Dienstag, 7. März 2017

Kleine Geschichte des Museums. Teil eins: Das neuntälteste Museum der Welt

Beim zerstreutem Recherchieren über irgendetwas, was ich längst vergessen habe, bin ich, wie das halt beim Googeln so passieren kann, auf einen überraschenden Eintrag auf der Webseite eines Museums in Indien gestoßen: „The ninth oldest regular museum of the world, INDIAN MUSEUM, Kolkata, INDIA is the oldest institution of its kind in Asia Pacific region and repository of the largest museum objects in India.“

Neuntältestes Museum? Bemerkenswert! Wer will in Zeiten, wo selbst der zweite oder dritte Platz, wo auch immer - im Bobfahren, in Deutschland sucht den Superstar, bei den Städten mit der höchsten Lebensqualität, bei den ältesten Menschen der Welt - kaum noch zählt, schon Neunter und auch noch sichtlich stolz drauf sein?
Verblüfft hat mich dann aber zweitens die Sicherheit, mit der da ein ganz bestimmter Platz im „Ranking“ behauptet wurde, und zwar in einer Liste der "regulär museums".
Wenn man exakt ein „neuntältestes“ Museum ist, muss man über die geschichtliche Entwicklung des Museums weltweit ebenso sicher Bescheid wissen, wie über die Entwicklung des Sammlungswesens, die Chronologie Errichtung von Museumsbauten oder die Einrichtung von Trägerschaften.
Und wenn man von einem "regular museum" spricht, muss man über sehr haltbare Kriterien verfügen, das Museum (als Idee, als Modell, als Institution), von anderen Institutionen und kulturellen Praktiken unterscheiden zu können.

Vor allem aber man muss wissen was ein Museum überhaupt ist, man muss sich einen Begriff vom Museum gemacht haben. Anders gesagt: man muß sich sicher sein, daß es einen eindeutig definierbaren und verbindlichen Museumsbegriff überhaupt gibt und daher auch einen ebenso eindeutig feststellbaren ‚Ursprung’, das heißt ein Museum, das unzweifelhaft als ein erstes identifizierbar ist.

Wenn wir alle mal kurz in unseren Köpfen kramen, werden wir rasch auf ein Durcheinander von Assoziationen und Erinnerungen stoßen, aber kaum auf ein derartiges museografisches Geburtsdatum. In Lexika und in einschlägigen Publikationen werden wir Angaben finden, die über viele Jahrhunderte hinweg verstreut sind. Da kommt dann das hellenistische Alexandrinische Museum ebenso vor - die berühmte "Bibliothek", über die man kaum etwas weiß, geschweige denn über ihre "musealen" Funktionen -, wie eine privates Museum am Comer-See aus der Mitte des 16., oder das Kapitolinische Museum in Rom, das sich auf eine Bild-Stiftung des 15. Jahrhunderts beruft wenn es sich zum ältesten Musuem der Welt erklärt, was auch das British Museum macht (und manch andere mehr), dessen Gründung 1753 sehr oft als "Ursprungsdatum" des Musuems genannt wird.

Das British Museum ist denn auch die Nummer eins auf der Bestenliste aus Kalkutta, denn freundlicherweise ist der Textinformation auch eine Grafik beigegeben, zwar nur etwas größer als eine Briefmarke, die aber immerhin schon als Weltkarte eine Infografik der frühen musuemsgründungen sein will. (1)


Die Podestplätze haben diesem Weltatlas im Bonsaiformat nach: Die kaiserliche Gemäldegalerie im Belvedere in Wien und das Charleston Museum in Philadelphia.
Jetzt könnte ich beckmesserisch sein, und an der Liste rummäkeln. Da ist z.B. das Gründungsdatum des Gewinners falsch. Fehler der Zeitmessung sozusagen, aber macht nichts, es kommen sogar noch sechs Jahre dazu, denn korrekt ist für das British Museum 1753. Der erste Platz ist also nicht gefährdet.
Aber darum geht es gar nicht. Die Frage ist, warum wurden diese Museen ausgewählt, warum wurde nichts in Erwägung gezogen, was früher und sonst noch an Institutionen existierte, warum nicht Oxfords Ashmolean Museum oder die Museen, die die Habsburger in Florenz gegründet haben. Warum nicht noch ältere Sammlungen, etwa die bedeutenden Natursammlungen Italiens? Warum keine fürstlichen?

Kurz gesagt, es wäre interessant, was man in Kolkat/Kalkutta unter „Museum“ versteht. (man macht es uns gar nicht leicht. Denn da steht ja noch dazu "regular museum". Gäbe es demnach auch eines, das "irregular" ist??).
Aber darauf gibt die Webseite leider keine Antwort. Das Indian Museum (2) weiß es, sagts aber nicht.
Immerhin haben wir ein paar Fragen gewonnen: Gibt es überhaupt so etwas wie ein "erstes" Museum? Was sind die Bedingungen, um von "dem" Museum sprechen zu können? Und dann die Frage, wo begannt das mit dem, was wir heute Museum nennen?

In einer Hinsicht ist das Selbstbewußtsein des Indian Museum, das heute eins der größten und namhaftesten des Landes ist, informativ: es relativiert den eurozentrischen Blick. Sicher, wie wir noch sehen werden, ist das Musuem eine europäische Erfindung. Aber dieses "Modell" verbreitete sich rasch in aller Welt. Wobei es oft Europäer und von Europäern gegründete Institutionen waren, wie auch hier in Kalkutta, wo das eine rein britische Angelegenheit war, mit einer "Asiatick Society" und einem Museum "Orientalische Studien" - vermutlich in kolinialer Absicht -, betreiben zu können.


(1) Inzwischen existiert der Teil der Webseite des Indian Museum nicht mehr, der diese Liste, die "Landkarte" und auch die Abbildung des Gebäudes der "Asiatick Society", die das Museum gründete, nicht mehr.

(2) Das Gründungsdatum des Indian Museum ist übrigens der 2. Februar 1814. Soviel zur Korrektur eines eventuell eurozentrisch verengten Blicks. Sicher, es gibt viele Gründe das Museum als ‚europäisches Modell’ zu verstehen, aber es wurde  so gut wie ‚sofort’ zum ‚Exportschlager’.

Mittwoch, 1. März 2017

Muß auch mal sein

Canadian Nature Museum 2006

Hoppala...

Das ist selbstverständlich nicht nur mir aufgefallen: Agnes Husslein, wegen Verstößen gegen die sogenannten Compliance-Regelungen entlassen Belvedere-Direktorin wird vom Finanzminsterium in den Aufsichtsrat des Leopold-Museum geschickt, wo sie, deren Gerichtsverfahren noch läuft, u.a. welche Aufgabe hat? Na die Einhaltung der Compliance-Regelungen zu überwachen.

Sonntag, 26. Februar 2017

Viktors Künstler

Infografiken, in der die Künstler nach der Häufigkeit ihres Vorkommens im Matejka-Archiv gewichtet sind. "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne. Viktor Matejka. Werner Hofmann. MUMOK Wien"


Sitzen Sehen Hören

MUMOK 2017

... do not cross!

MUMOK 2017

Korrespondenz (Texte im Museum 617)


Korrespondenz Werner Hofmanns während der Gründung des Museums des XX.Jahrhunderts


in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne. Viktor Matejka. Werner Hofmann. MUMOK Wien"

-->

Samstag, 25. Februar 2017

Die Kunstmoderne kommt nach Österreich

Gustav Peichl: Karikatur zur Eröffnung des Museum des XX.Jahrunderts

Werner Hofmanns Programm für das Museum des XX.Jahrhunderts

Text zur Programmatik Werner Hofmanns in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne" MUMOK 2017 (Foto GF)

Wir Wegbereiter Pioniere der Nachkriegsmoderne. Eine Ausstellung im MUMOK

Ist das nur Zufall, oder entdecken Museen nun ihre Geschichte? Das Grazer Kunsthaus wird sich mit dem Bau beschäftigen und dasselbe tut gerade das MUMOK mit dem Pavillon, den Karl Schwanzer für die Brüsseler Weltausstellung entworfen hat und der dann zum Museum des XX.Jahrhunderts wurde. Das ist aber nur eine Episode in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne".
Sie ist zweigeteilt und gilt dem kommunistischen Kulturstadtrat Viktor Matejka, dessen Archiv das Museum besitzt und Werner Hofmann, dem Gründungsdirektor des Museums des XX.Jahrhunderts.

Das sind nun zwei ganz schön unterschiedliche Persönlichkeiten. Matejkas Leistung wird in der unorthodoxe direkten und persönlichen Förderung von Künstlern in den Jahren nach 1945 gesehen, vielleicht mehr Sozialpolitik als - programmatische - Kunst- und Kulturpolitik. Sein Wirken wird mit Teilen seines Archivs gezeigt und kontextualisierenden Werken "seiner" Zeit. Zwei Info-Grafiken veranschaulichen, wie persönlich und insofern auch willkürlich sich heute das Interesse und die Förderungspolitik Matejkas darstellt.

Noch immer eindrucksvoll finde ich die konzeptuellen Überlegungen, die Werner Hofmann ausarbeitete um in einer mehrfach schwierigen Situation ein Museum neuen Typs sofort erfolgreich zu positionieren. Er musste erst mal Sammlungs- und Überzeugungsarbeit leisten, um in einem ziemlich konservativem Klima und in Auseinandersetzung mit ebenso konservativen Politkern eines der frühen europäischen Museen moderner Kunst zu entwickeln.

Die frühen Ankäufe werden in einer Depotsituation gezeigt, die Gemälde dicht an dicht an Gestelle gehängt, die Skulpturen in hellen Kuben aufgereiht - die überraschendere und qualitativ beeindruckendere Sammlung. Dazu gibt es Modelle und Objekte, die eine der Maximen Hofmanns anschaulich machen: möglichst viele Medien in den Kunstbegriff und daher von Anfang an die Sammlung zu integrieren.

Wegbereitende Männer... - Ob das Museum - notgedrungen - bei der paternalistischen Museums- und Kunstpolitik bleibt oder ob sich auch Pionierinnen mal entdecken lassen?

Und nebenbei und unabsichtlich illustriert die Schau den kuriosen Zustand der staatlichen Museumspolitik (der gerade durch die "Erwerbung" der Sammlung Essl durch die Albertina noch etwas kurioser geworden ist): natürlich gehört Hofmann und das Museum des XX.Jahrhunderts zur Geschichte des MUMOK. Aber das entstand ja in einer Art (räumlichen) Aufspaltung in das Zwanzgerhaus einerseits und das Museum Moderner Kunst/Sammlung Ludwig im Palais Liechtenstein andrerseits.
Aber Inzwischen ist das Museum des XX.Jahrhunderts zu einem des XXI. geworden und wurde der Österreichischen Galerie im Belvedere angegliedert, so daß die Erinnerungsarbeit - inklusive der Modelle des Baues von Karls Schwanzer - einer Institution gilt, die nicht (mehr) zum MUMOK gehört.

Skenographie (etwas zur Etymologie eines Wortes...)

Martin von Wagner Museum Würzburg (Foto GF 2017)

Griechische Vasen (Texte im Museum 616)

Martin von Wagner Museum Würzburg (Foto GF 2017)

erlaubt/verboten


Auch eine Zukunft des Museums...

Visitors wear headsets as they experience a virtual reality tour depicting Jerusalem as it was two millennia ago, at a visitors center near some of the world's most sacred sites holy to Jews, Muslims and Christians, in Jerusalem's Old City, on February 20, 2017 (via "The Atlantic"