Texttafel, Sir John Soanes Museum London
Dienstag, 13. Januar 2015
Sonntag, 11. Januar 2015
Freitag, 2. Januar 2015
How to critisize
Daniel Dennett: "How to compose a successful critical commentary."
"1. You should attempt to re-express your target’s position so clearly, vividly, and fairly that your target says, “Thanks, I wish I’d thought of putting it that way.
2. You should list any points of agreement (especially if they are not matters of general or widespread agreement).
3. You should mention anything you have learned from your target.
4. Only then are you permitted to say so much as a word of rebuttal or criticism.
This will "transform your opponent into a more receptive audience for your criticism or dissent, which in turn helps advance the discussion."
Gefunden via Facebook bei Barbar Kirshenblatt-Gimblett, die noch hinzufügte: "One must be committed to solving the problem rather than winning the argument!"
"1. You should attempt to re-express your target’s position so clearly, vividly, and fairly that your target says, “Thanks, I wish I’d thought of putting it that way.
2. You should list any points of agreement (especially if they are not matters of general or widespread agreement).
3. You should mention anything you have learned from your target.
4. Only then are you permitted to say so much as a word of rebuttal or criticism.
This will "transform your opponent into a more receptive audience for your criticism or dissent, which in turn helps advance the discussion."
Gefunden via Facebook bei Barbar Kirshenblatt-Gimblett, die noch hinzufügte: "One must be committed to solving the problem rather than winning the argument!"
Mittwoch, 31. Dezember 2014
Dienstag, 30. Dezember 2014
Nachrichtenloses Unglück - Die Zukunft des Weltmuseum scheint niemanden zu interessieren
Ein großes Bundesmuseum, eine bedeutende Sammlung, ein veritabler Standort. Dennoch, wenn so etwas gefährdet erscheint, bleiben alle ruhig. Politiker, Medien, Experten.
Die "Wiener Zeitung" informiert am 27.11. ein wenig und reportiert (wie auch "Die Kleine-Zeitung") den Zorn des Kulturanthropologen Thomas Fillitz ("Es ist eine Visionslosigkeit"). Der Grüne Wolfgang Zinggl wird zitiert: Offenbar soll das Museum "ins Ausgedinge geschickt werden". Keine Leserreaktionen übrigens.
Barbare Petsch schenkt in "Die Presse" dem Weltmuseum einen Tag vor Weihnachten eine Idee: Macht es doch so wie der Schröder! Und schließt: "Ein Weltmuseum hat in der heutigen Migrationsgesellschaft eine große Aufgabe: die Integration zu fördern. Ostermayers Verzögerungstaktik ist politisch unklug. Im repressiven Habsburger-Reich gab es mehr konstruktive Ideen für größere Bauvorhaben als in der Demokratie des 21.Jahrhunderts – wer hätte das gedacht?"
Leserreaktionen: Zwei. Eine davon lautet: "Ein Weltmuseum hat in der heutigen Migrationsgesellschaft eine große Aufgabe: die Integration zu fördern. Diese Feststellung ist aber herzallerliebst. Wieviele Mitglieder der Migrationsgesellschaft gehen denn freiwillig in irgendein Museum?"
Am selben Tag und ebenfalls in "Die Presse" spielt Thomas Fillitz das Spiel "Das Ausland ist besorgt" und "Im Ausland wird ungleich mehr Geld in vergleichbare Museen investiert". Leider ist diese Taktik vollkommen ausgeleiert und hilflos. Wo keine Resonanz auf nichts existiert - auch die Online-Enquete zur Frage der Zukunft eines Hauses der Geschichte, des Weltmuseums und der Nutzung der Neuen Burg, die morgen zu Ende geht, brachte keine Diskussion in Bewegung -, verpuffen die besten Argumente wie die Abgase eines stotternden Autos. "Das Weltmuseum ist das Bundesmuseum schlechthin, welches sich mit Themen wie kulturellem Pluralismus auseinandersetzt, mit kulturellem Dialog, aber auch mit Kolonialismus. Das sind eminent wichtige Themen in einer vernetzten Weltordnung, die uns alle betreffen müssen!" Ja, was einem da nicht alles einfiele. Mir fällt die letzte Ausstellung ein, die ich im Museum gesehen habe. Denn leider kann man grade in der Hinsicht dem Museum herbe Kritik nicht ersparen. Die affirmative bis zur Täuschung entstellte Darstellung Franz Ferdinands als Sammler und damit als - rehabilitierten (?) - Kulturheros, war ein Tiefpunkt der Ausstellungspolitik des Hauses. Ausgerechnet. Also, auch für ein "Was das Museum nicht alles sein könnte" ist es jetzt verdammt spät.
Dennoch kann niemand ein Interesse an der Marginalisierung oder gar kalten Abswicklung des Museums haben. Sondern nur an einer umfassenden Neupositionierung als kritisches, diskursives und allen genannten Aspekten aufgeschlossenes Museum.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß "Die Presse" am 5.12. bereits Wilfried Seipel ermöglicht hat, sich Sorgen um die Situation des Museums zu machen, der durch seine Tätigkeit als Generaldirektor die Zusammenlegung mit dem Kunsthistorischen Museum betrieben hat und wesentlich mitverantwortlich ist für den prekären Zustand des Weltmuseums.
Das wars. Substantielle Äußerung anderer Medien (also solche, die bloß Meldungen der APA raportieren) sind mir bis jetzt nicht bekannt geworden. Viellicht habe ich ja etwas übersehen und bin durchaus dankbar für einschlägige Hinweise.
Die "Wiener Zeitung" informiert am 27.11. ein wenig und reportiert (wie auch "Die Kleine-Zeitung") den Zorn des Kulturanthropologen Thomas Fillitz ("Es ist eine Visionslosigkeit"). Der Grüne Wolfgang Zinggl wird zitiert: Offenbar soll das Museum "ins Ausgedinge geschickt werden". Keine Leserreaktionen übrigens.
Barbare Petsch schenkt in "Die Presse" dem Weltmuseum einen Tag vor Weihnachten eine Idee: Macht es doch so wie der Schröder! Und schließt: "Ein Weltmuseum hat in der heutigen Migrationsgesellschaft eine große Aufgabe: die Integration zu fördern. Ostermayers Verzögerungstaktik ist politisch unklug. Im repressiven Habsburger-Reich gab es mehr konstruktive Ideen für größere Bauvorhaben als in der Demokratie des 21.Jahrhunderts – wer hätte das gedacht?"
Leserreaktionen: Zwei. Eine davon lautet: "Ein Weltmuseum hat in der heutigen Migrationsgesellschaft eine große Aufgabe: die Integration zu fördern. Diese Feststellung ist aber herzallerliebst. Wieviele Mitglieder der Migrationsgesellschaft gehen denn freiwillig in irgendein Museum?"
Aus der Ausstellung zur Chinesischen Kulturrevolution |
Am selben Tag und ebenfalls in "Die Presse" spielt Thomas Fillitz das Spiel "Das Ausland ist besorgt" und "Im Ausland wird ungleich mehr Geld in vergleichbare Museen investiert". Leider ist diese Taktik vollkommen ausgeleiert und hilflos. Wo keine Resonanz auf nichts existiert - auch die Online-Enquete zur Frage der Zukunft eines Hauses der Geschichte, des Weltmuseums und der Nutzung der Neuen Burg, die morgen zu Ende geht, brachte keine Diskussion in Bewegung -, verpuffen die besten Argumente wie die Abgase eines stotternden Autos. "Das Weltmuseum ist das Bundesmuseum schlechthin, welches sich mit Themen wie kulturellem Pluralismus auseinandersetzt, mit kulturellem Dialog, aber auch mit Kolonialismus. Das sind eminent wichtige Themen in einer vernetzten Weltordnung, die uns alle betreffen müssen!" Ja, was einem da nicht alles einfiele. Mir fällt die letzte Ausstellung ein, die ich im Museum gesehen habe. Denn leider kann man grade in der Hinsicht dem Museum herbe Kritik nicht ersparen. Die affirmative bis zur Täuschung entstellte Darstellung Franz Ferdinands als Sammler und damit als - rehabilitierten (?) - Kulturheros, war ein Tiefpunkt der Ausstellungspolitik des Hauses. Ausgerechnet. Also, auch für ein "Was das Museum nicht alles sein könnte" ist es jetzt verdammt spät.
Dennoch kann niemand ein Interesse an der Marginalisierung oder gar kalten Abswicklung des Museums haben. Sondern nur an einer umfassenden Neupositionierung als kritisches, diskursives und allen genannten Aspekten aufgeschlossenes Museum.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß "Die Presse" am 5.12. bereits Wilfried Seipel ermöglicht hat, sich Sorgen um die Situation des Museums zu machen, der durch seine Tätigkeit als Generaldirektor die Zusammenlegung mit dem Kunsthistorischen Museum betrieben hat und wesentlich mitverantwortlich ist für den prekären Zustand des Weltmuseums.
Das wars. Substantielle Äußerung anderer Medien (also solche, die bloß Meldungen der APA raportieren) sind mir bis jetzt nicht bekannt geworden. Viellicht habe ich ja etwas übersehen und bin durchaus dankbar für einschlägige Hinweise.
Honorare in der Vermittlung
Ein (sehr) nützlicher Link. So geheimnisumwittert / unbekannt / offengelegt wie Honorare / Entlohnungen ist ja kaum was. Auch in Museen. Auch in der Vermittlung. Hier nun eine veritable Liste zu den Verhältnissen in der Schweiz, von MEDIAMUS zusammengestellt und veröffentlicht.
http://mediamus.org/web/sites/default/files/tools/mediamus_Benchmark_2014_Honorare_Kulturvermittlung_im_Museum.pdf
http://mediamus.org/web/sites/default/files/tools/mediamus_Benchmark_2014_Honorare_Kulturvermittlung_im_Museum.pdf
Montag, 29. Dezember 2014
Propter Homines. Etwas zu Privatisierung.
Erschienen in: derdiedas bildende. Akademiezeitung No.2, 2014, S.8/9
Proper Homines bezeichnet - in Goldbuchstaben an eine Wand appliziert - einen
Veranstaltungsraum in der Albertina in Wien. Übersetzt heißt das Der Menschen wegen, etwas freier Zum
Wohl der Menschen. Die unübersehbare Inschrift
hat eine doppelte Funktion. Sie würdigt die
Stiftung, die die Errichtung dieses Raumes ermöglicht hat, eine Stiftung, die
denselben Namen trägt: Proper Homines und damit die Person des Stifters
und Vorsitzenden der Stiftung, Herbert Batliner. Das Motto würdigt Stiftung und
Stifter gleichermaßen und weist dem Engagement, das bei der Alberten auch in
der Leihgabe von Gemälden aus der Sammlung Batliner besteht, eine allgemeine
Bedeutung zu: Zum Wohl der Menschen.
Herbert Batliner ist Rechtsanwalt in
Lichtenstein. Er gilt als Erfinder von Stiftungskonstruktionen, die die
Umgehung der Steuerpflicht zum Beispiel für deutsche Staatsbürger erlaubte. Im großen Maßstab, wie die Übermittlung von gut gehüteten Daten seiner Kunden an die deutschen
Finanzbehörden zeigte. Batliner vermied eine drohende Verurteilung durch
freiwillige Zahlungen. Proper Homines?
Ja. Wenngleich nur für wenige und sehr Begüterte.
Die Albertina ist eine weltberühmte
grafische Sammlung und ein staatliches Museum. Batliner ist Privatmann. Ein
staatliches Museum ist als öffentliche Einrichtung zwingend verpflichtet, sich
an das Gesamt der Staatsbürger_innen zu adressieren. Propter homines ist keine Wahl dieser oder jener Museums-Konzeption
oder eines Mission Statements, das auch anders lauten könnte. Es ist eine
gesellschaftliche, von staatlicher Politik und Verwaltung treuhänderisch
wahrgenommene Verpflichtung. Jeder hat das Recht die im Besitz des Staates
befindliche Sammlung zu nutzen. Aber Öffentlichkeit erschöpft sich nicht darin,
sie charakterisiert alle wohlfahrtsstaatlichen Einrichtungen, die zum Wohle –
die frühesten republikanischen Verfassungen kennen hier an Stelle des Wortes
„Wohl“ noch das des „Glücks“ -, der Gesellschaft installiert wurden.
Ein Stifter, ein Mäzen, ein Sammler, ein
Förderer kann das Wohl aller im Blick haben, er muss aber nicht. Wie man es
auch wendet und dreht, seine Interessen bleiben privat. Die staatlichen müssen öffentlich
sein, also nicht (nur) im Sinne von öffentlich und allgemein zugänglich,
sondern im Sinne von zum Nutzen aller.
Ein Blick auf die Etymologie des aus der
römischen Rechtskodifizierung stammenden Wortes privat macht uns sensibel für die Schärfe des Gegensatzes zwischen
den beiden Begriffen und Praktiken, die durch sie bezeichnet werden. Da geht es
nicht nur um den Gegensatz zwischen der privaten häuslichen Sphäre und den
öffentlichen, namentlich politischen Angelegenheiten. Da geht es auch um eine
sprachlich vermittelte Wertung, die die res
publica, die alle betreffenden Angelegenheiten (die so genannte gemeinsame Sache, also die, die alle
angeht und durch deren Vermittlung und Beteiligung an ihrer Ausgestaltung sie von
Bürger zu Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen warden. Synonym für Gemeinwesen
bzw. Gemeinwohl und schließlich auch – als Republik – Staatsform, die vom
Prinzip der Volkssouveränität getragen und legitimiert wird) offenbar im
Vergleich zum Privaten über das – wörtlich – Geraubte (privare = rauben) setzt.
Etwa drei Jahrhunderte hindurch war Sammeln
Privatsache und der Zugang zu Sammlungen und ihre Nutzung (durch
Wissenschafter, Künstler, Kenner usw.) hing von der Gunst des Eigentümers ab. Sammlungen
im Besitz einer Gemeinschaft, etwa einer Stadt wie Venedig (wo der Doge Domenico Grimani kurz
vor seinem Tod 1523 seine Sammlung der Stadt vermacht), Basel (wo der
städtische Erwerb der Sammlung des Humanisten Amerbach deren Weiterbestand
sicherte) oder Zürich (wo in der sogenannten Wasserkirche 1634ff. eine Bibliothek
und eine Sammlung eingerichtet wurden) sind Ausnahmen. Die Vorstellung eines korporativen Besitzes und
Nutzens entwickelte sich in der Aufklärung und voll ausgebildet wird die uns
geläufige und im Kern noch gültige Idee des Museums erst in der Französischen Revolution.
Bemerkenswert ist, daß es dort zu einer umfassenden (gewaltförmigen,
rechtsbrüchigen) Umwandlung privaten Besitzes (Der Königsfamilie, des Adels,
der Kirche, der Emigranten) in öffentliches Gut kommt, aus dem (unter anderem) die
großen Pariser Museen einschließlich des Louvre gegründet warden können. Der Genuss (ein Wort der revolutionären
Praxis) der kulturellen Güter und Werte ist nun nicht von Gunst abhängig,
sondern verbrieftes Recht. In Verfassung und Gesetzen niedergelegt, ist dieses
allgemeine Recht in seiner frühen Zeit explizit eines, das in seinem
zivilisierenden Ritual (Carol Duncan; Sabine Offe) auf die Staatsbürgerlichkeit
(im Paris der 1790er-Jahre) bzw. die Humanisierung der Nation (im Berlin der
1830er-Jahre) zielt.
Die allgemeine Zugänglichkeit zu den
kulturellen Institutionen und der staatliche Besitz an Kulturgütern - in
Italien I beni culturali, in England Heritage, in Frankreich Patrimoine und hierzulande kulturelles Erbe genannt, sind nicht
Ziel des Museums, sondern Bedingungen seiner gesellschaftlichen
Wirkmächtigkeit.
In einem vor nicht allzu langer Zeit bei
ARTE gezeigten Dokumentarfilm wurden zwei römische Passantinnen gefragt, wem
denn das gerade mit Mitteln eines privaten Unternehmers sanierte Kolosseum
gehöre. „Mir. Uns“ antworteten die beiden ohne eine Sekunde zu zögern und
lachten. Daß ein solches Selbstbewußtsein nicht bloß anekdotisch
ist, wird in der Doku im Gespräch mit irischen Bürgerrechtler_innen deutlich,
die gegen den Verkauf der staatlichen Forste an private Unternehmen kämpfen und
nun in der Verfassung die Umformulierung vom unveräußerlichen Staatsbesitz zum
nicht veränderbaren Volksbesitz erzwingen wollen. Die Aktivisten haben ein
tiefsitzendes Gefühl für den Wert gemeinschaftlichen Besitzes und für den Bruch, den es bedeuten würde, diesen aufzugeben. Sie wollen
nicht, daß das, was ihnen gehört und was sie vielfach genießen und nutzen - was
verlorenginge erzählen sie praktisch und anschaulich - enteignet wird,
privatisiert, geraubt. Das propter homines muß also wieder in die
Verfassung.
Solche Formen der Privatisierung gibt es
heute viele und in vielen Formen. Privatisierung bedeutet immer Umwandlung von
staatlichem in privaten Besitz. Und nicht überall ist der Bürgersinn so
geschärft, für den essentiellen Verlust, für das Ausmaß und die Folgen der
Enteignungen, die da im Großmaßstab vorgenommen werden.
In der Praxis ist die Unterscheidung von
privat und öffentlich nicht immer einfach. Das Museum des Sammlerehepaares Karl
Heinz und Agnes Essl, das diese auf der Basis einer mehrere tausend Kunstwerke
umfassenden Sammlung, errichtet haben (in Klosterneuburg bei Wien), unterschied
sich für einen Besucher nicht von einem staatlichen Museum. Privat an ihm waren
die Auswahl der Sammlung, die Kriterien der Wahl, die Wahl von KuratorInnen
usw. Es
gibt andere Beispiele für mäzenatisches, also großzügiges Handeln, das sich
bewußt und verantwortungsvoll auf das Gemeinwohl bezieht ohne eine
Gegenleistung einzufordern oder zu erwarten. Umgekehrt gibt es paternalistisch geführte Museen, wo eine Leitung
persönliche Vorlieben und Ideologien zum herrschenden Maßstab für die gesamte
Institution macht, unter Umständen sogar bis zur Korruption. Und auch Politiker
können sehr einsame Entscheidungen treffen, die man nicht anders als privat
bezeichnen kann. Da ist ein Bundeskanzler der einen befreundeten Sänger zum
Staatsoperndirektor ernennen will oder eine Stadträtin die eine Fernsehsprecherin
zur Museumsdirektorin bestellt hat oder
der Landesrat, der sich be idem ihm unterstellten Museum eine zu seinem
Hobby passende Ausstellung bestellt.. Letztlich sind das private
Entscheidungen, die keinem gesellschaftlichen Auftrag mehr verpflichtet sind,
und die nur durch mediale Thematisierung oder zivilen Einspruch zu verhindern
sind. War der Ankauf der Sammlung Leopold, war die Errichtung eines Museums mit
Steuergeld wirklich in öffentlichem Interesse? Und auch die
Ausnahmekonstruktion eines Bundesmuseums als Privatstiftung? (sic!) es im
öffentlichen Interesse, ein Landesmuseum, das Museum der Moderne in Salzburg,
so mit einer Sammlung eines riesigen Versicherungskonzerns zum amalgamieren, dass
die meisten symbolischen und materiellen
Vorteile auf Seiten des Konzerns und nicht bei der öffentlichen Hand liegen?
Der Gegensatz von öffentlich und privat
hätte heute nicht eine solche Bedeutung und Dynamik, wenn nicht nahezu alle
Sphären von ökonomischen Imperativen durchdrungen wären, die strukturell auf
Privatisierung, auf Ballung riesiger Vermögen in wenigen Händen hinauslaufen
und die Ziele und Werte des Wohlfahrtsstaates und demokratischer
gesellschaftlicher Verfasstheit unterminieren. Im günstigeren Fall ist die
Politik neutral, im schlechteren interessiert, die postdemokratische und
kasinokapitalistische Dynamik als alternativlos (Angela Merkel) zu fördern. Und
klassische diskursive und kritische Öffentlichkeit hat sich gerade im Feld des
Ausstellens und der Museen kaum je entwickelt und existiert auch kaum. Es gibt
daher kaum so etwas wie kulturelle Gegenöffentlichkeit und Innovation und
Experiment findet man eher am Rand oder meist eher jenseits der Institutionen.
Und die Museen und Ausstellungshäuser selbst? Sie bilden Kompromisse, um dem
Druck der Verknappung der Mittel der sogenannten öffentlichen Hand standhalten
zu können (beim Wiener Burgtheater hat sich zum ersten Mal gezeigt, dass das
Grenzen hat) oder es werden auf Teufel komm raus Bündnisse geschlossen, die die
Privatisierung von innen her vorantreiben und der Öffentlichkeit, etwa als Public
Private Partnership, als Ausweg verkauft werden. Anders gesagt: die Museen
betreiben eine Politik, die die ihre eigene Grundlage kontaminiert und beschädigt.
So beklagen sie die Macht der veröffentlichten Besuchszahlen, rechnen sie
selbst aber als Ausweis ihres Erfolges gegen staatliche Fördergelder.
Propter
homines. Von einer Inschrift in er Albertina bin
ich ausgegangen, um die sehr unterschiedlichen Instrumentalisierungen dieses
Mottos zu thematisieren. Eine seiner Bedeutungsfacetten kann man im Shop der
Albertina gewahr werden. Dort liegt das Kochbuch von Rita Batliner. Mit Liebe zur Koch-Kunst.
Freitag, 26. Dezember 2014
Immer dieser Ärger mit den "Fremden". In Paris und in Berlin
Kürzlich wurde die Cité nationale de l’histoire de l’immigration durch den französischen Staatspräsidenten eröffnet. Nicht ungewöhnlich, sollte man meinen. Nur - das Museum gibt es seit 2007. Der nachholende Akt kam zustande, weil damals Nikolaus Sarkozy sich weigerte, das Museum zu eröffnen. Das Museum war 1989 von einem algerischen Immigranten, Zaïr Kedadouche, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern konzipiert worden.
Aber am 18. Mai 2007 traten acht Akademiker, die den Gremien der Cité de l’immigration angehörten (Patrick Weil, Gérard Noiriel, Nancy Green, Patrick Simon, Vincent Viet, Marie-Christine Volovitch-Tavarès, Marie-Claude Blanc-Chaléard, Geneviève Dreyfus-Armand), aus Protest gegen die von Nicolas Sarkozy veranlasste Gründung eines Ministère de l’immigration, de l’intégration, de l’identité nationale et du codéveloppement (wörtlich: Ministerium für Immigration, Integration, nationale Identität und Koentwicklung) zurück. Da diese Gründung sich ihrer Ansicht nach in „die Spur eines die Immigration stigmatisierenden Diskurses und in die Tradition eines auf Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber Fremden in Krisenzeiten basierenden Nationalismus“ einschreibt. Sarkozy, selbst Sohn einer Immigranten-Familie, eröffnete also das Museum nicht und der Stellvertreter, den er schickte, wurde vom Publikum vertrieben.
Nicht nur die „Verspätung“ der offiziellen Eröffnung spiegelt die zahllosen Probleme wieder, die Frankreich mit der Immigration hat, auch die Geschichte des Museums und die seiner Namensgebung reflektiert den sich wandelnden Diskurs über „die Anderen“. 1931 als Kolonialausstellung an der Porte Dorée begonnen und mit einem eigenwilligen Bau ausgestattet, wurde 1935 das Musée de la France d’Outre-mer daraus, dann 1960 das Musée des Arts africains et océaniens das 1990 als Musée national des Arts d'Afrique et d'Océanie zum Nationalmuseum wurde.
Diese jüngste Entwicklung wurde durch die Planung und Errichtung des Musée du Quay Branly ausgelöst, das Sammlungen aus dem gleichzeitig aufgelösten Museum an der Porte Dorée erhielt. Die Gründung der Cité nationale de l’histoire de l’immigration kann man auch als eine Art Kompensation lesen. Nämlich der der Verweigerung des Musée du Quay Brandy, sich diesen Fragen und denen der Kolonialgeschichte selbst zu stellen. Daß nun Präsident Hollande das Museum eröffnet, das schon sieben Jahre offen ist, schließt als Kuriosum nicht die lange Problemgeschichte ab, die die Errichtung der Cité bezeugt. Die gesellschaftlichen Probleme sind virulenter denn je. Sarkozy spricht inzwischen von Immigration als einer Bedrohung der französischen „Lebensart“. Zumindest an der Spitze der Republik und vor allem an der rechten Partei Front Nationale, wird die postimmigrantische Einsicht nicht ankommen, daß die nationalen Identitäten Frankreichs (zweifellos gibt es die nicht im Singular) ohne Immigration und Immigranten nicht denkbar sei.
Aber immerhin. In Frankreich gibt es, wie die genannten Rücktritte und Proteste sowie die anhaltende Debatte in der akademischen Elite zeigen, ein zivilgesellschaftliches Potential. Man läßt nicht alles über sich ergehen. Auch nicht in der Kultur- und Museumspolitik.
Ortswechsel. Berlin. Dort ist das Schloß in Bau. Als Teilrekonstruktion und moderner Neubau ersteht es wieder und soll künftig als ein Zentrum von Wissenschaft und Kunst werden, alles unter dem Titel „Humboldt-Forum“. Ein Zentrum des Projekts sind Teile der bislang in Dahlem ausgestellten ethnologischen Sammlungen. Gegen diese „Eingemeindung“ gibt es schon lange Protest. Denn es zeichnet sich nicht ab, daß dies unter nachdrücklicher Reflexion der Entstehung und Funktion dieser Sammlungen geschehen wird. Man hat eher den Eindruck, daß sie dazu beitragen sollen, die Repräsentativität des ganzen Museumskomplexes der Museumsinseln zu steigern und das dann riesige Ensemble von Museen zu einer weltweit mit anderen Elite-Adressen konkurrenzfähigen Destination des Kulturtourismus zu machen. Affirmation statt Nachdenklichkeit.
Im Gegenteil, sagen Kritiker, die Unterbringung der Sammlungen restauriere ihren brandenburgisch-preussischen kolonialen Kontext. Außerdem sei die Herkunft sehr vieler Objekte, angeblich von tausenden, unklar, viele seien unter Gewaltanwendung angeeignet worden, könnten also gar nicht als rechtmäßiger Besitz der Stiftung Preussischer Kulturbesitz angesehen werden. Last but not least sei der Namenspatron Alexander von Humboldt am Raub menschlicher Überreste beteiligt gewesen.
Das ist für die Stiftung und ihren Präsidenten aber nun der Kritik zu viel. Eine gemeinsam und lange vorbereitete Diskussion der Stiftung Preussischer Kulturbesitz mit dem in einem Bündnis „No Humboldt 21“ zusammengeschlossenen Kritikern, ließ der Stiftungspräsident Hermann Parzinger platzen. Schluß mit der Debatte. Zumindest vorläufig.
Aber am 18. Mai 2007 traten acht Akademiker, die den Gremien der Cité de l’immigration angehörten (Patrick Weil, Gérard Noiriel, Nancy Green, Patrick Simon, Vincent Viet, Marie-Christine Volovitch-Tavarès, Marie-Claude Blanc-Chaléard, Geneviève Dreyfus-Armand), aus Protest gegen die von Nicolas Sarkozy veranlasste Gründung eines Ministère de l’immigration, de l’intégration, de l’identité nationale et du codéveloppement (wörtlich: Ministerium für Immigration, Integration, nationale Identität und Koentwicklung) zurück. Da diese Gründung sich ihrer Ansicht nach in „die Spur eines die Immigration stigmatisierenden Diskurses und in die Tradition eines auf Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber Fremden in Krisenzeiten basierenden Nationalismus“ einschreibt. Sarkozy, selbst Sohn einer Immigranten-Familie, eröffnete also das Museum nicht und der Stellvertreter, den er schickte, wurde vom Publikum vertrieben.
Nicht nur die „Verspätung“ der offiziellen Eröffnung spiegelt die zahllosen Probleme wieder, die Frankreich mit der Immigration hat, auch die Geschichte des Museums und die seiner Namensgebung reflektiert den sich wandelnden Diskurs über „die Anderen“. 1931 als Kolonialausstellung an der Porte Dorée begonnen und mit einem eigenwilligen Bau ausgestattet, wurde 1935 das Musée de la France d’Outre-mer daraus, dann 1960 das Musée des Arts africains et océaniens das 1990 als Musée national des Arts d'Afrique et d'Océanie zum Nationalmuseum wurde.
Diese jüngste Entwicklung wurde durch die Planung und Errichtung des Musée du Quay Branly ausgelöst, das Sammlungen aus dem gleichzeitig aufgelösten Museum an der Porte Dorée erhielt. Die Gründung der Cité nationale de l’histoire de l’immigration kann man auch als eine Art Kompensation lesen. Nämlich der der Verweigerung des Musée du Quay Brandy, sich diesen Fragen und denen der Kolonialgeschichte selbst zu stellen. Daß nun Präsident Hollande das Museum eröffnet, das schon sieben Jahre offen ist, schließt als Kuriosum nicht die lange Problemgeschichte ab, die die Errichtung der Cité bezeugt. Die gesellschaftlichen Probleme sind virulenter denn je. Sarkozy spricht inzwischen von Immigration als einer Bedrohung der französischen „Lebensart“. Zumindest an der Spitze der Republik und vor allem an der rechten Partei Front Nationale, wird die postimmigrantische Einsicht nicht ankommen, daß die nationalen Identitäten Frankreichs (zweifellos gibt es die nicht im Singular) ohne Immigration und Immigranten nicht denkbar sei.
Aber immerhin. In Frankreich gibt es, wie die genannten Rücktritte und Proteste sowie die anhaltende Debatte in der akademischen Elite zeigen, ein zivilgesellschaftliches Potential. Man läßt nicht alles über sich ergehen. Auch nicht in der Kultur- und Museumspolitik.
Ortswechsel. Berlin. Dort ist das Schloß in Bau. Als Teilrekonstruktion und moderner Neubau ersteht es wieder und soll künftig als ein Zentrum von Wissenschaft und Kunst werden, alles unter dem Titel „Humboldt-Forum“. Ein Zentrum des Projekts sind Teile der bislang in Dahlem ausgestellten ethnologischen Sammlungen. Gegen diese „Eingemeindung“ gibt es schon lange Protest. Denn es zeichnet sich nicht ab, daß dies unter nachdrücklicher Reflexion der Entstehung und Funktion dieser Sammlungen geschehen wird. Man hat eher den Eindruck, daß sie dazu beitragen sollen, die Repräsentativität des ganzen Museumskomplexes der Museumsinseln zu steigern und das dann riesige Ensemble von Museen zu einer weltweit mit anderen Elite-Adressen konkurrenzfähigen Destination des Kulturtourismus zu machen. Affirmation statt Nachdenklichkeit.
Im Gegenteil, sagen Kritiker, die Unterbringung der Sammlungen restauriere ihren brandenburgisch-preussischen kolonialen Kontext. Außerdem sei die Herkunft sehr vieler Objekte, angeblich von tausenden, unklar, viele seien unter Gewaltanwendung angeeignet worden, könnten also gar nicht als rechtmäßiger Besitz der Stiftung Preussischer Kulturbesitz angesehen werden. Last but not least sei der Namenspatron Alexander von Humboldt am Raub menschlicher Überreste beteiligt gewesen.
Das ist für die Stiftung und ihren Präsidenten aber nun der Kritik zu viel. Eine gemeinsam und lange vorbereitete Diskussion der Stiftung Preussischer Kulturbesitz mit dem in einem Bündnis „No Humboldt 21“ zusammengeschlossenen Kritikern, ließ der Stiftungspräsident Hermann Parzinger platzen. Schluß mit der Debatte. Zumindest vorläufig.
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