutungswandel unterliegt und daß dies eine Zäsur in der Sammlungsgeschichte sein könnte.
Neuland wird tatsächlich dort betreten, wo sich im letzten Drittel des 18. Jahrhundertsphysiokratische Ideen einer für das Staatswesen nützlichen Funktion von Sammlungen durchzusetzen begannen. Dort wo das der Fall war, traten Sammlungen selten ohne begleitende Wissensräume des praktischen Experimentierens oder des theoretischen Diskurses auf, wie etwa in Kassel, oder in der geradezu modellhaften Museumspolitik, die unter der habsburgischen Herrschaft über die Toskana unter Großherzog Leopold betrieben wurde. Hier war sie wie nirgends sonst in eine umfassende verfassungspolitische, wirtschaftliche und verwaltungstechnische Reform eingebunden.
Sicher, gegenüber der ehedem übercodierten Begegnung mit dem Schatz oder einer Sammlung in einem höfischen Zeremoniell war die Praxis, ein weitgehend anonymes Publikum zuzulassen, ein Entwicklungsschritt. Was damit möglich wurde, war die wissenschaftliche Beschäftigung, die künstlerische Weiterbildung und die touristische Besichtigung - aber das nur für Wenige.
Öffentlich wird in der museumsgeschichtlichen Literatur in der Regel gleichbedeutend mit Zugänglichkeit verwendet. Und das völlig unabhängig davon, welcher Typ von Sammlung aus welcher Epoche beschrieben wird. Aus der Zugänglichkeit allein (in welchem Umfang auch immer) auf das Vorhandensein von Öffentlichkeit zu schließen, ist zwar gängige Forschungspraxis aber grob irreführend. Im Grunde wird das Wort bloß zur Unterscheidung von unzugänglich und zugänglich verwendet und bloß quantifizierend ohne jede Rücksicht auf die Interessen der Besucher, den Modus und die Ziele des Besuchs oder Zwecke, die der Sammlungseigner verfolgte. Manchmal hat man den Eindruck, daß schon zwei Besucher eine Öffentlichkeit bilden sollen.
Unterschlagen wird dabei recht großzügig, daß 'Öffentlichkeit' selbst einem zeitlichen Wandel unterliegt und gerade in der Zeit der Aufklärung und bürgerlichen Revolutionen einem dramatischen Funktions- und Bedeutungswandel unterliegt und daß dies eine Zäsur in der Sammlungsgeschichte sein könnte.
Neuland wird tatsächlich dort betreten, wo sich im letzten Drittel des 18. Jahrhundertsphysiokratische Ideen einer für das Staatswesen nützlichen Funktion von Sammlungen durchzusetzen begannen. Dort wo das der Fall war, traten Sammlungen selten ohne begleitende Wissensräume des praktischen Experimentierens oder des theoretischen Diskurses auf, wie etwa in Kassel, oder in der geradezu modellhaften Museumspolitik, die unter der habsburgischen Herrschaft über die Toskana unter Großherzog Leopold betrieben wurde. Hier war sie wie nirgends sonst in eine umfassende verfassungspolitische, wirtschaftliche und verwaltungstechnische Reform eingebunden.
Auch die habsburgische Museumspolitik in Wien war zu dieser
Zeit sehr fortschrittlich, allerdings vorerst nur in Bezug auf eine einzige
Sammlung - die Gemäldegalerie.
Ihre Transferierung von der Stallburg in das ehemals von Prinzen Eugen erbaute und bewohnte Schloß Belvedere wurde für eine umfassende Reorganisation genutzt. Man darf sich nicht vorstellen, daß eine fürstliche Sammlung damals ein relativ fest umrissener Bestand von Bildern war, ähnlich einer heutigen Museumssammlung. Bilder wurden erworben, weggegeben, verschenkt, verkauft, getauscht oder zu Ausstattungszwecken an verschiedenste Orte gebracht. Das war in Wien auch noch nach der Eröffnung der Galerie in den 70er-Jahren des 18.Jahrhunderts so und das, obwohl man zuvor eine Generalinventur veranlasst hatte, die erstmals den gesamten habsburgischen Gemäldebesitz erhob.
Was an Wien so interessant und nahezu einzigartig ist, ist die Kombination von expliziter und geregelter freier und kostenloser Zugänglichkeit mit einer Hängung der Sammlung nach damals avancierten Erkenntnissen zur Geschichte der Kunst (vor dem Entstehen einer Kunstwissenschaft).
Der für die Disposition der Sammlung verantwortliche Kupferstecher Christian von Mechel schrieb im ersten Katalog der Galerie: "Der Zweck alles Bestrebens ging dahin, dieses schöne durch seine zahlreiche Zimmer=Abtheilungen dazu voellig geschaffene Gebäude so zu benutzen, daß die Einrichtung im Ganzen, sowie in den Teilen lehrreich, und soviel möglich, sichtbare Geschichte der Kunst werden möchte. Eine solche grosse öffentliche, mehr zum Unterricht noch, als nur zum vorübergehenden Vergnügen, bestimmte Sammlung scheint einer reichen Bibliothek zu gleichen, in welcher der Wißbegierige froh ist, Werke aller Arten und aller Zeiten anzutreffen, nicht das Gefällige und Vollkommene allein, sondern abwechselnde Kontraste, durch deren Betrachtung und Vergleichung (den einzigen Weg zur Kenntnis zu gelangen) er Kenner der Kunst werden kann."
Die Bewertung, wie revolutionär dies war, schwankt, auch die, ob man diese Disposition der Gemälde bereits historisierend nenen kann, aber sicher ging es um eine Vermittlung von Erfahrungen und Kenntnissen an eine breite Öffentlichkeit, die über Zusammenfassung nach Schulen und immanenter chronologischer Ordnung und unter anderem über 'technische' Innovationen wie einheitliche Rahmung und Beschriftung der Gemälde erreicht werden sollte.
Zwar wurde diese Ordnung bald verwässert, aber das offenbar Neue daran wurde vielfach studiert und nachgeahmt. Und es entstand eine breite Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Neuordnung. Mit dem Fortschreiten der kunstgeschichtlichen Erkenntnisse wuchsen nämlich die Ansprüche an solche Sammlungen wie die in Wien rasch, die von einer museologischen Debatte avant la lettre begleitet wurden und ihrerseits auf die Neuaufstellungen von Sammlungen oder Neugründungen von Museen Einfluß hatten. So griff man andernorts, z.B. in Berlin, auf Mechels Disposition zurück, aber nicht ohne Weiterentwicklung seiner Prinzipien.
Während man bezüglich der Beurteilung der Nutzung der Sammlungen durch ein Publikum oft auf Quellen zurückgreifen muß, die aus einer affirmativen Perspektive verfasst wurden, ist es in Wien anders. Reiseberichte, die die 'Gefährdung' der Gemälde durch Besucher bemerken und beklagen, belegen, welche Dynamik diese neue Öffentlichkeit gehabt haben muß. Man stellte tatsächlich Wächter an den Eingang und erließ Verbote, z.B. das Mitnehmen von Stöcken. Das sind Indizien für einen anonymen, nicht oder kaum zensierten 'Massen'besuch, auf den man einerseits 'didaktisch' reagierte (Katalog; Beschriftung), andrerseits disziplinierend (Wächter oder Wärter, also Aufsicht, Hausordnungen; später, in anderen kaiserlichen Kabinetten, kamen noch Veränderungen in der Aufstellung der Sammlung selbst hinzu, die Bewachung und Erläuterung durch Personen weitgehend überflüssig machen sollten).
Reaktionen auf den freizügigen und kostenlosen Zugang zur Wiener Sammlung zeigen klar, daß es aber auch um den 'Skandal' ging, daß offenbar bislang ausgeschlossene soziale Schichten von der 'Einladung' tatsächlich Gebrauch machten. "Dieses Verbot (Stöcke mitzunehmen G.F.) ist sehr billig, man sollte vielen naseweisen Herren, wenn es möglich wäre, auch ihre Finger ablegen lassen. Auch die Kinder sind der Galerie gefährlich; weil sie manchmal mit schmutzigen Fingern die vortrefflichsten Stücke betasten. " (Ein zeitgenössicher Reiseführer).
Das hätte wohl keine Folgen gehabt, wenn nicht der Direktor der Galerie, der Maler Heinrich Füger, selbst Anstoß an der unbeschränkten Zugänglichkeit genommen hätte. Und das gleich in Form eines Schreibens an den Kaiser (1813), in dem er glaubte daran erinnern zu müssen, "daß der öffentliche Einlaß eine Vergünstigung seiner Majestät, aber kein unbedingtes Recht ist. (…) Die willkürliche Zulassung der allergeringsten Volksclassen von der Straße wird dadurch vermindert" (durch Verordnungen, die das Aufsichtspersonal durchzusetzen hätte; G.F. ), "für welche Kunst- und wissenschaftliche Sammlungen nicht geeignet sind, und den gebildeten Ständen des Publicums wird der Genuß der Gallerie um so viel angenehmer werden, der nur bei geräuschloser Betrachtung der Kunstwerke stattfinden kann..."
Und weiter: "Das Gegenteil" (Von Anstand und Ordnung die in den Kabinetten herrsche; G.F.) "hat eine langjährige Erfahrung bei ehemals aus den besten und humansten Absichten bestehenden unbedingten freyen Einlasse in die Galerie erwiesen (…) Tagwerker und Kellnerburschen, Wäscher- und Kuchelmenscher mit ihren Galanen sowie die gemeinsten Weiber mit halbnackten Kindern gingen aus und ein. Kindergeschrei und Unreinlichkeiten beleidigten öfter die Sinne der Anwesenden."
Das läßt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Sehr signifikant ist der Satz ganz am Anfang. Hier geht es um genau jene Demarkationslinie, mit der eine Trennlinie zwischen den neuzeitlichen Sammlungspraktiken einerseits und der modernen Museumsidee andrerseits gezogen werden kann. Ist die Zugänglichkeit eine "Vergünstigung" - die gewährt werden kann oder auch eben nicht -, oder geht es um ein "Recht". De jure war es bezüglich der Gemäldegalerie in Wien kein Recht, de facto offenbar ja.
Die Qualität des Museums der Moderne läßt sich genau an diesem Recht festzumachen (erstmals allgemein als Zugang zu Bildung für jedermann in der Französischen Verfassung von 1793 garantiert). Aber nicht allein daran: erst der gemeinsame (staatliche) Besitz und die Vorstellung eines gemeinsamen kulturellen Gutes (in Frankreich: Patrimoine), eines "common object", zusammen mit dem Recht auf (Museums) Bildung machen den Kern der neuen Museumsidee aus. Und dann ist Öffentlichkeit auch keine Vergünstigung mehr für wenige, sondern eine diskursive Sphäre, in der Bildung und Kritik entstehen und zirkulieren kann, auch für die, die Füger unbedingt ausschließen wollte und die bis heute ausgeschlossen blieben, "die allergeringsten Volksclassen".
Ihre Transferierung von der Stallburg in das ehemals von Prinzen Eugen erbaute und bewohnte Schloß Belvedere wurde für eine umfassende Reorganisation genutzt. Man darf sich nicht vorstellen, daß eine fürstliche Sammlung damals ein relativ fest umrissener Bestand von Bildern war, ähnlich einer heutigen Museumssammlung. Bilder wurden erworben, weggegeben, verschenkt, verkauft, getauscht oder zu Ausstattungszwecken an verschiedenste Orte gebracht. Das war in Wien auch noch nach der Eröffnung der Galerie in den 70er-Jahren des 18.Jahrhunderts so und das, obwohl man zuvor eine Generalinventur veranlasst hatte, die erstmals den gesamten habsburgischen Gemäldebesitz erhob.
Was an Wien so interessant und nahezu einzigartig ist, ist die Kombination von expliziter und geregelter freier und kostenloser Zugänglichkeit mit einer Hängung der Sammlung nach damals avancierten Erkenntnissen zur Geschichte der Kunst (vor dem Entstehen einer Kunstwissenschaft).
Der für die Disposition der Sammlung verantwortliche Kupferstecher Christian von Mechel schrieb im ersten Katalog der Galerie: "Der Zweck alles Bestrebens ging dahin, dieses schöne durch seine zahlreiche Zimmer=Abtheilungen dazu voellig geschaffene Gebäude so zu benutzen, daß die Einrichtung im Ganzen, sowie in den Teilen lehrreich, und soviel möglich, sichtbare Geschichte der Kunst werden möchte. Eine solche grosse öffentliche, mehr zum Unterricht noch, als nur zum vorübergehenden Vergnügen, bestimmte Sammlung scheint einer reichen Bibliothek zu gleichen, in welcher der Wißbegierige froh ist, Werke aller Arten und aller Zeiten anzutreffen, nicht das Gefällige und Vollkommene allein, sondern abwechselnde Kontraste, durch deren Betrachtung und Vergleichung (den einzigen Weg zur Kenntnis zu gelangen) er Kenner der Kunst werden kann."
Die Bewertung, wie revolutionär dies war, schwankt, auch die, ob man diese Disposition der Gemälde bereits historisierend nenen kann, aber sicher ging es um eine Vermittlung von Erfahrungen und Kenntnissen an eine breite Öffentlichkeit, die über Zusammenfassung nach Schulen und immanenter chronologischer Ordnung und unter anderem über 'technische' Innovationen wie einheitliche Rahmung und Beschriftung der Gemälde erreicht werden sollte.
Zwar wurde diese Ordnung bald verwässert, aber das offenbar Neue daran wurde vielfach studiert und nachgeahmt. Und es entstand eine breite Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Neuordnung. Mit dem Fortschreiten der kunstgeschichtlichen Erkenntnisse wuchsen nämlich die Ansprüche an solche Sammlungen wie die in Wien rasch, die von einer museologischen Debatte avant la lettre begleitet wurden und ihrerseits auf die Neuaufstellungen von Sammlungen oder Neugründungen von Museen Einfluß hatten. So griff man andernorts, z.B. in Berlin, auf Mechels Disposition zurück, aber nicht ohne Weiterentwicklung seiner Prinzipien.
Während man bezüglich der Beurteilung der Nutzung der Sammlungen durch ein Publikum oft auf Quellen zurückgreifen muß, die aus einer affirmativen Perspektive verfasst wurden, ist es in Wien anders. Reiseberichte, die die 'Gefährdung' der Gemälde durch Besucher bemerken und beklagen, belegen, welche Dynamik diese neue Öffentlichkeit gehabt haben muß. Man stellte tatsächlich Wächter an den Eingang und erließ Verbote, z.B. das Mitnehmen von Stöcken. Das sind Indizien für einen anonymen, nicht oder kaum zensierten 'Massen'besuch, auf den man einerseits 'didaktisch' reagierte (Katalog; Beschriftung), andrerseits disziplinierend (Wächter oder Wärter, also Aufsicht, Hausordnungen; später, in anderen kaiserlichen Kabinetten, kamen noch Veränderungen in der Aufstellung der Sammlung selbst hinzu, die Bewachung und Erläuterung durch Personen weitgehend überflüssig machen sollten).
Reaktionen auf den freizügigen und kostenlosen Zugang zur Wiener Sammlung zeigen klar, daß es aber auch um den 'Skandal' ging, daß offenbar bislang ausgeschlossene soziale Schichten von der 'Einladung' tatsächlich Gebrauch machten. "Dieses Verbot (Stöcke mitzunehmen G.F.) ist sehr billig, man sollte vielen naseweisen Herren, wenn es möglich wäre, auch ihre Finger ablegen lassen. Auch die Kinder sind der Galerie gefährlich; weil sie manchmal mit schmutzigen Fingern die vortrefflichsten Stücke betasten. " (Ein zeitgenössicher Reiseführer).
Das hätte wohl keine Folgen gehabt, wenn nicht der Direktor der Galerie, der Maler Heinrich Füger, selbst Anstoß an der unbeschränkten Zugänglichkeit genommen hätte. Und das gleich in Form eines Schreibens an den Kaiser (1813), in dem er glaubte daran erinnern zu müssen, "daß der öffentliche Einlaß eine Vergünstigung seiner Majestät, aber kein unbedingtes Recht ist. (…) Die willkürliche Zulassung der allergeringsten Volksclassen von der Straße wird dadurch vermindert" (durch Verordnungen, die das Aufsichtspersonal durchzusetzen hätte; G.F. ), "für welche Kunst- und wissenschaftliche Sammlungen nicht geeignet sind, und den gebildeten Ständen des Publicums wird der Genuß der Gallerie um so viel angenehmer werden, der nur bei geräuschloser Betrachtung der Kunstwerke stattfinden kann..."
Und weiter: "Das Gegenteil" (Von Anstand und Ordnung die in den Kabinetten herrsche; G.F.) "hat eine langjährige Erfahrung bei ehemals aus den besten und humansten Absichten bestehenden unbedingten freyen Einlasse in die Galerie erwiesen (…) Tagwerker und Kellnerburschen, Wäscher- und Kuchelmenscher mit ihren Galanen sowie die gemeinsten Weiber mit halbnackten Kindern gingen aus und ein. Kindergeschrei und Unreinlichkeiten beleidigten öfter die Sinne der Anwesenden."
Das läßt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Sehr signifikant ist der Satz ganz am Anfang. Hier geht es um genau jene Demarkationslinie, mit der eine Trennlinie zwischen den neuzeitlichen Sammlungspraktiken einerseits und der modernen Museumsidee andrerseits gezogen werden kann. Ist die Zugänglichkeit eine "Vergünstigung" - die gewährt werden kann oder auch eben nicht -, oder geht es um ein "Recht". De jure war es bezüglich der Gemäldegalerie in Wien kein Recht, de facto offenbar ja.
Die Qualität des Museums der Moderne läßt sich genau an diesem Recht festzumachen (erstmals allgemein als Zugang zu Bildung für jedermann in der Französischen Verfassung von 1793 garantiert). Aber nicht allein daran: erst der gemeinsame (staatliche) Besitz und die Vorstellung eines gemeinsamen kulturellen Gutes (in Frankreich: Patrimoine), eines "common object", zusammen mit dem Recht auf (Museums) Bildung machen den Kern der neuen Museumsidee aus. Und dann ist Öffentlichkeit auch keine Vergünstigung mehr für wenige, sondern eine diskursive Sphäre, in der Bildung und Kritik entstehen und zirkulieren kann, auch für die, die Füger unbedingt ausschließen wollte und die bis heute ausgeschlossen blieben, "die allergeringsten Volksclassen".
Selbst über das Fadeste läßt sich schreiben
Abb.: Dauerausstellung Archäologische Sammlung Eggenberg. Universalmuseum Joannem. BWM Architects
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