Mittwoch, 11. April 2012
Zaubermuseumswürfel
Der Wettbewerb der Museumsstandorte um die auffallendste, expressivste, einprägsamste Museums-'Skulptur' hat schon mancherlei kuriose Blüte hervorgetrieben. Jetzt ist Budapest dran, das sowas ja noch gar nicht hat, so ein Museums-Gadget, das noch dazu den Vorzug hat, sofort identifizierbra und - patriotisch - zu sein. So kann der Ministerpräsident einer umstrrittenen, freundlich gesagt konservativen Regierung, höchst persönlich an der Seite des ungarischen Daniel Düsentrieb eine Pressekonferenz geben, um einen Museumsbau anzukündigen, der 2017 (!) eröffnet werden soll. Rubik's Cube, nicht zu Drehen, sondern zum Begehen - und zu Leuchten, am Ufer der Donau. Kurios sieht das Ding aus, grellbunt vor Sternenehimmel. Andere Darstellungen, die auch die banale Umgebung einbeziehen und das Tageslicht nicht scheuen, wirken schon sehr viel nüchterner. Aber die Darstellungskünste der Designer an ihrer Grafiksoftware (das grüne Spiegeln!), soll einem den Mund wässrig machen. Und was solls eigentlich? Einen Namen hat das Ding offenbar noch nicht, ein Museum soll es schon werden, unübersehbar eines (Architecture parlante, wie es sie seit der Zeit der Französisches Revolutionsklassizisten nicht mehr gegeben hat), das einem heimischen Exportschlager ein Denkmal setzt und überdies was? Ein Wissenschaftsmuseum, vielleicht, national, eine Mathematikmuseum, vielleicht, patriotisch (Rot-Weiß-Grün, die Landesfarben), Ungarn mal nicht als Land der geschmälerten Menschenrechte, der totalitären Politik, sondern der Wissenschaften - man wird sehen.
Montag, 9. April 2012
Mikromuseum
These antique microscope slides are delightful in their peek into what intrigued years ago. Like little museum specimens with their own special labels and handwritten notes, each tiny treasure is encased in a circle of mica and often mounted on a slide of bone or ivory. They appeal to our modern eyes, looking a bit like found specimens from another planet perhaps - Little reliquaries frozen in time.Quelle und mehr Beispiele hier. |
Am Grill ja, im Museum nein (Texte im Museum 274)
Beschriften auf Vorrat (Texte im Museum 273)
Das kleinste Museum der Welt / Das Museum zum Selbermachen
Eine Idee zum Weitergeben, Weiterdenken, Weiterbasteln...
Aus: Wunderkammer & Privatarchiv: "Mr. Jalopy stiess bei einem Garage Sale (einem privaten Flohmarkt) auf ein Ernussbutterglas, in dem vor vielen Jahren ein kleiner Junge seine grössten Schätze gesammelt hat, und dokumentierte seinen Inhalt in einem Flickr Set. Die Idee liess mich nicht mehr los. Die Suche nach einem passenden Glas begann. ... Weiter fand ich: Eine alte Uhr, die mir mein Vater mal geschenkt hatte, Murmeln, die ich beim Umgraben im elterlichen Garten wiedergefunden habe, ein Stück Fischertechnik, ein Teil aus dem Mekano Baukasten, ein Pfadfinderabzeichen, ein Stein aus einem YPS Heft, einen Unimog, eine alte Kette, und vieles mehr. ...Zum Selbermachen gibts hier das Label Das kleinste Museum der Welt blanko ohne Namen zum Runterladen. Alternativersion: Childhood in a Jar (JPG, Lizenz: Creative Commons SA BY NC). ... Mr. Jalopy found a “Childhood in a Jar” at a garage sale. I loved the idea so much that I made my own. Every piece tells a story. If you want to make one yourself, you can download the label without the name in English or German. Find an old jar and fill it with your own childhood memorabilia."
Verwechslung oder Die Macht des Museums (Das Museum lesen 23)
Lászl´Földény: Museum (Der originale Titel ist wegen seiner typografischen Mucken im Blog nicht wiedergebbar). Erschin in: Das diskursive Museum. Ostfildern 2001 |
Siehe zur 'Illustration' den benachbarten Post.
Sonntag, 8. April 2012
Even dead animals need love - Clara und Huberta
Clara wurde 1738 in Bengalen geboren und starb 1758 in London. Im Alter von 13 Jahren betrat sie in Rotterdam europäischen Boden. Im Alter von etwa einem Monat wurde ihre Mutter getötet und von Jan Albert Sichtermann, Leiter der örtlichen Ostindischen Kompanie, adoptierte. Der zähmte sie und verkaufte sie an den Kapitän Douwe Mout, der sie nach Rotterdam brachte.
Clara war das erste Nashorn, das eine solche Verfrachtung nach Europa lange überlebte. Schon in Bengalen gezähmt wurde es mit einem Karren auf Tour geschickt und entgeltlich gezeigt, in Venedig, wo es ein unbekannter Maler auf einem Gemälde darstellte, in Hamburg, Hannover, wo es als hässliches Tier angepriesen wurde, am Jahrmarkt in St. Germain in Paris, wo es wieder zur Ehre eines großen Porträts kommt, das der Hofmaler Jean-Baptiste Oudry anfertigt, Berlin, wo es Friedrich II. besichtigte oder Wien, wo der Besitzer und Schausteller in den Adelsstand erhoben wurde.
Ein Flugblatt von 1746 annoncierte das Tier unter anderem so. "Dieses Rhinoceros Nasen-Horn, oder wie es auch sonsten genennet wird, Elephanten:Meister, verdienet von Jederman gesehen oder betrachtet zu werden, weilen es wohl das erste von dieser Sorte ist so jemahlen, will nicht sagen in Teutschland, sondern gar in gantz Europa lebendig gesehen worden. Gegenwärtiges Wunder-Thier ist in Asia in der Landschafft Asem unter die Herrschafft des Groß-Moguls gehörig, mehr als 4000. Meilen von hier entlegen, mit Stricken gefangen, als zuvor die Mutter von den schwartzen Indianern, mit Pfeilen todt geschossen, und wellen es damahlen erst einen Monat alt gewesen, gantz zahm gemacht und gewöhnet worden, in denen Zimmern, wo Damen und Herrn gespeiset, zur Curiosität um den Tisch zu laufen."
Offenbar gab es schon so etwas wie Merchandising, denn von Venedig, wo das Nashorn zum Karneval gezeigt wurde, waren bald mitgebrachte Souvenirs ausverkauft.
Auf einer Tour nach London verstarb Clara. Der Erhalt eines präparierten Tierkörpers von solcher Größe war damals nicht möglich.
*
Hubert wanderte auch kreuz und quer, aber freiwillig. Hubert das Flußpferd stammte aus KwaZulu Natal, einer Region Südafrikas und als man begann seine Spur zu verfolgen, die durchs Land führte, sollte es etwa zweieinhalb Jahre dauern, bis man dem zum 'national pet' und 'the union's most famopus' gewordenen Medienstar fand. Tot im Fluß treiben, ermordet!, vermutlich von Jägern. Das war im April 1931.
Der Direktor des Amathole Museums erwarb die sterblichen Überreste von Hubert und entdeckte, daß es sich um ein weibliches Tier handelte, also ab nun um 'Huberta'.
Zum fachgerechten Präparieren wurde die Haut nach London geschickt, wo das Resultat der 'museealen Wiederbelung' temporär ausgestellt wurde, zuerst In Hong Kong, dann in London.
"To some Hindus in Kwa-Zulu Natal, Huberta was a protected animal. When she arrived near Annerly on the South Coast, the local Indians are said to have ceremonially deified her. According to contemporary accounts, she was proclaimed "Protector of the Poor" in a service in the Hindu temple. After her death, prayers were again said for her in the temple. To many, Huberta was the home of "a mighty spirit". Some Zulus believed the hippopotamus to be the reincarnation of Tshaka. The Mpondo apparently thought her to be the spirit of a famous traditional doctor, descended from a survivor of the wreck of the Grosvenor. Some Xhosa felt the animal was the spirit of a great chief - perhaps even Sandile or Hintsa - who had returned to find justice for his people." (Webseite des Amathole Museum)
Huberta war mit ihrem Tod erst recht zum Gegenstand nationaler Aufmerksamkeit geworden, inspirierte Künstler, wurde Adressatin von Gedichten und Briefen. Erst nach Ausstellungen z.B. in der Witwatersrand Agricultural Society und der Rand Easter Show 1932 kam sie in das Museum, wo sie sich noch heute befindet, "enshrined at the entrance of the old Natural History building" des Amathole Museum.
Clara war das erste Nashorn, das eine solche Verfrachtung nach Europa lange überlebte. Schon in Bengalen gezähmt wurde es mit einem Karren auf Tour geschickt und entgeltlich gezeigt, in Venedig, wo es ein unbekannter Maler auf einem Gemälde darstellte, in Hamburg, Hannover, wo es als hässliches Tier angepriesen wurde, am Jahrmarkt in St. Germain in Paris, wo es wieder zur Ehre eines großen Porträts kommt, das der Hofmaler Jean-Baptiste Oudry anfertigt, Berlin, wo es Friedrich II. besichtigte oder Wien, wo der Besitzer und Schausteller in den Adelsstand erhoben wurde.
Pietro Longhis Gemälde mit der Darstellung des Rhonzeros, ausgestellt in Venedig. (1751) |
Ein Flugblatt von 1746 annoncierte das Tier unter anderem so. "Dieses Rhinoceros Nasen-Horn, oder wie es auch sonsten genennet wird, Elephanten:Meister, verdienet von Jederman gesehen oder betrachtet zu werden, weilen es wohl das erste von dieser Sorte ist so jemahlen, will nicht sagen in Teutschland, sondern gar in gantz Europa lebendig gesehen worden. Gegenwärtiges Wunder-Thier ist in Asia in der Landschafft Asem unter die Herrschafft des Groß-Moguls gehörig, mehr als 4000. Meilen von hier entlegen, mit Stricken gefangen, als zuvor die Mutter von den schwartzen Indianern, mit Pfeilen todt geschossen, und wellen es damahlen erst einen Monat alt gewesen, gantz zahm gemacht und gewöhnet worden, in denen Zimmern, wo Damen und Herrn gespeiset, zur Curiosität um den Tisch zu laufen."
Flugblatt zur Ausstellung in Hamburg. 1744 |
Offenbar gab es schon so etwas wie Merchandising, denn von Venedig, wo das Nashorn zum Karneval gezeigt wurde, waren bald mitgebrachte Souvenirs ausverkauft.
Auf einer Tour nach London verstarb Clara. Der Erhalt eines präparierten Tierkörpers von solcher Größe war damals nicht möglich.
*
Hubert (noch), auf Wanderung, 1928 fotografiert |
Hubert wanderte auch kreuz und quer, aber freiwillig. Hubert das Flußpferd stammte aus KwaZulu Natal, einer Region Südafrikas und als man begann seine Spur zu verfolgen, die durchs Land führte, sollte es etwa zweieinhalb Jahre dauern, bis man dem zum 'national pet' und 'the union's most famopus' gewordenen Medienstar fand. Tot im Fluß treiben, ermordet!, vermutlich von Jägern. Das war im April 1931.
Hubert / Hubertas Fußspuren, 1929 von der Polizei 'verfolgt' |
Der Direktor des Amathole Museums erwarb die sterblichen Überreste von Hubert und entdeckte, daß es sich um ein weibliches Tier handelte, also ab nun um 'Huberta'.
Zum fachgerechten Präparieren wurde die Haut nach London geschickt, wo das Resultat der 'museealen Wiederbelung' temporär ausgestellt wurde, zuerst In Hong Kong, dann in London.
"To some Hindus in Kwa-Zulu Natal, Huberta was a protected animal. When she arrived near Annerly on the South Coast, the local Indians are said to have ceremonially deified her. According to contemporary accounts, she was proclaimed "Protector of the Poor" in a service in the Hindu temple. After her death, prayers were again said for her in the temple. To many, Huberta was the home of "a mighty spirit". Some Zulus believed the hippopotamus to be the reincarnation of Tshaka. The Mpondo apparently thought her to be the spirit of a famous traditional doctor, descended from a survivor of the wreck of the Grosvenor. Some Xhosa felt the animal was the spirit of a great chief - perhaps even Sandile or Hintsa - who had returned to find justice for his people." (Webseite des Amathole Museum)
Huberta_Memorial mit Karte der - 1600 Kilometer langen - Wanderung |
Huberta war mit ihrem Tod erst recht zum Gegenstand nationaler Aufmerksamkeit geworden, inspirierte Künstler, wurde Adressatin von Gedichten und Briefen. Erst nach Ausstellungen z.B. in der Witwatersrand Agricultural Society und der Rand Easter Show 1932 kam sie in das Museum, wo sie sich noch heute befindet, "enshrined at the entrance of the old Natural History building" des Amathole Museum.
Huberta "enshrined" im Amathole Museum (King William's Town; Südafrika) |
Samstag, 7. April 2012
Freitag, 6. April 2012
"Die spinnen, die ... Franzosen"
Man kann offenbar seine Nationalmythen nicht den Comiczeichnern überlassen. Der heroische Widerstand der Gallier gegen die Römer (jeder Asterix-Leser, weiß wovon ich rede), im 19. Jahrhundert noch bitterernstes Versatzstück der staatlichen französischen Geschichtspolitik und auch heute noch sozusagen popkulturell virulent (Christopher Lambert als Vercingetorix auf der breiten Leinwand).
Jetzt hat grade ein 'Vercingetorixland' eröffnet, ein Centre d'Interpéetatation, ein MuséoParc Alésia - am Ort der Schlacht, in der Vercingetorix Cäsar unterlag.
Ein Museum? Ein Interpretationszentrum?
Na jedenfalls ein Grabhügel (mit Aussichtsplattform), ein Schlachtgelände mit originalgroßen Bauten, mehr oder weniger echtes Hauen und Stechen, Schauen und Kriegspielen.
Hier Auszüge aus dem Text der Webseite: "Der Besucher wird in dieser von dem Architekten Bernard Tschumi geschaffenen Stätte zu einer Zeitreise in die Vergangenheit eingeladen. Hierbei erwarten ihn u. a.: die im Jahre 52 vor Christus stattgefundenen Kämpfe, die berühmte Schlacht von Caesar und Vercingetorix, die Entdeckung des Mythos der Gallier, wie auch ein Besuch der eindrucksvollen Nachbauten der römischen Festigungen.Antike Gegenstände, Bildreproduktionen, Diorama, Filme, Modellbauten, interaktive Geräte und Nachbauten von Kriegsmaschinen bieten den Besucher verschiedene Möglichkeiten, um die Geschichte Frankreichs auf seine ganz persönliche Art und Weise zu entdecken. Ebenso werden den Besuchern zahlreichen Animationen (Besichtigungen mit Fremdenführer, Ateliers, Nachbauten usw.), die sich gleichermaßen für Kinder wie auch Erwachsene eignen, angeboten.
Der Film „Alésia, le rêve d'un roi nu" umfasst die 7 großen Schlachten, die zur Verurteilung von Vercingetorix und zum Sieg von Caesar führten. Hierbei kann der Besucher das Fortschreiten der Truppen auf einem Miniaturnachbau der Stätte von Alésia nachverfolgen.Ein gleichermaßen für Erwachsene wie auch für Kinder höchst interessantes Erlebnis!"
Soweit die Webseite.
Voraussetzungslos wird hier nicht Geschichtspolitik gemacht. Es war Francois Mitterand, der in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts den nicht weit von Alesia entfernten anderen archäologischen Ort gallischer Geschichte, Bibracte, eminent aufwertete - als "Ort an dem der erste Akt unserer Geschichte stattgefunden hat" (Mitterand). Hier sollten nach Mitterands Worten alle Franzosen zusammenkommen und ihre Wurzeln wiederfinden. Aber nicht genug damit. Seine Interpretation der gallischen Zivilisation ohne politische Grenzen, aber durch ihre Kultur definiert und vereint, rief das Modell des vereinten Europa als sich in der Tradition gallo-französischer Geschichte entwickelnd auf.
Mitterand, von dessen Identifikation mit Vercingetorix Historiker glaubhaft sprechen, sicherte sich ein kleines Grundstück auf dem Bibracte (ein Skandal, weil es Landschaftsschutzgebiet handelte), um sich dort bestatten zu lassen. Ob das wirklich geschehen ist, habe ich im Dickicht der Mythen nicht ausmachen können. Eigentlich soll er im Familiengrab seiner Heimatgemeinde Jarnac bestattet sein, aber man habe seine Asche heimlich auf den 'Gallischen' Berg gebracht...
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