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Dienstag, 15. Juni 2021

Nur ein Boot. Kolonialer Kulturraub an einem Beispiel (Eine Mikroausstellung)

Für "Nur ein Boot" greife ich ich auf eine schon lange nicht mehr verwendete Darstellungsform zurück, die (zweidimensionale) Ausstellung. Texte, Zitate und Abbildungen werden in "Vitrinen" gezeigt und erzählen dem "Besucher" eine Geschichte. Diesmal von einem Boot, das bis vor kurzem, wenn man das so sagen mag, "in aller Unschuld" im Humboldt-Forum in Berlin zu sehen war und - nun weniger unschuldig - zu sehen ist. Denn nun hat sich Götz Aly dieses Objekts angenommen und die Geschichte des Bootes in einem Buch rekonstruiert. Diese Geschichte ist die militanter Kolonisierung, verschleierter Überlieferungsgeschichte, verweigerter Recherche. Auf einen eigenen Kommentar wird in der "Mikroausstellung" verzichtet. 




Nur ein Boot 

Vitrine 1 „Ausgestorben“ 

 „In meiner Kindheit bin auch ich regelmäßig in Dahlem gewesen. An Winterwochenenden machte mein Vater mit meinem knapp zwei Jahre älteren Bruder und mir Touren durch die West-Berliner Museen. Von allen Ausstellungsstücken, ob im Musikinstrumenten-Museum, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte oder im Museum für Verkehr und Technik, sind mir die ozeanischen Boote im Ethnologischen Museum am besten in Erinnerung geblieben. Weil sie nicht hinter Glas versteckt sind, sondern zum Anfassen, Klettern und Spielen einladen. (…)“ 

Ich war „seit ungefähr 30 Jahren nicht mehr im Ethnologischen Museum. Die Boote stehen aber noch genau so da, wie ich es aus meiner Kindheit in Erinnerung habe: auf einem Teppichpodest mit schrägem Boden, als würden sie eine Welle hinabsurfen. (…) Im Humboldt-Forum sollen die Boote ganz anders präsentiert werden, in den Mittelpunkt der Ausstellung soll das Meer rücken – als geschäftiger Verkehrsweg, identitätsstiftender Kommunikationsweg und überlebenswichtiger Nahrungslieferant. In Dahlem sind die Boote vor allen Dingen: Boote. Lediglich kleine Schilder erklären in leicht angestaubter Museumssprache, was das Auge sieht. Zum Beispiel das Fischerboot zum Bonito-Angeln aus Samoa, um 1870 gebaut und „mit Brotfruchtbaumharz kalfatert“. 

Über das Segelboot aus Luf, Para-Mikronesien, erfährt man, dass es Anfang dieses Jahrhunderts – gemeint ist das Jahr 1904 – nach Berlin überführt wurde. Es ist das letzte seiner Art, „die Bevölkerung von Luf ist um 1940 ausgestorben“. (5) 

 „Für die Südsee kann man generell sagen, dass sehr viele Objekte auf gewaltsame Weise beschafft wurden. Daneben war der unredliche Tausch gegen Glasperlen und miserablen Tabak der Sorte »Niggerhead« gang und gäbe. Es handelt sich um systematisches Absaugen, Abgrasen und Ausrauben. Die Kolonie Deutsch-Neuguinea bestand von 1884 bis 1914. Spätestens um 1900 war auf diesen Inseln kaum mehr etwas zu holen. Berlin schickte dann seine Ethnologen auf die Kriegsschiffe mit der Aufforderung: Holt die Reste, bevor es zu spät ist! Die Museumsleiter betrachteten die »untergehenden Kulturen der Naturvölker« bald selber als ein abgeschlossenes Sammlungsgebiet. Ihnen war klar, dass die Ureinwohner der Inseln die Konfrontation mit dem Kolonialismus nicht überleben würden.“ (9) 




Vitrine 2  „Ahoi, liebes Luf-Boot!“ 

 „In der Nacht vom 28. Mai 2018 fuhr ein Schwertransport über den Potsdamer Platz. Auf der Ladefläche, verpackt in einer 20 Meter langen Kiste, ein einmaliges Wunderwerk der Menschheitsgeschichte: das reich verzierte Auslegerboot von der Insel Luf im heutigen Papua-Neuguinea. Generationen von Schulkindern haben es im Ethnologischen Museum in Dahlem bewundert. Nun war es auf dem Weg ins Humboldt-Forum, wo es ebenfalls eine der Hauptattraktionen sein wird. Mit 16 Metern ist das Boot so riesig, dass es nur durch ein frei gehaltenes Loch in der Fassade ins Stadtschloss passte. "Ahoi, liebes Luf-Boot!", grüßte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) auf ihrem Blog.“ (2) 

 „Im Humboldt-Forum sollen die Südseeboote des Ethnologischen Museums Dahlem einmal einen prominenten Platz einnehmen. Dort sollten sie auf die Bedeutung des Meeres verweisen, sagte die Kuratorin der Südsee-Sammlung, Dorothea Deterts, im DLF. (Deutschlandfunk) Es gehe um das Meer als Identitätsstifter, Verkehrs- und Kommunikationsweg.“ (4) 

Vitrine 3 „Reise“ „Die Reise des Südseebootes aus dem Ethnologischen Museum (gemeint ist die Übersiedlung des Bootes ins Humboldt-Forum; GF) begann auf der Insel Luf in Papua-Neuguinea. Aus einem Baumstamm und vielen Planken ließ der Häuptling Labenan den Rumpf des Bootes bauen. Offiziell kam es jedoch nie zum Einsatz, bis Max Thiel, ein Geschäftsführer der deutschen Handelsgesellschaft Hernsheim & Co das Boot 1903 erwarb und es zu einer Niederlassung der Firma auf der Insel Matupi transportieren ließ. Noch im selben Jahr wurde es vom Museum für Völkerkunde in Berlin angekauft und zunächst nach Hamburg verschifft. Von hier kam es dann im Februar 1904 ins Museum für Völkerkunde in die heutige Stresemannstraße in Berlin. (…) 

1970 wurde unser Luf-Boot schließlich aus dem Dornröschenschlaf geweckt und kam in die Dauerausstellung des Ethnologischen Museums, in der es bis 2017 verweilte. Dann schloss das Museum in Dahlem seine Pforten und die Vorbereitungen für den großen Umzug in das Humboldt Forum in Berlin-Mitte begannen.“ (3) 




Vitrine 4 „Erworben“ 

„Der Historiker Götz Aly erzählt in seinem (eben) erschienen Buch "Das Prachtboot" die erschreckende Geschichte eines der spektakulärsten Objekte, das im Humboldt-Forum gezeigt werden wird: des "Luf-Boots", das, so Aly, 1903 in der damaligen Kolonie Deutsch-Guinea geraubt wurde.“ (2) 

„Das Luf-Boot, zeigt Alys ebenso schmissig geschriebene wie umfassend recherchierte Studie, ist keineswegs auf faire und gerechte Weise vom Deutschen Reich erworben worden, wie es die Staatlichen Museen suggerieren. Vielmehr gelangte es am Ende eines jahrzehntelangen Prozesses der Ausrottung und Verdrängung der Ureinwohner Ozeaniens ohne nachweisbare Bezahlung in den Besitz eines „weithin bekannten Kunsträubers und Kulturschänders“ (Aly). Das Prachtboot der Südsee-Sammlung im Humboldt Forum ist, anders gesagt, ein Stück koloniales Raubgut.“ (7)

„Ellmenreich: Wie sind die nach Berlin gekommen ins Ethnologische Museum? Deterts: Auch ganz unterschiedlich. Die meisten wurden angekauft. Ein Boot, das größte unserer Boote, von der Insel Luf. Das ist eine Insel, die heute zum Staat Papua-Neuguinea zählt. Das ist angekauft worden und 1899 wurde es auf Luf gesehen in einem Bootshaus, konnte dort aber, weil es nur noch wenige Männer vor Ort gab, nicht mehr fortbewegt, geschweige denn gesegelt werden, und ist dann von einer deutschen Handelsgesellschaft, Hernsheim & Co, angekauft worden, dem Ethnologischen Museum in Berlin angeboten worden und dann 1904 nach Berlin gekommen.“ (4) 

„Der Hamburger Unternehmer Eduard Hernsheim, einer der größten Player im Pazifik, hörte von einem angeblichen Überfall auf seine Handelsstation auf Luf. Untertänigst bat er Bismarck deshalb um "häufigeren Besuch" deutscher Kriegsschiffe. Bismarcks Strafexpedition erreichte die Insel an Weihnachten. Obwohl die rund 400 Bewohner keine Gegenwehr leisteten, töteten die Soldaten etwa die Hälfte von ihnen und brannten alle Häuser und Schiffe nieder. 20 Jahre später besuchte der damalige Direktor von Hernsheim & Co, Max Thiel, die Insel. Die überlebenden Lufiten hatten ein neues Bootshaus und ein neues, großes Boot gebaut. Für Hernsheim war der Handel mit geplünderten "Kuriositäten" von den Inseln ein wichtiger Geschäftszweig neben den Plantagen. Er wusste, dass Luschan, inzwischen Leiter der Ozeanien-Abteilung im Berliner Völkerkundemuseum, außer Schädeln nichts so liebte wie Schiffe. Er schaffte das Boot von der Insel und verkaufte es ihm für 6000 Mark.“ (2)


 

Vitrine 5 „Gesammelt“ 

 „Über eine weitere von den Marinesoldaten des Kanonenboots Möwe exekutierte Strafexpedition berichtete der Südseereisende Wilda, den Dr. Schnee zur Teilnahme eingeladen hatte. Diesmal zielte die »Züchtigung« auf die »verhältnismäßig sehr wohlhabende« Bevölkerung von Buka, der nördlichsten Insel der Salomonen-Gruppe. Wie üblich sicherten sich die deutschen Herren »die ethnographisch wertvollen Sachen«, bevor sie alle erreichbaren Hütten in Flammen aufgehen ließen. In diesem Fall wurde die Aneignung musealer Herrlichkeiten dokumentiert und als strafweise »Fortnahme des Besitzes« umschrieben. Dr. Schnee kümmerte sich persönlich darum, dass zwar die Kanus wie üblich zerschlagen oder angezündet, aber »die guten Fischernetze aus Brotfruchtfaser sorgfältig« verpackt und nach Berlin verfrachtet wurden.“ (1) 

„Die Museumsleute kauften im großen Stil bei skrupellosen Plünderern ein. Sie wirkten an den "Völkerschauen" mit. Sie hatten teils Karrieren wie Franz Emil Hellwig, der sich als "Wildschweinjäger, Fabrikbesitzer, Hausierer, Uhrmacher" versucht hatte, bevor er - aus der Südsee zurückgekehrt - Kurator im Hamburger Völkerkundemuseum wurde. Schon damals mokierten sich Wissenschaftler über den "methodisch unfertigen Zustand der Ethnologie" und die "sinnlose Anhäufung von Gegenständen, besonders ... aus unseren Kolonien“. Und dann ist da noch die Vorarbeit, die Ethnologen und Anthropologen für die Rassenlehre leisteten: Überschwänglich dankte der Freiburger Anatom Eugen Fischer etwa für die "Liebenswürdigkeit", dass ihm, gleich nach der Hinrichtung ihrer Besitzer, zwei "Papuaköpfe" in "Formol" geschickt wurden. Bernhard Meyer vom Ethnographischen Museum in Dresden bettelte um "Menschenschädel" und "ganze Skelette", auch "aus Gräbern“.“ (2) 

„Georg Thilenius, Direktor des Hamburger Völkerkundemuseums, (gab) den Teilnehmern der Südsee-Expedition von 1908 den Auftrag, bestimmte Gebiete „leerzuforschen“.“ (7) 

„Von November 1902 bis Januar 1903 war (Franz Emil) Hellwig als Sammler ethnographischer Gegenstände im Auftrag der Firma Hernsheim an Bord der Gazelle. U. a. zusammen mit dem Regierungsarzt Otto Dempwolff und dem Kaufmann Heinrich Rudolph Wahlen besuchte er verschiedene Inseln. Auf der Insel Luf (1° 31' 60" S, 145° 4' 6" O) nahe den Admiralitäts-Inseln blieb er alleine zurück, um Sitten und Sprache der Einheimischen zu studieren. Im Jahre 1904 begab er sich wieder nach Deutschland. Die auf diese Expedition gesammelten Gegenstände wurden von Max Thiel, Direktor von Hernsheim an Georg Thilenius, den Direktor des Völkerkundemuseums Hamburg für 20000 M verkauft. Aus den Erlösen seiner privaten Sammlertätigkeit konnte Hellwig 1907 in Halle ein Kolonialwarengeschäft erwerben. In den Jahren 1908 bis 1910 nahm er an der Hamburger Südsee-Expedition, die im ersten Jahr von Friedrich Fülleborn geleitet wurde, als Sammler und Photograph teil. Nach Ende der Expedition wurde Hellwig am Völkerkundemuseum in Hamburg beschäftigt.“ (6) 

 „Aly: Um ihr Gewissen zu beruhigen, behaupteten die vielfach räuberisch vorgehenden Sammler gern, sie würden die Zeugnisse untergehender Kulturen retten. Diese Form der Rechtfertigung hält sich bis heute. Aber die sogenannten Retter gehörten selbst zu den europäischen Stoßtruppen kultureller Verwüstung.“ (8) 

 Vitrine 6 "Weltweit einmalig“ 

„Aly: Das Reiseboot ist wunderschön und ein höchst wichtiges, ja strahlendes Weltkulturerbe. Aber warum existiert von diesem Bootstyp nur noch ein einziges Exemplar auf der Welt? Die Antwort darauf führt in ein düsteres Kapitel deutscher Kolonialgeschichte.“ (8) 

„Weltweit einmalig“ (Stiftung Preussischer Kulturbesitz. „Wie man sich das »Kaufen« der Agenten Hernsheims beziehungsweise die fließenden Übergänge zwischen Abpressen, Übervorteilen, Betrügen und Rauben vorstellen muss, schilderte Richard Parkinson 1904 in einem Brief an das Berliner Völkerkundemuseum: »Die Firma Hernsheim & Co. hat [die Inseln] Maty [Wuvulu] und Durour [Aua] rattenkahl absammeln lassen; es ist ein ethnographischer Raubzug, wie ich ihn noch nicht gesehen [habe].« Allerdings hatte Parkinson knapp vier Jahre zuvor selbst von Luschan gefordert, »einen ständigen Agenten« für die Südsee zu ernennen, der dort möglichst viele »größere wertvolle Sammlungen« erwerben solle, bevor überhaupt nichts mehr zu haben sei: »Es ist erstaunlich, wie schnell jetzt alle Sachen verschwinden, auch das Allergewöhnlichste wird allmählich zu einer Seltenheit.«“ (1) 

„Im Sommer 1882 erfuhr Eduard Hernsheim, der gerade in Deutschland weilte, dass seine Station auf einer Nachbarinsel von Luf von Eingeborenen niedergebrannt und eines seiner Schiffe zerstört worden war. Daraufhin erwirkte er beim Reichskanzler Bismarck eine militärische Strafaktion, die vom 26. Dezember 1882 bis zum 5. Januar 1883 durch das Kanonenboot „Hyäne“ und die Korvette „Carola“ vollzogen wurde. In diesen elf Tagen zerstörten die Mannschaften der beiden deutschen Schiffe sechs Dörfer, zahlreiche Hausgeräte und Pflanzungen und mehr als fünfzig „Kanoes“, darunter zahlreiche Exemplare von der Größe und Qualität des Luf-Boots. Die Bevölkerung, deren Lebensgrundlage vernichtet war, sollte sich von diesem Schlag nicht mehr erholen. Hatten vor der Aktion bis zu vierhundert Menschen auf Luf gelebt, so waren es wenige Monate später nur noch etwa sechzig.“ (7) 




Vitrine 7 „Mahnmal des Schreckens“ 

 „In den 1880er Jahren unterwarf die deutsche Kaiserliche Kriegsmarine einen Teil von Neuguinea und umliegender Inseln, den hinfort so bezeichneten Bismarck-Archipel.“ (1) „Mit (Götz) Alys Buch ist das "liebe Luf-Boot" nun ein ebenso unmögliches Exponat geworden. Die Leute, die es nach Berlin brachten, sind verantwortlich für den Untergang eines Volks und seiner Kultur.“ (2) „In einer ersten Reaktion erklärte eine Sprecherin der SPK gegenüber der SZ, man werde das Boot weiterhin zeigen - nur jetzt als "Mahnmal der Schrecken der deutschen Kolonialzeit". 

Auf die Herkunft des Boots und die Strafexpedition, in deren Zuge etwa die Hälfte der Bewohner getötet wurde, soll in der Ausstellung eingegangen werden.“ (2) 

„Das heutige Papua-Neuguinea ist eines der ärmsten Länder der Welt.“ (8) 

Vitrine 8 „Auktionsbewertung 160 000 bis 200 000 Euro“ 

„Einzelne Stücke aus Hellwigs Raubgut werden bis heute gehandelt. So konnte man 2014 die Ankündigung »Museale Neuguinea-Figur unterm Hammer« lesen. Das hochvornehme Wiener Auktionshaus Dorotheum, 1938 bis 1944 führend an der Versteigerung des Eigentums entrechteter, geflohener und ermordeter Juden beteiligt, veranstaltete die Auktion, zu der mit folgendem Text eingeladen wurde: »Spitzen-Objekt der Dorotheum-Auktion ›Stammeskunst / Tribal Art‹ vom 24. März 2014 ist eine sehr seltene, alte Aufsatz-Figur einer ›Heiligen Flöte‹ der Biwat ( ... ) von vorgelagerten Inseln im Nordosten Neuguineas. Gesammelt im Jahr 1904 von dem deutschen Abenteurer und Kaufmann Franz Emil Hellwig. ( ... )“ 



Vitrine 9 „Nur ein Boot“ 

„Die originalen Eingangsbücher und Inventare enthalten wesentlich deutlichere und zahlreichere Hinweise auf das Sammeln wertvoller Ethnographica mit Hilfe von Kanonenbooten und im Kontext ungezählter sogenannter Strafexpeditionen. Genau deshalb weigern sich die meisten Direktoren ethnologischer Museen bis heute, die großen handgeschriebenen ursprünglichen Verzeichnisse, also die dokumentarischen Grundlagen ihrer Bestände, der interessierten Öffentlichkeit in digitaler Form zugänglich zu machen.“ 

 „Aly: Ich habe die Inventare des Berliner Ethnologischen Museums zur Südsee durchgelesen, insgesamt sieben handgeschriebene Folianten. Das geht sehr schnell. Vieles wiederholt sich. Dabei fällt auf, dass in der öffentlich zugänglichen Datenbank der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die längst nicht alle Stücke enthält, eine »Strafexpedition« zur »Expedition« verniedlicht wird, da wird ein Max Braun als Sammler geführt und nicht mitgeteilt, dass er Unterzahlmeister des Kanonenboots »Möwe« war, der Sammler Jakob Weisser diente in ähnlicher Funktion auf dem Kanonenboot »Hyäne«, da wird ein Auktionshaus in London, das regelmäßig koloniales Raubgut unter den Hammer brachte, zur »Sammlerin Webster«.“ (8) 

 „Aly selbst schlägt vor, der Republik Papua-Neuguinea, auf deren Territorium die Insel Luf liegt, das Auslegerboot zunächst rechtsgültig zu übereignen. Über eine Rückführung könne man später immer noch reden.“ (7) 

 „Aly: Angemessen erklärt führt dieses zum Museumsobjekt gemachte Boot mitten hinein in die deutsche Kolonialpolitik, zu den Bestrafungsbefehlen des Reichskanzlers Otto von Bismarck und zur grausamen Behandlung der Menschen in den deutschen »Schutzgebieten«. Außerdem ist dieses Boot das letzte Zeugnis einer großen Kultur. Es kann 50 Menschen tragen, gegen Wind kreuzen, ist hochseetüchtig. Es gibt eine Vorstellung davon, mit welchen Fahrzeugen die entlegensten Südseeinseln vor vielen 1000 Jahren besiedelt wurden – zu einer Zeit, als man im heutigen Deutschland noch in Höhlen hauste.“ (8) 

 „Zunächst sollten wir uns – konkret die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – als Treuhänder und Bewahrer dieser Kulturschätze verstehen. Ich bin unbedingt dafür, dass sie öffentlich gezeigt werden. Ich plädiere aber auch dafür, in den Museen endlich damit zu beginnen, die kolonialen Gewaltgeschichten zu erzählen. Der Betrachter soll mit dem Zwiespalt zwischen jahrtausendealter Hochkultur und moderner Brutalkultur konfrontiert werden. Wie der Staat Papua-Neuguinea auf die Dauer reagiert, das werden wir sehen, aber ich bin dafür, dass wir diesen Staat rückwirkend als Treugeber betrachten und uns nicht als Eigentümer sehen. Wie es dann weitergeht, das ist eine Aufgabe für die nächste Generation. Es sollte nichts übereilt geschehen.“ (9) 

Literatur 

(1) Götz Aly: Das Prachtboot. Frankfurt/M. 2021 Leseprobe daraus in: Perlentaucher 11.5.2021 https://www.perlentaucher.de/vorgeblaettert/goetz-aly-das-prachtboot-leseprobe.html 

(2)Jörg Häntzschel: Raubkunst:"Mahnmal der Schrecken". Das Luf-Boot soll auch weiterhin im Humboldt-Forum gezeigt werden, erklären die Verantwortlichen in ersten Reaktionen auf das neue Buch von Götz Aly. In: Süddeutsche Zeitung, 10. Mai 2021 https://www.sueddeutsche.de/kultur/humboldt-forum-restitutionsdebatte-raubkunst-kolonialismus-goetz-aly-1.5290781 (2) Jörg Häntzschel: Koloniale Raubkunst: Das neue Buch von Götz Aly: Unmögliches Exponat. In: Süddeutsche Zeitung 10. Mai 2021 https://www.sueddeutsche.de/kultur/luf-boot-humboldt-forum-goetz-aly-1.5289074 

(3) Von der Insel Luf ins Humboldt Forum: Die Geschichte eines Südseebootes. Blog Staatliche Museen zu Berlin. Stiftung Preussischer Kulturbesitz, 25.Mai 2018 

(4) Südseeboote in BerlinTeil der Identität der Kulturen im Pazifik. Dorothea Deterts im Gespräch mit Maja Ellmenreich: Im Humboldt-Forum sollen die Südseeboote des Ethnologischen Museums Dahlem einmal einen prominenten Platz einnehmen. Deutschlandfunk 13.8.2015 https://www.deutschlandfunk.de/suedseeboote-in-berlin-teil-der-identitaet-der-kulturen-im.691.de.html?dram:article_id=328255 

(5) Lars Spannagel: Museen Dahlem Ein letzter Besuch vor dem Umzug ins Humboldt-Forum, in: Der Tagesspiegel 2.1.2016 https://www.tagesspiegel.de/kultur/museen-dahlem-ein-letzter-besuch-vor-dem-umzug-ins-humboldt-forum/12781932.html 

(6) Franz Emil Hellwig; Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Emil_Hellwig 

(7) Andreas Kilb: Pazifizierung im Schutzgebiet Kein fairer Erwerb: Der Historiker Götz Aly führt den Nachweis, dass ein ethnologisches Vorzeigestück des Humboldt-Forums koloniales Raubgut ist. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.6.2021 https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2021-05-08/118d3dc17f5203176d36b866db6b36f5/?GEPC=s2&fbclid=IwAR3fH3SitprFBKeo6UJE09a8XoPQDw6dje-u8RWpPZVyEUh0_G_Extt373U 

(8) »Die Deutschen zerstörten ein Paradies – und behaupten bis heute das Gegenteil« Ein Segelboot von der Südseeinsel Luf soll ein Highlight der Ausstellung im Berliner Stadtschloss werden. Der Historiker Götz Aly sagt: Das Exponat steht für ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte. Ein Interview von Felix Bohr und Ulrike Knöfel in: Der Spiegel 8.5.2021 https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa 

(9) »Schuld und Sühne sind keine historischen Kategorien«. Ein geraubtes Boot aus der Südsee und seine Folgen: Ein Gespräch mit dem Historiker Götz Aly über das Erbe des deutschen Kolonialismus. Ijoma Mangold im Gespräch mit Götz Aly, in: Die Zeit, 11.5.2021 https://epaper.zeit.de/article/6c5134ed9e7a2946129495850675efc8ea48e6bc252cd6cef0bcadc033c827ab?fbclid=IwAR1y-9k7dng85KUHiHv2RgIeafO6yJiYVQKluMUAZOjfK14pjoGZ_eIetRQ

Samstag, 1. Januar 2011

Das Trennungsmuseum

Vielleicht die richtige Art und Weise, den Blog im neuen Jahr zu starten: das Museum der zerbrochenen Partnerschaften vorzustellen. Das Museum existiert schon länger als ambulante, an vielen Orten gezeigte Ausstellung. Nun hat es einen festen Sitz in Zagreb, ist täglich von 9 bis 21 Uhr offen und hat eigenem Bekunden nach bis zu tausend Besucher pro Tag.
Eine ästhetisch wie funktionell ansprechende und professionelle Webseite gibt einem nicht nur die nötigen Informationen und eine Vorstellung vom Museum sondern öffnet verschiedene Wege sich zu beteiligen, mit dem Überlassen von 'Trennungsobjekten', dem Schreiben von e-mails, dem Zuschicken von Fotos.
Last but not least kann man sich (alle?) Ausstellungsobjekte anschauen - mit den 'anhängenden' Trennungsgeschichten. Eine Axt etwa diente einem Berliner, die Möbel der Frau, die ihn verlassen hatte, zu Kleinholz zu machen: Als sie die Möbel abholen wollte, hatte ich alles fein säuberlich zu Haufen arrangiert. Sie nahm sie mit und wir trennten uns im Guten.
Gefällt mir sehr, eine schöne Idee, die intelligent mit dem Status von Museumsobjekten umgeht, die ja immer so etwas wie Lebensspuren hinter sich herziehen.
Möglicherweise kommt ja bald ein zweites Museum, mit einer verwandten Idee. Orhan Pamuk, der türkische Nobelpreisträger, arbeitet ja schon länger an einem 'Museum der Unschuld', dessen ihm zugrundeliegende Trennungsgeschichte Thema des gleichnamigen Buchs ist, das Pamuk selbst als 'Katalog' des kommenden Museums bezeichnet.
Wer Pamuks Buch lesen will, der sei gewarnt. Ich habe viele Freunde, die die Lektüre aufgegeben haben. Es gibt da eine Entwicklung einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte über die Trennung zu einem sprachlosen Nebeneinander, das der 'Held' der Geschichte herbeiführt, indem er regelmäßig die Verwandten seiner Geliebten besucht. Tag um Tag, Stunde um Stunde sitzt er vorm Fernseher und sonst passiert nichts. Außer daß er manisch alles aufliest (oder auch klaut) was an Dingen mit seiner Geliebten in Verbindung zu bringen ist. Das geht so an die oder mehr als 200 Seiten, und an der langen Passage des Buchs, wäre ich auch fast gekentert. So etwas quälend Leeres und Langsames hatte ich noch selten gelesen. Aber aus dieser Aufsammlung, die der etwas Irre da zusammenliest, entsteht das 'Museum der Unschuld'.
Das dann 2010, als Istanbul Kulturhauptstadt war, schon hätte eröffnen sollen, aber wegen Querelen um die Subvention noch nicht eröffnet wurde.

Montag, 8. Dezember 2014

Kriterien für ein neuartiges Museumsranking

Spielregeln: Man denke von dem Land aus, in dem man wohnt (Australier nehmen Europa, s.u.) und versuche ein Museum oder mehrere zu den jeweiligen Anforderungen zu finden.

Ein Museum, für das ein befreundetes, an innovativen Museen interessiertes Ehepaar die teure und weite Reise von Australien nach Europa auf sich nimmt.  

Ein Museum, in dem sie ein Zwillingspaar (eineiig, twitteraffin, spätpubertär) zwei Stunden lang von ihren iPhones ablenken können. 

 Ein Museum, das an einem Wochenendtag einer Drei-Generationen-Familie (12-köpfig) Spaß machen würde.

Ein Museum, in das sie selbst gehen würden, selbst dann, wenn freundliches, sommerliches Badewetter herrschte. 

Ein Museum, das eine patriotische Lehrerin (man denke etwa an Gabi Teichert in Alexander Kluges "Patriotin") als geschichtsarchäologisches Feld der subversiven Erforschung der Landesgeschichte nutzen könnte. 

Ein Museum, das ein Attac-Betriebsausflug mit dem Gefühl verläßt, etwas dazugelernt zu haben. 

Ein Museum, dessen Besuch erfreulich verläuft, obwohl es verkehrstechnisch sehr ungünstig liegt, das Wegleitsystem sehr mangelhaft, das Gebäude abweisend, das Personal schlecht gelaunt ist und zu allem Überfluss die Preise überhöht sind.  

Ein Museum, von dem sie beschließen, es unbedingt noch in derselben Woche zu besuchen, obwohl sie es mit Rücksichtnahme auf desinteressierte Begleitung nur eine knappe dreiviertel Stunde sehen konnten.

Ein Museum, von dem sie ziemlich sicher sind, daß sie Freunde, die sie hinschicken, ihnen noch Jahre später von ihrem Besuch erzählen werden. 

Ein Museum, für dessen Besuch sich der Schriftsteler und Schöpfer des "Museums der Unschuld", Orhan Pamuk, der viel Inspiration aus europäischen Museen für sein Museum gezogen hat, anschließend sehr herzlich bedankt. 

Ein Museum, das einen Museologen dazu inspirierten würde, sofort einen gutgelaunten Beitrag für seinen Blog zu schreiben. 

Ein Museum, in dem eine Gruppe politisch aktiver Feministinnen nicht wuterfüllt gegen die Wände treten würden. 

Ein Museum, das für wenigstens kurze Zeit einer Gruppe älterer Menschen, die einen Ausflug aus ihrem Heim gestattet bekommen haben, ihre kleinen und nicht so kleinen Gebrechen vergessen läßt.

Ein Museum, dessen kostenlosen und geführten Besuch sie als Preis für einen Kochwettbewerb von Bäurinnen ausloben könnten. 

Ein Museum, das weder von ICOM Österreich noch vom Österreichischen Museumsbund eine Museumsplakette erhalten würde, dennoch aber viele Besucher erfreut. 

Ein Museum, in dem eine Gruppe eines Volkshochschulkurses vergisst, daß sie anschließend eigentlich noch Töpfern wollten. 

Ein Museum, das dreieinhalb Stunden so vergnüglich ist wie Stefan Herheims „Xerxes“-Inszenierung an der Grazer Oper. 

Ein Museum, das drei befreundete türkische Mittelschülerinnen (17) bei knappem Taschengeld ausnahmsweise einem Discobesuch vorziehen würden. 

Ein Museum, durch das eine Gruppe von vierzig männlichen Mitarbeitern des mittleren Managements einer Großbank geführt werden ohne daß es später am Pissoir zu blöden Sprüchen über den Museumsbesuch kommen würde. 

Ein Museum, das Durchreisende bei einem insgesamt eindreiviertel Stunden dauernden Aufenthalt in einer Mittelstadt zufällig und weil ihnen nichts besseres einfällt, aufsuchen und darüber den Anschlusszug versäumen.

 

Wird fortgesetzt 

Neue Kriterien werden gerne entgegengenommen

Montag, 22. Februar 2021

Das Mmuseumm in New York (Aus der Serie "Ein Museum")


 

Das Mmuseumm wurde 2012 gegründet. Es nennt sich gelegentlich das kleinste Museum der Welt. Denn es entstand in einem Lastenaufzug in Manhattan, wenige Quadratmeter groß. Seine Besonderheit liegt aber nicht im winzigen Ausmaß, sondern in der Auswahl der Objekte und im Konzept, wie diese Objekte vermitteln sollen.

Nämlich was und wie?

„For such a small space, Mmuseumm packs in quite a bit. New collections on display include objects from knockoffs of American fast-food brands from Iran; a number of Trump products; and group of “Personal Items of Immigration,” found in the desert at the Arizona-Mexico border. Down the block, in a separate but similarly modest space, is a remarkable-looking stand-alone display: a “Future Aleppo” model made of wood, paper, and other objects by a 14-year-old Syrian named Mohammed Qutaish, who plans to be an architect some day.“
Es können aber auch Kleidungsstücke der Großmutter des Museumsgründers Alex Kalman, ausgestellt sein, oder Objects carried by people of color in the US when they were shot and killed by police, oder Verpackungen von Waren, deren Herstellung Sklavenarbeit benötigt. Und dann all die Dinge, die von Sicherheitsbehörden mal für Bomben gehalten wurden, aber zum Glück keine waren: ein ausgestopftes Spielzeugpferdchen, eine Box mit einem elektrischen Nasenhaartrimmer. In all der Unschuld, die sie im Moment der Kontrolle kurzzeitig verloren. Wir lernen: Es ist der Kontext der Zeiten, die den Dingen ihre Bedeutung verleiht.“

„I mean that several of the object-groups speak directly to current events. But I do not mean that they do so in some kind of material-culture equivalent to the opportunistic “hot take” style so popular in the media of the moment. While the hot take merely capitalizes on and ricochets off the news wihthout adding much of use, these (and some other) object collections in the new Mmuseumm season do something like the opposite: They both deepen and complicate the current moment. They certainly don’t tell us what to think. But they absolutely do tell us that thinking is what we should do.“



Und was ist das für ein Museum und wo findet es sich?

„Man muss die winzige Cortlandt Alley, versteckt hinter dem unteren Broadway, erst einmal finden. Dort, wo in den Fernsehserien typischerweise der Schlägertrupp wartet oder die Leiche liegt, ist ein einladendes Licht. Hell scheint es aus einem Lastenfahrstuhl, dessen Türen an den Wochenenden von 12 bis 18 Uhr offen stehen. Dann sitzt auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Studentin auf einem Stuhl und liest – die Museumsaufsicht. Von der gegenüberliegenden Straßenseite hat sie das gesamte Objekt im Blick. Genau genommen ist sie die Mmuseumms-Aufsicht, denn dem Museum ist in seiner offiziellen Schreibweise vorn und hinten jeweils noch ein zusätzliches M angeklebt, wie um den Hallraum des kleinen Wortes zu vergrößern.“

„The difficulty with giant, encyclopedia museums such as the Metropolitan Museum of Art is that it’s hard to get in and out without generalized feelings of inadequacy.
You may have seen the blockbuster exhibition you came for, plus the Impressionist wing and a photography show on route. But in the process you missed Arms and Armor and Arts of Africa, Oceana and the Americas.
This isn’t a problem at Alex Kalman’s Mmuseumm on Cortlandt Alley in Tribeca.
Mr. Kalman, 29, has created a full-fledged natural history museum in a space the size of a walk-in closet.
I know what you’re thinking. How great can a museum be that isn’t much larger than one of the stalls in MOMA’s men’s room? Why should.“

Und die Ausstellungen?

„Alex Kalman selbst sagt, man könne auch seine Ausstellungen durchaus als eine Form von Magazinjournalismus betrachten. »Object Journalism« nennt er es. Die wunderlichen Sammlungen, die er ausstellt, würden ihm von Leuten aus aller Welt nahegebracht, weil sich herumgesprochen hat, dass er in seinem Mmuseumm so etwas ausstellt. Oder das Museum stellt sie selbst her: Die Goldmünzen des Islamischen Staates zum Beispiel. Sehen ganz niedlich aus, eigentlich. Man soll mit seinem Handy die Hotline des Museums anrufen, sagt ein Schild, und dann die Objektnummer eingeben. Eine sonore Erklärstimme erklingt dann und erläutert, dass zu den Dingen, die eine politische Körperschaft ausmachen, eine eigene Währung gehöre. Gleichzeitig erinnert die Stimme daran, dass auch Peep-Shows manchmal spezielle Peep-Show-Münzen hätten, der Club Med seine berühmte Club-Med-Perlen und Youtube seine Clicks. Dass es die IS-Münzen möglicherweise nur hier, in New York, wirklich gibt, anders als all die anderen Ausstellungsstücke, ist eine ironische Volte. Das Museum hat sie anhand der Informationen, die den großspurigen Verlautbarungen des IS zu entnehmen waren, einfach mal gegossen; ob sie in seinem Herrschaftsbereich tatsächlich in Umlauf sind, weiß nur, wer lebensmüde genug ist hinzufahren.“

Noch einmal Kalman: „Kalman described Mmuseumm as showcasing “the contemporary vernacular.” Later, he added: “I think that Mmuseumm in one way is a form of journalism—journalism through actual objects.”



Quellen: Deutsche und englische Wikipedia; Peter Richter, Alles vom Kleinsten, Süddeutsche Zeitung Magazin, 6.10.2016 https://sz-magazin.sueddeutsche.de/kunst/alles-vom-kleinsten-82894
Wall Street Journal 31.5.2015. Rob Walker: Object Journalism at Mmuseumm, Design Observer, 5.5.2015 https://designobserver.com/article.php?id=39289 - Die Webseite des Museums ist leider unergiebig, Informationen gibt es nur hinter einer Bezahlschranke.

Dienstag, 20. Mai 2014

Das "Museum der Unschuld" in Istanbul hat den diesjährigen Museum of the Year Award erhalten.

Das vom Schrifsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk geschaffene "Museum der Unschuld" in Istanbul hat heuer den European Museum of the Year Award erhalten.
Diesmal trifft es punktgenau ein Museum, das das zentrale Kriterum des Preises, "Innovativität", wunderbar erfüllt.

Hier habe ich einen (ersten und noch vorläufigen) Versuch gemacht, das Museum ein wenig zu beschreiben und hier findet man die "Elf Museumsgebote", die Pamuk im Laufe seiner Arbeit am gleichnamigen Roman und am Museum entwickelt hat.

Montag, 25. Februar 2013

Mikroausstellung "Saliera"



"Schatzfund" im Waldviertel

Innen- und Bildungsministerien

Wilfried Seipel nimmt die wiedergefundene Saliera in Empfang

Einer der (milderen) Vorwürfe gegen den Generaldirektor: er habe die wiedergefundene Saliera mit bloßen Händen angegriffen. Hier steckt er den Dreizack, den der Dieb als beweis seines Besitzes verschickt hatte, in die Saliera


TV-Werbung für die Kunstkammer. Maximilian Schell

Die Saliera, ein Salz- oder Pfefferfass, wurde vom italienischen Bildhauer und Goldschmied Benvenuto Cellini (1500-1571) für Franz I. von Frankreich von 1540 bis 1543 anfertigt. Es ist Cellinis einzige erhaltene Goldschmiedearbeit.
Dargestellt sind Neptun, der Gott des Meeres, mit einer Hand ein Schiff als Salzbehälter haltend und von vier pferdeartigen Wesen mit Rossleib und Fischschwänzen getragen, und Tellus, die römische Göttin der Erde. Sie sitzen einander gegenüber, "die Beine anmutsvoll ineinander geschoben" (Cellini). An ihrer Seite befindet sich ein Tempelgebäude, das als Behälter für Pfeffer dient, sowie die Darstellungen von Landtieren und einem von Blüten und Früchten strotzendem Füllhorn. In den acht Nischen des Sockels findet man Darstellungen der Jahreszeiten sowie der Morgenröte, des Tags, der Dämmerung und und der Nacht.

Kardinal Ippolito d’Este von Ferrara hatte bei Cellini das Salzfass in Auftrag gegeben, zog den Auftrag aber zurück. Cellini nahm das Modell mit auf seine Reise nach Frankreich und zeigte es dort Franz I. Er erteilte Cellini den Auftrag zur Ausführung des Salzfasses. Es gelangte später als Geschenk des französischen Königs Karl IX. an Erzherzog Ferdinand II. von Tirol und damit in habsburgischen Besitz. Das Salzfass war Teil der Kunstsammlung von Schloss Ambras und wurde im Zuge der Auflösung dieser Sammlung in das Kunsthistorische Museum in Wien überführt. 

Im Mai 2003 wurde die Saliera aus dem Kunsthistorischen Museum gestohlen. Der Diebstahl wurde durch die Einrüstung des Museums erleichtert. 2006 wurde der Dieb gefasst und die Saleria, die er in einem Waldstück in eine Kiste verpackt vergraben hatte, geborgen. Der Täter, Chef einer Alarmamlagenfirma, wurde zu fast drei Jahren Haft verurteilt und ist inzwischen vorzeitig entlassen. Der damalige Generaldirektor des Museums Wilfried Seipel wurde wegen der mangelhaften Sicherheitsstandards des Museums massiv angegriffen und zum Rücktritt aufgefordert.

»Durch den Diebstahl hat das Kunsthistorische Museum seine Unschuld verloren«, erinnert sich Georg Leithe-Jasper, der frühere Direktor der Kunst- und Schatzkammer des KHM, des eigentlichen Standorts der Saliera. »Die Reaktion meiner Kollegen vom Louvre bis zur Eremitage war erschütternd. Es stimme also doch, sagten sie, das KHM sei ein unseriöses Haus geworden.« (Rainer Himmlefreundpointner: Gelegenheit, Nacht, Diebe.Wie es gelang, die "Saliera" aus dem angeblichen "Bollwerk" zu stehelen. In: DIE ZEIT online, 9.2.2006)

Mit der Eröffnung der sogenannten Kunstkammer im März 2013 rückt die Saliera als eines der kostbarsten Stücke des Museums wiederum ins Zentrum der Aufmerksamkeit.