Sonntag, 29. November 2015
Samstag, 28. November 2015
Freitag, 27. November 2015
Mittwoch, 25. November 2015
Zeichnen statt fotografieren. Geduld statt 1/125. Hinschauen statt speichern.
Eine wunderbare Idee. Und so einfach. Das Amsterdamer Rijksmuseum stellt seinen Besuchern Notizblöcke und Stifte zur Verfügung und fordert sie zum Zeichnen statt zum Fotografieren auf.
Bisher bin ich nur auf die Idee gekommen, bei Ausstellungsanalysen Skizzen zu machen und weiß, dass das das bessere, genauere und auch analytischere Verfahren ist, als bloß zu knipsen. Auf den Schritt weiter bin ich nicht gekommen. Werde ich aber machen, in Eigentegie, wenn die DirektorInnen der Wiener Museen (oder anderswo) mir keine Stifte leihen wollen.
Haus der Geschichte. Jetzt wird es absurd
Die "Koalitionspartner" legen dem Ministerrat, wie heute (25.11) Zeitungen berichten, die Pläne für die Umgestaltung des gesamten Bereiches Heldenplatz vor. Dabei dreht es sich um eine Tiefgarage, einen Tiefspeicher, die Umgestaltung des sogenannten Heldentores, das Haus der Geschichte und - achtung! - ein Haus der Zukunft.
Dazu gibt es eine - unvollständige - Kostenschätzung, das Haus der Zukunft ist nicht berechnet worden, kann derzeit auch gar nicht abgeschätzt werden, auch die Betriebskosten wenigstens für den Start des Hauses der Geschichte hat man offensichtlich nicht berücksichtigt.
Das Haus der Zukunft soll in einem provisorischen Bau am Heldenplatz errichtet werden, unter "hoher Bürgerbeteiligung". Also die gibts post festum, nachdem man die wesentlichen Weichen gestellt hat.
Aber mit der koalitionären Lösung, daß die SPÖ ihr Haus der Geschichte und die ÖVP eins der Zukunft bekommt, beschädigt man massiv alle bisherigen Planungsvorhaben und Argumente.
Denn wenn es nun plötzlich möglich erscheint, einen Neubau am Heldenplatz zu errichten, warum dann nicht - wie vielfach gefordert - für das Haus der Geschichte? Und sei es nur deswegen, weil man damit der fragwürdigen und schwierigen Unterbringung in der Neuen Burg entgeht. Dann könnte meinenthalben die Musiksammlung bleiben wo und wie sie ist, vor allem aber, das Weltmuseum könnte seine Pläne zum Relaunch vollständig realisieren.
Was immer ein Haus der Zukunft werden wird - dazu gibt es nichts, aber auch wirklich gar nichts an Ideen, Vorschlägen, schon gar nicht Pläne oder Konzepte -, die Idee an sich führt das Haus der Geschichte ad absurdum. Wer immer bei Trost ist, weiß, daß Geschichtsforschung und Geschichtsvermittlung, wie es ein Museum oder eine Ausstellung nun mal sind, immer von der Gegenwart, von gegenwärtigem Wissen, gegenwärtigen Interessen ausgeht und dass vernünftigerweise Geschichtskultur immer die Dialektik aller drei Zeitdimensionen einschließt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - man lese z.B. im Konzept zum Deutschen Historischen Museum nach.
Mahrer im August 2015: "Wir brauchen die Beschäftigung mit Geschichte und unseren Quellen, um zu wissen, woher wir kommen, um entscheiden zu können, wohin wir gehen." Benötigt würde aber auch "ein öffentlicher Verortungsraum, wo wir mit modernen Mitteln in einer modernen Agora partizipativ unter Einbindung aller Kräfte darüber debattieren, wie Zukunft sein soll". Es gebe zu wenig Diskurs über "die Vision für Österreich, wie soll Österreich in 15, 20 Jahren aussehen angesichts der dramatischen Veränderungen". Gut, aber was soll ein Haus der Geschichte denn sein, wenn es gerade dies nicht leistet und diese Aufgabe einem anderen Haus übertragen wird?
Während das Haus der Geschichte nicht ausschließlich durch eine einsame politisache Entscheidung verwirklicht wurde, sondern erst dessen Konkretisierung durch die infallible ex cathedra-Entscheidung des Herrn Ministers eingeleitet wurde, aber ansonst auf eine lange Geschichte verschiedener Ideen zurückzuführen ist, entsteht das Haus der Zukunft allein auf der minimalistischen Basis eines parteitaktischen Sagers eines Funktionärs aus der zweiten Politikerreihe.
Allein die Idee eines Hauses der Zukunft degradiert also implizit das Haus der Geschichte zu einer rein retrospektiven Angelegenheit, zwingt zu einer Arbeitsteilung zwischen Zukunftsperspektive und Vergangenheitsschau. Es sei denn, man unterwirft sich dieser Logik nicht, dann hat man aber unweigerlich zwei historische Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft, wenn man St.Pölten nicht vergißt nun sogar deren drei. Man könnte das nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernte Wien Museum in die Überlegungen einbeziehen und das Heeresgeschichtliche Museum, um zu erinnern, daß es Wien dann gleich fünf einschlägige Institutionen gäbe.
Warum gibt es ein Haus der Zukunft überhaupt? Ich kann mich an nichts anderes erinnern, als eine Wortspende des ÖVP-Staatssekretärs Mahrer, die einfach die übliche komplementäre zu einer Idee des "Partners" in der Koalition war. Das gehört zum koalitionären Ritual, jede Wortmeldung mit einer eigenen zu konterkarieren. Das genügte, um einen Anspruch nach dem Motto von Sandkasten-Kindern "Ich auch", nun dem Koalitionspartner seitens der SPÖ zuzugestehen, also eigenes Museum!
Mehr als diese Mahrer-Wortmeldungen zu einem Haus der Zukunft gibt es nicht. Außer Ein paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-Geschichtedaß es ein Holzbau werden soll, um die Holzwirtschaft zu fördern (der Standard über Mahrers Pläne). Und oh Wunder, schon wird sie Wirklichkeit, die staatsekretärliche Flause!
Der getreulich wiedergegebene Pressetext der Koalition, der heute publiziert wurde, sagt zu allem: "Mit der Neugestaltung des Heldenplatzes besteht die einmalige Chance, das geschichtlich gewachsene Gesamtensemble weiter zu entwickeln. Eine städtebauliche Intervention am Heldenplatz in Form eines 'Hauses der Zukunft' wäre, 150 Jahre nach dem Beginn des Baus der Ringstraße, nicht nur eine Signatur unserer Zeit. Ein derartiges Zukunftsprojekt im größten Kulturquartier Europas soll auch als Symbol für eine neuartige Zugangsweise zum Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik fungieren."
Da bleiben einem angesichts der Kraftmeierei Luft und Spucke weg. Auch angesichts der Unverfrorenheit, mit der hier autoritativ verordnete Geschichtspolitik als "neuartige Zugangsweise zwischen BürgerInnen und Politik" verkauft werden.
Man wird sehen, welche öffentliche Reaktionen es dazu gibt. Die erste ist schon mal gruselig: Die Intelligenzblätter Standard und Die Presse drucken wortident die einschlägige Meldung der Presseagentur ab.
Dazu gibt es eine - unvollständige - Kostenschätzung, das Haus der Zukunft ist nicht berechnet worden, kann derzeit auch gar nicht abgeschätzt werden, auch die Betriebskosten wenigstens für den Start des Hauses der Geschichte hat man offensichtlich nicht berücksichtigt.
Das Haus der Zukunft soll in einem provisorischen Bau am Heldenplatz errichtet werden, unter "hoher Bürgerbeteiligung". Also die gibts post festum, nachdem man die wesentlichen Weichen gestellt hat.
Aber mit der koalitionären Lösung, daß die SPÖ ihr Haus der Geschichte und die ÖVP eins der Zukunft bekommt, beschädigt man massiv alle bisherigen Planungsvorhaben und Argumente.
Denn wenn es nun plötzlich möglich erscheint, einen Neubau am Heldenplatz zu errichten, warum dann nicht - wie vielfach gefordert - für das Haus der Geschichte? Und sei es nur deswegen, weil man damit der fragwürdigen und schwierigen Unterbringung in der Neuen Burg entgeht. Dann könnte meinenthalben die Musiksammlung bleiben wo und wie sie ist, vor allem aber, das Weltmuseum könnte seine Pläne zum Relaunch vollständig realisieren.
Was immer ein Haus der Zukunft werden wird - dazu gibt es nichts, aber auch wirklich gar nichts an Ideen, Vorschlägen, schon gar nicht Pläne oder Konzepte -, die Idee an sich führt das Haus der Geschichte ad absurdum. Wer immer bei Trost ist, weiß, daß Geschichtsforschung und Geschichtsvermittlung, wie es ein Museum oder eine Ausstellung nun mal sind, immer von der Gegenwart, von gegenwärtigem Wissen, gegenwärtigen Interessen ausgeht und dass vernünftigerweise Geschichtskultur immer die Dialektik aller drei Zeitdimensionen einschließt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - man lese z.B. im Konzept zum Deutschen Historischen Museum nach.
Mahrer im August 2015: "Wir brauchen die Beschäftigung mit Geschichte und unseren Quellen, um zu wissen, woher wir kommen, um entscheiden zu können, wohin wir gehen." Benötigt würde aber auch "ein öffentlicher Verortungsraum, wo wir mit modernen Mitteln in einer modernen Agora partizipativ unter Einbindung aller Kräfte darüber debattieren, wie Zukunft sein soll". Es gebe zu wenig Diskurs über "die Vision für Österreich, wie soll Österreich in 15, 20 Jahren aussehen angesichts der dramatischen Veränderungen". Gut, aber was soll ein Haus der Geschichte denn sein, wenn es gerade dies nicht leistet und diese Aufgabe einem anderen Haus übertragen wird?
Während das Haus der Geschichte nicht ausschließlich durch eine einsame politisache Entscheidung verwirklicht wurde, sondern erst dessen Konkretisierung durch die infallible ex cathedra-Entscheidung des Herrn Ministers eingeleitet wurde, aber ansonst auf eine lange Geschichte verschiedener Ideen zurückzuführen ist, entsteht das Haus der Zukunft allein auf der minimalistischen Basis eines parteitaktischen Sagers eines Funktionärs aus der zweiten Politikerreihe.
Allein die Idee eines Hauses der Zukunft degradiert also implizit das Haus der Geschichte zu einer rein retrospektiven Angelegenheit, zwingt zu einer Arbeitsteilung zwischen Zukunftsperspektive und Vergangenheitsschau. Es sei denn, man unterwirft sich dieser Logik nicht, dann hat man aber unweigerlich zwei historische Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft, wenn man St.Pölten nicht vergißt nun sogar deren drei. Man könnte das nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernte Wien Museum in die Überlegungen einbeziehen und das Heeresgeschichtliche Museum, um zu erinnern, daß es Wien dann gleich fünf einschlägige Institutionen gäbe.
Warum gibt es ein Haus der Zukunft überhaupt? Ich kann mich an nichts anderes erinnern, als eine Wortspende des ÖVP-Staatssekretärs Mahrer, die einfach die übliche komplementäre zu einer Idee des "Partners" in der Koalition war. Das gehört zum koalitionären Ritual, jede Wortmeldung mit einer eigenen zu konterkarieren. Das genügte, um einen Anspruch nach dem Motto von Sandkasten-Kindern "Ich auch", nun dem Koalitionspartner seitens der SPÖ zuzugestehen, also eigenes Museum!
Mehr als diese Mahrer-Wortmeldungen zu einem Haus der Zukunft gibt es nicht. Außer Ein paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-GeschichteEin paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden könnten. - derstandard.at/2000020245993/OeVP-will-Neubau-am-Heldenplatz-statt-Haus-der-Geschichtedaß es ein Holzbau werden soll, um die Holzwirtschaft zu fördern (der Standard über Mahrers Pläne). Und oh Wunder, schon wird sie Wirklichkeit, die staatsekretärliche Flause!
Der getreulich wiedergegebene Pressetext der Koalition, der heute publiziert wurde, sagt zu allem: "Mit der Neugestaltung des Heldenplatzes besteht die einmalige Chance, das geschichtlich gewachsene Gesamtensemble weiter zu entwickeln. Eine städtebauliche Intervention am Heldenplatz in Form eines 'Hauses der Zukunft' wäre, 150 Jahre nach dem Beginn des Baus der Ringstraße, nicht nur eine Signatur unserer Zeit. Ein derartiges Zukunftsprojekt im größten Kulturquartier Europas soll auch als Symbol für eine neuartige Zugangsweise zum Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik fungieren."
Da bleiben einem angesichts der Kraftmeierei Luft und Spucke weg. Auch angesichts der Unverfrorenheit, mit der hier autoritativ verordnete Geschichtspolitik als "neuartige Zugangsweise zwischen BürgerInnen und Politik" verkauft werden.
Man wird sehen, welche öffentliche Reaktionen es dazu gibt. Die erste ist schon mal gruselig: Die Intelligenzblätter Standard und Die Presse drucken wortident die einschlägige Meldung der Presseagentur ab.
Sonntag, 22. November 2015
Samstag, 21. November 2015
Deckel drauf! Das Wien Museum "neu"
Besonders mutig wollte die Jury bei der Wahl des Siegerprojektes nicht sein. Zu riskant wäre wohl eine Entscheidung für einen Baukörper auf dem Platz vor dem Museum gewesen. Nur keine städtebaulichen Irritationen! Die Öffentlichkeit (der Boulevard) hätten das kaum goutiert. Also hat man sich für einen Dachausbau entschieden.
Ein neues Wien Museum kommt ohnehin nicht durch eine neue Architektur. Sie kann nur vom Museumsteam kommen und da gibt's jetzt mal ein paar Jahre Zeit. 1959 hat das Museum eröffnet und die seither gezeigte Dauerausstellung dürfte die älteste eines namhaften Museums in Wien, wenn nicht Österreich sein. Selbst das vergleichbare Heeresgeschichtliche Museum hat sich inzwischen ein paar Neuerungen geleistet.
Matti Bunzl: „Das Museum soll künftig auch ein Labor der Zivilgesellschaft sein, eine Bühne für eine globale Stadt. Es soll sich kritisch mit Vergangenheit und Zukunft beschäftigen." Genau!
Freitag, 20. November 2015
Die Katzen der Eremitage
Wie stets in diesem Blog um Aktualität und umfassende Berichterstattung bemüht, sehe ich mich heute in der Lage, Informationen zu einem weithin vernachlässigten Thema anzubieten: Die Bedeutung der Katze für die Ökologie des Museums, jetzt mal am Beispiel der Katzen der Eremitage. Nachzulesen hier http://artdaily.com/index.asp?int_sec=11&int_new=82966#.Vk9U2XrmWrV
Sonntag, 15. November 2015
Freitag, 13. November 2015
Die Sammlung Essl. Wie geht es weiter?
Das ist kein Post mit Informationen, sondern einer mit Fragen. Seit etwa zwei Wochen ist der Baumax-Konzern definitiv zerschlagen, der die materielle Grundlage für seine Besitzer Karl-Heinz und Agnes Essl bot, Kunst zu sammeln und ein Museum zu errichten.
Die beiden müssen mit dem durch Gutachten ausgewiesenen Makel leben, dass der Konzern nicht unverschuldet, durch wirtschaftliche unbeeinflussbare Rahmenbedingungen zugrundeging, sondern durch ihre Managementfehler.
Und auch die Kunstsammlung ist ihrem Einfluss - wie weit eigentlich? - entglitten. Viel zu spät kam der Rettungsversuch, die Sammlung dem Staat anzubieten. Dann sollten große Teile versteigert werden bis ein anderer Unternehmer einsprang. Hans-Peter Haselsteiner gehören 60% Anteile an der Sammlung. Karl-Heinz Essl ist künstlerischer Leiter des Museums. Aber wie kann sich das Museum erhalten und kann die Sammlung vermehrt, weiterentwickelt werden?
Und worüber kann Essl entscheiden? Haselsteiner dürfte demnächst das Recht erhalten, Teile des Künstlerhauses, dessen Sanierung er bezahlt, bespielen zu dürfen. Mit der Sammlung Essl unter anderem, wie er schon mehrfach gesagt hat. Der Standort in Klosterneuburg sei ungünstig, meint er, die Sammlung Essl gehöre in Wien gezeigt.
Und er bemühe sich weiter um die Kooperation mit der Albertina, die seiner Meinung nach einen zweiten Standort brauche. Wie? Wieso soll wenige hundert Meter von der Albertina, die über enorme, teuer zu bespielende Ausstellungsflächen verfügt, eine Filiale entstehen? Wozu? Mit welchem Programm? Und mit welcher Rückwirkung auf die Sammlung Essl?
Gut, es geht um private Sammler und Sammlungen, um deren Spielzeuge und das rangieren von Besitztümern. Da hat die Öffentlichkeit ihr Recht verloren. Und nebenbei geht's um ein Scheibchen Privatisierung. Das Erdgeschoss des Künstlerhauses wird künftig ihm, Haselsteiner, Baunternehmer, Westbahn-Betreiber, Kunstssammler, zur Verfügung stehen. Der Bund und die Stadt Wien sehen zu und lassen zu. Programmatische Privatisierung um Steuergeld zu sparen? Kultur- und museumspolitische Mut- und Phantasielosigkeit?
Ich habe wie gesagt diesmal nur Fragen.
Die beiden müssen mit dem durch Gutachten ausgewiesenen Makel leben, dass der Konzern nicht unverschuldet, durch wirtschaftliche unbeeinflussbare Rahmenbedingungen zugrundeging, sondern durch ihre Managementfehler.
Und auch die Kunstsammlung ist ihrem Einfluss - wie weit eigentlich? - entglitten. Viel zu spät kam der Rettungsversuch, die Sammlung dem Staat anzubieten. Dann sollten große Teile versteigert werden bis ein anderer Unternehmer einsprang. Hans-Peter Haselsteiner gehören 60% Anteile an der Sammlung. Karl-Heinz Essl ist künstlerischer Leiter des Museums. Aber wie kann sich das Museum erhalten und kann die Sammlung vermehrt, weiterentwickelt werden?
Und worüber kann Essl entscheiden? Haselsteiner dürfte demnächst das Recht erhalten, Teile des Künstlerhauses, dessen Sanierung er bezahlt, bespielen zu dürfen. Mit der Sammlung Essl unter anderem, wie er schon mehrfach gesagt hat. Der Standort in Klosterneuburg sei ungünstig, meint er, die Sammlung Essl gehöre in Wien gezeigt.
Und er bemühe sich weiter um die Kooperation mit der Albertina, die seiner Meinung nach einen zweiten Standort brauche. Wie? Wieso soll wenige hundert Meter von der Albertina, die über enorme, teuer zu bespielende Ausstellungsflächen verfügt, eine Filiale entstehen? Wozu? Mit welchem Programm? Und mit welcher Rückwirkung auf die Sammlung Essl?
Gut, es geht um private Sammler und Sammlungen, um deren Spielzeuge und das rangieren von Besitztümern. Da hat die Öffentlichkeit ihr Recht verloren. Und nebenbei geht's um ein Scheibchen Privatisierung. Das Erdgeschoss des Künstlerhauses wird künftig ihm, Haselsteiner, Baunternehmer, Westbahn-Betreiber, Kunstssammler, zur Verfügung stehen. Der Bund und die Stadt Wien sehen zu und lassen zu. Programmatische Privatisierung um Steuergeld zu sparen? Kultur- und museumspolitische Mut- und Phantasielosigkeit?
Ich habe wie gesagt diesmal nur Fragen.
Mittwoch, 11. November 2015
Braucht Österreich ein „Haus der Geschichte“? Rezension zur Tagung
Zur Tagung in der Akademie der Wissenschaften, wo die Frage nach der Notwendigkeit eines "Hauses der Geschichte" diskutiert wurde, ist nun eine Rezension der Historikerin Andrea Brait erschienen. Hier der Link.
Das Selfie-Museum
Im Selfie-Museum geht es nicht darum sich vor Kunstwerken zu fotografieren, sondern um Selfies von Kunstwerken, die ins (Selfie)Museum gekommen sind...Drei Beispiele (mit Dank an Blog-Leserin S.D.)
Sonntag, 8. November 2015
Samstag, 7. November 2015
Ein Museum: Die Aishti-Foundation in Beirut
Making Waves: Tony Salamé’s Aïshti Goes Big in Beirut (Webseite): Recently the Lebanese businessman Tony Salamé bought a large artwork by John Armleder, creating a problem for himself, or rather, for his curator. If the ten-meter-long painting were to go on view in the inaugural exhibition in Salamé’s new private museum in Beirut, it would use up an awful lot of available wall space.
Well, maybe not that much. In late October, Salamé, who, along with his wife, Elham, is a new addition to the ARTnews Top 200 (which will be published online next week), will open a 40,000-square-foot exhibition space for his Aïshti Foundation in Jal el-Dib, a short drive up the Mediterranean coast from downtown Beirut. There he will show a portion of his vast art collection, kicking things off with a show curated by New Museum artistic director Massimiliano Gioni. In a city that doesn’t have a large contemporary-art museum, Aïshti’s opening is hotly anticipated.
Salamé is one of Beirut’s post-civil-war success stories. Over the past quarter century he has built his Aïshti retail empire from a single high-end clothing store to a region-wide enterprise that is among Lebanon’s largest employers, along the way facing the challenging task of persuading luxury brands to do business in an environment that remains politically and economically unstable.
That first store was in Jal el-Dib, and it grew into the 60,000-square-foot, 45-shop Aïshti Seaside. His art foundation’s exhibition hall is part of an ambitious expansion of Aïshti Seaside by British architect David Adjaye. “When Tony asked me how I wanted to do it,” Adjaye recalled, “I said I’d like to make a hybrid building combining lifestyle, wellness, and culture.
“This is a city that’s more or less been in conflict or at the border of conflict for more than 30 years,” Adjaye added. Nevertheless, people have “found ways to have an outgoing life.” His building’s design, he said, is meant to celebrate that. Inside the huge new space—around 350,000 square feet overall—a 10,000-square-foot atrium will open onto, on the left, a retail area with shops and restaurants and, on the right, the art foundation’s space. The rooftop will have a spa, a gym with a pool, and a small nightclub. The building is wrapped in a louvered skin of red-toned aluminum, a system Adjaye devised for filtering out the sound from a nearby highway and handling the region’s temperature fluctuations. Adjaye spent a part of his childhood in Beirut, and the skin’s color is a reference to the city’s past. “My father talked about Beirut as an incredible place where you would see a sea of red terra-cotta,” he said.
Also echoing the local setting is the public plaza Adjaye is designing for 150,000 square feet of land between Aïshti and the Mediterranean. With its undulating topography, it will look, Salamé said, “like you are seeing the waves from high up.” The landscaping was as complicated as the building itself. “We had to reclaim the land and, on top of that, we had to build huge retaining walls.” There will be regional Middle Eastern greenery, outdoor dining, and outdoor sculptures chosen by Gioni’s wife, Cecilia Alemani, curator of New York’s High Line park. “It’s setting a precedent,” said Adjaye. “Beirut has not had much public sculpture, because of security concerns.”
Salamé spends much of his time traveling, but when he’s in Beirut he’s on the building site seven days a week. The complex has come together in just two and a half years, at what has been reported by The Art Newspaper as a personal cost to him of $100 million.
Aishi Group Profile (Webseite): It all began in 1989, when Tony Salamé dreamt about creating a lifestyle for the new millennium. His dream was Aïshti, a word that has become synonymous with ultimate luxury in Lebanon.
Since its inception, Aïshti has grown from a single high-end clothing store into a successful, globally recognized chain that carries renowned luxury brands. With various branches throughout Lebanon, Aïshti brought together under one roof some of the most prestigious fashion labels in the world, including Prada, Miu Miu, YSL, Dolce & Gabbana, Dior, Sergio Rossi, Roberto Cavalli, Marc Jacobs, Marni, Burberry, Fendi, Chloé and many more. Aïshti's stunning Seaside store in Jal el Dib, a few minutes north of Beirut, also features furniture and home accessories from high-end European brands like Minotti and Misura Emme.
The Aïshti empire also includes several monobrand boutiques, most notably Cartier, Gucci, Celine, Zegna and Diesel.
Aïzone, the more casual side of Aïshti, exists as a separate entity and carries some of the hippest international brands including Camper, True Religion, 7 for All Mankind, Armani Jeans and various other trendy LA brands.
The company has also branched out into parallel industries, with a full-fledged spa and hair salon operating inside the Aïshti store in Downtown Beirut, and a glossy, glamorous lifestyle publication, Aïshti Magazine, focusing on fashion, entertainment and design. Three restaurants, People (with two separate locations) and Aïshti Café also operate under the Aïshti umbrella.
Today, Aïshti is the undisputed fashion and luxury products market leader in Lebanon.
Donnerstag, 5. November 2015
Blut, Opfer, Reliquie oder wie Bedeutungen in Ausstellungen erzeugt werden. Über un/reflektiertes Ausstellen
2005 fand im Schloß Belvedere in Wien eine große historische Ausstellung statt. Anlaß war die 50. Wiederkehr des Staatsvertrages, der seinerzeit im Belvedere unterschrieben wurde. Die Ausstellung feierte die jüngere Geschichte Österreichs also aus der Perspektive der glücklichen Selbständigkeit und Staatswerdung nach dem Weltkrieg, zugehörigkeit zum Dritten Reich und Zeit der Besatzung durch die Siegermächte.
Der Duktus der Ausstellung war durchgehend patriotisch und staatstragend, durch alle Räume zog sich ein rot-weiß-rotes Flaggenband und die diversen Abteilungen bauten auf der Gemeinsamkeit einer 'Erfolgsgeschichte' von Zweiter Republik und gelungener Nationwerdung auf.
Ungewöhnlich waren die Umstände, unter denen die Ausstellung zustandekam. Da sich die Regierung zögerlich zeigte, eine einschlägige Ausstellung auszurichten, bildete sich eine Gruppe Industrieller, die die Initiative erfgriffen, an ihrer Spitze der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch.
Die Ausstellung hätte seinerzeit eine fundierte Kritik verdient. Sowohl die Umstände ihrer Entstehung, innere organisatorische Konflikte, die Planungsgeschichte und vor allem die Ausstellung selbst hätten genug Ansatzpunkte für Kritik geboten. Doch eine solche hat es nie gegeben.
Mir ist Einiges von der Ausstellung noch sehr gut in Erinnerung, vor allem das Objekt Nummer eins, ein Objekt, das nicht nur numerisch im Katalog als erstes aufscheint, sondern das tatsächlich in der räumlichen Disposition das erste war, das man sah und an dem man vorbei musste, wenn man die Ausstellung besuchte.
Ein solches Objekt funktioniert ähnlich wie ein opening shot in einem Film. Von hier aus wird der Erzählfaden aufgenommen und der Zuseher bekommt ein Gefühl für den Stil, die Haltung und Ästhetik des Films. Nicht anders können die ersten Objekte einer Ausstellung die späteren Beobachtungen beeinflussen und färben.
Also zum 'opening object' der Ausstellung "Das neue Österreich". Es war das mit Blut durchtränkte Hemd von Erzherzog Franz Ferdinand, das er beim Attentat von Sarajewo getragen hatte. Wie andere Objekte, z.B. der Wagen, in dem er gesessen hatte, hatte man auch dieses Objekt unmittelbar nach dem Attentat gesichert und aufbewahrt, das Hemd zunächst bei der österreichischen Provinz der Gesellschaft Jesu, die es in einem Gedenkraum in Sarajewo aufbewahren wollten. Dazu kam es aber nicht und das Hemd befindet sich jetzt als Dauerleihgabe im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum.
Solche Objekte, die ganz unmittelbar mit einem Ereignis verbunden zu sein scheinen, haben die Qualität profaner Berührungs-Reliquien. Sie sind Zeugnisse eines Todes und Toten an dessen Tod wir Kraft der sichtbaren Spuren teilhaben. Diese Spuren, Körperflüssigkeit, haben eine überdeterminierte, an unsere Affekte und eigene Leiblichkeit und Sterblichkeit weit stärker als die meisten anderen Museumsobjekte erinnernde Bedeutung. Sie vermitteln einem, in eine direkte Zeugenschaft involviert zu sein und in eine unwiderlegbare Beweisführung, wie bei einem kriminologischen Indiz.
Religiöse Reliquien sind entweder Reste vom Körper selbst oder Dinge, die mit ihm in Berührung gestanden haben. Unter diesen sind die herausgehoben, die als "martyrologische" direkt mit dem Tod des Heiligen verbunden waren, etwa eine Dorne von der Dornenkrone Christi. Es sind gerade diese Reliquien und die Körperreste, die, meist im Altar untergebracht, an dem ja das christliche Opferritual stattfand, das gemeinschaftsstiftende Funktion hatte. Das Transgressive des Rituals, an das Opfer für die Gemeinschaft zu erinnern indem man es symbolisch wiederholt, zeichnet auch profanen Reliquien (Die Uhr, die Abraham Lincoln am Tag seiner Ermordung bei sich trug, die Stricknadeln, die Marie Antoinette im Gefängnis benutzte...) aus.
Ist das der Grund gewesen, warum gerade dieses Objekt an erster Stelle der Ausstellung stand? Kaum bewußt. Eher war es als eine Grenzmarkierung einer Epochenschwelle - 1914 - gedacht. Das Jahr 1914, das Attentat von Sarajewo und der Beginn des Ersten Weltkrieges sind zu einer einzigen Bedeutung geronnen. Das mag wohl der Hauptgrund für die Wahl und Platzierung gewesen sein. Selbstverständlich hätte die Wahl auch eine andre sein können, etwa Dokumente zur Kriegserklärung, vielleicht hätte man auch den Wagen des Attentatstages aus dem Museum hierher bringen können oder man hätte ein alltagsgeschichtliches Objekt aussuchen können oder man hätte, statt dieses makabre Stück zu präsentieren etwas aussuchen können, was dem im Ausstellungstitel angeführten "Neuen" an Österreich gerecht gewesen wäre.
Es ist klar, daß gerade das gewählte Objekt nicht 'abbildet', sondern symbolisiert und daß es Bedeutungen erzeugt, die es zu weit mehr machen als einem Indiz in einer Kette von Indizien, die uns verstehen lassen, was es mit dem Kriegsbeginn, mit Kriegsursachen und den folgenden Ereignissen auf sich hat. Wahl, Platzierung und semantische Qualitäten eines Objekts konstituieren zusammen mit seiner Beschriftung, Kommentierung, anderen, umgebenden oder kontextualisierenden Objekten und dem Raum, in dem es gezeigt wird, Bedeutungen, viele Bedeutungen, und auch dem Autor der Ausstellung möglicherweise nicht bewußte.
Ich denke, daß das hier der Fall ist. Hier war sich jemand nicht bewußt, welche Bedeutung er mit der intendierten miterzeugt. Das blutige Hemd, fein säuberlich zusammengelegt, so wie man ein Hemd in seiner Schachtel beim Kauf vorfindet, verweist pars pro toto auf die getötete Person, den Thronfolger. Gezeigt wird uns ein bei einem Attentat Ermordeter, ein Opfer einer Tat, die mit zwei Pistolen (Objekt 2.1. im Katalog), die den Tätern gehörten, 'bezeugt' wird. Das reale Ereignis wird durch das Objekt als Opfer interpretiert, das nahelegt, die dann folgende historische Ereigniskette von Ultimaten und erste Kriegsvorbereitungen wie den beginnenden Krieg als Folgen dieser Tat, die Tat also als Ursache und nicht bloß als Anlass zu sehen.
Erzherzog Franz Ferdinand als Opfer darzustellen kehrt aber ein Machtverhältnis um. Er ist der Souverän, zumindest der Stellvertreter, also der, der über Tod oder Leben, über Krieg und Frieden verfügen konnte. Und das Attentat richtet sich nicht gegen die (private) Person, sondern genau gegen die Funktion als Souverän. Und denken wir bei 'Weltkrieg' nicht naheliegenderweise eher an das anonyme und massenhafte Sterben von Soldaten und der zivilen Bevölkerung? Überblendet die Präsentation des Hemdes auf seinem Sockelvitrine-Altar nicht diese Erinnerung an ein ganz anderes, und zweifelsfrei nicht freiwillig erbrachtes Opfer?
So wie hier visuell operiert wird, kommt noch die Doppeldeutigkeit von 'Opfer' hinzu, die sich im Deutschen nicht sprachlich unterscheiden läßt. Die von geopfert werden und sich opfern. Figuriert Erzherzog Franz Ferdinand hier als "Blutzeuge" oder als 'victim' eines Mordanschlages?
Die Frage beim Ausstellungmachen ist, ob man als AutorIn, den Prozess der Bedeutungskonstitution reflektiert oder nicht. Ob man sich also zum Beispiel in diesem Fall, im Klaren ist, welche Bedeutung an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfeld und zu einer bestimmten Zeit annehmen kann und annehmen soll.
Es ist eine der großen Schwierigkeiten von Ausstellungsanalyse und -kritik, nicht (immer) klar zwischen intendierten und symptomatischen, gewissermaßen 'einfach passierten' Bedeutungen unterscheiden zu können. Außerdem ist ja immer auch noch der Besucher mit seinem Wissen und seinen Interessen und seinen Deutungen in Rechnung zu stellen. Aber in diesem Fall hilft uns ein Zeuge, uns über Intendiertes und Nicht-Intendiertes etwas Klarheit zu bekommen. Der Zeuge ist der Ausstellungsmacher selbst, der Historiker, der für diesen Ersten Teil der Ausstellung verantwortlich war und für die Auswahl und Platzierung des Objekts.
Es ist der von manchen seiner Kollegen als "führender österreichischer Zeithistoriker" gerühmte Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner, langjähriger Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums. Er hat zwei Texte verfasst, die sich auf das hier diskutierte Objekt beziehen. Im Objekttext im Katalog (Seite 43) kommt zuerst die Sachbeschreibung. "Blutiges Hemd des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand nach dem Attentat in Sarajevo vom 28.Juni 1914." Und dann die mit Namen gezeichnete Erläuterung: "Der Doppelmord löste zunächst einen Schock und dann eine europäische Krise aus, die in den Ersten Weltkrieg mündete." Der Sinn dieses Textes scheint mir unmi´verständlich. Es geht um einen kausalen Zusammenhang von Tat und Ereignis (Krieg).
Im ebenfalls von Rauchensteiner verfassten Katalogbeitrag, "Von Sarajevo zur Villa Giusti" (S.31) heißt es im Widerspruch dazu: "Kurz gefasste Darstellungen des Kriegsbeginns 1914 lauten häufig so: Am 28.Juni 1914 wurde in Sarajevo der österreichische Thronfolger ermordet, daraufhin brach der Erste Weltkrieg aus. Manches an dieser Formulierung ist falsch, anderes fragwürdig, der eigentliche Fehler liegt in der vermeintlichen Kausalität, die eher ein Konstrukt der Kriegsschulddebatte als das Ergebnis einer historisch sorgfältigen Reihung und Begründung ist."
Mit dem (auf seine Schlüssigkeit durchaus befragenswerten) Hinweis auf die Herkunft eines Klischees (Sarajevo hat den Krieg ausgelöst), gibt Rauchensteiner selbst einen Fingerzeig darauf, wie sehr jede Deutung auf vorgängigen wissenschaftlichen Positionen und gesellschaftlichen Selbstbildern (Österreich und die Kriegsschuld) beruht. Aber zu retten ist hier nur noch wenig, wenn er selbst, gespalten in Rauchensteiner I und Rauchensteiner II wie ein nestroyscher Zerrissener zwei Positionen darlegt, die sich komplett Widersprechen.
Das ist gewiss nicht Museumsreflexion, sondern ein Beispiel, was passieren kann, wenn diese Reflexion aussetzt und auf das Wunder eines "Objekts, das von selbst spricht," gesetzt wird. Ob er es nun beabsichtigt hat oder nicht - für die Belvedere-Ausstellung war das blutige Hemd ein ideologisch-politisch, nun sagen wir: gehörig mißverstehbares Statement.
Der Duktus der Ausstellung war durchgehend patriotisch und staatstragend, durch alle Räume zog sich ein rot-weiß-rotes Flaggenband und die diversen Abteilungen bauten auf der Gemeinsamkeit einer 'Erfolgsgeschichte' von Zweiter Republik und gelungener Nationwerdung auf.
Ungewöhnlich waren die Umstände, unter denen die Ausstellung zustandekam. Da sich die Regierung zögerlich zeigte, eine einschlägige Ausstellung auszurichten, bildete sich eine Gruppe Industrieller, die die Initiative erfgriffen, an ihrer Spitze der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch.
Die Ausstellung hätte seinerzeit eine fundierte Kritik verdient. Sowohl die Umstände ihrer Entstehung, innere organisatorische Konflikte, die Planungsgeschichte und vor allem die Ausstellung selbst hätten genug Ansatzpunkte für Kritik geboten. Doch eine solche hat es nie gegeben.
Mir ist Einiges von der Ausstellung noch sehr gut in Erinnerung, vor allem das Objekt Nummer eins, ein Objekt, das nicht nur numerisch im Katalog als erstes aufscheint, sondern das tatsächlich in der räumlichen Disposition das erste war, das man sah und an dem man vorbei musste, wenn man die Ausstellung besuchte.
Ein solches Objekt funktioniert ähnlich wie ein opening shot in einem Film. Von hier aus wird der Erzählfaden aufgenommen und der Zuseher bekommt ein Gefühl für den Stil, die Haltung und Ästhetik des Films. Nicht anders können die ersten Objekte einer Ausstellung die späteren Beobachtungen beeinflussen und färben.
Also zum 'opening object' der Ausstellung "Das neue Österreich". Es war das mit Blut durchtränkte Hemd von Erzherzog Franz Ferdinand, das er beim Attentat von Sarajewo getragen hatte. Wie andere Objekte, z.B. der Wagen, in dem er gesessen hatte, hatte man auch dieses Objekt unmittelbar nach dem Attentat gesichert und aufbewahrt, das Hemd zunächst bei der österreichischen Provinz der Gesellschaft Jesu, die es in einem Gedenkraum in Sarajewo aufbewahren wollten. Dazu kam es aber nicht und das Hemd befindet sich jetzt als Dauerleihgabe im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum.
Solche Objekte, die ganz unmittelbar mit einem Ereignis verbunden zu sein scheinen, haben die Qualität profaner Berührungs-Reliquien. Sie sind Zeugnisse eines Todes und Toten an dessen Tod wir Kraft der sichtbaren Spuren teilhaben. Diese Spuren, Körperflüssigkeit, haben eine überdeterminierte, an unsere Affekte und eigene Leiblichkeit und Sterblichkeit weit stärker als die meisten anderen Museumsobjekte erinnernde Bedeutung. Sie vermitteln einem, in eine direkte Zeugenschaft involviert zu sein und in eine unwiderlegbare Beweisführung, wie bei einem kriminologischen Indiz.
Religiöse Reliquien sind entweder Reste vom Körper selbst oder Dinge, die mit ihm in Berührung gestanden haben. Unter diesen sind die herausgehoben, die als "martyrologische" direkt mit dem Tod des Heiligen verbunden waren, etwa eine Dorne von der Dornenkrone Christi. Es sind gerade diese Reliquien und die Körperreste, die, meist im Altar untergebracht, an dem ja das christliche Opferritual stattfand, das gemeinschaftsstiftende Funktion hatte. Das Transgressive des Rituals, an das Opfer für die Gemeinschaft zu erinnern indem man es symbolisch wiederholt, zeichnet auch profanen Reliquien (Die Uhr, die Abraham Lincoln am Tag seiner Ermordung bei sich trug, die Stricknadeln, die Marie Antoinette im Gefängnis benutzte...) aus.
Ist das der Grund gewesen, warum gerade dieses Objekt an erster Stelle der Ausstellung stand? Kaum bewußt. Eher war es als eine Grenzmarkierung einer Epochenschwelle - 1914 - gedacht. Das Jahr 1914, das Attentat von Sarajewo und der Beginn des Ersten Weltkrieges sind zu einer einzigen Bedeutung geronnen. Das mag wohl der Hauptgrund für die Wahl und Platzierung gewesen sein. Selbstverständlich hätte die Wahl auch eine andre sein können, etwa Dokumente zur Kriegserklärung, vielleicht hätte man auch den Wagen des Attentatstages aus dem Museum hierher bringen können oder man hätte ein alltagsgeschichtliches Objekt aussuchen können oder man hätte, statt dieses makabre Stück zu präsentieren etwas aussuchen können, was dem im Ausstellungstitel angeführten "Neuen" an Österreich gerecht gewesen wäre.
Es ist klar, daß gerade das gewählte Objekt nicht 'abbildet', sondern symbolisiert und daß es Bedeutungen erzeugt, die es zu weit mehr machen als einem Indiz in einer Kette von Indizien, die uns verstehen lassen, was es mit dem Kriegsbeginn, mit Kriegsursachen und den folgenden Ereignissen auf sich hat. Wahl, Platzierung und semantische Qualitäten eines Objekts konstituieren zusammen mit seiner Beschriftung, Kommentierung, anderen, umgebenden oder kontextualisierenden Objekten und dem Raum, in dem es gezeigt wird, Bedeutungen, viele Bedeutungen, und auch dem Autor der Ausstellung möglicherweise nicht bewußte.
Ich denke, daß das hier der Fall ist. Hier war sich jemand nicht bewußt, welche Bedeutung er mit der intendierten miterzeugt. Das blutige Hemd, fein säuberlich zusammengelegt, so wie man ein Hemd in seiner Schachtel beim Kauf vorfindet, verweist pars pro toto auf die getötete Person, den Thronfolger. Gezeigt wird uns ein bei einem Attentat Ermordeter, ein Opfer einer Tat, die mit zwei Pistolen (Objekt 2.1. im Katalog), die den Tätern gehörten, 'bezeugt' wird. Das reale Ereignis wird durch das Objekt als Opfer interpretiert, das nahelegt, die dann folgende historische Ereigniskette von Ultimaten und erste Kriegsvorbereitungen wie den beginnenden Krieg als Folgen dieser Tat, die Tat also als Ursache und nicht bloß als Anlass zu sehen.
Erzherzog Franz Ferdinand als Opfer darzustellen kehrt aber ein Machtverhältnis um. Er ist der Souverän, zumindest der Stellvertreter, also der, der über Tod oder Leben, über Krieg und Frieden verfügen konnte. Und das Attentat richtet sich nicht gegen die (private) Person, sondern genau gegen die Funktion als Souverän. Und denken wir bei 'Weltkrieg' nicht naheliegenderweise eher an das anonyme und massenhafte Sterben von Soldaten und der zivilen Bevölkerung? Überblendet die Präsentation des Hemdes auf seinem Sockelvitrine-Altar nicht diese Erinnerung an ein ganz anderes, und zweifelsfrei nicht freiwillig erbrachtes Opfer?
So wie hier visuell operiert wird, kommt noch die Doppeldeutigkeit von 'Opfer' hinzu, die sich im Deutschen nicht sprachlich unterscheiden läßt. Die von geopfert werden und sich opfern. Figuriert Erzherzog Franz Ferdinand hier als "Blutzeuge" oder als 'victim' eines Mordanschlages?
Die Frage beim Ausstellungmachen ist, ob man als AutorIn, den Prozess der Bedeutungskonstitution reflektiert oder nicht. Ob man sich also zum Beispiel in diesem Fall, im Klaren ist, welche Bedeutung an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfeld und zu einer bestimmten Zeit annehmen kann und annehmen soll.
Es ist eine der großen Schwierigkeiten von Ausstellungsanalyse und -kritik, nicht (immer) klar zwischen intendierten und symptomatischen, gewissermaßen 'einfach passierten' Bedeutungen unterscheiden zu können. Außerdem ist ja immer auch noch der Besucher mit seinem Wissen und seinen Interessen und seinen Deutungen in Rechnung zu stellen. Aber in diesem Fall hilft uns ein Zeuge, uns über Intendiertes und Nicht-Intendiertes etwas Klarheit zu bekommen. Der Zeuge ist der Ausstellungsmacher selbst, der Historiker, der für diesen Ersten Teil der Ausstellung verantwortlich war und für die Auswahl und Platzierung des Objekts.
Es ist der von manchen seiner Kollegen als "führender österreichischer Zeithistoriker" gerühmte Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner, langjähriger Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums. Er hat zwei Texte verfasst, die sich auf das hier diskutierte Objekt beziehen. Im Objekttext im Katalog (Seite 43) kommt zuerst die Sachbeschreibung. "Blutiges Hemd des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand nach dem Attentat in Sarajevo vom 28.Juni 1914." Und dann die mit Namen gezeichnete Erläuterung: "Der Doppelmord löste zunächst einen Schock und dann eine europäische Krise aus, die in den Ersten Weltkrieg mündete." Der Sinn dieses Textes scheint mir unmi´verständlich. Es geht um einen kausalen Zusammenhang von Tat und Ereignis (Krieg).
Im ebenfalls von Rauchensteiner verfassten Katalogbeitrag, "Von Sarajevo zur Villa Giusti" (S.31) heißt es im Widerspruch dazu: "Kurz gefasste Darstellungen des Kriegsbeginns 1914 lauten häufig so: Am 28.Juni 1914 wurde in Sarajevo der österreichische Thronfolger ermordet, daraufhin brach der Erste Weltkrieg aus. Manches an dieser Formulierung ist falsch, anderes fragwürdig, der eigentliche Fehler liegt in der vermeintlichen Kausalität, die eher ein Konstrukt der Kriegsschulddebatte als das Ergebnis einer historisch sorgfältigen Reihung und Begründung ist."
Mit dem (auf seine Schlüssigkeit durchaus befragenswerten) Hinweis auf die Herkunft eines Klischees (Sarajevo hat den Krieg ausgelöst), gibt Rauchensteiner selbst einen Fingerzeig darauf, wie sehr jede Deutung auf vorgängigen wissenschaftlichen Positionen und gesellschaftlichen Selbstbildern (Österreich und die Kriegsschuld) beruht. Aber zu retten ist hier nur noch wenig, wenn er selbst, gespalten in Rauchensteiner I und Rauchensteiner II wie ein nestroyscher Zerrissener zwei Positionen darlegt, die sich komplett Widersprechen.
Das ist gewiss nicht Museumsreflexion, sondern ein Beispiel, was passieren kann, wenn diese Reflexion aussetzt und auf das Wunder eines "Objekts, das von selbst spricht," gesetzt wird. Ob er es nun beabsichtigt hat oder nicht - für die Belvedere-Ausstellung war das blutige Hemd ein ideologisch-politisch, nun sagen wir: gehörig mißverstehbares Statement.
Mittwoch, 4. November 2015
Auch das noch! Francesca verlässt uns!
"Österreich ist doch nicht meins. Ich bin dort nicht zuhause." So wird die 57-jährige Kunstsammlerin, die den Beinamen "Peggy Guggenheim des 21. Jahrhunderts" trägt, zitiert. So berichtet ORF.at schreckensbleich über die doppelte Kränkung, die uns Francesca Habsburg, ehemals Thyssen, zufügen wird.
Schon seien die Vorbereitungen zur Übersiedlung gediehen, und zwar nach Zürich. Denn, der Schrecken nimmt kein Ende, "Zürich befindet sich in einem interessanten Veränderungsprozess und ist gerade dabei, sich kulturell neu zu definieren. Wien hingegen ist als Kunststandort sehr statisch." Da ich die BWAG-Foundation und die Generali Sammlung Wien abhanden gekommen seien, kann ORF nur noch kulturpessimistisch in die Wiener Zukunft blicken. Und vergisst dabei, dass alle drei Sammlungen private sind und daher recht flüchtig. Und im Fall der im Text reichlich behuldigten fürstlichen Sammlerin, vergisst man auch darauf, dass Francesca - "die gebürtige Schweizerin aus dem Thyssen-Bornemisza-Clan, die heute unsere Kaiserin wäre, lebten wir noch in der Monarchies" (Almut Spiegler in der PRESSE vom 5.1..2015) sich einer staatlich-öffentlichen Einrichtung als eines privaten Spielzeuges bedienen konnte.
Muss jetzt womöglich Agnes Husslein den Augarten wieder selbst bespielen? Und was ist da überhaupt passiert? Liegt es nur an der Statik von Wien und nicht auch an der Statik der Beziehung zwischen Agnes Gräfin Arco und Francesca Habsburg-Lothringen, die doch erst kürzlich mit der Patrnschaft erster für Ferdinand Zvonimir eine so innige Verbundenheit verriet? Wir bleiben am Ball.
Schon seien die Vorbereitungen zur Übersiedlung gediehen, und zwar nach Zürich. Denn, der Schrecken nimmt kein Ende, "Zürich befindet sich in einem interessanten Veränderungsprozess und ist gerade dabei, sich kulturell neu zu definieren. Wien hingegen ist als Kunststandort sehr statisch." Da ich die BWAG-Foundation und die Generali Sammlung Wien abhanden gekommen seien, kann ORF nur noch kulturpessimistisch in die Wiener Zukunft blicken. Und vergisst dabei, dass alle drei Sammlungen private sind und daher recht flüchtig. Und im Fall der im Text reichlich behuldigten fürstlichen Sammlerin, vergisst man auch darauf, dass Francesca - "die gebürtige Schweizerin aus dem Thyssen-Bornemisza-Clan, die heute unsere Kaiserin wäre, lebten wir noch in der Monarchies" (Almut Spiegler in der PRESSE vom 5.1..2015) sich einer staatlich-öffentlichen Einrichtung als eines privaten Spielzeuges bedienen konnte.
Muss jetzt womöglich Agnes Husslein den Augarten wieder selbst bespielen? Und was ist da überhaupt passiert? Liegt es nur an der Statik von Wien und nicht auch an der Statik der Beziehung zwischen Agnes Gräfin Arco und Francesca Habsburg-Lothringen, die doch erst kürzlich mit der Patrnschaft erster für Ferdinand Zvonimir eine so innige Verbundenheit verriet? Wir bleiben am Ball.
Montag, 2. November 2015
Ein "Nein" zum "Haus der Geschichte" - in Frankreich (Texte im Museum 521)
Sonntag, 1. November 2015
Ist alles schon einmal dagewesen? Eine historische Fußnote zum "Haus der Geschichte" in der Neuen Hofburg
Ein Zufallsfund, der mich an allerlei erinnerte...
Je näher die Hundertjahr-Feier der Revolution rückte, desto mehr verstärkte sich dieses Engagement, wobei aber weniger künstlerische als historische Aspekte favorisiert wurden. Der städtische Bericht über das Budget des Musee Carnavalet für das Jahr 1888 bestätigt, dass es der jungen Institution gelungen war, ihre Existenzberechtigung zu beweisen. "Le musee a acquis une valeur inestimable depuis que la Révolution a reconquis son auréole et que les collectionneurs se disputent les rares épaves de cette glorieuse époque. Il nous fera grand honneur lors de la célebration du centenaire." Das hinderte aber die Historiker nicht daran, von 1886 an ein "Musee de Ia Revolution aux Tuileries" zu forcieren, das von Ch.-L. Chassin konzipiert wurde.
Dabei handelte es sich um die Organisation einer großen, dauerhaften Ausstellung zur Hundertjahrfeier der Revolution, welche die patriotische und republikanische Erziehung fördern sollte. Man plante ein Museum als Teil einer An Mediathek, die eine Bibliothek, einen großen Konferenz-, Konzert- und Theatersaal sowie didaktische Ausstellungsräume umfassen sollte, welche der Geschichte des französischen Volkes und der Menschheit gewidmet werden sollten. Die wenigen Informationen, die über dieses Museum auf uns gekommen sind, sind allerdings zweideutig: Man sollte darin Kuriositäten der revolutionären Epoche ebenso wie "les principaux objets d'art consacres ä son souvenir" finden, was vermuten lässt, dass die Revolution thematisierende Historienbilder aus der Zeit der Dritten Republik das spektakulärste Element dieser Sammlung ausgemacht hätten.
Es war vorgesehen, in ganz Frankreich und Europa "les tableaux, statues, bustes, medaillons, etc." auszuleihen "relatifs aux événements et aux hommes de la Révolution francaise."
Als man mit den sorgfältigen Recherchen zur Lokalisierung der Ausstellungsstücke begann, wurden zwar Manuskripte, Drucke und Erinnerungsstücke ins Zentrum gestellt, eigentümlicherweise aber die Kunstwerke vernachlässigt, denn es wurde nicht bei den Konservatoren der städtischen Museen angefragt, sondern bei den Verantwortlichen der Archive in den Departements.
Als sich der Zeitpunkt der Jahrhundertfeier näherte, waren die Politiker von dem Projekt wenig begeistert, sondern sorgten sich vor allem um die Finanzierung und um den Erfolg der Weltausstellung.
Das ging so weit, dass sie verlangten, den Bezug auf das Jahr 1789 abzuschwächen, um nicht die europäischen Monarchien zu verärgern. Überhaupt zögerten sie, das Ausmaß der Erinnerung an die Revolution im Rahmen der Weltausstellung festzulegen, während andererseits
die Verantwortlichen des Carnavalet-Museums sich über das Konkurrenz-Projekt Chassins beschwerten.
Schlussendlich wurde eine temporäre Ausstellung in einem Pavillon des Louvre von der Dauerausstellung des Paris-Museums in den Schatten gestellt.
Je näher die Hundertjahr-Feier der Revolution rückte, desto mehr verstärkte sich dieses Engagement, wobei aber weniger künstlerische als historische Aspekte favorisiert wurden. Der städtische Bericht über das Budget des Musee Carnavalet für das Jahr 1888 bestätigt, dass es der jungen Institution gelungen war, ihre Existenzberechtigung zu beweisen. "Le musee a acquis une valeur inestimable depuis que la Révolution a reconquis son auréole et que les collectionneurs se disputent les rares épaves de cette glorieuse époque. Il nous fera grand honneur lors de la célebration du centenaire." Das hinderte aber die Historiker nicht daran, von 1886 an ein "Musee de Ia Revolution aux Tuileries" zu forcieren, das von Ch.-L. Chassin konzipiert wurde.
Dabei handelte es sich um die Organisation einer großen, dauerhaften Ausstellung zur Hundertjahrfeier der Revolution, welche die patriotische und republikanische Erziehung fördern sollte. Man plante ein Museum als Teil einer An Mediathek, die eine Bibliothek, einen großen Konferenz-, Konzert- und Theatersaal sowie didaktische Ausstellungsräume umfassen sollte, welche der Geschichte des französischen Volkes und der Menschheit gewidmet werden sollten. Die wenigen Informationen, die über dieses Museum auf uns gekommen sind, sind allerdings zweideutig: Man sollte darin Kuriositäten der revolutionären Epoche ebenso wie "les principaux objets d'art consacres ä son souvenir" finden, was vermuten lässt, dass die Revolution thematisierende Historienbilder aus der Zeit der Dritten Republik das spektakulärste Element dieser Sammlung ausgemacht hätten.
Es war vorgesehen, in ganz Frankreich und Europa "les tableaux, statues, bustes, medaillons, etc." auszuleihen "relatifs aux événements et aux hommes de la Révolution francaise."
Als man mit den sorgfältigen Recherchen zur Lokalisierung der Ausstellungsstücke begann, wurden zwar Manuskripte, Drucke und Erinnerungsstücke ins Zentrum gestellt, eigentümlicherweise aber die Kunstwerke vernachlässigt, denn es wurde nicht bei den Konservatoren der städtischen Museen angefragt, sondern bei den Verantwortlichen der Archive in den Departements.
Als sich der Zeitpunkt der Jahrhundertfeier näherte, waren die Politiker von dem Projekt wenig begeistert, sondern sorgten sich vor allem um die Finanzierung und um den Erfolg der Weltausstellung.
Das ging so weit, dass sie verlangten, den Bezug auf das Jahr 1789 abzuschwächen, um nicht die europäischen Monarchien zu verärgern. Überhaupt zögerten sie, das Ausmaß der Erinnerung an die Revolution im Rahmen der Weltausstellung festzulegen, während andererseits
die Verantwortlichen des Carnavalet-Museums sich über das Konkurrenz-Projekt Chassins beschwerten.
Schlussendlich wurde eine temporäre Ausstellung in einem Pavillon des Louvre von der Dauerausstellung des Paris-Museums in den Schatten gestellt.
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