Montag, 20. Mai 2013

Besuchervertreibung durch Architektur? Zwei Beispiele aus Graz


Das Grazer Zeughaus, Teil des Landesmuseums, hat Besucher verloren. Und das nicht zu knapp. Weil es sich eingebürgert hat, die Besuche als Maßstab für die Beurteilung von Museen heranzuziehen, meldet die lokale Zeitung dergleichen alarmistisch. 20%!
Was kann passiert sein?
Nun, kürzlich wurde eine sozusagen "zeitgenössische" Entscheidung was die Ausgestaltung des Zeughauses betrifft, getroffen. Eine mit "Synergien". Statt die alte einführende historische Ausstellung zu erneuern, die im Erdgeschoss auf die auf mehreren Stockwerken verteilte Sammlung von Waffen, Rüstungen und 'Zeugs' vorbereitete, wurde dort der Shop des Graz-Tourismus untergebracht, der bislang einige Häuser weiter, aber ebn auch an erster Adresse, in der Herrengasse, untergebracht war. Beide sparen, das Museum und der Graz-Tourismus, letztere vermutlich an Miete und Betriebskosten, ersteres an Personal, weil der Tourismus den Ticket- und Shopverkauf mit übernimmt.
In den langgestreckten, gewölbten Raum wurden igluartige Kioske eingebaut, die die verschiedenen Funktionen übernehmen. Dadurch ist aber ein relativ dunkler, beengend wirkender Raum entstanden und der immer schon unspektakuläre Zu- und Aufgang zum Sammlungsbereiches ist noch unklarer als bisher.
So erklärt - zumindest die Zeitung - den Besucherschwund.
Besucherschwund durch Architektur?

Eine Parallele gibt's bei der Gestaltung des zentralen Eingangs zum "Joanneumsviertel", wo ja ein gemeinsamer Zugang zu Museen des Universalmuseums und zur Landesbibliothek existiert. Die Bibliothek war bisher ebenerdig, vom zwischen den Museumsbauten, jetzt verschwundenen und durch eine asphaltierte Fläche ersetzten gelegenen Park aus zu erreichen. Ein solcher Zugang existiert noch, jetzt von einem der Höfe aus, wird aber in der Regel nicht genutzt.
Wie Mitarbeiter der Landesbibliothek erzählen, habe es einen sogar beträchtlichen Benutzerrückkang gegeben, seit der neue Eingang benützt werden muß. Man sollte doch denken, daß eine moderne Erschließung einschließlich der hell und ansprechend gestalteten Leseplätze im Foyer neue Besucher anlocken. Stattdessen verweigert sich ein Teil des Stammpublikums.
Warum. Die, so wird einem erklärt, nehmen den unterirdischen Eingang nicht an. Mit einer Rolltreppe geht's in einem Glaszylinder abwärts und wenn man in den eigentlichen Lesesaal kommen will, muß man, mit Lift oder Treppe einige Stockwerke wieder hoch gehen oder fahren. Das scheint als "Abschreckung" zu genügen.
Unterirdische Eingänge namentlich bei Museen sind nicht so selten, aber sie haben meist eine symbolische (Jüdisches Museum Berlin) oder funktionelle Bedeutung (Louvre). Hier aber, bei der Bibliothek und beim Museum trifft beides nicht zu. Die "Umleitung" zuerst in die Tiefe und dann wieder zurück ist weder zwingend noch logisch noch durch eine entsprechende Gestaltung sinnfällig gemacht. Die zentrale Benutzerfahrung ist die von Umständlichkeit - und weiten Wegen. 
Wer zu viel (oder zu schlecht?) baut, den bestraft der (Nicht)Besucher... 


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