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Montag, 30. Mai 2016

Haus der Geschichte Österreich. Eine Publikation als Beginn der ernsthaften Diskussion?

Von den drei Diskussionsveranstaltungen zum "Haus der Geschichte Österreich", von denen ich Kenntnis habe, ist die von Thomas Winkelbauer (Direktor des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung) veranstaltete, die einzige, die in Buchform publiziert wurde. Eben ist der von ihm heruasgegebne Band "Haus? Geschichte? Österreich? Ergebnisse einer Enquete über das neue historische Museum in Wien" erschienen. (Wien, new academic press, 2016).
Auf exakt 300 Seiten ist die Enquete vom 12. Oktober 2015 dokumentiert und und um einige Beiträge erweitert.
So hat Thomas Winkelbauer nicht nur den Verlauf Tagung zusammengefasst sondern problematische thematische Schwerpunkte hervorgehoben. Die Standortfrage, der Zeitdruck in der Planung, der Museumsbegriff, der Name der Institution (gegen den sich Winkelbauer auch persönlich wendet, und das vehement) und andere immer noch offene Fragen lassen erkennen, wie sehr das vorliegende Konzept und die Kritik der HistorikerInnen und Museumsfachleute nach wie vor auseinanderdriftet.
Man kann die überaus verdienstvolle Zusammenfassung der Diskussionen und der weiteren Entwicklung des Projektes seit der Zeit der Enquete, von Andrea Brait als Bohren in einer Wunde verstehen: warum wird über Jahre und nun auch schon sehr intensiv an dem Projekt geplant aber die vielfältige und konstruktive Kritik nicht zur Kenntnis genommen. Ja mehr als das. Durch Braits Zusammenfassung zieht sich wie ein roter Faden eine eigentümliche Verklemmung der Beteiligten was den Umgang mit der Öffentlichkeit betrifft, von der "Schubladisierung" von Studien bis zu merkwürdig "diskreten" politischen Entscheidungen und direkten Eingriffen bis zur ministeriellen Bestellung von Teilen des Publikumsrates!.
Braits Schilderungen enden mit der veritablen und eigentlich vernichtenden Kritik des Rechnungshofes und der - vermutlich als Reaktion darauf - von den sogenannten Koalitionspartnern beschlossenen Vorstudie, die sie aber nicht mehr kennen und auswerten konnte.
Jetzt wäre also eine sehr solide, vielstimmige, konstruktive Grundlage für Kritik und Debatten gelegt. Jetzt könnte auch ein Schritt stattfinden, der aus der bevorzugten Beschäftigung der Historikerzunft, die sich in der Schlüsselrolle sehen, herausführt und zur Frage: Was für ein Museum soll das denn überhaupt werden, was wollen wir denn von dem Projekt überhaupt?
Doch dieses "wir" scheint es nicht zu geben und der politische Bruch, der Wechsel der minsteriellen Zuständigkeit unter politischen Bedingungen, die ja eigentlich nicht ganz ohne Folgen für das Denken und Sprechen über das Haus sein sollte, scheint sich geräuschlos zu schließen. Der neue Minister nannte es ein "gutes Projekt" und versprach, es weiter zu verfolgen.
Reaktionen auf die Diskussion? Nicht daß ich wüßte. Aber eine weitere Tagung, demnächst, ausgerichtet von der Österreichischen Forschungsgemeinschaft.

Freitag, 13. Mai 2016

Das Projekt "Haus der Geschichte Österreich" und die Krise der SPÖ. Ein Nachwort.

Es ist schnell gegangen. Ein Rücktritt. Und schon scheint Minister Ostermayer Geschichte zu sein. Künstler und Wissenschafter erklären ihn in der Rolle des Kulturpolitikers für "unersetzlich". Unter den Bittstellern: Oliver Rathkolb. Noch herrscht Tiefnebel und der Standard kann sogar Andre Heller als Königsmacher ins Spiel bringen. Die Zeitungen haben Ostermayer schon aus den Ämtern entfernt. Wie auch immer. Es wird so oder so spannend für das Projekt "Haus der Geschichte Österreich".

Montag, 9. Mai 2016

Das "Haus der Geschichte Österreich" und die Krise der SPÖ

Heute, Montag, entscheidet sich wie die Sozialdemokratische Partei Österreichs mit ihrer lange schon schwelenden Krise umgeht und wie und ob sie sie auch personalpolitisch in den Griff bekommen will.
Was hat das mit dem geplanten Geschichtsmuseum in der Neuen Burg zu tun?
Vielleicht viel, denn es ist ein durch und durch sozialdemokratisches Projekt. Seit der Kanzleramtsminister Ostermayer via Medien sozusagen aus den künftigen Ausstellungsräumen heraus verkündete "hierher kommt das Museum", wird es als geschichtspolitisches Projekt von ihm lanciert. Die rechtliche Konstruktion - eine Reformulierung des Bundesmuseen-Gesetzes -, macht es zum politik-unmittelbarsten Museum, das es je in Österreich gegeben hat. Die Auswahl des leitenden Planers, Oliver Rathkolb und die Zusammensetzung eines Personenkomitees aus der Sozialdemokratie nahestehenden Personen des - wie man so sagt -, öffentlichen Lebens bezeugen, wie stark das Museum im Milieu der SPÖ verankert ist und auch bleiben soll.
Genau dort öffnet sich nun eine unerwartete Perspektive. Denn sollte es nicht nur bei der Bundespräsidenten Wahl zur Machtverschiebung hin zur FPÖ kommen, sondern auch bei Bundeswahlen, egal ob vorgezogen oder nicht, dann wandert das hegemoniale Werkzeug Museum mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den Machtbereich der FPÖ. Niemand kann sagen, was dann passiert, ob dieses Projekt dann noch weiter verfolgt wird oder wie vorgesehen realisiert wird oder ob es zum Instrument des FPÖ Geschichtsbildes werden könnte. Die von Ostermeyer betriebene Rechtskonstruktion erlaubt ein direktes und weitreichendes Zugriffsrecht auf das Museum.
Sollte das alles nicht so kommen, sollte die Macht der SPÖ noch eine Weile aufrecht erhalten bleiben, egal in welcher personellen Besetzung, würde der desaströse ideologische Zustand der Partei nicht in einem Merkwürdigen Mißverhältnis zu einem derart ambitionierten, letztlich 'nationalen' Museum stehen. Wird sich der Krisenstatus nicht auf Personalpolitik, - sicher informelle - Gängelung, Versuche der 'Redaktion' des Geschichtsbildes des Museums auswirken?
Und ganz pragmatisch: wäre denn das Projekt noch zu stemmen? Eine Vorstudie ist eben erschienen, die penibel die nötigen baulichen Maßnahmen auflistet, eine Kalkulation der Kosten des Umbaues und der Einrichtung der Dauerausstellung und einen Zeitplan enthält. Den Zeitplan nennen die Autoren selbst ambitioniert und es ist nun noch einmal der Termin der Eröffnung hinausgeschoben worden, auf 2019. Damit verfehlte man das Republikjubiläum. Die Direktorin der Nationalbibliothek versichert, daß dennoch Teile der Ausstellung bereits 2018 fertig sein könnten, während Oliver Rathkolb brieflich an das Personenkomitee die Botschaft sendet, es werde sicher zum Jubiläum eine Ausstellung geben. Letzteres ist eher vorstellbar als die vorzeitige Öffnung von Teilen der Dauerausstellung.
Wie auch immer. Aber wo wird 2018/2019 diese Sozialdemokratie stehen? Was ist, wenn der Promotor des Museums, Ostermeyer, in den Turbulenzen der Krise 'abhanden' kommt? Der hat nämlich noch etwas vor sich: die Kalkulation der eben veröffentlichten Vorstudie von 29,5 Mio Euro enthält, wie gesagt, die baulichen Veränderungen und die Errichtung der Dauerausstellung, aber sonst nichts. Keine Personalkosten, keine Büroausstattung, keine Webseite, keine Kosten für die im Konzept ambioniert entwickelten Veranstaltungen, kein Ankaufsbudget, keine Depotkosten für die entstehende Sammlung usw. Das wird noch einmal eine stattliche Summe, und zwar nicht einmalig, wie die Errichtungskosten, sondern auf Dauer. Diese Betriebskosten müssten im Grunde Teil des Bundesmuseums-Budgets sein, also entweder anderen Museen abgezogen werden oder durch eine Aufstockung kompensiert. Derzeit läuft die Strategie der Belastung: die Kosten für die Absiedlung der Musiksammlung wurden ins Budget des KHM verschoben. Auch etwas krisenhaft, aber gegen das, was in der SPÖ noch kommen könnte, eher harmlos.

Samstag, 13. Februar 2016

"...konnte nicht nachvollzogen werden". Die Kritik des Finanzministeriums am Projekt "Haus der Geschichte Österreich" (Begutachtungsverfahren)

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Die hier vollständig wiedergegebene Stellungnahme des Finanzminsteriums zum Projekt "Haus der Geschichte Österreich" im Zuge des parlamentarischen Begutachtungsverfahrens der nötigen Änderung des Bundesmuseengesetzes ist beachtlich.
Es ist eine schneidende Kritik, die finanztechnische, verfahrenstechnische und museologische und damit insgesamt indirekt auch politische Aspekte miteinschließt.
Hier der Text:

Das „Haus der Geschichte“ ist ein Teilprojekt des Vorhabens „Infrastrukturprojekte Neue Burg/Heldenplatz“. In diesem Zusammenhang wurde mit MRV vom 24.3.2015 (MR 54/22) zur ressortübergreifenden Vorbereitung dieser Vorhaben und zur Sicherstellung des reibungslosen Ablaufes eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt.

Da bis dato kein Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe, sondern lediglich ein Bericht der Vorsitzenden vorliegt, wird zu diesem Zeitpunkt die gesetzliche Festlegung dieses Einzelprojektes ohne endgültige Klärung der weiteren im o.a. MRV genannten Projekte (des Gesamtvorhabens „Heldenplatz“) sowie – und vor allem – ohne endgültige Klärung der finanziellen Bedeckung nicht für sachgerecht und sinnvoll erachtet.

Eine unkoordinierte und nicht alle Teilprojekte des Vorhabens „Infrastrukturprojekte Neue Burg/Heldenplatz“ gesamthaft betrachtende Vorgangsweise führt aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen, zu Ineffizienzen und folglich zu sehr hohen Kostenüberschreitungen.

Für eine abschließende Bewertung des Projektes müssen daher vorab noch einige offene Fragen geklärt werden. Insbesondere muss die Finanzierung des Gesamtprojekts vor dem Projektstart gewährleistet und auch nachvollziehbar im Bundesbudget bzw. der WFA dargestellt sein. Die WFA ist aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar. Die dargestellten Aufwendungen weichen von der Darstellung der Projektkosten in dem dem Bundesministerium für Finanzen zur Kenntnis gebrachten Zwischenbericht der AG-Vorsitzenden ab. In die WFA müssten auch die Kosten der Neupositionierung der „Sammlung alter Musikinstrumente“ des Kunsthistorischen Museums einfließen. Diese geplante Neupositionierung ist aus haushaltsrechtlicher Sicht ein Teil des Vorhabens „Haus der Geschichte“; die beiden Projekte bedingen einander und sind daher nicht voneinander zu trennen (ohne das Vorhaben „Haus der Geschichte“ ist die Umstrukturierung der Sammlung alter Musikinstrumente nicht notwendig, was auch dem Zwischenbericht der AG-Vorsitzenden zu entnehmen ist). Die Aufwendungen in der WFA wären um die im AG-Bericht angeführten KHM-Projektkosten incl. einer Aussage zur Bedeckung zu ergänzen.

Die Erläuterungen der finanziellen Auswirkungen in der WFA sind - ungeachtet der Tatsache, dass das KHM-Projekt ins Zahlengerüst nicht eingeflossen ist - nicht nachvollziehbar: zwischen 2016 und 2018 werden in der Tabelle Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 43,124 Mio. Euro dargestellt, erläutert werden lediglich 36,625 Mio. Euro. Wenn die Differenz, wie die Darstellung im Anhang der WFA vermuten lässt, die Aufwendungen für die Vorbereitung des laufenden Betriebs darstellt (6,5 Mio. Euro), dann entsprechen diese Kosten nicht den im AG-Zwischenbericht für den laufenden Betrieb ab 2016 angeführten 7,2 Mio. Euro für 2016-2018. Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen kann die Aussage, dass „…die sich aus der Novelle ergebenden Aufwendungen nur für die Vorbereitung, den Umbau der Räumlichkeiten und die Präsentation der Ausstellungsgegenstände erforderlich [sind]…“ nicht nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang wird mit dem Wort „nur“ suggeriert, dass es weitere nicht dargestellte Kostenpositionen gibt. Ob dies jedoch der Fall ist, bleibt offen.

Seitens des Bundesministeriums für Finanzen kann nicht nachvollzogen werden, wie die Bedeckung aus dem aktuellen „Bundesmuseenbudget“ (DB 32.03.01 „Bundesmuseen“) angesichts der finanziellen Volumina der bereits jetzt aus den sogenannten „§ 5-Mitteln“ zu bedeckenden Projekte anderer Bundesmuseen und der im gegenständlichen Novellenentwurf nicht vorgesehenen Erhöhung der Basisabgeltung (die Thematik der Basisabgeltung wäre ab der geplanten Eröffnung 2018 schlagend) sichergestellt werden kann. Es ist widersprüchlich bzw. zumindest erklärungsbedürftig, wenn einerseits der aus der Basisabgeltung zu finanzierende laufende Betrieb im Jahr 2019 mit 3,6 Mio. Euro in der WFA dargestellt wird, andererseits aber die hierzu geplante Erhöhung der Basisabgeltung in entsprechender Höhe nicht im Gesetz verankert wird.

Im Zusammenhang mit der vorliegenden WFA (finanzielle Auswirkungen, finanzielle Bedeckung), aber auch im Hinblick auf den Vorbereitungs- und Umsetzungsprozess des gegenständlichen Vorhabens ergeben sich daher insbesondere folgende konkrete Fragen:

- Weshalb weichen die dargestellten Aufwendungen in der WFA von der Darstellung der Projektkosten im Zwischenbericht der AG-Vorsitzenden ab?

- Wie ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass kein Endbericht der eingerichtetenArbeitsgruppe, sondern lediglich ein Bericht der Vorsitzenden bzw. ein Zwischenbericht vorliegt, die Aussage in der WFA „… diese Kostenschätzungen basieren auf den Ergebnissen der eingerichteten Steuerungsgruppe…“ zu verstehen? Auf welchen Parametern beruhen diese Kostenschätzungen? Es fehlt ein Gesamtkonzept für das Haus der Geschichte, insbesondere ein Raum- und Funktionsplan, auf dessen Basis entsprechende valide Kostenschätzungen durchgeführt werden können. Wann werden diese Pläne vorgelegt?
- Weshalb werden die Kosten des KHM-Projekts („Neupositionierung der Sammlung alter Musikinstrumente“) in der WFA nicht berücksichtigt, obwohl sich diese beiden Projekte bedingen und u.a. haushaltsrechtlich somit als ein Vorhaben zu betrachten sind? Findet eine Akkordierung mit dem Kunsthistorischen Museum betreffend die Sammlung alter Musikinstrumente statt?
- Wie ist die Aussage zu verstehen, dass „…die sich aus der Novelle ergebenden Aufwendungen nur für die Vorbereitung, den Umbau der Räumlichkeiten und die Präsentation der Ausstellungsgegenstände erforderlich [sind]…“? Welche weiteren Aufwendungen kann es darüber hinaus geben? Wird es entgegen früherer Festlegungen eine eigene Sammlungstätigkeit des Hauses der Geschichte geben? Wenn ja, wie wird sie finanziert? Aus welchen Gründen hat sich der wissenschaftliche Beirat entgegen den Vorgaben im MRV vom 24.3.2015 doch für eine Sammlungstätigkeit entschieden? Worauf basieren die derzeit veranschlagten Kosten für die Sammlung in Höhe von 0,1 Mio. Euro p.a.?

- Ist das betroffene Detailbudget tatsächlich ausschließlich das DB 32.03.01

- Wie soll die Bedeckung aus dem aktuellen „Bundesmuseenbudget“ erfolgen, wenn aktuell alle veranschlagten Mittel verplant sind bzw. im Gesetz keine Erhöhung der Basisabgeltung vorgesehen ist (die Thematik der Basisabgeltung wird ab der Eröffnung 2018 schlagend)? Wie kann die Bedeckung auf Basis des aktuellen BFG bzw. BFRG erfolgen, ohne dass andere Bundesmuseen eine entsprechende Reduktion ihrer finanziellen Mittel (insbes. Investitionsmittel) erfahren? Ist geplant, dass von anderen Bundesmuseen finanzielle Mittel für das Haus der Geschichte abgezogen werden? Wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für die allfällig betroffenen Museen?

- Wieso fehlt in der WFA bei einem so komplexen Vorhaben komplett die Erläuterung der Bedeckung? Hat das Vorhaben tatsächlich keine wesentlichen Auswirkungen auf die gesetzlich festgelegten WFA-Wirkungsdimensionen?

- Im MRV vom 23.11.2015 wird die Steuerungsgruppe mit weiteren Agenden beauftragt, insbesondere der Vertiefung der bisherigen Ergebnisse und der Planung und Koordination betreffend das „Haus der Zukunft“ und den Bücherspeicher. Warum soll mit dem Gesetzesentwurf den Arbeiten der Steuerungsgruppe vorgegriffen werden? Existieren konkrete Vorgaben für die ergänzenden Arbeiten der Steuerungsgruppe?

- Wie soll die Gesamtkoordination des Projekts - abgesehen von den Arbeiten der Steuerungsgruppe - in der praktischen Umsetzung erfolgen? Wird es eine zentrale Planungseinheit geben? Wie hoch werden die Kosten für diese Koordination sein? Wird mit dem kolportierten Betrag von 250.000 Euro das Auslangen gefunden werden?

- Wird die Tätigkeit und Funktionsfähigkeit des Parlaments durch die Umbauarbeiten für das Haus der Geschichte in irgendeiner Art und Weise eingeschränkt, wenn dieses ab 2017 in der Hofburg seine Arbeit aufnehmen wird? - Sind zusätzliche Planstellen für das Haus der Geschichte erforderlich? Wenn ja, wie viele? „Bundesmuseen“?

Weiters wäre zum Wortlaut des vorliegenden Novellenentwurfs seitens des Bundesministeriums für Finanzen Folgendes festzuhalten:


§ 15 Bundesmuseen-Gesetz ist für die gesetzliche Festlegung bzw. Sicherstellung der Finanzierung des Hauses der Geschichte ungeeignet. Es ist eine reine sogenannte „Escape- Klausel“ für Ausnahmefälle, wenn das betreffende Bundesmuseum mit der im § 5 leg. cit. festgelegten Basisabgeltung nicht auskommt. Die Festlegung der Basisabgeltung (zur nErfüllung des jeweiligen kulturpolitischen Auftrags, d.h. laufender Betrieb, Sammlung, Forschung etc.) für das Haus der Geschichte gehört wie für alle anderen Museen und die Österreichische Nationalbibliothek in den § 5 Bundesmuseen-Gesetz , der in diesem Entwurf jedoch nicht entsprechend adaptiert wird.
Zu 22 Abs. 10: „…ab diesem Zeitpunkt sind alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, damit das Haus der Geschichte Österreich so rasch als möglich entsprechend der budgetären Bedeckung seine Tätigkeit aufnehmen kann…“: eine derart allgemeine und unbestimmte gesetzliche Bestimmung ist nur schwer exekutierbar, aber abgesehen davon auch nicht notwendig. Das Bundeskanzleramt ist als Fachressort für die Vollziehung des Bundesmuseen- Gesetzes zuständig, es kann also ohnehin immer die Intensität seiner eigenen Vollziehungsmaßnahmen (sofern die finanzielle Bedeckung hierfür vorhanden ist) bestimmen. Eine derartige „Absichtserklärung“ ist in einem Gesetz (hier in einer Inkrafttretensbestimmung) nicht notwendig.

Schließlich wird im Hinblick auf die Vorgangsweise des Bundeskanzleramtes bei dem Prozess der Entscheidungsfindung betreffend den Standort, den thematischen Umfang sowie die Art und Weise der konkreten Präsentation der Inhalte angemerkt, dass dieses Procedere im Widerspruch zu den aktuellen internationalen museologischen Standards steht. Angesichts der gesellschaftlichen Relevanz dieses Vorhabens wäre eine breitere und intensivere Einbindung von Experten (insbesondere im Zusammenhang mit museologischen Fragestellungen) aber auch der Öffentlichkeit geboten. Als internationales best practice- Beispiel im Hinblick auf eine zeitgemäße museologische Planung dient etwa das Vorgehen beim Projekt der Errichtung eines Guggenheimmuseums in Helsinki (Guggenheim Helsinki Design Competition). In diesem Fall wurde seitens der Guggenheim-Stiftung (Solomon R. Guggenheim Foundation) ein offener, anonymer, internationaler und mehrstufiger Wettbewerb ausgelobt (mit insgesamt rund 1.700 Bewerbern/Architekten aus fast 80 Ländern!), der einem Projekt dieser Größenordnung und gesellschaftlicher Relevanz sowie den heutigen museologischen Standards gerecht wird.

Das Bundesministerium für Finanzen ersucht um entsprechende Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahme.


Donnerstag, 28. Januar 2016

Haus der Geschichte - mit drei Fragezeichen

Demnächst erscheint, basierend auf einer Tagung im Herbst 2015, ein Band mit Beiträgen zum "Haus der Geschichte Österreich".

Winkelbauer, Thomas (Hrsg.): Haus? Geschichte? Österreich?
Ergebnisse einer Enquete über das neue historische Museum in Wien
ISBN: 978-3-7003-1965-8
New Academic Press
Als Erscheinungstermin wird der kommende Mai angegeben

Mittwoch, 27. Januar 2016

Das "Haus der Geschichte Österreich". Ein ideologischer Staatsapparat

Um ein "Haus der Geschichte" in der Neuen Burg zu realisieren, ist eine Änderung des Bundesmuseen-Gesetzes notwendig. Das Begutachtungsverfahren hat zu neuerlicher Kritik an dem Projekt geführt. Diese Kritik nimmt die offizielle Kostenberechnung in den Blick und mit dem vorgeschlagenen Namen der neuen Institution, auch deren ideologisch-politische Funktion.

Die Rektorin der Akademie der Bildenden Künste Eva Blimlinger schätzt, daß das Gesamtprojekt nahezu das Doppelte (bis 2019) der derzeit genannten Kosten beanspruchen würde und überrascht mit dem Hinweis, daß in der vorliegenden "unrichtigen und fehlerhaften" Berechnung die Umsatzsteuer, die Bauzinsen und die Valorisierung der Kosten fehle. (Hier der vollständige Wortlaut der Stellungnahme). Sie kommt auf über 80 Millionen Euro, wer es nachlesen will, findet ursprünglich 16 Millionen genannt.

Dem Rechnungshof erscheint die ministerielle Kostenberechnung ebenfalls nicht geheuer - schlicht nicht "plausibel nachvollziehbar" und er entdeckt, daß z.B. die Kosten für die Umsiedlung und Neugestaltung der Sammlung Alter Musikinstrumente fehlt. (Vgl. etwa die Berichterstattung in der Tageszeitung Die Presse vom 20.1.2016)

Zur Erinnerung: als Minister Ostermayer überraschend die Realisierung des Hauses der Geschichte ankündigte und den Standort Neue Hofburg festlegte, legte er der Öffentlichkeit nahe, daß der Kostenaufwand für das neue Museum durch die "Redimensionierung" all jener Pläne möglich sein würde, die das Völkerkundemuseum, (heute: Weltmuseum) zur Modernisierung vorangetrieben hatte. Damals wurde sofort nicht nur die Beschädigung des Projekts der Weiterentwicklung eines wichtigen Bundesmuseums kritisiert, sondern auch bezweifelt, daß sich diese simple Rechnung - "aus der Einsparung finanzieren wir einen neues Museum" -, aufgehen könne. Also waren nicht nur die gerade genannten 16 Millionen eine Irreführung, auch das Argument, durch die Verkleinerung einer Ausbaustufe eines Museums ließe sich ein anderes, völlig neues finanzieren, war Trickserei.

Jetzt ist definitiv klar, daß das Planspiel und die Finanzierungs'konstruktion' als Täuschungsmanöver gelten müssen. In Summe kann die Errichtung eines Museums, für das umfangreiche bauliche Adaptionen notwendig sind, die Umsiedlung einer bestehenden Schausammlung, eine lange Planungsphase, Kosten für Personal und für Sammlungsobjekte uam., nicht dadurch finanziert werden, daß man einer anderen Sammlung Teile ihrer Expansion wegnimmt.

Die politische Unredlichkeit ist eine Sache. Eine andere ist das Konzept, oder wenn man so will die "Ausrichtung" des Hauses. Trotz des inzwischen vorliegenden "Papiers" des wissenschaftlichen Beirats, trotz der Veranstaltung von Tagungen, trotz mancher öffentlicher Äußerungen von Politikern oder HistorikerInnen, trotz medial-öffentlicher Debatte ist der identistätspolitische "Auftrag" des zukünftigen Museums noch immer unklar.

Thomas Winkelbauer, Historiker und Leiter des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung sowie Initiator einer Tagung zum Haus der Geschichte, kritisiert in seinem Gutachten (hier im Wortlaut) zum Gesetzesentwurf den Namen, den die Institution erhalten soll, nämlich "Haus der Geschichte Österreich". Einwände liegen auf der Hand. Es war nämlich bisher immer von einem Zeitgeschichtemuseum bzw. Republikmuseum die Rede bei dem man allenfalls aus einsichtigen Gründen (offen blieb, in welchem Umfang und mit welchen Darstellungs-Methoden; das Lieblingswort während der Tagung zum Haus der Geschichte lautete dazu "Tiefenbohrungen") auf die Zeit vor 1918 zurückgreifen müsse. Der nun gesetzlich festgeschriebene Titel macht aber das Projekt zu einem historischen Museum 'Gesamt'-Österreichs und das ist nun mal, so Prof. Winkelbauer wörtlich "Etikettenschwindel".

Ich unterstelle, daß die Wahl dieser Namensgebung der von Anfang an angestrebten Formierung einer - selbstredend positiv erzählten - national-identitären Großerzählung geschuldet ist. Vom Haus der Geschichte Österreich als "Stätte der geistig-kulturellen Identität Österreichs" spricht der Gesetzesentwurf (der gesamte Entwurf hier). Österreich soll ein Museum bekommen, dessen Name eine umfassende Repräsentation seiner Geschichte verspricht. Was anderes als ein Nationalmuseum ist so etwas?

Deshalb ist es doppelt interessant, wie das Verfahren aussieht, in  dem dieses Projekt realisiert wird - von der dezisionistischen ministeriellen Entscheidung daß und wo es realisiert wird und wer dem Beirat vorsitzt, der das Konzept verfasst, über diese Auswahl des wiederum Experten auswählenden Beiratsleiters bis zur nun im Gesetzesentwurf festgeschriebenen sehr bürokratischen, verschachtelten und hierarchischen Organisationsform. Anders gesagt, es geht darum, wer denn nun gleichsam durch diese Institution zur und über "Nation" spricht, sprechen darf, wer seine geschichtspolitischen Vorstellung artikulieren darf, wer kulturelle Hegemonie über das historisch fundierte Selbstbild der Gesellschaft ausüben darf und kann.

Was das in bürokratisch-politische Pragmatik gegossen heißt, kann man im Gesetzesentwurf nachlesen. Der ist in diesem Punkt beispiellos. Mehrere ineinander verschachtelte, aber alle top down besetzte und kontrollierte Gremien binden das Museum - nicht nur jetzt, während der Planung, sondern langfristig - an das Bundeskanzleramt. (Nebenbei: welche(r) seriöse  Historiker(in) oder Museumsfachmann oder -frau wird sich unter diesen Umständen um die Leitung bewerben?). Thomas Winkelbauer dazu: "Der im Entwurf vorgesehene Einfluss des Bundeskanzleramtes auf die Zusammensetzung des vorgesehenen sechsköpfigen Wissenschaftlichen Beirates des Hauses der Geschichte und damit indirekt auf die Nominierung des wissenschaftlichen Direktors bzw. der wissenschaftlichen Direktorin des Hauses der Geschichte erscheint übermächtig: Zwei der sechs Mitglieder sollen vom Bundeskanzler bestellt werden, von denen eines zum bzw. zur Vorsitzenden gewählt werden muss. Der qua Amt dem Wissenschaftlichen Beirat angehörende Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs ist bekanntlich der Leiter einer nachgeordneten Dienststelle des Bundeskanzleramtes, sodass die vom Bundeskanzler bestellten Mitglieder im Wissenschaftlichen Beirat aller Voraussicht nach eine dominierende Rolle spielen werden können."

Damit nicht genug sieht die organisatorische Konstruktion ja vor, daß das künftige Museum Teil der Österreichischen Nationalbibliothek sein soll (etwas was in den hier genannten Gutachten und auch anderswo schon kritisiert wurde. Nachdem schon beim Leopold-Museum die fragwürdige Form einer Stiftung gewählt wurde und damit die relative organisatorische Einheitlichkeit der Bundesmuseen durchlöchert wurde, wird nun eine weitere Form etabliert.

Wie denn eine "fachliche Selbständigkeit" der Leitung (wieso nur fachlich?) des Hauses möglich sein soll, wenn doch budgetär oder etwa personell auch die - übergeordnete? - Leiterin der Nationalbibliothek zu entscheiden oder mindestens gewichtig mitzureden hat, das habe ich entweder noch nicht verstanden oder es ist noch immer nicht geklärt.

Ich habe früher schon das Fehlen einer in der Zivilgesellschaft verankerten Debatte um das Haus der Geschichte bemängelt. Ich finde es ziemlich unerträglich, daß die Verantwortlichen, allen voran der wissenschaftliche Beirat und ihr Vorsitzender keinerlei Bemühen erkennen lassen, bereits jetzt, wo es aus vielen Gründen sinnvoll wäre, sich um die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Erfahrungen zu bemühen. Schon jetzt war das Versprechen, daß es irgendwann, sicher aber erst nach Abschluss aller Vorbereitungen, ein "Partizipationswinkerl" geben werde, der blanke Hohn. Was aber der Gesetzesentwurf dazu vorsieht, spottet jeder Beschreibung. Das sogenannte Publikumsforum wird nämlich vom Bundeskanzler ernannt werden (sic!) wobei fünf (von zwanzig) Mitgliedern einstimmig (!) vom wissenschaftlichen Beirat nominiert werden sollen.

Partizipation ist ein museologisches Modewort der letzten Jahre. Aber nicht nur ein Modewort. Was an Partizipation inzwischen theoretisch entwickelt und praktiziert wird, scheint jedoch an allen Verantwortlichen vorbeigerauscht zu sein. Wie auch sonst bei museologischen und inszenatorischen Schlüsselfragen, zeigen sich Konzept, Beirat, Gesetzesentwurf und Debatte erschreckend unbedarft, schweigsam - oder auch einfach nur kopmplett ignorant.