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Samstag, 21. November 2015

Deckel drauf! Das Wien Museum "neu"

Besonders mutig wollte die Jury bei der Wahl des Siegerprojektes nicht sein. Zu riskant wäre wohl eine Entscheidung für einen Baukörper auf dem Platz vor dem Museum gewesen. Nur keine städtebaulichen Irritationen! Die Öffentlichkeit (der Boulevard) hätten das kaum goutiert. Also hat man sich für einen Dachausbau entschieden.
Ein neues Wien Museum kommt ohnehin nicht durch eine neue Architektur. Sie kann nur vom Museumsteam kommen und da gibt's jetzt mal ein paar Jahre Zeit. 1959 hat das Museum eröffnet und die seither gezeigte Dauerausstellung dürfte die älteste eines namhaften Museums in Wien, wenn nicht Österreich sein. Selbst das vergleichbare Heeresgeschichtliche Museum hat sich inzwischen ein paar Neuerungen geleistet.
Matti Bunzl: „Das Museum soll künftig auch ein Labor der Zivilgesellschaft sein, eine Bühne für eine globale Stadt. Es soll sich kritisch mit Vergangenheit und Zukunft beschäftigen." Genau!




Montag, 2. November 2015

Ein "Nein" zum "Haus der Geschichte" - in Frankreich (Texte im Museum 521)

--> Francoise Hollande, der französische Staatspräsident, gab 2012 bekannt, daß man das von seinem Amtsvorgänger Nikolas Sarkozy seit 2007 lancierte Projekt eines Maison de l’Histoire de France aufgibt. Zahllose Historiker hatten die Pläne wegen der starken ideologischen Färbung und der offenkundig geschichtspolitischen Absichten stark kritisiert. Als Standorte waren die Archives nationale und das Hotel Soubise vorgesehen gewesen. 

Sonntag, 1. November 2015

Ist alles schon einmal dagewesen? Eine historische Fußnote zum "Haus der Geschichte" in der Neuen Hofburg

Ein Zufallsfund, der mich an allerlei erinnerte...

Je näher die Hundertjahr-Feier der Revolution rückte, desto mehr verstärkte sich dieses Engagement, wobei aber weniger künstlerische als historische Aspekte favorisiert wurden. Der städtische Bericht über das Budget des Musee Carnavalet für das Jahr 1888 bestätigt, dass es der jungen Institution gelungen war, ihre Existenzberechtigung zu beweisen. "Le musee a acquis une valeur inestimable depuis que la Révolution a reconquis son auréole et que les collectionneurs se disputent les rares épaves de cette glorieuse époque. Il nous fera grand honneur lors de la célebration du centenaire." Das hinderte aber die Historiker nicht daran, von 1886 an ein "Musee de Ia Revolution aux Tuileries" zu forcieren, das von Ch.-L. Chassin konzipiert wurde.
Dabei handelte es sich um die Organisation einer großen, dauerhaften Ausstellung zur Hundertjahrfeier der Revolution, welche die patriotische und republikanische Erziehung fördern sollte. Man plante ein Museum als Teil einer An Mediathek, die eine Bibliothek, einen großen Konferenz-, Konzert- und Theatersaal sowie didaktische Ausstellungsräume umfassen sollte, welche der Geschichte des französischen Volkes und der Menschheit gewidmet werden sollten. Die wenigen Informationen, die über dieses Museum auf uns gekommen sind, sind allerdings zweideutig: Man sollte darin Kuriositäten der revolutionären Epoche ebenso wie "les principaux objets d'art consacres ä son souvenir" finden, was vermuten lässt, dass die Revolution thematisierende Historienbilder aus der Zeit der Dritten Republik das spektakulärste Element dieser Sammlung ausgemacht hätten.
Es war vorgesehen, in ganz Frankreich und Europa "les tableaux, statues, bustes, medaillons, etc." auszuleihen "relatifs aux événements et aux hommes de la Révolution francaise."
Als man mit den sorgfältigen Recherchen zur Lokalisierung der Ausstellungsstücke begann, wurden zwar Manuskripte, Drucke und Erinnerungsstücke ins Zentrum gestellt, eigentümlicherweise aber die Kunstwerke vernachlässigt, denn es wurde nicht bei den Konservatoren der städtischen Museen angefragt, sondern bei den Verantwortlichen der Archive in den Departements.
Als sich der Zeitpunkt der Jahrhundertfeier näherte, waren die Politiker von dem Projekt wenig begeistert, sondern sorgten sich vor allem um die Finanzierung und um den Erfolg der Weltausstellung.
Das ging so weit, dass sie verlangten, den Bezug auf das Jahr 1789 abzuschwächen, um nicht die europäischen Monarchien zu verärgern. Überhaupt zögerten sie, das Ausmaß der Erinnerung an die Revolution im Rahmen der Weltausstellung festzulegen, während andererseits
die Verantwortlichen des Carnavalet-Museums sich über das Konkurrenz-Projekt Chassins beschwerten.
Schlussendlich wurde eine temporäre Ausstellung in einem Pavillon des Louvre von der Dauerausstellung des Paris-Museums in den Schatten gestellt.

Montag, 14. September 2015

"Haus der Geschichte" - Kommt jetzt doch eine Diskussion zustande?

1

Der FALTER hat eine Artikelserie zum Haus der Geschichte gestartet.  Bis jetzt kamen Rudolf Schicker und Oliver Rathkolb zu Wort, übermorgen erscheint ein Beitrag von Eva Blimlinger. Derzeit ist nur der einleitende Essay der "Moderatoren" der Reihe (Barbara Toth, Matthias Dusini) online (hier).

2

Am 12. Oktober gibt es eine eintägige Veranstaltung an der Akademie der Wissenschaften zum Haus der Geschichte. Hier das vorläufige Programm:

Braucht Österreich ein neues historisches Museum („Haus der Geschichte“) und, wenn ja, was für eines?
Veranstaltet vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung
in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
und dem Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der ÖAW
Wien, 12. Oktober 2015
8:30 Uhr bis 19:30 Uhr

Theatersaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Sonnenfelsgasse 19, 1010 Wien

8:30 Uhr:
Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Eröffnung der Enquête durch Brigitte MAZOHL (ÖAW), Thomas WINKELBAUER (IÖG) und Wolf-gang MUELLER (INZ der ÖAW)
8:45 Uhr:
Thomas WINKELBAUER: Einleitung
9:00–11:00 Uhr:
Manfried RAUCHENSTEINER: Anforderungen, Überforderungen, Herausfor-derungen: Anmerkungen zu einem Leidensweg
Dirk RUPNOW: Braucht Österreich ein historisches Museum? Gescheiterte Pro-jekte und heutige Antworten
Michael MITTERAUER: Welche Geschichte – und wozu?
Oliver RATHKOLB: Das Haus der Geschichte Österreichs als Katalysator für ein zweites Museumsquartier
11:00–11:30 Uhr: Pause
11:30–13:00 Uhr:
Heidemarie UHL: Von der Unmöglichkeit, „die“ Geschichte auszustellen, und der Notwendigkeit eines Hauses der Geschichte Österreichs
Michael HOCHEDLINGER: Geschichtsvernutzung im Zeitalter von Kulturkapi-talismus und Moralismus
Hannes LEIDINGER: Die lebendige Vergangenheit. Zum Konzept einer „lan-gen Zeitgeschichte“ im Kontext der musealen Präsentation Österreichs

13:00–14:30 Uhr: Mittagspause
14:30–16:30:
Karl VOCELKA: Sind die Projekte für ein ‚Haus der Geschichte‘ schon im 21. Jahrhundert angekommen?
Wolfgang MUCHITSCH: Die Einbettung des Hauses der Geschichte in die ös-terreichische Museumslandschaft
Monika SOMMER-SIEGHART: ■■■■
Gottfried FLIEDL: Für ein Museum des Konflikts
16:30–17:00 Uhr: Pause
17:00–19:30 Uhr
Ernst BRUCKMÜLLER: Konfrontationen als Möglichkeit einer spannenden Darstellungsweise
Helmut RUMPLER: Die Wurzeln der politischen Kultur Österreichs
Wolfgang MADERTHANER: Welche Narrative, wessen Geschichte?
Brigitte MAZOHL: Die (schwierige) historische Beziehung „Österreichs“ zu „Deutschland“ und die damit verbundenen Probleme für ein „Haus der Ge-schichte Österreichs“
Wolfgang HÄUSLER: „Exzellenzen ausstopfen – ein Unfug.“ Factum und Al-ternative in Erforschung und Darstellung der österreichischen Geschichte

Samstag, 19. April 2014

Ottomanisches Revival oder: Das Museum als nationale Bundeslade








Das Panorama schien ein Medium des 19. Jahrhunderts zu sein, aber in vielen, vor allem jungen gationalstaaten, hat man es als Medium der Selbstdarstellung und Identifizierung wiederentdeckt. Ein Beispiel dafür ist das erst 2009 eröffnete "Panorama 1453 Historisches Museum" in Istanbul. Das in beachtlich illusionistischer Qualität gemalte Rundgemälde stellt die Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmet II. dar, also den welthistorischen Augenblick des Falls des Byzantinischen Reiches unter dem Ansturm ottomanischer Truppen. Das Gemälde zeigt den turning point des Angriffs - den Einbruch der Angreifer durch die mit Hilfe riesiger Kanonen Sturmtief geschossene Befestigung. 
Es ist das erste Rundgemälde, das ich gesehen habe, das mit martialischen Kampfegeräuschen untermalt ist, mit Militärmusik, Geschrei, Zischen, Krachen und dem Wummern der schweren Kanonen. Anders als fragmentierte Museumsszeneroen bietet ein Panorama ein buchstäblich immersives Erlebnis, eine Art "Totalerfahrung", bei der die relative Primitivität des Mediums keine Rolle zu spielen scheint, deren pädagogischer Mehrwert aber um so mehr. Der Großteil der Besucher des 1453-Panorams waren denn auch Kinder und Jugendliche, in Gruppen, vermutlich Schulklassen. Wobei ich nicht so sicher bin, ob der ideologische Zweck hier wirklich durchschlagend ist. Der Modus, in dem die Kids das historisch-gloriose Getümmel wahrnehmen, ist der Handy-Snapshot, bei dem das staatstragenden Ereignis zum Hintergrund wird für Freund oder Freundin.
Ministerpräsident Erdogan betreibt eine historisierende Retropolitik, womit er im Gezipark eine mittlere Staatskrise ausgelöst hat. Zu dieser Politik gehört wohl auch dieses sonderbare "patriotische" Museum.