Historisches Museum Luzern, untergebracht im historischen Zeughaus |
Samstag, 7. September 2019
Endlich gibt es Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum
Am 5. September haben die Tageszeitungen Kurier und Standard kritisch über das Heeresgeschichtliche Museum berichtet. Im Mittelpunkt stand dabei rechtsextreme Literatur, die im Museumsshop vertrieben wird (hier der Link), aber auch ein Mitarbeiter und FPÖ-Mitglied, der für Restitution zuständig ist und der über Kontakte im rechten Milieu verfügt). Der Kurier berichtete in Berufung auf einen Blog Semiosis ausführlich über diesen Mitarbeiter und über weitere, Burschenschaften angehörende Mitarbeiter sowie ein blaues, also FPÖ-Netzwerk, dem auch der Direktor des HGM angehören soll (hier der Link). Die Vorwürfe sind schwerwiegend und zielen auf eine ganze Reihe von Vorkommnissen. Der zuständige Minister hat eine Überprüfung angekündigt.
Was wenig ins Blickfeld rückt, vor allem in der medialen Verarbeitung der umfassenden Recherchen der beiden Blogs, ist der Zustand des Museums als Ganzem. Die Dauerausstellung wurde seit Jahrzehnten nicht erneuert und sie repräsentiert ein Geschichtsbild, das der heutigen Zeit völlig unangemessen ist. Die neu hinzugekommen Teile werden von Historikern scharf kritisiert. Das Museum ist wissenschaftlich und museologisch völlig veraltet. Und seine zentralen Botschaften sind ideologisch fragwürdig, einer demokratischen Gesellschaft unwürdig. In meinem Ranking österreichischer Museen landete das Heeresgeschichtliche unter den schlechtesten und ich war damals schon und bin jetzt noch der Meinung, daß man es besser sofort als morgen schließen sollte. Und völlig neu konzipieren, aber dann auch nicht mehr als Heeresmuseum.
Es gab durchaus Kritik von Historikern am Museum, aber nie umfassend und nie öffentlichkeitswirksam. Der Blog „Stoppt die Rechten“ kritisiert nun das Museum aus aktuellem Anlass und umfassend in einem vierteiligen Text. Vielleicht bewegt sich nun etwas. Aber die durchaus verdienstvollen Recherchen ersetzen noch nicht die immer noch ausstehende historisch-museologische Kritik. Die wahrscheinlich vernichtend ausfallen würde.
Der meiner Meinung nach bislang beste Text zum Heeresgeschichtlichen Museum kommt übrigens nicht von einem Historiker, sondern vom Schriftsteller Gerhard Roth. In seinem Buch „Eine Reise in das Innere von Wien. Die Archive des Schweigens“ nimmt er an einer Führung durchs Museum Teil und nimmt diese zum Ausgangspunkt einer umfangreichen und subtilen Reflexion über den Geist dieses Hauses.
Das Heeresgeschichtliche Museum gehört zu den fragwürdigsten Museen Österreichs. Es wäre hoch an der Zeit, es zu evaluieren, ihm eine neue Struktur zu geben, möglichst außerhalb des Verteidigungsministeriums, und vor allem ein modernes Konzept zu geben.
Donnerstag, 5. September 2019
Dienstag, 3. September 2019
Montag, 2. September 2019
Künstler kreist um Kunst (Texte im Museum 928)
Ich habe beschlossen, die Facebook-Texte des Belvedere21 selbst als Kunstprojekt zu kesen. Hier die neueste Emanation der Mraketingabteilung: „Josef Bauers Installationen, Gemälde, Objekte und Performancefotografien kreisen stets um die Frage, was mit Kunst wie artikuliert werden kann.“
Donnerstag, 29. August 2019
Museen zwischen den Fronten. Restitutionsforderungen und unethisches Sponsoring
Museen zwischen den Fronten
Über den Museen ziehen Gewitterwolken auf und das
in zwei Fronten. In Deutschland und Frankreich aber langsam auch auf andere
Länder übergreifend, ist eine heftige Debatte über die Restitution kolonialen
Raubgutes entbrannt. Und in den USA und in England gerät das Sponsoring in
Kritik und wird in durchaus militanten Aktionen attackiert. Es gibt einen
Unterschied zwischen den beiden Auseinandersetzungen: die Restitutionsdebatten
werden überwiegend von Wissenschaftern, Restitutionsexperten und Journalisten
geführt. Und das durchaus vehement - kaum ein Tag vergeht ohne einen
einschlägigen Artikel in einer großen Deutschen Tageszeitung. Die Angriffe auf
Sponsoren großer Kulturinstitutionen werden aber von der Zivilgesellschaft
unter starker Beteiligung von KünstlerInnen getragen.
Die Firma, die derzeit am heftigsten unter Beschuß
geraten ist, Purdue Pharma, die einer der reichsten Familien der USA gehört,
hat allem Anschein nach skrupellos ein süchtigmachendes Schmerzmittel aggressiv
lanciert und zu einer Opioid-Krise in den USA geführt, der jährlich tausende
Menschen zum Opfer fallen. Unter dem Druck erster Prozesse und Schuldsprüche
beginnen erste, große Museen, sich von Sponsor zu trennen oder mindestens auf
Distanz zu gehen.
Beide Vorgänge sind fundamentale Attacken auf das
Museum als solches. In der Restitutionsdebatte wird die teilweise gewaltförmige
und unrechtmäßige sowie verschwiegene Grundlage von Museen sichtbar und ihre
hegemoniale politische Funktion. Beim Sponsoring durch unethisch eingeschätzte
Konzerne agiert das Museum als Agentur der Veredelung und Verschleierung.
Hinter den scheinbar selbstlosen Geldgebern verstecken diese ihre
menschenverachtenden Praktiken – es handelt sich um toxische Philantropie.
Das British Museum wird wegen seines Sponsors
British Petrol angegriffen und beim Whitney Museum steht ein Beirat der
Institution in der Kritik, Warren Kanders, als Besitzer einer Firma, die unter
anderem an der mexikanischen Grenze eingesetztes Tränengas produziert. Jetzt
steht sogar die im Kunstbetrieb wichtige Biennale, die das Museum ausrichtet, auf
dem Spiel, weil sich Künstler zurückziehen und über einhundert MitarbeiterInnen
des Museums sich gegen ihren vice-chair wendeten. Eine Initiative Decolonise this Place, die auf den
Rücktritt des Beirats hinarbeitet, verknüpft in ihrem Namen beide Motive,
Museen anzugreifen: die neokoloniale staatliche Gewalt gegen farbige
Minderheiten - als der der Einsatz des Tränengases gegen Migranten eingestuft
wird - und das Art-Washing des Konzerns „Safariland“ (sic!) durch das Museums-Sponsoring.
Es konnte nicht ausbleiben, daß jemand auf die Idee
kam, beide Fronten zu einer zusammenzufassen. In einem jüngst in The Guardian (20 Feb 2019) erschienen
Essay verdammt die Kunsthistorikerin Alice Procter kurzerhand die Museen generell:
„The whole concept of The Museum is a
colonialist, imperialist fantasy, born from the fallacy that somehow the whole
world can be neatly catalogued, contained in a single building, mapped out for
easy digestion.“ Und mit Hinweis auf diegegen BP protestierenden
BesetzerInnen des British Museum, schreibt sie: „They’re all tired of museums being unquestionable, unethically funded
pleasure houses where dirty money gets made to look like shiny civic pride.“
Solcher Fundamentalismus läßt sich leicht beiseiteschieben,
aber beide „Fronten“ haben ihre Dynamik entwickelt, die noch nicht auf ihrem
Höhepunkt angekommen zu sein scheint. Es wird sich zeigen, ob das
Geschlossenhalten der Augen und Ohren weiter die geeignete Strategie der Museen
sein wird, der tiefreichenden Herausforderung gerecht zu werden. Denn noch nie
in der Geschichte des Museums sind einer breiten Öffentlichkeit die
strukturellen Widersprüche der Institution so klar vor Augen geführt worden.
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Mittwoch, 28. August 2019
Marketingsprech. Diesmal Belvedere 21
Für Blüten der Sprache, die in Museen gesprochen wird, habe ich im Blog das Lemma Kuratorensprech reserviert. Bei meinem heutigen Beispiel geht es um Marketing, im Facebook. Aber der Slang der Kuratoren und die Textbausteine der Marketingbeauftragten ähnelt sich ohnehin zusehends.
Eine Fundgrube für Stilblüten und Gedankenschlichtheit aller Art ist der Facebook-Account von Belvedere 21.
Heute zum Beispiel das: "Happy Birthday Ai Weiwei! Der chinesische Künstler wurde heute vor 62 Jahren geboren und zählt zu den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart."
Na gut, da kann man nicht viel falsch machen. Der Geburtag ist ein Fakt, die Gratulation ein Akt der Höflichkeit und des Respekts, der als öffentlich gemachter, das Prestigekonto des Musuems auffüllt wie das auch der Schlußsatz tut: "2016 präsentierte das Belvedere 21 seine" - wir erinnern uns: es geht um den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart -. "erste große Einzelpräsentation in Österreich."
Dazwischen wird es ganz schön: "Als Konzeptkünstler, Dokumentarist und Aktivist setzt er sich nicht nur kritisch mit Geschichte, Kultur und Politik seiner Heimat China auseinander, sondern reagiert auch auf gesellschaftliche Realitäten." Whow! Das sitzt! What a man!!
Eine Fundgrube für Stilblüten und Gedankenschlichtheit aller Art ist der Facebook-Account von Belvedere 21.
Heute zum Beispiel das: "Happy Birthday Ai Weiwei! Der chinesische Künstler wurde heute vor 62 Jahren geboren und zählt zu den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart."
Na gut, da kann man nicht viel falsch machen. Der Geburtag ist ein Fakt, die Gratulation ein Akt der Höflichkeit und des Respekts, der als öffentlich gemachter, das Prestigekonto des Musuems auffüllt wie das auch der Schlußsatz tut: "2016 präsentierte das Belvedere 21 seine" - wir erinnern uns: es geht um den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart -. "erste große Einzelpräsentation in Österreich."
Dazwischen wird es ganz schön: "Als Konzeptkünstler, Dokumentarist und Aktivist setzt er sich nicht nur kritisch mit Geschichte, Kultur und Politik seiner Heimat China auseinander, sondern reagiert auch auf gesellschaftliche Realitäten." Whow! Das sitzt! What a man!!
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