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Mittwoch, 23. November 2022

Mehr Bock zum Gärtner war nie. Christian Ortner wird Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums bleiben

Es gibt massive Hinweise, daß Herr Ortner im Heeresgeschichtlichen Museum sein eigener Nachfolger wird. 

Er, der von Rechnungshof und von mehreren Kommissionen massiv kritisiert wurde und der vom Ministerium selbst nicht verlängert, aber interimistisch eingesetzt wurde, er, der von Museolginnen, Kuratorinnen, Historikerinnen etc. in mehreren Veranstaltungen massiv kritisiert wurde, er dessen Museumsleitung den unbestrittenen Reformbedarf des Museums verursacht hat, er ausgerechnet ist intern im Ministerium nicht nur im Dreiervorschlag gelandet sondern intern auch Favorit, informell bereits erstgereiht.



Freitag, 28. Oktober 2022

Matthias Beitl im Gespräch. Das Museum als geschützter, sozialer und demokratischer Ort

Wie oft hört man einen Museumsleiter (oder eine Leiterin) ausführlich (fast dreißig Minuten) über Sinn und Zweck des Musuems reden? Matthias Beitl, Leiter des Volkskundemuseums in Wien, wurde diese Möglichkeit von der Tageszeitung Der Standard eingeräumt. In Form eines Podcasts, den man unter dieser Adresse abrufen kann: https://www.derstandard.at/story/2000140341166/wie-das-museum-der-zukunft-aussehen-koennte

Matthias Beitl hat seine Zeit gut genutzt und über Digitalisierung informativ und eher skeptisch gesprochen. Auch in der Debatte um Auswirkungen der Klimakrise, der jüngsten Teuerungswelle etc. argumentiert er wohltuend aus der Praxis heraus.

In der „Königsdisziplin“ der Zukunftsprognose zeigt er sich trotz aller Krisenphänomene optimistisch, was den Geschützen und sozialen ebenso wie demokratischen Ort Museum betrifft.

Hörenswert als facettenreicher und klug argumentiertet Beitrag zu einer grundsätzlicheren und gründlichen Musuemsdenatte.

Freitag, 22. Juli 2022

Wie sieht es denn jetzt mit der Zukunft des Museums aus? (Sokratische Fragen)

 

2020 prophezeite der Museologe Kryzsztof Pomain angesichts der Corona-Pandemie und des Klimawandels das Ende des Musuems.

Zwei Jahre später sind der Krieg in der Ukraine hinzugekommen, die libale globale wirtschaftliche Situation mit Rezession und Inflation, Hungerkrisen und eine nicht enden wollende Fluchtwelle.

Was also ist das jetzt - das mit der Zukunft des Museums?


Samstag, 26. März 2022

Die Krisen des (Kunst)Museums. Barry Schwabskys Museumskritik

Die Krisen des (Kunst)Museums

 

Grundsätzliche Überlegungen zum Sinn und Zweck von Museen sind eher selten. Das Museum stellt sich nicht in Frage. Kritik kommt meist von Außen und erreicht selten die Praxis. Der dramatische Klimawandel wird von Museen in Vorhaben zur Steigerung der Nachhaltigkeit übersetzt, die Corona-Pandemie wird mit Hilfe staatlicher Überbrückungshilfen als scheinbar nur materielles Problem gemeistert. Die dritte und jüngste Krise, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, wird mit symbolischen Gesten und vereinzelten praktischen Hilfsmaßnahmen beantwortet. 

Allen drei Krisen gemeinsam ist, daß sie nicht aus dem Museum selbst kommen und als mehr oder weniger bedrohlich für die Institution zwar praktisch beantwortet aber kaum theoretisch reflektiert werden. Inhaltlich ändert das die Museen kaum. Wenn eben die Bundesmuseen ukrainischen Flüchtlingen freien Eintritt gewähren, darf man sich fragen, was diese Museen in der außergewöhnlichen Situation, in der sich die Flüchtlinge befinden, denn zu bieten haben. (1) Welche gesellschaftliche Rolle haben denn Museen und wie verändert sie sich gerade?

 

Der Kunstkritiker Barry Schwabsky hat kürzlich einen Text in The Nation veröffentlicht, der solche Fragen stellt, aber er hat andere als die genannten Krisen im Auge: In seinem Essay “Agents of Mailaise. Are Museums in Crisis?” (8.3.2022) geht es um den Wandel, dem die Museen ausgesetzt sind und dder sie eigentlich zu verstärkter Reflexion zwingen sollte. (2)

Er erinnert am Beginn seines Essays an Alexander Dorner, den praktisch wie theoretisch aktiven Museumsreformer der Weimarer Republik, der in die USA emigrierte und dort an der Frage weiterarbeitete, welchen gesellschaftlichen Stellenwert den Museen, insbesondere Kunstmuseen haben sollten. (3) Dorners Forderung, das Kunstmuseum müsse „seinen Charakter von einem Lagerhaus zu einem aktiven, funktionierenden Gestalter unserer zukünftigen Kultur ändern“ könne heute genauso wieder gestellt werden, denn, so Schwabsky, Museen seien „größtenteils gleich geblieben“. Dieser Befund gelte auch angesichts eines Museumswachstums, einer exponentiellen Zunahme der Zahl an Museen gerade in den letzten Jahrzehnten. Diese Entwicklung habe sich aber auf ein "Wie viel mehr und wie viel größer?" beschränkt und auf die Übertragung dieses Prinzips auf das museale Sammeln. Was das Sammeln zeitgenössischer Kunst unter diesem Primat betreffe, versuche man „Geschichte im Voraus zu schreiben“, aber mit dem Risiko, „sich auf eine Zukunft festzulegen, die nie eintritt.“


Dorner prophezeite das Überleben der Museen nur für den Fall, "wenn sie bereit sind, ein neues Kapitel in ihrer Lebensgeschichte zu beginnen". Doch heute, vermutet Schwabsky, „scheinen die Museen keine wachsenden Ambitionen oder Verantwortlichkeiten zu haben; sie scheinen stattdessen von einem tiefen Unwohlsein befallen zu sein“. Die Vorstellung von dem, was ein Museum ist, kann sich nicht mehr auf eine stabile soziale Rolle stützen, die scheinbar festgefügt aus „Autorität, Luxus, Größe“ und der Vermittlung „einer höheren Erfahrung“ bestehe. Museen sähen sich deshalb gezwungen, ihre Rolle zu reflektieren und zu deklarieren was sie tun und warum sie es tun.

Schwabsky erweitert dann den Blick über Museen moderner und zeitgenössischer Kunst auf jene „enzyklopädischen“ Museen, in denen ein Ein- und Überblick in eine Vielzahl von Kulturen angestrebt wurde und wird und bringt eine Herausforderung ins Spiel, die relativ jung ist. Die von den Restitutionsdebatten angeheizte Einsicht in unrechtmäßige und gewaltförmige Erwerbspraktiken, die Grundlage gerade der enzyklopädischen Sammlungen sind. Zwar gäbe es namhafte Fortschritte in der Aufarbeitung des unrechtmäßigen Erwerbs – Schwabsky spricht unverblümt von anrüchigemErwerb und krimineller Plünderung -, aber die europäischen und US-Museen müssten Ihre Bemühungen um universale Repräsentation aufgeben. „London, Paris, Berlin und New York werden zu Recht nicht mehr als die panoptischen Knotenpunkte verstanden, von denen aus alle Künste und Kulturen der Welt überblickt, systematisiert und abgerechnet werden können“.

Über ein Beispiel kommt Schwabsky auf eine weiteres Krisenphänomen, das Artwashing. Sein Beispiel entnimmt er – etwas überraschend einer historischen Kunstepoche, der florentiner Renaissance. Kaufleute hätten ganze Kapellen und deren Ausstattung aus Schuld in Auftrag gegeben, also das was wir heute als Meisterleistungen der Kunst würdigen, in erster Linie  Sühne für ihre zeitgenössisch als sündhafter Wucher deutbaren Geschäfte gedacht war. 

Was damals unhinterfragbare Praxis war, würde heute zunehmend thematisiert und zu Protesten führen. Schwabsky nennt Warren Kanders, stellvertretender Vorsitzender des Whitney Museums in New York, der „nach lautstarken Protesten von Künstlern“ die Institution verließ, „als bekannt wurde, dass er unter anderem eine Firma besaß, die Militär- und Strafverfolgungsausrüstung herstellt, darunter Tränengasgranaten, die an der Grenze zwischen den USA und Mexiko und angeblich auch in Palästina und anderswo eingesetzt wurden“.  


„Und am berüchtigtsten von allen ist die Familie Sackler, Mäzene der Met, der Tate, des Louvre und so vieler anderer, die jede Verantwortung für die von ihnen geförderte Opioid-Krise ablehnt, die fast eine halbe Million Amerikaner getötet hat“. (4)

Es geht hier nicht um einzelne „Fälle“ oder bestimmte Personen, sondern um eine Entwicklung hin zur Ökonomisierung der Kultur, die tief auch in die Museen hineinwirkt.

„… die Sacklers und der Rest (sind) zu einem Beispiel für eine Welt geworden, in der die unziemlichen und amoralischen Ultrareichen die Museen dominieren. (4a) Auch wenn es sich technisch gesehen immer noch um gemeinnützige Bildungseinrichtungen handelt, werden sie nach unternehmerischen Werten geführt und arbeiten nach politischen Grundsätzen, die die Künstler, deren Werke in ihnen ausgestellt werden, in der Regel als abstoßend empfinden“.



Es sind inzwischen nicht nur Künstler, die protestieren, zunehmend wird das in den Museen selbst zum Problem, als Konflikt zwischen Kuratoren und Direktoren beziehungsweise Aufsichtsräten und das führt – in den USA – zu vermehrtem Interesse an gewerkschaftlicher Organisation. Mit entsprechender Gegenreaktion: „ Im New Museum of Contemporary Art verglich ein Arbeiter die Bedingungen dort sogar mit denen eines Ausbeuterbetriebs. Nach einem hart erkämpften Gewerkschaftsvertrag mussten die Beschäftigten feststellen, dass die Entlassungen und Freistellungen als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie auf die Beschäftigten abzielten, die sich am aktivsten an der gewerkschaftlichen Organisierung beteiligt hatten. Die Rhetorik von oben blieb dieselbe: Das Neue Museum sei ‚ein vielfältiger, spannender und kreativer Raum für Experimente für Teammitglieder und Besucher‘. Doch das sorgfältig kultivierte fortschrittliche Image, das es und viele andere Museen zu vermitteln hoffen, wurde durch die erdrückende Hierarchie und Ungleichheit, die diese Organisationen prägen, Lügen gestraft“. 

Schwabsky sieht in den Museumsproblemen gesellschaftliche Entwicklungen gespiegelt, namentlich die Tendenz zu immer größerer Ungleichheit und Machtkonzentration in den Händen weniger. „Was diese Probleme in den Vordergrund gerückt hat, ist die immer größer werdende Ungleichheit, mit der wir leben, sowohl in Bezug auf die Rasse als auch auf die Klasse“. Deshalb könne die Lösung der Probleme auch nicht aus den Museen selbst kommen. Als ein Indiz dafür nennt er die zunehmende Schwierigkeit, Leitungspositionen von US-Museen zu besetzen. Der Job eines Museumsleiters sei derart schwierig geworden, daß immer mehr Institutionen Probleme bei der Besetzung hätten. (5)

 

*

 

Mit der Erörterung des unrechtmäßigen Zustandekommens so vieler und bedeutender Museumssammlungen driftet Schwabsky unvermeidlich auf eine ethische Delegitimierung des Museums zu. Wie kann man einer scheinbar humanen Praxis festhalten, wenn eine ihrer wichtigsten Grundlagen in physischer und symbolischer Gewalt liegt? Die in Deutschland im Umfeld des Humboldt-Forums aufflammende Debatte um koloniale Sammlungen, die in Frankreich aufgegriffen wurde, stellt uns vor die Frage, ob man an den bisher geübten Museumspraktiken festhalten kann. Daß das keine abstrakte Überlegung ist, zeigen die  Völkerkundemuseen. Ihre Reform erweist sich als unausweichlich, aber bislang entweder als halbherzig oder als auf seine Auflösung zulaufend. Die gelegentliche Schärfe des Protests gegen diese Entwicklung ist ein Indiz dafür, wie tiefgreifend die Krise gerade dieses Museumstyps ist. (6)

Schwabskys Diagnosen zum Artwashing scheinen mir in dieselbe Richtung zu weisen. Die Instrumentalisierung von Museen in strikt privatem Interesse unterwandert die europäische Idee des der gesamten Gesellschaft verpflichteten Institution. Er wirft aber, sowohl mit seinem historischen Beispiel des florentinischen Mäzenatentums als auch den heutigen Praktiken ein weitere fundamentale Frage auf. Die nach der Sublimierungsleistung von Kunst, die er heute in Frage gestellt sieht und der er sich unter dem Stichwort Ästhetisierung am Ende seines Essays zuwendet. 

Dabei kommt er auf die Entstehungszeit des Museums der Moderne in der Französischen Revolution zu sprechen, im Rückgriff auf einen Text von Jacques Ranciere, der der Französischen Revolution die Ästhetisierung der Kunst zuschreibt. (7) Um die Kontamination mit dem Ancien Regime zu tilgen, sei die Auslöschung des Inhalts zugunsten der Form unumgänglich nötig gewesen.

„Der König war gestürzt worden, und seine Kunstwerke gehörten nun über den Staat dem Volk. Doch viele dieser Werke waren im Wesentlichen visuelle Lobgesänge auf das Königtum, und noch mehr waren es Devotionalien, Zeugnisse der Macht der Kirche, die die Revolutionäre unbedingt unterdrücken wollten. Wie konnten diese königlichen und klerikalen Bilder als Ruhm einer freien und säkularen Nation angesehen werden?

Die Lösung war radikal: Diese Objekte, die zu Ehren von König und Kirche hergestellt worden waren, wurden einfach als Beispiele erhabener Kunst, d. h. schöner Form und transzendenter Kunstfertigkeit, umgestaltet. Gerade aus politischen Gründen musste sich eine im Wesentlichen ästhetische Vision durchsetzen“.

Ich kann dieser Deutung nicht wirklich folgen, schließlich wird ja während der Revolution sowohl die historische, ab nun musealisierte und die damlige zeitgenössische Kunst in den Dienst der je aktuellen Politik gestellt, etwa in der Allegorisierung der revolutionären Tugenden, der Feier der neuen Ideale usw., aber folgen wir dennoch vorläufig der Argumentation Schwabskys. Er vermutet nämlich, daß das „ästhetische Regime“ langsam durch eine Rückkehr der ethischen Bewertung von Kunst abgelöst werde. Ob sich da aktuell ein Wandel wirklich anbahnt, läßt er offen. Aber wenn es so wäre, dann würde der „… eine große Herausforderung für die Museen“ darstellen, „die sich nicht mehr als neutrale Vermittler der weltweiten Vielfalt an visuellen Formen präsentieren können“. 

Wenn wir wieder an die Völkerkundemuseen denken (die diesen Namen selten noch beibehalten haben), dann können wir der Beobachtung zustimmen. Hier beginnt ein ethischer Diskurs zu dominieren, der auch einer der Schuld ist. Nämlich ihrer Anerkennung und der unterschiedlichen Versuche, wieder gut zu machen, was durch Raub, Erpressung, kriegerische Gewalt als Kulturgut nach Europa kam. Das Begangene wird als Unrecht anerkannt. Etwa indem man Kooperationen mit Herkunftsgesellschaften eingeht, Restitutionsforschung betreibt, Kulturgüter zurückerstattet u.a.m. Hier findet ganz ohne Zweifel ein Übergang von einer ästhetisierenden zu einer ethischen Museumspolitik statt. Erst jetzt beginnt man sich zu fragen, wie man etwa Artfekate afrikanischer Kulturen so lange Zeit als „Kunstwerke“ genießen und die Grundlagen dieses Genusses, die genannte Gewalt und Unrechtmäßigkeit der Aneignung, „vergessen“ und zu „übersehen“ konnte.

Gilt dieser Befund des Übergangs vom der ästhetischen zur ethischen Ausrichtung für alle Arten von Museen? Ich würde antworten, vereinzelt, aber eher doch noch kaum. Mir scheint die Tiefe und die Breite der Konsequenzen der Transformation noch nicht erkannt. Technische wie volkskundliche, Naturmuseen oder historische, werden noch vom Prinzip der Sublimation und Ästhetisierung getragen. Sie ersparen uns noch weithin, Walter Benjamins oft zitierten Satz zu folgen „Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich eines der Barbarei zu sein.“ Die Anerkennung dieses Satzes würde ungeahnte Konsequenzen für die Museen haben; es dürfte kein Stein mehr auf dem anderen bleiben. Es müßte zu Museen ein „end-of-everything“-Diskurs beginnen, ähnlich radikal, wie der den Krzsystof Pomian kürzlich angesichts des Klimawandels und der Coronakrise begonnen hat. (8) So sieht das offenbar auch Schwabsky, wenn er zum Schluß kommt, daß der derzeitige Wandel der Museen nicht weniger bedeuten könnte, als ihr Ende in der bisher bekannten Form.

Wenn es so ist, daß das "ästhetische Regime der Kunst" (…) und das Kunstmuseum“ sich „gegenseitig ermöglicht“ haben, und dann niemand „weiß, wie man das eine ohne das andere haben kann“, dann müsste die Durchsetzung einer ethischen Sichtweise das Ende des Museums in der bisher gekannten Form bedeuten: „Was wäre,“ schließt Schwabsky, „wenn wir heute Zeugen einer Rückkehr zu einer Zeit sind, in der Kunst mehr wegen ihres sozialen Nutzens, ihrer erbaulichen Wirkung auf den Betrachter, als wegen ihrer ästhetischen Wertigkeit geschätzt wird? Die Kunst könnte sich als etwas ganz anderes erweisen als das, was sie bisher war, und die Museen müssten nicht weniger anders werden - vielleicht ganz anders als die, die wir heute kennen. Die Malaise der Museen könnte erst der Anfang sein“.

 

 

 

1) In der Aussendung des Kulturstaatssekretariats heißt es: "Der Kulturpass (als Voraussetzung für den freien Eintritt G.F.) ermöglicht Kulturerfahrungen, die dazu beitragen können, dass die geflüchteten, oft erschöpften Menschen, besonders auch Kinder und Jugendliche, durch Kulturerlebnisse etwas an Kraft und Zuversicht zurückgewinnen". Museen seien nicht nur Orte der Kultur- und Wissensvermittlung, sondern auch sichere Rückzugsorte der Ablenkung, der Entschleunigung und der Reflexion.

2) Den Originaltext kann man hier nachlesen: https://www.thenation.com/article/culture/museum-crisis/

Die Zitate habe ich übersetzt.

3) Alexander Dorner (1893 - 1957) ist als Museumsreformer praktisch und theoretisch bedeutsam. Als Leiter des Provinzialmuseums Hannover lädt er El Lissitzky zur Gestaltung eines Kabinett der Abstarkten ein, der zur Präsentation zeitgenössischer Kunst konzipiert wird. 1937 emigriert er in die USA und leitet dort das Museum der Rhode Island School of Design, wo er seine Museumsideen weiterentwickelt und lehrt als Professor für Kunstgeschichte.

Barry Schwabsky bezieht sich auf den zu Lebzeiten Dorners unveröffentlichten Text „Why Have Art Museums?“

4) Die gefährlichste Droge der USA, die dort die meisten Drogentoten fordert, ist das abhängig machende Schmerzmittel Oxycotin. Produziert und aggressiv vermarket wurde es von Purdue Pharma, das sich im Besitz der Familie Sackler befindet, mit dem sie ein Milliardengeschäft gemacht hat. Die Familie unterstützte und unterstützt im großen Umfang kulturelle Einrichtungen, namentlich Museen, in den USA, in Großbritannien oder in der Schweiz. Einige Museen haben ihre Kooperation mit den Sacklers inzwischen beendet.

4a) Man muß nicht nur an US-amerikanische „Fälle“ denken. Das fragwürdige Mäzenatentum erbert Batliners etwa bei der Wiener Albertina oder die Ende 2021 hitzig debattierte und sehr umstrittene Übernahme der Sammlung Bührle in das Kunsthaus in Zürich sind Beispiele für die analoge europäische Entwicklung.

5) Zachary Small: There Are Almost Two Dozen Director Roles Vacant in U.S. Museums Right Now. Why Does Nobody Want Them? "People really don’t want to be directors right now." In: Artnet, November 22, 2021

https://news.artnet.com/art-world/u-s-museums-director-vacancies-2038335

6) In der Transformation am weitesten zu gehen scheint derzeit das Grassi-Museum in Leipzig. In der Zeitschrift Monopol stellt Marlen Hobrack gleich eingangs ihres Textes „Das bessere Humboldt-Forum?“ die aktuell brennendsten Fragen: „Lässt sich das Konzept des Völkerkundemuseums ins 21. Jahrhundert überführen? Kann es Bestand haben angesichts von Dekolonialisierung und dem Anspruch auf Restitution geraubter Kunstobjekte? Das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig versucht sich mit seinem Zukunftsprogramm "Reinventing Grassi" an einer Antwort.“ In: Monopol, 7.3.2022 https://www.monopol-magazin.de/grassi-museum-leipzig-das-bessere-humboldt-forum?slide=4Massive Kritik zum “Reinventing” kommt von Anette Rein: Vom Gegenstand des Respekts zur Ruine. Die beauftragte Zerstörung eines museumshistorischen Erinnerungsmals, In: Museum aktuell, Heft 279/280, 2022; S.9-12

7) Jacques Rancière: Aisthesis. Vierzehn Szenen. Wien 2013. Französische Erstausgabe 2011

8) Sein Text zum „Ende des Museums“ findet sich hier: https://www.museumdenken.eu/post/ende-des-museums

 

 

 

 

 

Freitag, 18. März 2022

Museumskrise. In den USA scheint es immer schwieriger zu sein, ein Museum zu leiten

In einem Artikel in ARTNET beschreibt Zachary Small, wie schwierig es geworden ist, Leitungspositionen in US-Museen zu besetzen. Ein zentrales Problem ist die für die USA typische und wichtige Rolle und die Macht der Trustees. Ein Aspekt dabei ist, daß die Kluft zwischen den sehr wohlhabenden Trustees einerseits und den schlecht bezahlten MitarbeiterInnen zunehmend unerträglich zu werden beginnt. Dazu kommen aber neue Anforderungen, wie Diversität und das Zurechtkommen mit den Folgen der Corona-Pandemie. Nicht weniger als 22 Leitungspositionen sind derzeit vakant - offenbar ein Symptom eines krisenhaften Wandels des Museums. Zumindest in den USA.


Hier gehts zu Artikel:

https://news.artnet.com/art-world/u-s-museums-director-vacancies-2038335


Donnerstag, 3. Juni 2021

Wolfgang Muchitsch: Heeresgeschichtliches Museum Wien. Wie könnte es weitergehen?

 Auf der von Elena Messner und Peter Pirker veranstaltete Tagung "Heeresgeschichtliches Museum neu" (20. und 21.Mai 2021, Literaturhaus Wien) war Wolfgang muchitsch zu Gast. Er ist Leiter des Universalmuseum Joanneum und des Österreichischen Musuemsbund. Als Leiter der Kommission, die das Heeresgeschichtliche Museum evaluiert hat, kennt er dessen Situation genau und hat auch Einflüß auf den weiteren Prozess der Entwicklung des Museums.

Ich habe ihn gebten, seine Sicht der Dinge nach der Tgaung darszustellen - hier ist der Text.

Martin Fritz hat mir vor wenigen Tagen sein klares Statement zu wünschbaren Optionen zur Verfügung gestellt. Auf der Tagung hat sich daraus eine kurze Kontroverse mit Wolfgang Muchitsch zum Leitbildprozess entwickelt. Hier der Link zum Statement von Martin Fritz. https://museologien.blogspot.com/2021/06/martin-fritz-ein-leitbildprozess-fur.html

 


Gottfried Fliedl

Wolfgang Muchitsch

Heeresgeschichtliches Museum Wien - Wie könnte es weitergehen?

 

Über die Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum Wien (HGM) wurde in den letzten Monaten vielfach in den Medien berichtet, wurden entsprechende Kommissionen zur Evaluierung eingesetzt und deren Ergebnisse veröffentlicht[1] sowie unter dem Titel #hgmneudenken öffentliche Diskussionen geführt.

Im Zuge dieses Prozesses hat die Kommission, der ich angehört habe und die erstmals ein österreichisches Museum in einer solchen Form überprüft hat, zu keinem Zeitpunkt die Existenz und Notwendigkeit des HGM in Frage gestellt und auch keine Hinweise auf antisemitische, rassistische oder rechtsextreme Inhalte gefunden, auch wenn fehlende Kontexte bei einigen Objektgruppen Interpretationsspielräume bieten.

Einzelne Bereiche wurden positiv hervorgehoben, wie die international bedeutenden Sammlungen, die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg im Vergleich zu den übrigen Ausstellungsteilen sowie die engagierte Arbeit der Kulturvermittler*innen und die zahlreichen Angebote.

Gleichzeitig ist die vorgefundene Problemlage aber so vielschichtig, dass man diese nicht mit einzelnen kosmetischen Interventionen beheben kann, sondern nur mit einer Gesamtlösung, im Grund einer Neugründung des HGM.

 

Wo liegen die Probleme?

Zuallererst mangelt es an einem stringenten Gesamtkonzept, das die Haltung der Institution, seine Visionen und Ziele widerspiegelt und aus dem sich alle anderen Maßnahmen, Sammlungs- und Ausstellungspolitik, Zielgruppendefinition, Vermittlungskonzepte etc. bis hin zur Organisationsstruktur ableiten lassen. Da die im HGM zu verhandelnde Militärgeschichte untrennbar mit der politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart verbunden ist, sollte ein solches Konzept naturgemäß auch mit anderen musealen Einrichtungen abgestimmt werden.

Das nächste „Problem“ ist die Hülle des HGM: das kulturhistorisch äußerst wertvolle Gebäude selbst und dessen Ausstattung, in dem ein inhaltliches und politisches Programm in Stein gegossen wurde – Glanz und Glorie der habsburgischen Armee und der Ruhm ihrer erfolgreichen Feldherren. Dieses politische Programm des Gebäudes mit seiner unkommentierten Feldherren- und Ruhmeshalle ist bis heute ungebrochen. Dementsprechend ist das Gebäude selbst das erste Museumsobjekt des HGM, dessen politischer Inhalt zu dechiffrieren ist. Dass das Gebäude einer umfassenden Sanierung und die räumlichen Funktionen einer Bereinigung bedürfen, ist ebenso offensichtlich wie der Investitionsrückstau in anderen Bereichen des HGM.

Ein weiteres „Problem“ sind die international bedeutenden Sammlungen des HGM, die in weiten Bereichen auf den Hinterlassenschaften von Offizieren, Feldherren und Mitgliedern des Hauses Habsburg aufbauen und daher die heute zurecht geforderte Multiperspektivität nicht in sich tragen. Die Perspektiven der einfachen Soldat*innen, der von Gewalt, Konflikten und Kriegen betroffenen Zivilbevölkerung oder die der Gegner fehlen dementsprechend.

Ein zusätzliches Problem, das auch vom Bundesrechnungshof aufgezeigt wurde, ist die Struktur, in der das HGM in das BMLV eingebettet ist. Ob das HGM innerhalb des BMLV überhaupt richtig angesiedelt ist oder ob es nicht eher in den Verband und damit die Kooperation der vom Bundesmuseen-Gesetz umfassten Bundesmuseen aufgenommen werden sollte, ist eine immer wiederkehrende Frage. Dass es sehr wohl möglich ist, auch innerhalb eines Verteidigungsressorts ein kritisches und selbstreflexives Militärmuseum zu führen, zeigt das immer wieder als Vorbild zitierte Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden. In welchem Ministerium es schlussendlich auch angesiedelt ist, das HGM braucht, neben den finanziellen Mitteln für die Umsetzung und den künftigen Betrieb einer neue Gesamtlösung, jedenfalls eine Struktur, die größere wirtschaftliche Freiheit und Kompetenzen beinhaltet, zumal dem HGM in § 31a (7) Forschungsorganisations-Gesetz inhaltliche Weisungsfreiheit und organisatorische Autonomie zuerkannt wird. Dementsprechend muss das bestehende Team breit aufgestellt und interdisziplinär erweitert werden, um neben den anerkannten militärhistorischen und waffentechnischen Expertisen auch andere Aspekte und Perspektiven der Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in sein Programm und seine Präsentationen einfließen lassen zu können.

Das bislang am intensivsten diskutierte Problem des HGM sind sicherlich dessen über die Jahrzehnte entstandenen ständigen Schausammlungen. Auch hier wird deutlich, dass ein Gesamtkonzept für das Haus und seine Ausstellungen fehlt. Kritisiert wird außerdem der Mangel an Multiperspektivität, die fehlenden Ansprüchen einer modernen Militärgeschichte, die fehlenden Kontextualisierungen sowie die im Vergleich zur gesamten Ausstellungsfläche von 7.300 m2 zu bescheidene Sonderausstellungsflächen von 115 m², was sehr viel über die Ausstellungspolitik eines Hauses aussagt. Die Schausammlungen erwecken den Anschein, von Fachwissenschafter*innen für ein Fachpublikum gemacht worden zu sein, haben vielfach den Charakter eines Schaudepots mit einer Überfülle an Objekten ohne nähere Erklärungen und Kontextualisierungen. Das HGM zeigt, wie Kriege vom österreichischen Feldherrnhügels aus geführt wurden, aber nicht warum sie entstanden sind, welche Auswirkungen und Folgen sie hatten und wie sie beendet wurden. Ruhm und Ehre des Hauses Habsburg und seiner Heerführer stehen im Mittelpunkt, Siege überstrahlen alles. Ursachen, Niederlagen und Gegner bleiben im Dunkeln, Beutestücke werden als Siegestrophäen präsentiert und bestehende Feinbilder weitertradiert.

 

Wie könnte es weitergehen?

Ausgelöst von den zivilgesellschaftlichen und medialen Debatten haben sowohl Bundesminister Thomas Starlinger (3. Juni 2019 bis 7. Jänner 2020) als auch Bundesministerin Klaudia Tanner (seit 7. Jänner 2020) den dringenden Handlungsbedarf erkannt und parallel zu einer laufenden Prüfung des Bundesrechnungshofs externe Kommissionen sowohl mit der Überprüfung des Museumsshop-Sortiments als auch der ständigen Schausammlungen beauftragt.

Der vorgelegte Bericht zu den Schausammlungen hat Bundesministerin Tanner sowie die Verantwortlichen im BMLV mittlerweile aus meiner Sicht und Wahrnehmung ernsthaft dazu bewogen, eine „große“ Lösung für das HGM anzustreben und anzugehen, die sowohl eine Reform der Struktur, eine Erweiterung des Teams, eine Generalsanierung der Liegenschaft als auch eine inhaltliche Neuorientierung und darauf aufbauend Neuaufstellung des Museums beinhaltet.

Sosehr ich dem von Martin Fritz in der letzten Diskussion vorgeschlagenen Prozess einer zivilgesellschaftlichen Neugründung einiges abgewinnen kann, bin ich doch angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen und des im Augenblick gegebenen window of opportunity im Sinne einer realistischen Lösung der Verfechter eines eher pragmatischen Zugangs.

Erste Schritte dazu sind neben der internen Reform der Struktur, die mehr Autonomie und wirtschaftliche Spielräume eröffnet, die Einsetzung eines breit aufgestellten internationalen Beirates, der der Ministerin sowie vor allem der Leitung des HGM bei der weiteren Entwicklung kollegial und konstruktiv kritisch beratend zur Seite stehen soll. Aufbauend auf einer internationalen Ausschreibung des BMLV im Herbst, die den Willen zu einer Neuorientierung bzw. Neugründung des HGM klar zum Ausdruck bringen müsste und von potenziellen Bewerber*innen als Entscheidungsgrundlage für eine Bestellung Konzepte für die mögliche Entwicklung des HGM einfordert, sollte eine neue Leitung des HGM bestellt werden, der man in weiterer Folge auch unbedingt die Möglichkeit geben muss, zwei bis drei Schlüsselposition mit Personen ihres Vertrauens zu besetzen. Dieses neue Leitungsteam wäre gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen des HGM gefordert, in einem ersten Schritt unter der Einbindung möglichst vieler Stakeholder und Initiativen sowie des Beirates ein Gesamtkonzept für das „HGM Neu“ zu entwickeln, aus dem heraus sich alle weiteren Ziele und Maßnahmen ableiten. Inwieweit – bis zur tatsächlichen Umsetzung eines neuen Konzeptes, die schlussendlich einige Jahre benötigen wird – in bestehende Ausstellungsbereiche interveniert wird bzw. Teile geschlossen werden, sollte in der Entscheidung der künftigen Leitung liegen. Sinnvoll wäre es jedenfalls, die vom BMLV bereits zusätzlich in Aussicht gestellten Mittel nicht in einzelne kleine Reparaturmaßnahmen, sondern in die sorgsame Planung und Vorbereitung eines „HGM Neu“ einfließen zu lassen. Zugleich muss sich das BMLV bewusst sein, dass es sich dabei nicht nur um das spannendste, sondern wohl auch finanziell größte Museumsprojekt des Bundes in den kommenden Jahren handeln wird. Ein Vergleichswert wäre die nunmehr beginnende Neuaufstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin, für die bei einer ähnlichen Dimension, aber bei weiten vielfach besseren baulichen Infrastruktur über EUR 46 Mio. veranschlagt sind. Es bleibt zu hoffen, dass die zur Umsetzung des Konzepts erforderlichen Budgetmittel langfristig abgesichert zur Verfügung stehen und der politische Wille dafür in den kommenden Jahren nicht verloren geht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1] Bericht über die Überprüfung der Dauerausstellungen des Heeresgeschichtlichen Museums Wien (exkl. Des Zeitabschnitts 1918 bis 1945/46 Republik und Diktatur), 11. 1. 2021, Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV), https://www.bundesheer.at/download_archiv/pdfs/bericht_hgm_01022021.pdf [11.3.2021]

Freitag, 28. Mai 2021

Museum, lebensnotwenig

Angesichts der pandemiebendingten Infragestellung der Wichtigkeit des Museums hier ein tröstendes Wort eines Philosophen. Ist zwar schon eine Weile her, aber vielleicht hilft es als Medizin noch immer.

Der amerikanische Kulturtheoretiker Neil Postman sprach auf der internationalen Tagung des Museumsrates ICOM von 1989 unter dem Titel Die Erweiterung des Museumskonzeptes und unter der lebhaftesten Zustimmung der Museumsleute. „Angesichts ökologischer, ökonomischer und sozialer Weltprobleme müssen ... [die] Erziehungseinrichtungen all das liefern, was die ökonomischen, politischen und sozialen Institutionen nicht zu liefern in der Lage sind. Die lebensnotwendigste Funktion der Museen ist der Ausgleich, die Balance, die Regulierung dessen, was wir die symbolische Ökologie der Kultur nennen könnten, indem sie alternative Ansichten vorbringen und so die Auswahl und den kritischen Dialog am Leben erhalten." Dies sei "essentiell" für das Überleben einer jeden Kultur.

Freitag, 9. April 2021

Ex cathedra. Ein Direktor spricht. Mit sich selbst

Das Video, das ich hier gerne gezeigt hätte, ist zu umfangreich, als daß das technisch möglich wäre. Zwanzig Minuten, das überfordert mein Blog-Programm. Schade. Aber unter diesem Link findet man das Interview.


Klaus Albrecht Schröder, Leiter der Albertina in Wien, interviewt sich selbst. Ich finde diesen Auftritt bemerkenswert. Er gibt tiefe Einblicke in die Gedankenwelt eines neoliberalen Museumsmanagers und hat hohe symptomatische Qualität in Hinblick auf die Person und auf den Zustand der österreichischen Museumsdebatte.

Außerdem erfährt man hier, was ein Fremdenei ist.

Viel Vergnügen!

Donnerstag, 25. März 2021

Das Museum als aktiver Moderator sozialer Demokratie

 Das Museum als aktiver Moderator sozialer Demokratie

 

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Dieser Text basiert auf Notizen, die einem Beitrag zu einer Veranstaltung zu Erinnerungskulturen der sozialen Demokratie zugrunde lagen. Die von der Hans Böckler Stiftung veranstaltete Zusammenkunft hatte den Untertitel Soziale Demokratie im Kulturhistorischen Museum. Wege zum partizipativen Museum. Meine für fünfzehn Minuten Redezeit vorbereiteten Überlegungen waren eher fragmentarisch und sind es mit ein paar Glättungen und Ergänzungen auch geblieben.

 

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Was wäre das - ein Museum der sozialen Demokratie?

Welche Erwartungen knüpfen sich an ein solches Museum?

Kann es so etwas geben, ein Museum, in dem die sozialen Bürgerrechte repräsentiert werden?

 

Soziale Demokratie, so lege ich es mir zurecht, ist eine gesellschaftliche Ordnung, in der nicht nur die verschiedene Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte gesichert sind, sondern auch die materiellen Bedingungen und soziale Rechte, die den Genuss dieser Grund- und Freiheitsrechte überhaupt erst ermöglichen.

Für mich ergeben sich daraus drei Fragen: Wie weit wird das Museum als Organisation diesem Anspruch gerecht? Wie spiegeln die Sammlungspolitik, die Sammlung und die und die Ausstellungen diesen Anspruch? Und schließlich: Welches Verhältnis pflegt das Museum zu seinem Publikum und generell zur Öffentlichkeit. Wie bestimmt es seinen Platz und seine Aufgabe innerhalb Gesellschaft.

 

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Ich möchte zuerst kurz skizzieren, wie ich die drei Anforderungen in der derzeitigen Museumspraxis realisiert bzw. nicht realisiert sehe.

Zur ersten Frage: Ist das Museum eine Organisation, die man demokratisch nennen kann, in der soziale Demokratie selbst verankert ist? In welchen Museumsorganisationen ist Demokratie eine zentrale Handlungsorientierung und etwas, was die innerbetrieblichen Machtverhältnisse, Abläufe und Entscheidungen prägt?

Ich kann dazu nur beispielhaft und anekdotisch etwas beitragen, ich kenne keine empirischen Untersuchungen zu musealen Organisationsformen.

Was mir sofort eingefallen ist, ist der einzige mir bekannte Versuch, gewerkschaftliche Mitbestimmung in Museen einzuführen. Das sogenannte Hamburger Modell vom Anfang der 70er-Jahre, das von MItarbeiterInnen der kommunalen Hamburger Museen gefordert und von den Museumsleitern heftig bekämpft wurde. Der von mir geschätzte Leiter der Hamburger Kunsthalle entsetzte sich mit der Vorstellung Da könne ja nun jede Putzfrau bei den Ausstellungen mitbestimmen.

 

Keine gewerkschaftliche aber überhaupt Mitsprache forderten jüngst die Leiter der Museen der Stiftung Preussischer Kulturbesitz ein, um sich in einen Evaluationsprozess einzuklinken, der zunächst ohne ihr Wissen und zutun von der Kulturstaatssekretärin begonnen worden war und im dem eine Zeit lang die Zerschlagung der Stiftung im Raum stand. Die mir völlig sinnvoll und selbstverständliche Beteiligung der Museumsdirektoren wurde von einer großen überregionalen Zeitung gar als basisdemokratische Revolution bezeichnet.

 

Ein anderes Beispiel für Implementierung sozialer Demokratie ist der Versuch, an den österreichischen Bundesmuseen einen Kollektivvertrag durchzusetzen. In erster Linie wird das zur Verbesserung der Anstellungsbedingungen und Entlohnung der Vermittlerinnen führen - die weibliche Form ist hier angebracht, es ist überwiegend ein Frauenberuf, nicht gut bezahlt und mit prekären Bedingungen. Für die Realisierung dieses Vorhabens, so höre ich, gibt es gute Aussichten.

 

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Ich komme zur zweiten Frage: Wie spiegeln die Sammlungspolitik, die Sammlung und die Ausstellungen den Anspruch soziale Demokratie im Museum zu repräsentieren? Das heißt, wie wird die Geschichte der Arbeit, der der Arbeiterbewegung und ihrer Organisation, der sozialen Kämpfe und Reformen, der Organisation der Arbeiterschaft und vieles andere mehr durch Museen repräsentiert.

Da kann ich mich auf eine umfangreiche Recherche von Wolfgang Jäger berufen, der sich in einer Reihe deutscher kulturhistorischer Museen auf die Suche nach sozialer Demokratie in Ausstellungen gemacht hat. (Wolfgang Jäger: Soziale Bürgerrechte im Museum. Die Repräsentation sozialer Demokratie in neun kulturhistorischen Museen. Bielefeld 2000. Mir stand ein umfangreiches Manuskript von Wolfgang Jäger zu diesem Thema zur Verfügung). Sein Befund ist ernüchternd, aber nicht überraschend. In vielen (kultur)historischen Museen ist er kaum bis gar nicht fündig geworden. Soziale Demokratie spielt in den Erzählungen der einschlägigen Museen, nicht jene Rolle, die ihr in der Wirklichkeit zugekommen ist und zukommt. (*)

Ich denke, in Österreich würde eine ähnliche Recherche ebenso ernüchternd ausfallen und die Existenz des Museums Industrielle Arbeitswelt Steyr, auf Initiative der Gewerkschaftsjugend gegründet, das verdienstvolle Ausstellungen macht, muß man ebenso als eine Ausnahme aus der Regel ansehen wie das wunderbare Museum Das Rote Wien im Waschsalon des Karl Marx-Hofes in Wien, das die Kommunalpolitik des sozialistisch regierten Wien in der Ersten Republik zeigt aber auch den hohen Grad und die Qualität der Selbstorganisation der Arbeiterschaft.

 

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Die dritte Frage ist die nach der Beziehung des Museums zu seinem Publikum und zur Gesellschaft insgesamt.

Wie sattsam bekannt, gibt es eine inzwischen universale Kennzahl, die über den Wert und Wirkung von Museen - vermeintlich - Auskunft gibt. Die Anzahl der Besuche(r).

Jüngst las ich, daß eine englische Tageszeitung eine Bezahlung der MitarbeiterInnen nach der Zahl der Klicks ihrer Artikel einführen will. Noch ist es am Museum nicht so weit, aber die Bindung von „Erfolg“ und „Wert“ der Institution ist schon lange eng mit der Besucherstatistik gekoppelt. Damit einher hat sich eine Art neoliberaler Wettlauf entwickelt – in Österreich zwischen den großen Kunstmuseen -, um mediale Aufmerksamkeit innerhalb der Konkurrenz der vielfältigen (hoch)kulturellen Angebote.

Was aber noch nachhaltiger zu wirken begonnen hat ist die Gleichsetzung dieser Zahlen mit der Vorstellung allgemeiner Zugänglichkeit und Akzeptanz des Museums. Die bei einzelnen Museen in die Hunderttausende gehenden statistischen Zahlen (der Louvre als einsamer Spitzenreiter übertraf die 10-Millionen-Marke) legen nahe, daß Museen universal zugängliche Bildungsinstitutionen sind – und daher demokratisch.

Diese irreführende Gleichsetzung ist alt. 1919 formulierte der Direktor der Hamburger Kunsthalle, Gustav Pauli, den Satz, daß das Museum zu den "demokratischesten aller Bildungsinstitute“ gehört, das "jedermann ohne Legitimationsprüfung den Vorteil seiner stummen Belehrung gewährt.“

Das verrät nicht nur eine paternalistische pädagogische Haltung, Pauli legt uns nahe, das Museum als im sozialen Sinn völlig barrierefrei wahrzunehmen.

Spätestens seit den 80er-Jahren weiß man, dass das ganz und gar nicht stimmt. Etwa 50% einer Bevölkerung sind keine Museumsbesucher. Sie haben nicht die materiellen Voraussetzungen und verfügen nicht über die nötige Vorbildung.

Das Museum ist ein Ort der sozialen Distinktion

Und weil das Museum dennoch allgemeine Geltung seiner Werte vertritt, ist es auch ein Ort der kulturellen Hegemonie.

 

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Ich möchte nun meine drei Fragen noch einmal durchgehen, und überlegen, wie denn das Museum zu einem Ort der sozialen Demokratie, ein aktiver Moderator von Demokratie überhaupt werden kann.

Es liegt auf der Hand, dass sich die Organisation selbst verändern müsste, sowohl nach innen. als auch was ihre Einbettung in politisch-administrative Prozesse betrifft. Es muss in der Organisation veränderte Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe geben; keinem Museum sollte erlaubt werden, von Partizipation sprechen dürfen, wenn es nicht Partizipation im weitesten Sinn in der Organisation selbst zulässt.

Und ohne kultur- und museumspolitischen Rahmen kann es kaum so etwas wie eine Vermittlung zwischen gesellschaftlichen Interessen und Bedürfnissen und institutionellem Handeln geben.

Man wird drittens nach Wegen suchen müssen, das Museum zur Gesellschaft hin durchlässiger zu machen, über Partizipation hinaus Teilhabe zu ermöglichen, in der in die Regeln der Institution eingegriffen werden darf. Denn Partizipation heißt, wenn sie mehr sein soll als ein von der Institution veranstaltetes und kontrolliertes Mitmachen, zuzulassen, dass sie die Institution selbst verändert.

Betriebe man das konsequent, dann hieße das, daß Museen Macht abgeben und Kontrolle mindestens lockern müssen. Dazu würden Museen bereit sein?

 

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Nun zur Frage nach der Öffentlichkeit des Museums. Diese Frage ist eine nach den Grundlagen unseres Verständnisses von Museen. Um mich verständlich zu machen, schiebe ich einen kurzen Exkurs zur Entstehung jenes Modells Museum ein, das wir immer noch gebrauchen. Es wird sich zeigen, wie verarmt das heute gebräuchliche Reden von der Öffentlichkeit des Museums geworden. Und ich möchte eine Grundlage gewinnen dafür, wie eine öffentliches Museum neu gedacht werden könnte.

Die Entstehung des Museums der Moderne hat ein präzises Datum. Am 10. August 1793 findet in Paris ein Fest, ein Umzug statt, ein Gründungsakt der Nation. Es wird am selben Tag eine neue Verfassung deklariert, die erste republikanische Frankreichs. Und am selben Tag wird das Museum im Louvre eröffnet.

Das Museum steht im Zentrum der Formierung einer Nation. Das Museum ist ein Ort eines zivilisierenden Rituals. Seine Rolle ist die, der Gemeinschaft zu ermöglichen, sich um das kulturelle Erbe zu scharen. Um Dinge, die ihre Funktion, ihren Sitz im Leben verloren haben, die aus der Warenzirkulation als unveräußerlich herausgehalten werden und darum so etwas wie einen heiligen Schatz bilden.

Dieses Erbe, die musealen Sammlungen repräsentieren die res publica, das Ding, das etymologisch als Thing in ein- und demselben Wort sowohl auf Sache und Sammlung als auch auf Versammlung (das Sich-Versammeln im Museumsraum) verweist. Es ist jene, im Grunde unidentifizierbare gemeinsame Sache, um derentwillen sich Gemeinschaften bilden, und die im Museum repräsentierbar scheint.

Das Museum (der Französischen Revolution) wirkt dabei auch kompensierend. Es kompensiert den Verlust von die Gemeinschaft zentrierenden, zusammenhaltenden transzendentalen Prinzipien und deren irdische Repräsentation, in Frankreich den des Königs und seiner zwei Körper, des göttlichen und des irdischen. Der wird angeklagt und wenige Monate nach der Museumseröffnung hingerichtet. Das Wegbrechen einer transzendentalen Identifikation hat die Suche nach neuen, nun innerweltlichen Formen der Identifikation zur Folge. Eine Antwort ist das Museum.

 

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Das Museum ist ab nun ein zivilisierendes Ritual. Aber es ist ab nun auch ein Ort der Vermittlung von Sach- und Orientierungswissen, von Geschichtserfahrung an – im Idealfall – für alle Staatsbürger.

Als Ort der Zivilisierung ist es einer, an der sich Bürger zu Staatsbürgern bilden, indem sie sich um ihre gemeinsamen und insofern öffentlichen Angelegenheiten kümmern. Die Öffentlichkeit der Institution Museum enthält also ein Versprechen von Gleichheit und Freiheit wie von Verantwortung aller Bürger für das Gemeinwohl.

Das Museum ist also beides zugleich: der Ort an dem Zivilisierung dargestellt und an der sie hergestellt wird.

Damit das geleistet werden kann, bedarf es einer bestimmten Struktur des Museums, eine, die in aus vier Merkmalen besteht.

 

Garantiertes Recht auf Bildung und der materiellen Voraussetzungen dazu

 

Allgemeine Zugänglichkeit

 

Gemeinschaftlicher Besitz der Kulturgüter

 

Und gemeinschaftliche Finanzierung, das heißt, aus Steuermitteln

 

Das ist die Grundlage des Verständnisses vom Museum als einer Instanz, die das gesellschaftliche Ziel, den Auftrag des Wohlfahrtstaates, das maximale Glück einer maximalen Zahl zu erreichen, verwirklicht.

 

Für unsere Frage nach dem Museum der sozialen Demokratie ist die rechtliche Regelung interessant, auf die am Beginn der Museumsentwicklung, diese Struktur ruht. In der Verfassung von 1793 heißt es im Artikel 22: „Der Unterricht ist für alle ein Bedürfnis. Die Gesellschaft soll mit aller Macht die Fortschritte der öffentlichen Aufklärung fördern und den Unterricht allen Bürgern zugänglich machen.“

Im unmittelbar vorangehenden Artikel 21 findet sich das: „Die öffentliche Unterstützung ist eine heilige Schuld. Die Gesellschaft schuldet ihren unglücklichen Mitbürgern den Unterhalt, indem sie ihnen entweder Arbeit verschafft oder denen, die außerstande sind, zu arbeiten, die Mittel für ihr Dasein sichert.“  

 

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Dieses Museumsmodell ist ein Ort liberaler, bürgerlicher Öffentlichkeit. Diese Öffentlichkeit hatte das Aushandeln von Konflikten unter Gleichen und damit die Harmonisierung von Konflikten zum Ziel. Tendenz zur Harmonisierung ist aber auch eine Eigenschaft des Museums. Seine Erzählweisen und Darstellungsmethoden neigten lange Zeit dazu, uns Unschuldskomödien vorzuspielen, alles in eine Geschichte der fortschreitenden Zivilisierung zu verwandeln unter Aussparung der traumatisierenden und gewaltförmigen Aspekte.

 

Dieses Modell scheint erschöpft. Und das Museum hat sich auch gewandelt, die Triumpherzählungen werden seltener, die Einbeziehung von Schuld und Trauma selbstverständlicher. Und inzwischen fordern immer mehr Gruppen ihren Einschluß in die musealen Erzählungen und das macht Museen diverser. Die aktuelle Debatte um den Umgang mit kolonialem Erbe zeigt indes, wie schwer die Umstellung fällt, welcher Widerstand sichtbar wird.

 

Museen müssen fähig gemacht werden, Konflikte anzusprechen und auszutragen, Interessen, Ideologien, Machtverhältnisse offenzulegen. Vermittlungs- und Diskursformen müssen geeignet sein, dem Rechnung zu tragen. Eine sehr schwierige Anforderung angesichts der wachsenden Polarisierungen und der Zerfallserscheinungen bürgerlicher Öffentlichkeit unter dem vieldiskutierten Druck der sogenannten sozialen Medien.

 

Zuallererst muss sich aber das Museum selbstreflexiv seiner Mechanismen des Erzählens und Bedeutens vergewissern – und seiner problematischen Sublimierungsleistung. Ein grundlegender Wandel müsste sich auch auf organisatorischer Ebene vollziehen, die Arbeitsaufgaben und Rollenverständnisse würden sich drastisch ändern, KuratorInnen wären dann nicht im Wortsinn „Sorgenträger“ ums Objekt, sondern Moderatoren politischer Auseinandersetzungen.

 

Es ist ja nicht so, dass die Museen bislang nicht schon Grundfragen unserer Zivilisation repräsentiert hätten, die wachsender Naturbeherrschung und Naturzerstörung, die Naturbeherrschung am Menschen, die Eroberung und Vernichtung fremder und vergangener Kulturen, die Gewaltförmigkeit in der Geschlechterbeziehung und anderes mehr.

 

Aber das Museum kann angesichts der Klima- und Coronakrise, der Bedrohung der Demokratie, der wachsenden Ungleichheiten, der grassierenden Zukunftslosigkeit der Politik nicht an der bloßen Ästhetisierung und Sublimierung der Probleme und Konflikte festhalten. Es kann sich auch nicht als neutraler Beobachter verstehen, der selbst aus den Konflikten ausgenommen ist. Gerade die Coronakrise zeigt ja, daß das Museum nicht einfach nur sammlungspolitisch reagieren kann wie ein Sammler, der Indizien zusammenträgt. Denn es ist ja selbst vielfach betroffen, finanziell, hinsichtlich seiner Besucher und hinsichtlich seiner Legitimation angesichts der Zweifel an seiner „Systemrelevanz“.

 

Das Museum muß sich als politischer Akteur verstehen, der sich den genannten und von mir nur fragmentarisch aufgezählten Problemen annimmt. Sonst verfehlt es seine Aufgabe, nervöses Auffangsorgan (Aby Warburg) zu sein. Als solches muss das Museum Ort agonaler, also konfliktfähiger, streitbarer Öffentlichkeit sein.

 

Agonistische Öffentlichkeit (Chantal Mouffe) deklariert die Interessen, benennt die Probleme, macht sie kenntlich und lässt sie aufeinandertreffen. Agonale Öffentlichkeit ist vielfältig und vielgestaltig. Konflikte zu bearbeiten geht nur im Medium des Konflikts selbst, weil nur so Differenzen, Standpunkte und Interessen sichtbar gemacht und bearbeitet werden können. Das Museum wäre dann ein Ort der streitbaren und pluralen Gegenöffentlichkeiten, wo herkömmliche Werte und Normen infrage gestellt und auch angegriffen werden könnten. Das Museum müsste sich vom affirmativen hegemonialen zum Raum der Unruhe und des Dissens wandeln. Um dieser Vorstellung etwas die Schwere der sozialpolitischen Bürde zu nehmen, die man dem Museum auflastet, greife ich zwei Worte auf, die kürzlich die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz gebaucht hat: Kritikübungsräume. Solidaritätsversicherungsversuche.

 

Der Zweck demokratischer Institutionen“ besteht, schreibt der australische Aktivist Simon Sheik „nicht in der Herstellung eines rationalen Konsenses in der Öffentlichkeit, sondern in der Entschärfung des Potenzials für Feindseligkeiten, das in menschlichen Gesellschaften existiert, indem die Transformation von Antagonismus in 'Agonismus' ermöglicht wird."

 

Erst wenn Museen sich selbstreflexiv zu verhalten lernen, wenn sie sich gegenüber der Öffentlichkeit öffnen, wenn sie sich reorganisieren kann das Museum zu dem Ort werden, als der er von Anfang an gedacht war: einer der Selbstauslegung, einer der Aufklärung der Gesellschaft über sich.

 

(*) Im Beitrag von Sabine Kritter, Imaginationskrise der Arbeit und die Kulturalisierung der Gegenwart im Museum, fand dieser Befund insofern eine Ergänzung und Vertiefung als dort von einer Kulturalisierung der Darstellung der Arbeit gesprochen wurde, die aber im gegenwärtigen Ausstellen kaum noch vorkomme. Es gibt eine Krise des Vorstellungsvermögens von Arbeit, viele Tätigkeiten würden entweder gar nicht als Arbeit angesehen oder es sei zweifelhaft, ob es sich um Arbeit handle.

 

 

März 2021