Die Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin sieht, wie immer von ihr befürchtet, die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria in einem Fiasko enden: Nigerianischen Medien zufolge hat der Staatspräsident Muhammadu Buhari kurz vor Amtsende die Eigentumsrechte sämtlicher Benin-Artefakte dem Oba von Benin übertragen. "Dies gelte für alle bereits zurückgegebenen und alle weiteren zu erwartenden Restitutionen von Benin-Objekten weltweit: "Was von deutschen Politikern und Politikerinnen als ein Zurückgeben des kulturellen Erbes an das 'nigerianische Volk' gedacht war und 'die Wunden der Vergangenheit heilen' sollte (Claudia Roth), ist stattdessen nun zu einem Geschenk an ein einziges Königshaus - eines unter vielen Königshäusern und Sultanaten in der Republik Nigeria - geworden. Ein Königshaus, das zudem, aus heutiger Sicht, bis zu seiner Unterwerfung durch die Briten schlimmste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat: Notorische Angriffskriege über Jahrhunderte hinweg mit Plünderungen, Zerstörungen, Massakern, Versklavung von Kriegsgefangenen, Menschenopfern zu Ehren der in den Gedenkköpfen repräsentierten Ahnen sowie Sklavenjagd und -handel in großem Stil." (Quelle: Perlentaucher, 6.5.2023)
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Samstag, 6. Mai 2023
Dienstag, 27. Juli 2021
Restitutionsdebatte auf Wienerisch
Neulich im Weltmuseum ... Benin, ohne Debatte (welche Debatte denn?), ohne jede Information zur Aktualität dieser Objekte, keine Rücksichtnahme auf die Rückgabe durch die Stiftung Preussischer Kulturbesitz. Bissl Marketing mit Restitutionsobejketen, warum denn ned? Schauns halt heute ein bissl Abend vorbei, bei unserer Raubkunst. Wie es einst dort war...
Donnerstag, 29. August 2019
Museen zwischen den Fronten. Restitutionsforderungen und unethisches Sponsoring
Museen zwischen den Fronten
Über den Museen ziehen Gewitterwolken auf und das
in zwei Fronten. In Deutschland und Frankreich aber langsam auch auf andere
Länder übergreifend, ist eine heftige Debatte über die Restitution kolonialen
Raubgutes entbrannt. Und in den USA und in England gerät das Sponsoring in
Kritik und wird in durchaus militanten Aktionen attackiert. Es gibt einen
Unterschied zwischen den beiden Auseinandersetzungen: die Restitutionsdebatten
werden überwiegend von Wissenschaftern, Restitutionsexperten und Journalisten
geführt. Und das durchaus vehement - kaum ein Tag vergeht ohne einen
einschlägigen Artikel in einer großen Deutschen Tageszeitung. Die Angriffe auf
Sponsoren großer Kulturinstitutionen werden aber von der Zivilgesellschaft
unter starker Beteiligung von KünstlerInnen getragen.
Die Firma, die derzeit am heftigsten unter Beschuß
geraten ist, Purdue Pharma, die einer der reichsten Familien der USA gehört,
hat allem Anschein nach skrupellos ein süchtigmachendes Schmerzmittel aggressiv
lanciert und zu einer Opioid-Krise in den USA geführt, der jährlich tausende
Menschen zum Opfer fallen. Unter dem Druck erster Prozesse und Schuldsprüche
beginnen erste, große Museen, sich von Sponsor zu trennen oder mindestens auf
Distanz zu gehen.
Beide Vorgänge sind fundamentale Attacken auf das
Museum als solches. In der Restitutionsdebatte wird die teilweise gewaltförmige
und unrechtmäßige sowie verschwiegene Grundlage von Museen sichtbar und ihre
hegemoniale politische Funktion. Beim Sponsoring durch unethisch eingeschätzte
Konzerne agiert das Museum als Agentur der Veredelung und Verschleierung.
Hinter den scheinbar selbstlosen Geldgebern verstecken diese ihre
menschenverachtenden Praktiken – es handelt sich um toxische Philantropie.
Das British Museum wird wegen seines Sponsors
British Petrol angegriffen und beim Whitney Museum steht ein Beirat der
Institution in der Kritik, Warren Kanders, als Besitzer einer Firma, die unter
anderem an der mexikanischen Grenze eingesetztes Tränengas produziert. Jetzt
steht sogar die im Kunstbetrieb wichtige Biennale, die das Museum ausrichtet, auf
dem Spiel, weil sich Künstler zurückziehen und über einhundert MitarbeiterInnen
des Museums sich gegen ihren vice-chair wendeten. Eine Initiative Decolonise this Place, die auf den
Rücktritt des Beirats hinarbeitet, verknüpft in ihrem Namen beide Motive,
Museen anzugreifen: die neokoloniale staatliche Gewalt gegen farbige
Minderheiten - als der der Einsatz des Tränengases gegen Migranten eingestuft
wird - und das Art-Washing des Konzerns „Safariland“ (sic!) durch das Museums-Sponsoring.
Es konnte nicht ausbleiben, daß jemand auf die Idee
kam, beide Fronten zu einer zusammenzufassen. In einem jüngst in The Guardian (20 Feb 2019) erschienen
Essay verdammt die Kunsthistorikerin Alice Procter kurzerhand die Museen generell:
„The whole concept of The Museum is a
colonialist, imperialist fantasy, born from the fallacy that somehow the whole
world can be neatly catalogued, contained in a single building, mapped out for
easy digestion.“ Und mit Hinweis auf diegegen BP protestierenden
BesetzerInnen des British Museum, schreibt sie: „They’re all tired of museums being unquestionable, unethically funded
pleasure houses where dirty money gets made to look like shiny civic pride.“
Solcher Fundamentalismus läßt sich leicht beiseiteschieben,
aber beide „Fronten“ haben ihre Dynamik entwickelt, die noch nicht auf ihrem
Höhepunkt angekommen zu sein scheint. Es wird sich zeigen, ob das
Geschlossenhalten der Augen und Ohren weiter die geeignete Strategie der Museen
sein wird, der tiefreichenden Herausforderung gerecht zu werden. Denn noch nie
in der Geschichte des Museums sind einer breiten Öffentlichkeit die
strukturellen Widersprüche der Institution so klar vor Augen geführt worden.
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Dienstag, 9. Juli 2019
Über die angebliche Überlegenheit westlicher ethnologischer Museen über die fehlenden Standards afrikanischer Museen
Zu den am häufigsten vorgebrachten Vorbehalten gegenüber der Restitution ethnologischer Sammlungsbestände gehört, daß namentlich afrikanische Museen den Objekten nicht jenen Schutz bieten könnten, der nötig ist, um sie dauerhaft zu bewahren. Während das für europäische Museen fraglos gelte.
In der Süddeutschen Zeitung vom 9.Juli widerlegt Jörg Häntzschel diese Behauptung, indem er das Argument an deutschen ethnologischen Museen überprüft. Deren Depots, Archivierungspraktiken und Inventarisierung erweist sich als erstaunlich desolat. Häntzschel stützt sich auf offenbar recht freimütig gegebene Auskünfte von Direktoren und Kuratoren namhafter Museen.
Fehlender Brandschutz, desolate Klimaanlagen, schädigende Umweltbedingungen gefährden das Deponierte. Noch erstaunlicher ist, daß die meisten befragten Museen nicht nur keine vollständigen Inventare haben, sondern nicht mal den Umfang ihrer Sammlungen kennen, unter anderem weil im Zweiten Weltkrieg erlittene Verluste bislang gar nicht erfasst wurden. In so manchem Museum lagern Bestände aus Grabungen und ampangen, die nie bearbeitet wurden. Ihr Umfang überfordert die Museen.
Technische Modernisierung der Inventarisierung schleppt meist die alten Defizite mit und verbessert nichts, für viele Objekte ist der Standort nicht mehr eruierbar und der Schwund ist beträchtlich.
Die Hoffnung, daß sich das mit mehr Personal schon noch aufholen und bereinigen lasse, wird von Museumsexperten bezweifelt. Es ist nicht nur eine Frage, wie unter diesen Umständen überhaupt Restitution betrieben werden kann, es ist auch die Frage, wie an solchen Museen, die nicht mal über die Grundlagen ihres Objektwissens verfügen Forschung betreiben sollen.
Hier der ganze Artikel.
In der Süddeutschen Zeitung vom 9.Juli widerlegt Jörg Häntzschel diese Behauptung, indem er das Argument an deutschen ethnologischen Museen überprüft. Deren Depots, Archivierungspraktiken und Inventarisierung erweist sich als erstaunlich desolat. Häntzschel stützt sich auf offenbar recht freimütig gegebene Auskünfte von Direktoren und Kuratoren namhafter Museen.
Fehlender Brandschutz, desolate Klimaanlagen, schädigende Umweltbedingungen gefährden das Deponierte. Noch erstaunlicher ist, daß die meisten befragten Museen nicht nur keine vollständigen Inventare haben, sondern nicht mal den Umfang ihrer Sammlungen kennen, unter anderem weil im Zweiten Weltkrieg erlittene Verluste bislang gar nicht erfasst wurden. In so manchem Museum lagern Bestände aus Grabungen und ampangen, die nie bearbeitet wurden. Ihr Umfang überfordert die Museen.
Technische Modernisierung der Inventarisierung schleppt meist die alten Defizite mit und verbessert nichts, für viele Objekte ist der Standort nicht mehr eruierbar und der Schwund ist beträchtlich.
Die Hoffnung, daß sich das mit mehr Personal schon noch aufholen und bereinigen lasse, wird von Museumsexperten bezweifelt. Es ist nicht nur eine Frage, wie unter diesen Umständen überhaupt Restitution betrieben werden kann, es ist auch die Frage, wie an solchen Museen, die nicht mal über die Grundlagen ihres Objektwissens verfügen Forschung betreiben sollen.
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