Mittwoch, 1. März 2023

Was ist eine barocke Statue schon im Vergleich zu einem Führungstreffpunkt? (Texte im Museum 1126)




 

Das Mission Statement des Heeresgeschichtlichen Museums (Texte im Museum 1125)

Wer derzeit das Heeresgeschichtliche Museum besucht, findet dort noch diesen Grundsatztext, der zwischen Marketing, Mission Statement und Aufgabenbeschreibung einordenbar ist.

Er läßt zunächst keinen Zweifel an der Bedeutung des Museums aufkommen - als ältester Museumsbau Wiens und mit einem herausragendem internationalen Ruf ausgestattet.

Die Charakterisierung als Imageträger und Repräsentationsort des österreichischen Bundesheeres engt die tatsächliche Funktion des Museums auf ein Berufs-Museum ein und unterschlägt die Rolle als historisches Museum, das sich mit österreichischer Geschichte befasst. In dieser Verengung deckt sich der Text überhaupt nicht mit dem, was man in der Ausstellung vorfindet. Da nimmt das Bundesherr (im Haupthaus) eine verschwindend kleine Rolle ein. Was man hier erwarten würde, die Rolle des Museums innerhalb der geistigen Landesverteidigung, fehlt erstaunlicherweise. Welche Beziehung zwischen der Geschichte der kaiserlichen Armee und dem österreichischen Bundesheer besteht, bleibt ungeklärt.

Als Hauptaufgabe wird denn auch die Darstellung der Geschichte des österreichischen Soldaten genannt. Noch dazu mit dem Adjektiv objektiv, einer völlig unhaltbaren scheinneutralen Position, die im krassen Widerspruch zur von vielerlei Ideologien (Patriotismus, Heldentum, Opfermut, Kaisertreue uam.) durchdrungenen Präsentation im Museum steht. Auch die versprochene Konzentration auf den Soldaten wird vom Museumskonzept völlig konterkariert, das Feldherren, Schlachten, Waffen usw. ins Zentrum rückt und den Soldaten weithin als bloße Staffagefiguren zur Vorführung von Uniformen instrumentalisiert. Es ist gerade der Verzicht bemerkenswert über Themen wie Rekrutierung, Einberufung, Motivation oder Erfahrung mit Angst, Verletzungen, Traumatisierung, Tod, Widerstand, Flucht zu sprechen.

Der Rest des Textes führt Quantitatives vor: die schiere Sammeltätigkeit, das hohe Alter der Institution, die Besucherzahl, den Umfang der Sammlung. Qualitativ kann sich das Museum überhaupt nicht selbst beschreiben.

Eine Formulierung einer gesellschaftspolitischen Zielsetzung fehlt vollkommen wie auch eine Positionierung innerhalb der Geschichtspolitik Österreichs. Außer statistisch kommt auch der Ansprechpartner des Museums, der Besucher, nicht vor.

Der Text ist so etwas wie ein Grundsatztext, der die Besucher vor dem Betreten der Ausstellungen über die Haltung des Museums und seine Bedeutung informiert. Mit seinen eben benannten fragwürdigen Formulierung ist es ein Text, der wie ein Symptom einer Erkrankung auf die Gebrechen der Museumsausstellung hinweist. Vieles, was in den vergangenen vier Jahren kritisiert wurde, findet sich, gleichsam spiegelverkehrt, wieder.



Verwandtschaftsbeziehungen (Texte im Museum 1124)

 


Sonntag, 19. Februar 2023

Zukunft: Kontroversen. Der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums deklarieret sich

Stefan Weiss, Der Standard, interviewt den neuen Leiter des HGM

Einige Zitate

Hoffmann: Als Reaktion auf die beiden Expertenkommissionen und den Rechnungshof-Bericht haben wir (...) klare Regeln festgelegt: Der eingesetzte wissenschaftliche Beirat mit Präsidium wird ein Garant dafür sein, dass es völlig freie Entfaltung gibt. Der Handlungsspielraum für eine Weiterentwicklung des HGM wird groß sein. Das war für mich auch Grundvoraussetzung, um das Amt anzutreten. (…) 

Museen haben abseits der Verwaltung und Zurschaustellung von Objekten heute noch viele weitere Aufgaben: Sie müssen diskutieren, gehen stark in den digitalen Raum, werden internationaler, haben viel mehr Wechselausstellungen … Wir müssen auf gesellschaftliche Themen, die aktuell sind, reagieren. Nur mit Wechselausstellungen kann man einen diskursiven Charakter entwickeln. ...Gegenüber Rechtsextremismus gibt es eine Null-Toleranz-Politik, das ist klar. 

STANDARD: Die Initiative "HGM neu denken" wurde bisher vom Haus offiziell gemieden. Wollen Sie auf die Kritikerinnen und Kritiker zugehen?

Hoffmann: Im wissenschaftlichen Beirat ist die Initiative bereits jetzt repräsentiert. Natürlich möchte ich auf "HGM neu denken" zugehen und mit ihr gemeinsam an konstruktiven Lösungen arbeiten. Die Diskussion muss von vielen Seiten geführt werden.

Quelle: Stefan Weiss: Neuer Chef des Heeresgeschichtlichen Museums: "Kontroversen bringen uns nach vorne". Mit dem neuen Direktor Georg Hoffmann schlägt das Heeresgeschichtliche Museum einen Pfad der Modernisierung ein. Ein Gespräch über zeitgemäße Militärgeschichte und kaputte Fußböden. In: Der Standard: 18. Februar 2023


Nun mal ausschließlich optimistisch gedacht: Der neue Leiter ist offen dafür, beraten zu werden, Kontakt zu anderen Museen aber auch zur zivilgesellschaftlichen Initiative #hgmneudenken zu suchen. Er bedient sich der in den Veranstaltungen von #hgmneudenken akkumulierten Ideen. Er ist willens, auch konflikthafte Positionen zu beziehen, sowohl in der Planung als auch in der Konzeption von Ausstellungen. Er erhält die Rückendeckung für eine umfassende Neukonzeption der Dauerausstellung und ausrechend Geld, um das Museum zu sanieren.

Ich denke, es wird sich relativ rasch zeigen, ob so viel Optimismus berechtigt ist. Ein kritisches historisches Museum kann Österreich gut brauchen.