Stilsicher hat der deutsche Direktor des British Museum, Hartwig Fischer, ausgerechnet in einer griechischen Zeitung die Verfrachtung des Parthenon-Frieses durch Lord Elgin als "kreativen Akt" bezeichnet. Er stützte sich dabei auf eine etwas abstruse Argumentation. Jede Musealisierung sei nun mal eine Entfremdung eines Werkes von seinem Kontext und verglich die Inbesitznahme des Frieses durch das British Museum mit - ausgerechnet - dem Akropolismuseum, wo ja derselbe "transformative" Vorgang stattgefunden habe.
Auf die paar Kleinigekiten kommts da nicht so drauf an, etwa auf die Unterscheidung von gewaltförmigen und gewaltlosem Handeln.
Schon einer seiner Vorgänger Neil MacGregor, ein Hardliner der Sonderklasse in Sachen Restitution, zeichnete sich durch eine Haltung in Sachen Elgin Marbles aus, die nahe an der Verhöhnung lag. Entgegen der Schutzbehauptung, die Skulpturen seien nicht mehr transportfähig, lieh er welche an die Eremitage aus, während er sich hartnäckig weigerte, auch nur über befristete Leihgaben an Griechenland nachzudenken.
Ein Museumssprecher schob nach: "We believe there is a great public benefit in being able to see these wonderful objects in the context of a world collection." Also: Restitutionskonflikte und -debatten gibt es nicht nur zwischen Europa und Afrika.
Übrigens: Der Chef der Labour-Party, Jeremy Corbin, verspricht im Falle eines Sieges seiner Partei bei Parlamentswahlen die athenischen Skulpturen und Reliefs zu restituieren. Da sollte man vorsichtig sein. Der hatte auch einen Vorgänger im Amt, Tony Blair, der das schon mal aus der Opposition heraus gleichlautend ankündigte. Und das Versprechen dann schnell vergaß, als er Premierminister war.
Dienstag, 29. Januar 2019
Sonntag, 30. Dezember 2018
Currywurst als Musealie (Ein Museum, eins das zusperrt)
Es musste schon "Deutsches" heißen - Deutsches Currywurstmuseum Berlin, wiewohl Berlin als der Hauptort des Verzehrs dieser schwer einzuschätzenden Speise sein soll, mit mehreren Millionen Konsumationen per anno, achtzig in ganz Deutschland.
Wieso sperrt ein Museum, das erst 2009 gegründet wurde, über eine so erfolgreiche Mahlzeit zu? Wahrscheinlich genau deshalb. Currywurst essen und anschauen sind halt doch zwei sehr verschiedene Genüsse.
Halten wir der spät im Jahr bekannt gewordenen schlechten Nachricht von einer Museumsschließung mit dem Gedanken stand: Es gibt Dinge, die sich nicht musealisieren lassen.
Donnerstag, 27. Dezember 2018
Aufsicht
Mittwoch, 26. Dezember 2018
Fake News anno 1845
Samstag, 22. Dezember 2018
Zusperren wegen Kritik? (Sokratische Fragen 36)
Im Oktober 2018 forderte Israels Ministerpräsident Netanjahu Bundeskanzlerin Merkel schriftlich dazu auf, die finanzielle Unterstützung diverser deutscher NGOs zu „überdenken“, darunter das Jüdische Museum Berlin.
Begründung: Das Museum sei israelkritisch, habe z.B. den Anspruch Israels auf Jerusalem nicht als alleinigen anerkannt.
Sokratische Frage dazu: Sind Museen derart wichtig? Zusatzfrage: Sind Nationalmuseen derart wichtig?
Begründung: Das Museum sei israelkritisch, habe z.B. den Anspruch Israels auf Jerusalem nicht als alleinigen anerkannt.
Sokratische Frage dazu: Sind Museen derart wichtig? Zusatzfrage: Sind Nationalmuseen derart wichtig?
Freitag, 21. Dezember 2018
Schutz des Urheberrechts oder Einschränkung der Öffentlichkeit des Museums? Das Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum und der Österreichische Museumsbund sägen am eigenen Ast
Das Reiss-Engelhorn,Museum Museum hat gegen die Wikipädia-Stiftung prozessiert, weil sie ein an sich rechtefreies Richard-Wagner-Porträt aus dem Museum abgebildet hatte. Gestützt hat sich das Museum auf das in der Hausordnung verankerte Fotografierverbot und das Urheberrecht eigener Fotografien.
Das hat paradoxe Konsequenzen: Bilder, die gemeinfrei wären, weil der Urheber seit 70 oder mehr Jahren tot ist, verlieren die Gemeinfreiheit, weil das fotografische Abbild, das das Museum selbst - etwa für einen Katalog - angefertigt hat, selbst keine Gemeinfreiheit hat und das auf 50 Jahre. Da auch das Fotografieren - eines an sich gemeinfreien Werkes - verboten wird, gibt es keine gemeinfreien Museums-Bilder mehr
Dieser Sicht der Dinge hat sich nun der Deutsche Bundesgerichtshof im Fall des Reiss-Engelhorn-Museum versus Wikimedia-Stiftung angeschlossen. Eine Entscheidung, die überwiegend als katastrophale urheberrechtliche Entscheidung eingeschätzt wird.
Denn: "Wenn ein Museum die von ihm selbst erstellten Digitalisate mit Verweis auf Lichtbildrechte rechtlich unter Verschluss hält und zusätzlich auch von seinem Hausrecht Gebrauch macht und keine Fotografien durch Besucherinnen und Besucher zulässt, gibt es keinen Weg, unser aller kulturelles Erbe so frei zugänglich zu machen, wie es die Gemeinfreiheit dieser Werke rechtlich eigentlich vorsieht." (Blog der Wikimedia-Stiftung)
Praktisch betrifft der Richterspruch vor allem die digitale Verbreitung. Er trifft aber auch eine Grundlage des Museums - dessen Öffentlichkeit als steuerfinanzierter, also von der Allgemeinheit erhaltener Institution, deren eine Grundlage der daraus resultierende Gemeinbesitz der Museumsobjekte selbst ist. Das Paradoxe der Entscheidung des OGH geht also übers Urheberrecht hinaus. Er trifft, initiiert vom Museum selbst, als Kollateralschaden die Öffentlichkeit des Museums selbst, also auch seinen umfassenden Bildungsanspruch und das Recht auf umfassende und uneingeschränkte freie Zugänglichkeit.
Was immer man von der Digitalisierung von Museumsobjekten (zu welchem Zweck auch immer) halten mag: das Mannheimer Museum stemmt sich gegen eine breite Entwicklung des - auch technisch einfach geworden Fotografierens in Museen und Ausstellung und das mit einem - vermutlich einzigem - Motiv, die entgeltliche Verwertung selbst in der Hand zu behalten. Aber auch das ist eine grundsätzlicher Regelverstoß bei einer Institution deren Sinn gerade darin liegt eben keiner wirtschaftlichen Verwertung unterworfen zu sein.
Sowohl in der Konkurrenz der Museen untereinander als auch in der Außenwahrnehmung der Museen als - etwa für den Tourismus - wirtschaftlich relevant, scheint die "Rentabilität" des Museums zunehmend zum Thema zu werden. Erst kürzlich hat der österreichische Museumsbund eine Studie vorgestellt, die von ihm selbst und dann in der medialen Rezeption vor allem als Nachweis diente, daß Museen "sich rechnen".
Der Versuch, die Legitimität von Museen dadurch zu stärken, daß man ihre Wirtschaftlichkeit nachweist, wird dazu führen, daß man kulturpolitisch in Zukunft Museen vermehrt auch danach bemißt. Und das kann bei einer Institution, die traditionell in der wohlfahrtstaatlichen Idee der uneingeschränkt zugänglicher Bildung verankert ist, nur schief gehen. Die allermeisten Museen sind nun mal nicht wirtschaftlich "rentabel". Und sollen das auch gar nicht sein. Und eigentlich sollten Museen und der sie vertetende Museumsbund, genau diesen unikalen und wichtigen Status des Museums mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Was das Mannheimer Museum macht und was der österreichische Museumsbund lanciert gehört zu einer Entwicklung, die man unter der Schlagzeile "Das Museum - eine erfolgreich aufgegebene Institution" zusammenfassen kann.
Das hat paradoxe Konsequenzen: Bilder, die gemeinfrei wären, weil der Urheber seit 70 oder mehr Jahren tot ist, verlieren die Gemeinfreiheit, weil das fotografische Abbild, das das Museum selbst - etwa für einen Katalog - angefertigt hat, selbst keine Gemeinfreiheit hat und das auf 50 Jahre. Da auch das Fotografieren - eines an sich gemeinfreien Werkes - verboten wird, gibt es keine gemeinfreien Museums-Bilder mehr
Dieser Sicht der Dinge hat sich nun der Deutsche Bundesgerichtshof im Fall des Reiss-Engelhorn-Museum versus Wikimedia-Stiftung angeschlossen. Eine Entscheidung, die überwiegend als katastrophale urheberrechtliche Entscheidung eingeschätzt wird.
Denn: "Wenn ein Museum die von ihm selbst erstellten Digitalisate mit Verweis auf Lichtbildrechte rechtlich unter Verschluss hält und zusätzlich auch von seinem Hausrecht Gebrauch macht und keine Fotografien durch Besucherinnen und Besucher zulässt, gibt es keinen Weg, unser aller kulturelles Erbe so frei zugänglich zu machen, wie es die Gemeinfreiheit dieser Werke rechtlich eigentlich vorsieht." (Blog der Wikimedia-Stiftung)
Praktisch betrifft der Richterspruch vor allem die digitale Verbreitung. Er trifft aber auch eine Grundlage des Museums - dessen Öffentlichkeit als steuerfinanzierter, also von der Allgemeinheit erhaltener Institution, deren eine Grundlage der daraus resultierende Gemeinbesitz der Museumsobjekte selbst ist. Das Paradoxe der Entscheidung des OGH geht also übers Urheberrecht hinaus. Er trifft, initiiert vom Museum selbst, als Kollateralschaden die Öffentlichkeit des Museums selbst, also auch seinen umfassenden Bildungsanspruch und das Recht auf umfassende und uneingeschränkte freie Zugänglichkeit.
Was immer man von der Digitalisierung von Museumsobjekten (zu welchem Zweck auch immer) halten mag: das Mannheimer Museum stemmt sich gegen eine breite Entwicklung des - auch technisch einfach geworden Fotografierens in Museen und Ausstellung und das mit einem - vermutlich einzigem - Motiv, die entgeltliche Verwertung selbst in der Hand zu behalten. Aber auch das ist eine grundsätzlicher Regelverstoß bei einer Institution deren Sinn gerade darin liegt eben keiner wirtschaftlichen Verwertung unterworfen zu sein.
Sowohl in der Konkurrenz der Museen untereinander als auch in der Außenwahrnehmung der Museen als - etwa für den Tourismus - wirtschaftlich relevant, scheint die "Rentabilität" des Museums zunehmend zum Thema zu werden. Erst kürzlich hat der österreichische Museumsbund eine Studie vorgestellt, die von ihm selbst und dann in der medialen Rezeption vor allem als Nachweis diente, daß Museen "sich rechnen".
Der Versuch, die Legitimität von Museen dadurch zu stärken, daß man ihre Wirtschaftlichkeit nachweist, wird dazu führen, daß man kulturpolitisch in Zukunft Museen vermehrt auch danach bemißt. Und das kann bei einer Institution, die traditionell in der wohlfahrtstaatlichen Idee der uneingeschränkt zugänglicher Bildung verankert ist, nur schief gehen. Die allermeisten Museen sind nun mal nicht wirtschaftlich "rentabel". Und sollen das auch gar nicht sein. Und eigentlich sollten Museen und der sie vertetende Museumsbund, genau diesen unikalen und wichtigen Status des Museums mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Was das Mannheimer Museum macht und was der österreichische Museumsbund lanciert gehört zu einer Entwicklung, die man unter der Schlagzeile "Das Museum - eine erfolgreich aufgegebene Institution" zusammenfassen kann.
Mittwoch, 19. Dezember 2018
Besucherspuren
"Spitzmaus Mummy in a Coffin". A rather senseless exhibition in the Kunsthistorisches Museum Wien.
This exhibition undercuts everything I have seen so far in the Kunsthistorisches Museum in Vienna.
I would also like to do what I want with my girlfriend at the KHM and maybe I could think of something. But I wouldn't come to The New York Times or Die Zeit. And besides, I wouldn't have Prada behind me, the co-producer of the exhibition.
Filmmaker Wes Anderson worked with his companion "two years" in the museum, the introductory text reveals, and I wonder who made his films in the meantime. The information that for the first time all collections had cooperated here is a double oath of revelation, because one wonders whether the synergies between them have so far only been sought in the financial realm, and secondly why one needed an external curator in order to have this idea: to arrange objects in eight little rooms nested in a single room: green objects, objects made of wood, containers, child portraits, and so on. That's it.
As many critics have written, this has as much to do with Wunderkammer as an iPhone football game with FC Barcelona. No intelligent questioning of the museum order of things, no entanglement of the collections with regard to their history, also nothing with regard to new endowments of meaning through the merging of otherwise separate collections of objects, no illumination of the significance of individual objects through surprising contexts, no critical questioning of the prevailing orders in the permanent collections.
The whole thing is an exercise in the question of how much infantilization an audience can just tolerate. After having seen the show you can buy objects from Mrs. Malouf. About 250 Euro a piece. It's nice that the KHM is now also an art market and provides Prada with cultural added value.
I leave the word to Thomas Mießgang, who wrote in DIE ZEIT about the exhibition: "In any case, this guarantees high quotas within the framework of an economy of attention and can often be translated into blockbusters. The museum directors hope that the wild thinking of the artist curators will produce shock-like collisions, fascinating breaks, and unfathomable perspectives that will blow away the muffiness of a hundred years that has accumulated in the depot goods. If, however, as with shrew Mummy, only rares for cash can be seen without any special value of knowledge, and if festivals of chance are held, then museum visitors would like to quote Herman Melville's novel character Bartleby: "I would prefer not to."
I would also like to do what I want with my girlfriend at the KHM and maybe I could think of something. But I wouldn't come to The New York Times or Die Zeit. And besides, I wouldn't have Prada behind me, the co-producer of the exhibition.
Filmmaker Wes Anderson worked with his companion "two years" in the museum, the introductory text reveals, and I wonder who made his films in the meantime. The information that for the first time all collections had cooperated here is a double oath of revelation, because one wonders whether the synergies between them have so far only been sought in the financial realm, and secondly why one needed an external curator in order to have this idea: to arrange objects in eight little rooms nested in a single room: green objects, objects made of wood, containers, child portraits, and so on. That's it.
As many critics have written, this has as much to do with Wunderkammer as an iPhone football game with FC Barcelona. No intelligent questioning of the museum order of things, no entanglement of the collections with regard to their history, also nothing with regard to new endowments of meaning through the merging of otherwise separate collections of objects, no illumination of the significance of individual objects through surprising contexts, no critical questioning of the prevailing orders in the permanent collections.
The whole thing is an exercise in the question of how much infantilization an audience can just tolerate. After having seen the show you can buy objects from Mrs. Malouf. About 250 Euro a piece. It's nice that the KHM is now also an art market and provides Prada with cultural added value.
I leave the word to Thomas Mießgang, who wrote in DIE ZEIT about the exhibition: "In any case, this guarantees high quotas within the framework of an economy of attention and can often be translated into blockbusters. The museum directors hope that the wild thinking of the artist curators will produce shock-like collisions, fascinating breaks, and unfathomable perspectives that will blow away the muffiness of a hundred years that has accumulated in the depot goods. If, however, as with shrew Mummy, only rares for cash can be seen without any special value of knowledge, and if festivals of chance are held, then museum visitors would like to quote Herman Melville's novel character Bartleby: "I would prefer not to."
Action against the art market
You can give it a try: The artist Robert Cenedella challenges the New York art establishment, Zachary Small reports on Hyperallergic, he has sued the city's leading museums for 100 million dollars, accusing them of conspiring with the city's top galleries.
"Cenedella alleges that the Metropolitan Museum of Art, the Whitney Museum of American Art, the Guggenheim Museum, the New Museum, and the Museum of Modern Art ignore artists, including himself, who are not represented by a select group of commercial galleries. His lawsuit claims that those museums violate anti-trust laws by conspiring with galleries including Gagosian, Pace, David Zwirner, Marian Goodman, and Hauser & Wirth to inflate the prices of certain artists. Previous reports have indeed found a link between prestigious gallery representation and museum acquisitions as metrics of an artist's career success. A 2015 study by The Art Newspaper found that, over a seven-year period, artists represented by five of the world's biggest galleries accounted for about a third of solo museum shows in the United States. Analyzing the careers of a half-million artists between 1980 and 2016, a more recent study released in November 2018 found that success as a professional artist relied on a similarly smell network of museums and galleries that included all 10 of the alleged co-conspirators in Cenedella's complaint."
"Cenedella alleges that the Metropolitan Museum of Art, the Whitney Museum of American Art, the Guggenheim Museum, the New Museum, and the Museum of Modern Art ignore artists, including himself, who are not represented by a select group of commercial galleries. His lawsuit claims that those museums violate anti-trust laws by conspiring with galleries including Gagosian, Pace, David Zwirner, Marian Goodman, and Hauser & Wirth to inflate the prices of certain artists. Previous reports have indeed found a link between prestigious gallery representation and museum acquisitions as metrics of an artist's career success. A 2015 study by The Art Newspaper found that, over a seven-year period, artists represented by five of the world's biggest galleries accounted for about a third of solo museum shows in the United States. Analyzing the careers of a half-million artists between 1980 and 2016, a more recent study released in November 2018 found that success as a professional artist relied on a similarly smell network of museums and galleries that included all 10 of the alleged co-conspirators in Cenedella's complaint."
Dienstag, 18. Dezember 2018
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