Montag, 5. April 2021
Samstag, 20. März 2021
Unsere Sisi (Kuratorensprech)
Kuratorensprech? Hier dürfte es sich um Direktorensprech handeln. Das heißt, um eine Textsorte, die im Marketing für eine Institution wirbt, oder für eine Ausstellung. Oder die, wie hier, ein Museumsobjekt, ein Exponat vorstellt. Ich nenne das Kuratorensprech wegen der oft inhaltlichen und sprachlichen Abenteuerlichkeit, Zwitterwesen zwischen wissenschaftlichem Formulieren und journalistischer Saloppheit.
Das Fundstück stammt von Facebook, das längst auch von Museen genutzt wird, um zu informieren und zu werben. Wobei Facebook zu Kürze zwingt und dazu anregt, möglicht auffällig, wenn nicht schrill zu sein.
Hier "spricht" das Oberösterreichische Landesmusuem zu uns. Und zwar mit diesen Worten: "Eine junge, gutaussehende Frau in festlichem Gewand. Ihr braunes, in Zöpfe geflochtenes Haar, wird von einem federnden Hut bedeckt. Eine üppige Schleife schmückt ihren zarten Hals. Weißt du, wer diese Frau auf dem Foto ist? 🤔 Es handelt sich hierbei um Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern, besser bekannt als Sisi, Kaiserin von Österreich. 👑 Diese sehr seltene fotografische Aufnahme entstand 1858, aufgenommen von Joseph Albert (1825-1886), dem Hoffotografen des bayerischen Königshauses. Die Kaiserin stand nicht gerne vor der Kamera. Mit 30 beschloss sie sogar, sich nie wieder fotografieren zu lassen. Deshalb wurde dieses Portrait von ihr bis in die 1880er Jahre verwendet. Zahlreiche Fotografien von Kaiserin Elisabeth wurden reproduziert. Auch wenn es zu dieser Zeit noch lange keine digitalen Bildbearbeitungsprogramme gab, konnte man auch im analogen tricksen. Oftmals wurden Portraits der Kaiserin retuschiert oder umkopiert. Nicht aber dieses Foto..."
Schon bei der Beschreibung stutzt man: Festliches Gewand? Wirklich? Braunes Haar? Wie erkennt man das auf einer Schwarz-weiss-Fotografie? Gutaussehend? Nun ja, das liegt wohl eher im Auge des Betrachters. Ebenso ob dieser Hals "zart" ist. Und was ist eigentlich ein federnder Hut?
Wie bei IKEA werden wir gedutzt und in pädagogischer Absicht in einen Wissensquiz gezogen. Haha - das wissen wir natürlich, das ist Sisi. Geschichtsinfantilisier7ng Romy Schneider ff. Garniert ist der Text mit ein wenig Zusatz-Infantilisierung. Smileys fungieren hier wie das Lachen aus der Dose in Sitcoms, es ist auch ohne uns da wie die zugehörige Emotion, die diesen Icons den Namen Emojis gibt.
Wie kommt Die Exkaiserin in den Blog einer Abteilung des Oberösterreichischen Landesmuseums? Vermutlich um für den Ausstellungsort Marmorschlössel zu werben, Sisis "Frühstücksort" und "Cottage", wie es an anderer Stelle des Blogs heißt. Wir befinden uns hier mitten in der Hofberichterstattung, die, wie wir von einem weitaus gegenwärtigeren Königshaus wissen, vor allem in Homestories besteht. Sie ließ sich nicht gerne fotografieren.
Eine Kernkompetenz von Museen liegt im Umgang mit Objekten, in genauer Beschreibung, in der Erforschung und, wenn es sum Veröffentlichung geht wie hier, auch in der Kontextualisierung, das heißt Einbettung in Informationen, die das Verstehen des Exponats ermöglichen und vertiefen. Hier erfahren wir nur, wer der Fotograf war und wann die sehr seltene Fotografie entstanden ist. Sehr selten soll wohl heißen, daß wenige Abzüge bekannt sind, die Aufnahme (das Negativ) selbst war nicht selten, sondern ein Unikat.
Die Österreichische Nationalbibliothek datiert die Fotografie übrigens auf 1865 und nicht, wie hier angegeben, 1858.
Hervorgehoben wird, daß dieses Foto nicht umkopiert und nicht retuschiert wurde. Keine "analoge Trickserei". Von wegen, selbst an der digitalen Reproduktion am Billdschirm sind viele Eingriffe zu erkennen, wie die ovale Hervorhebung, der Schatten hinter dem Kopf und der Schulter, der verfließende Übergang vom Oberkörper ins Weiß der ovalen Rahmung. Für eine auf genaue Beobachtung gestützte ästhetische Interpretation, interessiert sich der Autor des Textes aber nicht. Es genügt, daß es hier um "Sisi" geht. Also um jenes Diminutiv eines Vornamens, dem kein Familienname zu Seite steht, wie wir das vorzüglich von Frisiersalons - Petra, Elfi, Lisa - kennen.
Übrigens: Die aktuelle Ausstellung im "Sisis Cottage", man glaubt es nicht, ist dem Dirndl gewidmet
Sonntag, 1. März 2020
Montag, 20. Januar 2020
Mittwoch, 18. September 2019
Anders als. Kuratorensprech
Montag, 2. September 2019
Künstler kreist um Kunst (Texte im Museum 928)
Mittwoch, 28. August 2019
Marketingsprech. Diesmal Belvedere 21
Eine Fundgrube für Stilblüten und Gedankenschlichtheit aller Art ist der Facebook-Account von Belvedere 21.
Heute zum Beispiel das: "Happy Birthday Ai Weiwei! Der chinesische Künstler wurde heute vor 62 Jahren geboren und zählt zu den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart."
Na gut, da kann man nicht viel falsch machen. Der Geburtag ist ein Fakt, die Gratulation ein Akt der Höflichkeit und des Respekts, der als öffentlich gemachter, das Prestigekonto des Musuems auffüllt wie das auch der Schlußsatz tut: "2016 präsentierte das Belvedere 21 seine" - wir erinnern uns: es geht um den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart -. "erste große Einzelpräsentation in Österreich."
Dazwischen wird es ganz schön: "Als Konzeptkünstler, Dokumentarist und Aktivist setzt er sich nicht nur kritisch mit Geschichte, Kultur und Politik seiner Heimat China auseinander, sondern reagiert auch auf gesellschaftliche Realitäten." Whow! Das sitzt! What a man!!
Sonntag, 25. August 2019
Huldigung (Texte im Museum 922)
Mittwoch, 2. November 2016
Understanding objects (Texte im Museum 591)
Victoria & Albert Museum. British Gallery |
Ein Leckerbissen von Text, weil er Einblick in das kuratorische Denken gibt, in die Einschätzung sowohl des Publikums wie der hermeneutischen Arbeit durch einen Kurator. Zuerst, sagt uns der Kurator durch den Text, muß man es lernen, kritisch Objekte anzusehen und sich nicht mit dem Augenschein zu begnügen. Kuratoren würden sich ständig damit beschäftigen (also können sie es schon), aber jedermann könne das erlernen.
Wie, das sagt uns der Text nicht. Er sagt uns auch nicht, was dem Verstehen von Objekten in Museen entgegenwirken könnte, wie der Mangel an Information, eine schwer auflösliche Unvertrautheit mit Dingen (etwa aus fernen Zeiten, Regionen oder Gebrauchsweisen) oder gar mißverständliche Information durch Museumstexte.
Durch genau Betrachtung könne man das Material oder gar die Verarbeitungsweise an einem Objekt erkennen. Wirklich? Echtes Silber, echter Bernstein, Bakelit, Holzarten, Papiere - alles kein Problem? Dieser genaue Blick könne darüber hinaus aber auch Geschichte "enthüllen". Doch dieses großartige Versprechen wird gleich gewaltig ermäßigt durch die Einschränkung, daß man an Dingen Reparaturen, Beschädigungen oder Veränderungen erkennen könne.
Das war der Stand an Einsicht vor über hundert Jahren in Alois Riegls Denkmaltheorie. Mehr als das ist nicht.
Und dann macht der Text aus dem Besucher potentielle Fachleute, die sich diverser Hilfsmittel bedienten, um, ja um was eigentlich zu tun? Um die Möglichkeiten ihrer Einsichten zu erweitern? Aber um mehr als Identifikation gehts da kaum oder beim ihm vorbehaltenen ultravioletten Licht um ein technisch vertieftes Sehen, das kaum die Erfahrung vertiefen wird ohne zusätzliches spezialisiertes Wissen.
Der Autor dieses Textes begibt sich auf gefährliches Terrain, denn er will die Frage anpacken, wie Besucher eigentlich zur Erfahrung der Dinge in einem Museum kommen. Und er kapituliert früh, muß er uach. Denn selten lassen sich Dinge ohne (Kon)Text auch nur annähernd deuten, erst recht nicht auf individuelle Deutungsbedürfnisse hin.
Dienstag, 10. Juni 2014
Maßgeblich realisierte Arbeiten (Kuratorensprech 02)
Seine legendären Plakate entstanden auf der Grundlage künstlerischer Konzepte und wurden international bekannt und ausgezeichnet, etwa mit dem Graphic Design Excellence Award der icograda. Die Zusammensicht von Gebrauchskunst und strengen Formen der bildenden Kunst erzeugte ein einzigartiges Spannungsfeld, das für Neubachers künstlerische Praxis in den 1960er- und 70er-Jahren bestimmend wurde.
Quelle: Kunsthaus Graz. Universalmuseum Joanneum (Webseite; Ausstellungsankündigung)
Donnerstag, 5. Juni 2014
Dienstag, 3. Juni 2014
Erfahrbarkeit der Existenz (Kuratiorensprech 01)
AutorIn: unbekannt. Betroffene Künstlerin: Katharina Grosse. Jahr: 2014 Quelle: Webseite Universalmuseum Joanneum / Kunsthaus