Ausstellung „Elfi Semotan Kunst Haus Wien |
Darf man bei dieser Hitze in Gemäldegalerien Alter Meister (Dürer, Tizian, Velazques und so) kurze Hosen tragen? (Die Frage richtet sich beide Geschlechter)
Kunsthaus Graz, neulich |
Die „Quote“, das heißt der „Besucherumsatz“, die statistische Erhebung der Zahl der Besucher (eigentlich: der Besuche) ist zum Universalmaßstab für die Bedeutung von Museen geworden, eine Rechtfertigung ihrer Existenz, ein Nachweis ihrer demokratischen Funktion – schließlich sind sie ja „jedermann“ (wie die ICOM-Definition weiß) zugänglich.
So problematisch die Methodik und die Manipulationsanfälligkeit der Erhebung ist, inzwischen scheinet die Veröffentlichung von „Erfolgszahlen“ unverzichtbar, vor allem bei großen Ausstellungen, wo es unter sechsstellig kaum noch geht. Dabei wird die schiere Zahl zum Wertmaßstab und ersetzt die Mühsal der Kritik durch eine simple Ziffer. Die „Quote“ treibt die Museen in eine Konkurrenz untereinander und weckt bei potentiellen Museumsbesuchern Versäumnisängste - „muß ich nicht dort gewesen sein?“.
Vor allem aber verdeckt die „Quote“ den Ausschluss, der Museen in sozialer Hinsicht als Voraussetzung ihrer Existenz kennzeichnet. Grob gesagt besuchen etwa 50% einer Stadt, einer Region, eines Landes „ihre“ Museen har nicht und denken auch gar nicht daran. Das sind Menschen, die auf Grund ihrer sozialen Stellung nie in den Genuss einer kulturellen Sozialisation gekommen sind und für die das Museum lebensweltlich schlicht inexistent ist.
Vielleicht kommt einmal die Zeit, da sich die Museumsleiter:innen, die skeptisch sind, durchsetzen und Museen wie Medien verzichten aufs Zählen?!
Wir haben ein Netzwerk von Personen und Institutionen geknüpft, die unsere Vorstellungen teilen und unterstützen. In wenigen Tagen kommt es zum ersten Treffen mit MuseumsmitarbeiterInnen, MuseologInnen, WissenschafterInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. In der kick-off-Veranstaltung wird es um Die Festlegung von Zielen gehen und um Formen der Kooperation. Aber auch um gemeinsame Veranstaltungen.
Seit Wochen ist eine Webseite in Ausarbeitung, die seit wenigen Tagen online ist. www.museumdenken.eu
Auf dieser Webseite gibt es Essays - zunächst zur zentralen Frage einer wünschbaren Zukunft von Museen, einen Blog und ein Glossar mit bereits über einhundert Einträgen. Die Webseite soll eine Plattform der Debatte und der Information werden.
Worum es uns grundsätzlich geht, haben wir in einem "mission statement" zusammengefasst.
Wer mit uns Kontakt aufnehmen will und an Mitarbeit interessiert ist, findet hier die Mailadressen, mit denen man uns erreicht: https://www.museumdenken.eu/post/kontakt
museumdenken ist eine Initiative für eine breite und diverse Debatte zur Zukunft der Museen
Der unmittelbare Anlass ist die Krise der gesellschaftlichen Bewertung der Museen. Weltweit sind tausende Museen von der Pandemie betroffen, in Lockdowns geschickt, zu Sparmaßnahmen gezwungen, von endgültiger Schließung bedroht. Schwer wiegt, dass die Bedeutung der Museen als vernachlässigter eingeschätzt wird. Sie gelten als kaum systemrelevant. Das symbolische Kapital, das sich die Institution Museum seit ihrer Entstehung erworben hat, scheint erstmals nachhaltig beschädigt.
museumdenken ist als Plattform für Debatten und den Austausch von Information gedacht – für all jene, die wie wir an einer Diskussion über die wünschbare Zukunft der Museen und ihrer gesellschaftlichen Relevanz interessiert sind. Als virtuelle Plattform steht die Webseite www.museumdenken.eu zur Verfügung, für den praktischen Austausch unterschiedliche Debattenforen, deren Gestaltung durch die Teilnehmer:innen erfolgt.
museumsdenken hat sich als loser Zusammenschluss von Personen und Museen gebildet, als Netzwerk, in dem Expert:innen aus Museen und anderen Kultursektoren verschiedener Länder eingebunden sind. Wir sind an Debatten interessiert, die nicht ausschließlich in der Sprache und in den fachlichen Denkbahnen der Insider geführt werden.
Wir halten eine breite Museumsdebatte für nötig und überfällig.
Wir glauben, dass das aufklärerische und demokratische Potential von Museen noch lange nicht voll ausgeschöpft ist.
Gottfried Fliedl, Hanno Loewy, Anika Reichwald
„Die Reliquie ist das, was von dem Toten aufbewahrt wird, damit es im Namen der Realität dafür garantiere, daß er nicht wiederkehrt. Das heißt schon, daß dem mit dem Reliquienkult verknüpften Ritual – im individuellen Mythos wie im kollektiven Glauben – die Allmacht der Verschwundenen durchaus gegenwärtig ist. ‚Wir wissen’, sagt Freud, ‚daß die Toten mächtige Herrscher sind...’ (...) Die Reliquie verwirklicht den illusorischen Kompromiß, dessen der Mensch sich bedient, um der Todesangst widerstehen zu können, so daß es ihm niemals gelingt, die Vorstellung vom Tod mit der – Schicksal gewordenen – Notwendigkeit eines Nichtmehr in Einklang zu bringen.
Pierre Fédida