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Mittwoch, 24. Mai 2017

Leise Revolution. Qualität statt Quantität

In einer Pressekonferenz hat Stella Rollig verschiedene Maßnahmen vorgestellt, die in nächster Zeit im Belveder und im XXI-er-Haus vorgenommen werden. Die Spitzenmeldung (im Standard) ist das Wegfallen des e aus dem ehemaligen Belvedere.
Ungerührter nimmt der Berichterstatter zur Kenntnis, daß, wie Stella Rolig es ausdrückt, "die Perspektive gedreht" werden soll. Statt auf immer neue Besucherrekorde Augenmerk zu haben, werde es eine offensive Vermittlungs- und Forschungstätigkeit geben.
Denn die Frage ist: "Wie gehen die Menschen wieder aus dem Museum hinaus? Was nehmen sie mit von ihrem Besuch?"
Das sollte man nicht unterschätzen. die peridisch veröffentlichten Museumstatistiken sind schon längst zum Mantra der Kulturpolitiker und Journalisten. Und davon verabschiedet sich jetzt das Museum.
Es ist das erste große Museum in Österreich, das erste Bundesmuseum jedenfalls, das sich von der Philosophie der Markt- und Marketingorientierung abwendet und ostentativ den - im Kern immer gesellschaftspolitischen - Aufgaben des Museums zuwendet.
Auf einer Tagung im Vorjahr hat Stella Rollig die generelle Verweigerung gefordert: Museen sollten keine Besuchsstatistiken mehr veröffentlichen.
Um so etwas durchzusetzen, müßten sich ihr andere Museen anschließen, das kann sie nicht alleine machen. Es wäre interessant zu sehen, wie Medien und Politik reagierten.

Dienstag, 16. Mai 2017

Eröffnung des Weltmuseums. Mit André Heller! Da kommt Freude auf!!

Am 25. Oktober wird das Weltmuseum in Wien wiedereröffnet. Das wurde heute bekanntgegeben. Und: Das Eröffnungsfest wird André Heller gestalten. Eine geschmackssichere Wahl, denn Hellers "Afrika! AFrika!"-Show wurden nicht nur das Festhalten an Klischees, das Transportieren von Stereotypen vorgeworfen, sondern sogar eine bis zu den Völkerschauen zurückreichende neokoloniale Tradition. Außerdem übten beteiligte Künstler und Medien am Umgang der Verantwortlichen mit den Mitwirkenden, finanzielle Ausbeutung inklusive, heftig Kritik. Heller hat sich rasch vom Manager distanziert. Hatte e r denn keinerlei Verantwortung? Die Show ging weiter und wird weitergehen. Darf man hoffen, daß die Museumsleitung von KHM und Weltmuseum bei Heller keine in Baströkchen gekleidete "Afrikaner" bestellt haben?
Wie auch immer, es wird ein Auftakt mit und als "Event". Der Museumskritiker Walter Grasskamp hat unlängst in einer Diskussion die Abkehr der Museen vom Bildungsauftrag als iihrer genuinen gesellschaftlichen Aufgabe konstatiert und das Ausweichen auf völlig museumsfremde Aktionen, Events, Ereignisse, Projekte. Von der Kinderparty über Picknicks im Museumspark bis zur Tanzperformance und so weiter. Da passt natürlich Heller. Grantig und spaßverderbend wie ich nun mal bin, denke ich mir, wie wärs mal mit einer musealen Bildungserfahrung, die Spaß macht? Oder wird das Weltmuseum das dann ohnehin bieten? Ab dem Vierundzwanzigsten?

Freitag, 12. Mai 2017

Stella Rollig und Wolfgang Bergmann, die Leitung des Belvedere: "Essl-Deal mit Albertina falsch"

Dass die Albertina die Sammlung Essl übernommen hat, hält Rollig für falsch. Ob sie sie gerne gehabt hätte? "In Bausch und Bogen nicht unbedingt. Es hätte im Einvernehmen der betreffenden Museumsdirektorinnen und des Direktors - also von Karola Kraus, Klaus Albrecht Schröder und mir - ein Konzept für die Zukunft der Sammlung erarbeitet werden müssen. Da werden Sie jetzt keine Lösung von mir hören. Aber die Sammlung in toto als Dauerleihgabe staatlich zu übernehmen und der Albertina zuzuschlagen, halte ich für falsch." Bergmann hofft auf künftige Verbesserungen, etwa durch die neugeformte Bundesmuseenkonferenz: "Das Essl-Beispiel hat mit Kooperation überhaupt nichts zu tun, sondern ist das Gegenteil davon. Insofern ist zu hoffen, dass das ein einmaliger Vorgang war."
Kurier 10.5.2017 

Mittwoch, 12. April 2017

Kündigungsgrund mangelnde Sozialkompetenz

Die Leitung des Museums der Moderne in Salzburg wird ausgeschrieben, die Weiterbestellung der derzeitigen Leiterin, Sabine Breitwieser ist mehr als fraglich. Völlig neu und einzigartig in der Geschichte österreichischer Museen sind die Gründe des Mißtrauens, die die Eigentümervertreter hegen: der Umgang von Frau Breitwieser mit ihren MitarbeiterInnen.
Es wäre das erste Mal, daß wegen "mangelnder Sozialkompetenz", wie das in Medien heißt, eine Museumsleitung scheitert.
Museumsleitungen haben wie sonst vielleicht nur noch Theaterintendanten sehr viel Macht in ihren Händen. Museumsjobs sind rar, der Markt ist klein und erst recht, wenn man die Spezialisierung im Kuratorenberuf bedenkt. Wer sich nicht einer Leitung unterordnet, muß damit rechnen im Fall einer Kündigung oder unterlassenen Weiterbestellung keinen adäquaten Job mehr zu finden. Der Anpassungsdruck ist enorm hoch.
Zu einer breiteren Diskussion wird es - aus genanntem Grund - kaum kommen, überfällig wäre sie schon lange.

Sonntag, 26. Februar 2017

Viktors Künstler

Infografiken, in der die Künstler nach der Häufigkeit ihres Vorkommens im Matejka-Archiv gewichtet sind. "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne. Viktor Matejka. Werner Hofmann. MUMOK Wien"


Korrespondenz (Texte im Museum 617)


Korrespondenz Werner Hofmanns während der Gründung des Museums des XX.Jahrhunderts


in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne. Viktor Matejka. Werner Hofmann. MUMOK Wien"

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Samstag, 25. Februar 2017

Werner Hofmanns Programm für das Museum des XX.Jahrhunderts

Text zur Programmatik Werner Hofmanns in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne" MUMOK 2017 (Foto GF)

Wir Wegbereiter Pioniere der Nachkriegsmoderne. Eine Ausstellung im MUMOK

Ist das nur Zufall, oder entdecken Museen nun ihre Geschichte? Das Grazer Kunsthaus wird sich mit dem Bau beschäftigen und dasselbe tut gerade das MUMOK mit dem Pavillon, den Karl Schwanzer für die Brüsseler Weltausstellung entworfen hat und der dann zum Museum des XX.Jahrhunderts wurde. Das ist aber nur eine Episode in der Ausstellung "Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne".
Sie ist zweigeteilt und gilt dem kommunistischen Kulturstadtrat Viktor Matejka, dessen Archiv das Museum besitzt und Werner Hofmann, dem Gründungsdirektor des Museums des XX.Jahrhunderts.

Das sind nun zwei ganz schön unterschiedliche Persönlichkeiten. Matejkas Leistung wird in der unorthodoxe direkten und persönlichen Förderung von Künstlern in den Jahren nach 1945 gesehen, vielleicht mehr Sozialpolitik als - programmatische - Kunst- und Kulturpolitik. Sein Wirken wird mit Teilen seines Archivs gezeigt und kontextualisierenden Werken "seiner" Zeit. Zwei Info-Grafiken veranschaulichen, wie persönlich und insofern auch willkürlich sich heute das Interesse und die Förderungspolitik Matejkas darstellt.

Noch immer eindrucksvoll finde ich die konzeptuellen Überlegungen, die Werner Hofmann ausarbeitete um in einer mehrfach schwierigen Situation ein Museum neuen Typs sofort erfolgreich zu positionieren. Er musste erst mal Sammlungs- und Überzeugungsarbeit leisten, um in einem ziemlich konservativem Klima und in Auseinandersetzung mit ebenso konservativen Politkern eines der frühen europäischen Museen moderner Kunst zu entwickeln.

Die frühen Ankäufe werden in einer Depotsituation gezeigt, die Gemälde dicht an dicht an Gestelle gehängt, die Skulpturen in hellen Kuben aufgereiht - die überraschendere und qualitativ beeindruckendere Sammlung. Dazu gibt es Modelle und Objekte, die eine der Maximen Hofmanns anschaulich machen: möglichst viele Medien in den Kunstbegriff und daher von Anfang an die Sammlung zu integrieren.

Wegbereitende Männer... - Ob das Museum - notgedrungen - bei der paternalistischen Museums- und Kunstpolitik bleibt oder ob sich auch Pionierinnen mal entdecken lassen?

Und nebenbei und unabsichtlich illustriert die Schau den kuriosen Zustand der staatlichen Museumspolitik (der gerade durch die "Erwerbung" der Sammlung Essl durch die Albertina noch etwas kurioser geworden ist): natürlich gehört Hofmann und das Museum des XX.Jahrhunderts zur Geschichte des MUMOK. Aber das entstand ja in einer Art (räumlichen) Aufspaltung in das Zwanzgerhaus einerseits und das Museum Moderner Kunst/Sammlung Ludwig im Palais Liechtenstein andrerseits.
Aber Inzwischen ist das Museum des XX.Jahrhunderts zu einem des XXI. geworden und wurde der Österreichischen Galerie im Belvedere angegliedert, so daß die Erinnerungsarbeit - inklusive der Modelle des Baues von Karls Schwanzer - einer Institution gilt, die nicht (mehr) zum MUMOK gehört.

Freitag, 27. Januar 2017

Das "Haus der Geschichte Österreich" hat eine Leiterin

Gestern wurde Monika Sommer-Sieghart als Leiterin des Hauses der Geschichte Österreich vorgestellt. Sie hat alle Voraussetzungen für diese Aufgabe und wenn mich nicht alles täuscht, ist es das erste mal, daß ein österreichisches Museum eine Leitung mit profunden theoretischen Kenntnissen bekommt. Dazu kommt die Ausbildung als Historikerin, die Erfahrung im Organisieren von Ausstellungen, die langjährige leitende Mitarbeit am Wien Museum und anderes mehr. Kurzum, es ist jemand mit hohem Problembewußtsein und profundem museologischem Wissen. Sie repräsentiert auch einen generationellen Wechsel im Verständnis von Museen generell und es wird zeigen, wie sehr das in Ihrer Arbeit ablesbar werden wird.
Das alles will nun auf etwas angewendet werden, das ganz schön stachelig ist: die Konstruktion des Hauses, seine Finanzierung, der Umstand, daß keine Sammlung existiert, die (partei)politischen Implikationen des Projekts, die nach wie vor umstrittenen Abschnitte einer Zeitgeschichte, die offenbar noch immer nicht ganz vergangen ist und anderes machen dieses "Haus" schwierig. Abgesehen von den praktischen Fragen, der Raumqualität und -quantität, der unklaren Zukunft, was danach eigentlich geschehen soll, dem Konkurrenzdruck zu anderen Wiener Museen und das Verhältnis zum Haus der Geschichte des Niederösterreichischen Landesmuseums und last but not least die Aufgabe, in etwa einem Jahr das Haus mit einer Ausstellung zum Republik-Jubiläum eröffnen zu sollen und damit aber schon beweisen zu müssen, daß das Haus der Geschichte Österreich lebensfähig ist.
Da gibts jede Menge Ärmel, die aufgekrempelt werden müssen.

Dienstag, 25. Oktober 2016

Haus der Geschichte Österreich. Die jüngste Entwicklung. Farce, Hängepartie, Kompromiß?

Es kommt nicht unerwartet. Das Ende des Hauses der Geschichte. Es wird durch seine Errichtung herbeigeführt. Als Jubiläums-Ausstellung auf einem um ein Drittel zusammengestrichener Ausstellungsfläche. Kombiniert mit der Ankündigung eines Museumsneubaues - auf dem Heldenplatz.
Der geschickte Politiker ist der, der aus einem Nachteil mehrere Vorteile macht. Vorteile für sich. Die Reduktion der Ausstellungsfläche um ein Drittel schlägt sich wunderbarerweise in einer Reduktion der Kosten um gleich zwei Drittel nieder. "Spar-Budgetgerechte" zehn statt dreißig Millionen (Der Minister als Sparefroh). Und es bleiben die Sammlungen des Kunsthistorischen Museums unangetastet. (Der lösungskompetente Minister). Ja vielleicht kann sogar später einmal das (unfreiwillige) "Opfer" des Weltmuseums zurückgenommen werden und es darf seine ursprünglichen Pläne in vollem Umfang verwirklichen. Wenn. Wenn es ein "neues" Haus der Geschichte Österreich" gibt.
Der Leiter des wissenschaftlichen Beirates - schon längst nur noch in der Rolle des Regierungssprechers, der auch die feinsten Regungen des jeweiligen politischen Amsträgers und Vorgesetzten der Öffentlichkeit diplomatisch übersetzen muß -,  kommt mir aus dem Medien mehrfach gespalten entgegen. Im TV mit einer vom Beirat unterstützten Forderung, es müssen die weiteren Module ebenfalls verwirklicht werden (welche Module? Wer hat je von Modulen geredet), sonst "mache sich die Republik lächerlich" (O.R.), in der Presse mit einem "großartig" für die für Sparzeiten angemessene Lösung.
Inzwischen übersieht das staunende und von den vielen Wendungen, die der "Fall Haus der Geschichte" nimmt, abgelenkte und möglicherweise auch überforderte Publikum, daß es ja um die Hofburg geht, auch um einen ominösen "Balkon" und einen Platz davor, auf dem sich so allerlei früher und heute versammelt hat und versammelt und wo gerade ein Minister (an anderer, aber ein Parteifreund) ein Denkmal errichten möchte und wohl auch wird. Ein Soldaten-Denkmal. Ein Opfermal. Noch eins. Das überraschte, oder überforderte oder verwirrte Publikum bekommt nicht mit, daß da schon wieder ein Politiker-Phantasma lanciert wird, noch eins, da ja auch das Museum in der Fassung Ostermeyer ein Politiker-Phantasma ist, eine Bundeskanzleramts-Museum. Also Museum und Denkmal auf dem Platz, von dem uns im Zuge der Museumsplanung und -debatte versprochen wurde, daß er in das Konzept eines "demokratischen Museums" einbezogen würde. Ein wichtiger, weil immer wieder zivilgesellschaftlich genutzter Platz in wichtigen Momenten der Republik. Einer, vom dem Politiker die Finger lassen sollten.
In einem Ministers Drozda nicht ganz so elegant. Mit der Ankündigung eines Neubaues. Auf dem Heldenplatz. Denn auch unbedarftere Kommentatoren riechen den Braten. Die Ankündigung eines Museumsneubaues schießt das Projekt in den Orbit zurück und läßt es wieder dort kreisen, wo es schon mal endlos in den unendlichen Weiten des diskursiven Raumes gekreist ist. Im Nirgendwo.
Also macht man es so: Eine Ausstellung erhält / behält den Namen Museum und irgendwann auch einen Leiter oder eine Leiterin. Dahinter versteckt man alle Fragen, was dieser Leiter eigentlich zu tun haben wird, nämlich mehr als eine fertige / unfertige / schon konzipierte Ausstellung zu verwalten um danach bitte was zu machen? Ein Museum (eine Sammlung, Forschung, Vermittlung) aufbauen, mit welchen Mitteln (?) und in welchem Verhältnis eigentlich zu den ihm vor / beigeschalteten Beirat und den ihm Vorgesetzen (Johanna Rachinger als Leiterin der Nationalbibliothek) und zu den politischen Instanzen, von denen er abhängig ist (Kanzleramtsminister / Bundeskanzleramt).
Kandidaten oder Kandidatinnen für eine solche Leitungsfunktion wird es trotzdem geben. Da ist z.B. der Leiter des Graz Museums, Otto Hochreiter, im Gespräch. Der ist Historiker und hat umfassende Erfahrung mit dem Museum und mit dem Ausstellen. Grade hat er seine Dauerausstellung überarbeitet und da das Graz Museum über keine attraktive Sammlung verfügt, wenig Budget hat, mäßig interessierte Politiker und nicht grade enthusiastische GrazerInnen, wäre er über den Wechsel in seine Wohnsitz-Stadt wohl nicht unglücklich.
Politisch passt er auch gerade. Sagen wir mal, bis zur nächsten Bundespräsidenten- oder Nationalratswahl. Dann ist ohnehin alles anders. Dann gibts zwar ein "Haus". Aber eine ganz andere Geschichte.

Montag, 17. Oktober 2016

Bundesmuseen, mal grundsätzlich

Es kommt ja nicht so oft vor, daß eine Zeitung Platz gibt für eine grundsätzliche Erörterung der Situation der Bundesmuseen. Im Standard wird Martin Fritz befragt und so gut wie allem kann man gerne zustimmen, Befund wie Empfehlungen. 
Woran es halt mangelt, ist das "Subjekt", das gute Ideen und Analysen in die Praxis umsetzt. Zivilgesellschaftlich tut sich so gut wie nichts, kulturpolitisch strukturell auch nicht und die Museen haben ihre Kirchtumpolitik.
Immerhin, die auch heute bekannt gewordene Bestellung von Stella Rollig zur Leiterin des Belvedere könnte über das einzelne Museum hinaus Bedeutung bekommen.

Hier der Link: http://derstandard.at/2000045930542/Museumsexperte-Martin-Fritz-Wien-hat-immer-noch-hoefische-Zuege

Eine sehr schöne Nachricht: Stella Rollig wird Leiterin des Belvedere

Mit Stella Rollig bekommt eines der großen Bundesmuseen eine überaus reflektierte Direktorin. Ihre Berufung stellt nicht nur personalpolitisch gegenüber Agnes Husslein was Haltung und Persönlichkeit betrifft eine vollkommene Kehrtwende dar, sie könnte auch über das Belvedere hinaus auf die Museumsdiskussion in Wien und die Museumspolitik des Bundes Auswirkungen haben. 
Im heutigen Standard-Interview wird Stella Rollig unter anderem so zitiert: "Ich meine, dass Museumsarbeit klar von einer politischen, ethischen Haltung grundiert sein muss." 
Das ist ein vollkommen neuer Ton in der österreichischen Museumslandschaft und er wird verstärkt durch die gewichtige Position an einem wichtigen Haus.
Wunderbar, ich bin neugierig, was nun an diesem Haus und in der Bundesmuseumsszene passieren wird.

Dienstag, 13. September 2016

Das Wort zum Tag

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Museum weltweit besser dasteht als unseres. Wenn ich jetzt bliebe, müsste ich meine Kraft darin investieren, diesen Zustand zu halten. Besser, als ich es gemacht habe, kann ich es nicht machen."

Martin Roth, Noch-Direktor des Victoria & Albert-Museum

Mittwoch, 7. September 2016

Abschied mit Begleitmusik

Martin Roth, von Dresden nach London geholt, um das Victoria and Albert Museum zu leiten, nimmt seinen Abschied. Interssant daran sind die Vermutungen über die Motive. Er hätte sich nicht mit der britischen Mentalität anfreunden können, munkelt DIE WELT in Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Es sei sein Rücktritt eine Folge des Brexit. Andere Medien bezeichnen das als Ente. Ich erinnere mich aber an ein Interview mit Martin Roth, vor der Abstimmung, wo er sich durchaus kritisch und mäßig angetan von den Austrittsbewegungen zeigte.
Die dritte Begründung ist die interessanteste und hat zudem den Vorteil, von Roth selbst zu kommen. Sein Posten sei ein Zuschussbetrieb gewesen, die Bezahlung mäßig, jedenfalls nicht zum Leben in London geeignet. Kurz zuvor hatte ich gelesen, daß in London nun auch für die Teile der Eliten das Leben, vor allem das Wohnen zu teuer wird. Sagt was über die Segnungen des geballten Kapitalismus in dieser Metropole.
IIn Österreich wäre das Roth nicht passiert. Da hätte er von fürstlichem Gehalt sein Museum auch von Pörtschach aus regieren können. Aber nach Österreich geht so jemand nicht und wird auch von niemandem dafür interessiert.

Montag, 8. August 2016

Der "Fall Husslein", die Strukturreform der Bundesmuseen und die Notwendigkeit die Probleme zu historisieren

Die "großen" medialen Reaktionen auf Museumsereignisse betreffen entweder Blockbusterausstellungen oder Personalia. Beides trägt nichts zur Kritik des Zustandes der Bundesmuseen bei und wird auch nichts bei einer von Minster Drozda angekündigten (in seiner Reichweite unklaren) "Reform" der Museen beitragen.
Auf Facebook ist inzwischen eine im Umfang bescheide Debatte darüber entbrannt, wer denn nun in der Geschichte des Kunsthistorischen Museums als erster Reformen begonnen hat. Wilfried Seipel, Hermann Fillitz oder Friederike Klauner.
Damit wird aus der Personaldebatte eine über Qualitäten der Museumsleitung und -arbeit und eine über die Entwicklung des Flaggschiffs der Bundesmuseen.
Gut.
Der Anlass ist ein Interview, das Thomas Miessgang in DIE ZEIT mit Hermann Fillitz geführt hat (hier der Link), der seinerzeit, nicht unumstritten, zugleich das Kunsthistorische Institut der Universität und das Kunsthistorische Museum geleitet hat.
An Fillitz' Tätigkeit am Museum erinnere ich mich überhaupt nicht, seltsam, aber ziemlich gut an Friederike Klauner, die wie er, auf einem Museumverständnis als wissenschaftlicher Anstalt behartte und recht offen gegen jede Popularisierung polemisierte. Was im Widerspruch steht zu dem, was sie, ich zitiere Almuth Spiegelrs Artikel über sie aus 2009, in die Gänge gebracht hat: "Sie richtete die Sekundärgalerie ein, eröffnete in Schloss Ambras Porträtgalerie, Kunstkammer und Rüstkammer, in Schönbrunn die Wagenburg, in der Neuen Burg das Ephesus Museum. Außerdem forcierte sie Kinderführungen und richtete das erste Café-Restaurant im KHM ein."
Ich denke, Seipel ist nicht schlecht charakterisiert in der genannten Facebook-Diskussion, wo ihn Matthias Dusini gegen seine Kritiker verteidigt: "...er hat als erster erkannt, was für ein kulturindustrielles Potential in den Museen steckt. Und er hat der Politik klargemacht, dass die Museen einen ähnlichen Rang besitzen sollten wie die großen Theater." 
Nur, welche Kriterien haben wir denn, die uns erlaubt diese Genealogie der Direktionen und ihrer Verdienste angemessen zu beurteilen - bis zu Sabine Haag? 
Aufgefallen ist mir in jüngerer Zeit, daß zur Verteidigung angegriffener Leitungspersonen oft behauptet wird, die jeweilige Institution habe sich bis dahin in verstaubten, muffligen, altmodischen Zustand befunden und sei nun sozusagen "erweckt" worden. Modernisierung wird so erklärt und fetischisiert. Einerseits stimmt das nicht mal vordergründig, aber ein Argument versteckt sich in einer solchen Argumentation: die Abwertung der wissenschaftlichen Arbeit und Qualifikation. Die Albertina z.B. hatte vor dem jetzigen Direktor hervorragende wissens- und forschungsbasierte Ausstellungen und Publikationen gemacht, die sich nichjt immer nur an Experten richteten. In dieser Hinsicht gibt es, da muß man Herrmann Fillitz recht geben, Rückschritte. Auch bei Berufungen spielt die wissenschaftliche Qualifikation nicht die zentrale Rolle - und schon gar nicht die museologische Kompetenz.
Lohnen würde es sich wohl, diese Genealogie bzw. Museumsgeschichte erst einmal zu vervollständigen und möglicherweise mit nicht mehr zu beginnen als einer "dichten Beschreibung" dessen, was in den jeweiligen Direktionszeiten denn so entwickelt und verwirklicht wurde.
Die Kriterien wären verallgemeinerbar und man könnte sie auf die Bundesmuseen anwenden und in einer Strukturreforms-Debatte sehr gut brauchen.
Es lohnte sich sehr, die Geschichte der Entwicklung der staatlichen Museen bis in die erste Republik (mindestens) auszudehnen, bis zu jenem - gescheiterten - und sehr ambitionierten Versuch Hans Tietzes, des Kunsthistorikers und für die Museen zuständigen Beamten, die Sammlungen der Monarchie zu "Republikanisieren".  Er war Ministerialreferent für Museen und Denkmalpflege des Unterrichtsministerium, wo er bis 1925 in Konzepten - Die Zukunft der Wiener Museen, Wien 1923 - und Zeitungsartikeln die Reform anbahnte. Er scheiterte an der konservativen Politik und wohl auch am Widerstand der Museen.
Hier liegt ein Versäumis vor, an dessen Folgen sich schon Generationen abgearbeitet haben - ohne möglicherweise über die Quelle so mancher strukturellen Eigentümlichkeit der Museen des Bundes Bescheid zu wissen.
Wenn Hermann Fillitz in dem Interview eine umfassende Strukturreform fordert, hat er wohl recht. Bloß gibt es nicht das kleinste Anzeichen dafür, daß die Beteiligten zu jenen tiefgreifenden Umbrüchen fähig werden, wie man sie von der sehr zentralsierten Politik und Verwaltung Frankreichs her kennt. Und kaum ein Minister wird sich auf eine umfassende Reform einlassen, die schlafende Hunde weckt - gar nicht zu reden von den Leichen im Keller der Versäumnisse...



Sonntag, 31. Juli 2016

Zwangsneurotische und hysterische Kuratoren

„Der Akademiker ist fortwährend damit beschäftigt, seine Exstenz zu rechtfertigen, indem er die eigene Persönlichkeit und seine idiosynkratischen Interessen leugnet und sich als neutrales Sprachrohr des Wissens stilisiert. Jede Unterdrückung eigner Emotionen verbucht er als Triumph des Denkens und seiner Rechtschaffenheit. Intuitives, Willkürliches oder bloß ästhetisch Gerechtfertigtes ist in seinen Augen eine Verzerrung und Abweichung vom Wahren. Dieses Wahre ist überliefert aus dem Studium, dessen Inhalte, wenn überhaupt, nur nach dem Prinzip der Falsifikation angreifbar wären. Dieser Typus von Akademiker ist die häufigste Spezies in  Museen, die sich der Wissensvermittlung verschrieben haben. Der andere, das heißt hier: der Besucher, ist für den Wissenschaftlerzwangsneurotiker eher ein Hindernis, das er nach Möglichkeit ignoriert oder nach seinem Bilde imaginiert.“
„Der Hysteriker stellt dagegen seine Emotionalität und Intuition in den Vordergrund. Er geht wie selbstverständlich davon aus, dass die anderen an diesen interessiert sind, und er vermeidet rationale Argumentationen, die nicht den Fluchtpunkt seiner Emotionalität aufweisen. (…) Theoretische Referenzen verfolgen primär den Zweck, sich selbst noch interessanter zu machen. Man trifft diese Spezies vor allem in Kunstmuseen, je weniger historisch orientiert sie sind, umso mehr. (…) Er ist jedoch ebenso wenig wie der Zwangsneurotiker an wirklicher Vermittlung und Begegnung interessiert.“ Er will den anderen, den Besucher „lediglich (…) dazu bewegen, sich mit ihm zu beschäftigen. Die Auswahl der zu zeigenden Künstler und die Platzierung der Künstler im Raum ist das Medium, in dem dies geschieht. ‚Was bin ich?‘ - ‚Der, der euch das zeigt‘. (…) „Während der eine Kurator vor allem sich exponieren möchte, will der andere möglichst gar nichts von sich zeigen - außer seine exzeptionelle Teilhabe am Wissen.“

Daniel Tyradellis: Müde Museen. 2014

Donnerstag, 28. Juli 2016

Die noch nicht ausreichend gewürdigten Verdienste der Agnes Husslein um die Reform der Bundesmuseen

Jetzt scheint es also vorbei zu sein, mit dem Direktoriat von Agnes Husslein im Belvedere. Der Kuratoriumsvorsitzende ist zurückgetreten und die Ausschreibung der Leitung beginnt mit einem zweiten Anlauf.
Was ist passiert? Minister Drozda hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben (hier das Gutachten) und in dem wird ausführlich dargestellt daß die Verfehlungen von Frau Husslein Grund zur sofortigen Kündigung wären. Aber da das Kuratorium lange von den Verstößen wußte und nicht gehandelt hat, wurde dadurch diese Option aufgehoben. Wir lernen: Ein Kuratorium kann jemanden, der sehr wahrscheinlich gegen das Gesetz verstoßen hat, davor schützen, zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Also zwingt der Minister den Kuratoriumsvorsitzenden zum Rücktritt, ersetzt ihn durch eine Sektionschefin seines Minsiteriums, und kündigt eine umfassende Reform an, die zunächst einmal die Arbeit der Kuratorien und zwar aller, nicht nur des des Belveders, neu regelt.
Und er geht einen Schritt weiter und kündigt eine Art Evaluation der Bundesmuseen, ich gehe davon aus, ehr nur ihrer organisatorischen Struktur, an. Und holt sich dafür nicht den schlechtesten Berater: Edelbert Köb.
Das alles ist ein Verdienst von Agnes Husslein-Arco. Bravo!
Nur: Direktorin wird sie wohl kaum bleiben können.

Montag, 25. Juli 2016

Agnes Husslein 1, 2 und 3

1. In der Presse übertrifft Almuth Spiegler alles, was ich an Kulturjournalismus bislang so zu Lesen bekommen habe: "Die Rufe aber hören nicht auf, „Kopf ab!“ kreischt ein links-elitistischer Mob wie bei Marie Antoinette. (...) Die Kunst interessiert die „Kritiker“, vor allem geifernde Künstler übrigens, aber weniger als die Buchhaltung." Höchstes Qualifikationserfordernis für MuseumsleiterInnen: "Narrentum", und das um was zu bewirken? Museen zu "Paradiesen" zu machen. Die Qualifikationen in bezug auf Umgang mit dem Personal fallen bescheidener aus: "Dass sie jetzt ihre Feindinnen also nicht in irgendwelchen Belvedere-Verliesen foltern lässt, u. a. dafür hat der vom Kulturminister eingesetzte kaufmännische Ko-Direktor Dieter Bogner zu sorgen...". Guter Hinweis. In österreichischen Kellern passiert ja gerne mal was. (Hier: Die Presse, 20.07.2016)

2. Der Rechtsanwalt der "beurlaubten" Prokuristin des Belvedere-Museum hat Strafanzeige gegen Husslein erstattet. Der Rechtsanwalt ist der Meinung, daß man "von Amtswegen" aus tätig hätte werden müssen und daß das auch für den Minister und das Kuratorium gelte. (Der Standard 24.07.2016)

3. Kaum habe ich gelernt, was Comliance ist, lerne ich auch, daß es Compliance-Experten gibt. Ein solcher sagt im Standard zum "Fall Husslein" ein paar wohltuend einfache Worte. Z.B. daß die "Verdienste" einer Person (worin die auch immer bestehen, und wer immer die festgestellt haben mag) nicht mit rechtlich relevanten Verfehlungen "aufgerechnet" bzw. "entschuldet" werden können. (hier nachzulesen).
3. Die Causa Husslein geht in die nächste Etappe. Am Freitag wurde bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue gegen die amtierende Belvedere-Direktorin erstattet, wie Rechtsanwalt Georg Schima namens seiner Mandantin, der beurlaubten Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik, auf Standard-Anfrage bestätigt. Ein Tätigwerden hätte laut Schima auch von Amtswegen erfolgen können, war jedoch ausgeblieben. - derstandard.at/2000041713244/Belvedere-Strafanzeige-gegen-Agnes-HussleinDie Causa Husslein geht in die nächste Etappe. Am Freitag wurde bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue gegen die amtierende Belvedere-Direktorin erstattet, wie Rechtsanwalt Georg Schima namens seiner Mandantin, der beurlaubten Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik, auf Standard-Anfrage bestätigt. Ein Tätigwerden hätte laut Schima auch von Amtswegen erfolgen können, war jedoch ausgeblieben. - derstandard.at/2000041713244/Belvedere-Strafanzeige-gegen-Agnes-Husslein