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Dienstag, 31. Januar 2012

Das Irdische Paradies der Österreichischen Museen (1: Der Text)


Kommtar zum Text hier.

Die SPÖ-Bundesorganisation, Pressedienst, Löwelstraße 18, 1014 Wien teilt mit: Kulturministerin Claudia Schmied hat heute, Montag, gemeinsam mit Gabriele Zuna-Kratky, Direktorin des Technischen Museums Wien, erfreuliche Ergebnisse des mit 1. Jänner 2010 eingeführten freien Eintritts für junge Menschen bis 19 Jahre in die Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek präsentiert. Der Erfolg dieses kulturpolitischen Meilensteins kann sich sehen lassen: Seit 1.1.2010 haben 1,8 Millionen Kinder und Jugendlichen den freien Eintritt genutzt. Im Jahr der Einführung gab es ein Besucherplus von 24 Prozent bei den jungen Besucherinnen und Besuchern. Die Zahl der Gesamtbesucher (+ 9 Prozent) im Zeitraum 2009 - 2010 ist ebenso gestiegen, wie die Zahl der Vollzahler (+ 20 Prozent). Ebenso erfolgreich ist auch die Intensivierung der Vermittlungsarbeit: Seit 2010 nahmen 432.000 junge Menschen an 23.000 Vermittlungsaktivitäten teil. Ministerin Schmied dazu: "Ich bin stolz auf diese wichtige kulturpolitische Maßnahme, bei der die Vermittlung groß geschrieben wird und auch das Bewusstsein für die Schätze unserer Kultur gestärkt wird".



v.l.n.r. BM Claudia Schmied Rätselralley-Teilnehmer und Dr. Gabriele Zuna-Kratky (Direktorin Technisches Museum Wien)
Wie erfolgreich der freie Museumseintritt ist, zeigt sich auch anhand der Besucherzahlenentwicklung bei den Besucherinnen und Besuchern bis 19 Jahre. Waren es 2009 noch rund 740.000, konnte diese Zahl 2010 mit Einführung des freien Eintritts auf über 920.000 junge Besucher gestaltet werden - für die Ministerin ein "wahrer Boom". Im Vergleich zu 2009 zeichnet sich im Betrachtungszeitraum von zwei Jahren überdies ein Steigerungseffekt von 15,5 Prozent ab. Die Kulturministerin setzt bei der kulturpolitischen Maßnahme des freien Eintritts vor allem auf Nachhaltigkeit: So gebe es z.B. durch die Ausweitung der Ganztagsschul- und Vermittlungsangebote, durch die Ausbildung im neuen Berufsfeld "FreizeitpädagogIn" und durch gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen von Lehrenden und Museumspädagogen in Sachen Besucherzahlen "Potential nach oben", sagte Schmied, die klarmachte: "Es ist mein erklärtes Ziel, das hohe Niveau zu halten."



Auch die Vermittlungsoffensive, die begleitend zum freien Eintritt bis 19 gestartet wurde, ist ein voller Erfolg. So hat im Jahr 2010 jede vierte Besucherin/jeder vierte Besucher unter 19 an Vermittlungsprogrammen teilgenommen. Im Rahmen der Vermittlungsoffensive entstanden insgesamt 50 neue Vermittlungsformate, die für einen "Innovationsschub in der Museumspädagogik" sorgen, betonte Ministerin Schmied. Bei den speziell für Kinder und Jugendliche entwickelten Programmen, wird die kreative Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur gefördert, die kulturelle Bildung wird ebenso gestärkt wie die kulturelle Partizipation. Besonders erfreulich ist für Ministerin Schmied auch die Tatsache, dass die Aktion freier Eintritt in die Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek auch zu vielen "Nachahmungseffekten" geführt hat. So haben sich zahlreiche andere Kulturinstitutionen bereits der Aktion freier Eintritt bis 19 angeschlossen.

Samstag, 10. September 2011

Bildungsauftrag

Bei der Lektüre einer Onlinepublikation stolpere ich über das Wort. BILDUNGSAUFTRAG. Ein Wort, das gut ein Unwort des Jahres abgeben könnte. Den Bildungsauftrag, den hat wer? Den haben Museen. Auch in Zukunft. Bezeichnenderweise, so lese ich nämlich, habe der Deutsche Museumsbund 2006 und 2007 gerade den Bildungsauftrag als zukunftsweisende Aufgabe der Museen bezeichnet.
Wer hat beauftragt? Wer soll gebildet werden? Von wem? In wessen Namen? Wer autorisiert sich? Wozu? Geht es um ein egalitäres oder hegemoniales Projekt?

Worum geht es, wenn Bildung in den Mund genommen wird? Um das qualitative, nachhaltige Besuchererlebnis, um abwechslungsreiche und individuelle Aneignungsprozesse. Oft schon gehört. Und seit langem.
Ein Repertoire von Schlagwörtern, das seit den 70ern kursiert. Warum muß noch immer davon geredet werden? Weil der Auftrag nicht ausgeführt wurde? Warum ist er dann aber zukunftsweisend? Weil dessen Erfüllung, wenn er in die Zukunft verschoben wird, nicht jetzt und aktuell ernstgenommen werden muß? Zukunftsweisend? Weil bislang nichts geschehen ist? Weil er weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit eingelöst wurde? Andernfalls wäre er eine Selbstverständlichkeit und müsste nicht immer wie ein Mantra wiederholt werden, oder?
Das repetitive Wiederholen von Bildungsauftrag ist das zentrale Legitimationsritual der Museumspädagogik. Sie rückt Bildung in die Nähe von Unterricht, Lehre, Unterweisung, Anleitung. So lange der Mangel an Bildung durch das Museum andauert, ist man als Pädagoge des Museums unentbehrlich und berechtigt. Einerseits.
Andrerseits, dort, wo der Bildungsauftrag als gegenwärtig und zukünftig angerufen wird, als etwas erst Herzustellendes, erst Auszufüllendes, geht das Bewußtsein dafür verloren, daß Bildung strukturell sowieso zum Museum gehört. Muß man die Feuerwehr daran erinnern, daß sie Brände löschen soll?
Es geht die Erinnerung daran verloren, daß das Museum und seine Aufgaben eine Geschichte haben. Es geht damit die Erfahrung von Differenz verloren, aus der doch die Frage nach dem Bildungsauftrag möglichweise ganz anders gestellt und beantwortet würde.
Freilich wird am Beginn dessen, was wir unter Museum verstehen, das was in der deutschen Sprache Bildung genannt wird, universaler verstanden als in den einschlägigen Museumsdebatten. Nämlich als Zivilität stiftende soziale Praxis, in die identifikatorische und reflexiv-öffentliche Prozesse ineinandergreifen, in der sich Bürger mit dem demokratischen Nationalstaat identifizieren und der Staat seinerseits das Museum als öffentliches unterhält und betreibt.
Er garantiert damit, daß es einen Ort der kollektiven wie individuellen Selbstverständigung gibt, der Weltbemächtigung, der rituellen Erneuerung der Gemeinschaft im Medium der gesammelten und ausgestellten common objects.
Wie sehr dieses wohlfahrtstaatliche (der Staat finanziert und administriert zum Wohle aller...) Konzept des Museums (das derzeitig gewaltig unter (Spar)Druck steht) mit der Idee der Demokratie verknüpft ist und ihr - gewaltfrei und diskursiv – zuarbeitet, läßt sich an der Genese des Museums in der Französischen Revolution ablesen.
Die Verfassung, die am 10. August 1793 feierlich deklariert wird verankert das uneingeschränkte Recht auf Bildung für jedermann. Freilich steht dort, im ersten Satz (dieser ältesten europäischen demokratischen Verfassung) anstelle von Wohlfahrt oder Bildung ein anderes Wort: Glück.

Sonntag, 7. November 2010

17.31 - Fundsache

Gefunden im Internet: "Normalerweise schließt das Archäologiemuseum in Bozen seine Tore um 18 Uhr. Letzter Einlass für die Besucher ist um 17.30 Uhr. Mit dem neuen Veranstaltungsformat „17.31“ können Kulturinteressierte ihren Arbeitstag in netter Gesellschaft und einem Glas guten Wein im Museum ausklingen lassen. Am Mittwochabend, 21. Jänner, stehen die Liebesaffären von Agrippina, Cornelia und Iulia im Mittelpunkt einer dialogischen Kurzführung. Dabei geht es um Fragen wie: Was sagte Rom dazu und war das Liebesleben der römischen Frauen damals wirklich so anders als heute? Die Veranstaltung beginnt um 17.31 Uhr im S Archäologiemuseum, Museumsstraße 43, in Bozen und dauert etwa eine halbe Stunde. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt’s im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen unter der Rufnummer 0471 320100 oder im Internet unter www.iceman.it"

Dienstag, 4. Mai 2010

Das Palmenbuch (Das Museum lesen 11)


Haben Sie schon mal eine Palme gezeichnet?
Ist ja ganz einfach? Meinen Sie?
Dann machen Sie's mal!
Blätter, Palmenblätter - wie sehen denn grade mal die Blätter aus, schmal, breit, lanzettförmig,
büschelförmig nach oben, oder nach unten hängend, dicht, vereinzelt?
Grün, graugrün, graublau, graubraun...
Und der Stamm!?


Also, wie sieht sie nun aus, Ihre Palme?

Christoph Eiböck könnte Ihnen Auskunft geben. Er hat 5000 oder 7000 Zeichnungen von Palmen gesammelt, er weiß nicht wie viele.
Ich durfte auch mal eine zeichnen für ihn. Fiel mir ganz schön schwer.
Das kann aber doch nicht so schwer sein, dachte ich, eine Palme zu zeichnen? Aber als patscherter Erwachsener!


Hier ist eine von Marcel Broodthaers gezeichnete. Als Zugabe 1 Kamel und 3 Pyramiden.

Und jetzt gibt es das Palmenbuch. Wieder. Oder noch immer. Von Hildebrand, Sturm und Eiböck.
Da sind nur zwar nur ein paar von den Palmenzeichnungen aus der Sammlung des Palmenzeichnungs-Kurators Eiböck drinnen und dazwischen....


... dazwischen Texte zur Vermittlung im Museum, Gedanken zum Museum, praktische Tipps, Texte, die einem helfen, die Richtung im Denken und Suchen zu wechseln.
So groß wie eine Hand ist das Buch, weiß, vorne ein Palmenblatt (ein kleines). Grün. (palm - Innenfläche der Hand).

Solche Ideen kommen von Heiderose Hildebrand.
Sie hat ihrer Arbeit immer weit mehr Intuition und Erfahrung
aus ihrem Leben zugrundegelgt, als große Theorie.
Ganz wichtig, so war mein Eindruck, war die Mitarbeit
in einem freien Theaterprojekt.
Ich erinnere mich noch - hoffentlich
richtig, daß ich sie bezeichnenderweise
im Dramatischen Zentrum in Wien kennengelernt habe.
Da war jemand, der mit einer kleinen Gruppe sprach, Bälle ins
Publikum war, uns ein wenig durcheinander brachte.
Was dann passierte, weiß ich nicht mehr.
Außer, daß wir uns anfreundeten
und viele Jahre lang, mal lose,
mal enger zusammengearbeitet haben
(übrigens nie in einem Vermittlungsprojekt,
außer wenn ich Gast war, Teilnehmer wie jeder andere auch).

Das Buch ist eine bricolage, eine Bastelei, die zum Basteln anregt. Würmer im Getriebe, Blitz und Brille aber auch: Das museale Objekt und seine Vielschichtigkeit.

Und dann noch. Abgrundtief ist das Loch, wenn wir meinen, Leute überzeugen zu müssen.
Das Palmenbuch kann man sich schenken lassen. Kaufen kann man es nicht. Außer beim Lehrmittelverlag des Kantons Zürich, Räffelstrasse 32, Postfach 8045 Zürich. Und dort kostet es 15 Euro.

Im Werbetext lesen wir, Museumspädagogik sei eine Kunst, die Kunstfertigkeit verlangt. Im Buch lesen wir aber auch: Museen und Ausstellungen sind nicht vordergründig pädagogische Einrichtungen. Ihre Besonderheit liegt in dem Zustand begründet, dass es hier zu Verdichtungen von Zeit, Materialität und kenntnis kommt.

Das was Heiderose Hildebrand gemacht hat, hat mich sehr beeinflußt.
Was im Palmenbuch die Essenz ist, war auch die ihrer Arbeit:
ein offenes Verständnis vom Museum und der Vermittlungsarbeit.
Es ging nicht um Wissen, sondern um Situationen.
Darum, Situationen herzustellen, in denen ein Maximum
an eigenständiger und kreativer Beschäftigung mit Kunst gefördert wurde.
Im Palmenbuch spielt die Beziehung 'Besucher' - Objekt eine große Rolle.
Das ist vielleicht ein wenig ein Mißverständnis.
Denn mit heutigen Erfahrungen würde ich die Arbeit theatralisch, performativ nennen.
Gehen, Schauen, Reden, Nachdenken, Wählen, Agieren, Handeln, Tun
- das alles spielte zusammen eine Rolle.
Weder die strukturelle Autorität des Museums oder die der 'Ordnung der Dinge',
noch die (an)leitende Funktion einer Person standen im Mittelpunkt,
sondern die Absicht Neugier zustiften.


Abgrundtief ist das Loch, wenn wir meinen, Leute überzeugen zu müssen. Also auch ein Anti-Pädagogik oder Nicht-Museumspädagogik-Buch, oder eins, das davor warnt, zu wissen, was das ist Ver-Mittlung.

(... das ist doch ... Broodthaers. Kein Zweifel! Im Palmenhaus in. Ähm. In, also wo war das bloß? Und was macht er da? Er schaut sich eine Palme an. Will er sie zeichnen, ist er verreist, genießt er bloß das warme Klima des Treibhauses, schaut er nach, wie die Blätter der Palme geformt sind - glatt oder gezackt, oder ob sie Früchte tragen?)

Museen Stauseen schlage ich auf. Vom sammelnsammelnsammeln ist da die Rede, den Auswüchsen, den Möglichkeiten, dem zu entkommen, vom anderen Umgang mit Dingen...Vogel Kunst Hobel heißt ein anderer Text (vom dem ich hier aber nichts verrate. Oder doch. es geht um unterschiedliche Daseinsweisen von Objekten in Museen, um ihre multiple Identität. Und das ist dann von Eva Sturm, die sich schon früh um eine Theorie dessen bemühte, was sie praktisch machte).

Als Heiderose Hildebrand ihre arbeit in Wien begann,
gab es an Museen noch kaum Interesse an, wie es damals noch überall genannt wurde:   
Museumspädagogik. Im Gegenteil.
Meine Neugier am Museum generell wurde durch einen
merkwürdigen Museumsbesuch während meines Kunstgeschichtestudiums ausgelöst.
Kunstgeschichte studieren hieß damals (vielleicht heute noch),
stundenlang in abgedunkeltenHöhlen (genannt: Hörsäle)
zu sitzen und sich Dias von Kunstwerken anzusehen, in "Doppelprojektion".
Denn das war der 'Königsweg' der 'Disziplin' Kunstgeschichte
- das "vergleichende Sehen".
Gemeinsame Besuche in Ausstellungen gab es praktisch nie,
mit einer mir erinnerlichen Ausnahme.
Das war zwar ein Museumsbesuch, aber keiner in der Sammlung oder Ausstellung,
sondern in einer Direktion. Von dem Besuch sind mir drei Dinge
lebhaft in Erinnerung geblieben: die prachtvollen barocken Inventare,
die wir zu sehen bekamen;
die Klage, daß mit dem weniger werden von Kriegsinvaliden,
kaum noch Aufseher zu rekrutieren seien
und daß Museen möglichst vom Publikum unbehelligt
ihrer eigentlichen, nämlich wissenschaftlichen Aufgabe
nachgehen können sollten.
Das war der Anstoß, mich mit der Frage zu beschäftigen, "was ist ein Museum?".
Und kurz darauf oder kurz vorher muß es die Begegnung
mit Heiderose Hildebrand gegeben haben.
Sie hatte auch eine Antwort,
aber eine sehr schräge, abweichende, versuchsweise, wandelbare,
und das passte zu meiner 'Lesebeschäftigung',
wo ich auch Antworten auf meine Fragen fand,
die so gar nicht zu den offiziösen Ansichten und zum
Alltag der Museen zu passen schienen.

Ich glaube jetzt haben wir uns ein Gedicht verdient:

Alltagsgeräte, alter Schmuck.
In der Vitrine spiegelt sich zwischen den Dingen
dein Gesicht.
Am Fenster steht der Wärter
und betrachtet die Welt.
Das ist von Klaus Merz und man findet es im Palmenbuch auf den ersten Seiten. Ah, das ist ja ein Haiku. In der Vitrine spiegle ich mich, ich sehe mich, nicht das Objekt. Oder mich im Objekt. Und was sieht das Objekt. Wen schützt die Vitrine. Sehe ich nicht die Welt im Museum? Aber wieso der Wärter? Der sollte doch mich im Auge haben. Oder das Objekt in der Vitrine? Er sieht die Welt, weil er dem Museum den Rücken kehrt, aus dem Fenster blickt, das Museum 'verläßt'. Sieht er nun mehr als wir?


Tja. Und so ist das ganze Buch.

Installation von Marcel Broodthaers, zwei Palmen, ein Papagei.

Ich habe es nach vielen Jahren wieder in die Hand bekommen, das kleine Büchlein, und meine erste Reaktion war: Wie erfrischend es inmitten des (museums)pädagogischen (Funktionärs)Sprechens wirkt, wie anregend es geblieben ist.
Wunderbar.
Ach ja, und das noch. (Unter: Wissenschaft und Elektrizität). Bügeln, mixen, föhnen, rasieren, toasten, backen, braten, schneiden, waschen.

Ein Beispiel zu föhnen, toasten, backen...: Ein Projekt von Heiderose Hildebrand
habe ich noch sehr lebhaft in Erinnerung.
Es fand nicht im Museum statt
sondern in einem Schulraum oder etwas ähnlichem.
Sie hatte den Künstler Hartmut Skerbisch gebeten,
für Ihr Projekt ein 'Objekt' zu schaffen.
Das ist, neben der Theatererfahrung, eine zweite Quelle ihrer Arbeit:
daß sie Kontakte mit Künstlern pflegte und eine eigene Galerie führte.
Skerbisch hatte in einem Raum einen 'Berg' aus Salz hergestellt,
Salz bildet einen schön regelmäßigen und blendenweißen Kegel.
Und darüber hing ein großes, wenn ich mich recht erinnere,
knallrotes Schwert aus Holz.
Den Umgang der Kinder mit diesem unglaublich starken Bild
werde ich nie vergessen. Ihre Reaktionen
waren unglaublich sensibel und subtil, reich, genau, aufmerksam - und,
nicht überraschend - bei Mädchen sehr viel anders als bei Buben.
Was war das überhaupt? Museumspädagogik? Wohl kaum?
Wäre mit einem Wortungetüm 'soziale intervention' was getan? Kaum?
Unterricht? Nie und nimmer.
Ich kenne keinen Lehrplan, wo man in einer solchen Form
mit Symbolen und ihrer visuellen Macht, vielleicht auch Gewalt, arbeitet.
Und der Auftakt zum Projekt - was war das?
"Innenseite nach außen". Jeder zog sein 'Oberkleid' - Pullover, Sakko,
T-Shirt, Weste - verkehrtrum an. Ich lernte so mein Sakko kennen,
dessen Innenleben weitaus interessanter war als das glatte Schwarz außen.
Es hatte unglaublich viele zusammengeflickte Teile, und ich sah plötzlich
eher wie ein Sandler aus.
So, und damit war ein Gespräch angestoßen, wann, und ob man sein Inneres zeigt,
ob man das tun soll, ob einem das schaden kann,
oder nützen, was alles passieren kann, wenn man es tut.
Heute mag das Standardrepertoire der 'Vermittlungsarbeit' sein, ich weiß es nicht.


So. Jetzt hör' ich aber auf.

Na, vielleicht noch schnell das Gedicht von Seite elf !

Wie wünschen Sie sich ein Museum?

_bequem?
_groß
_kostbar?
_chaotisch?
_luftig?
_ruhig?
_ergreifend?
_reich bestückt?
_verwirrend?
_sauber?
_?
_?
_?











Und noch zwei Palmen von Broodthaers...

... und alles Gute zum Geburtstag, Heiderose!

Mittwoch, 17. März 2010

Die Erläuterung (Museumsphysiognomien 01)

Eine unscheinbare Zeichnung eines Magnus Pederson überliefert uns eine auf den ersten Blick bescheidene Museumsszene aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein Herr in Frack und Zylinder zeigt und erläutert einer Familie ein Museumsobjekt. Im Hintergrund beugen sich zwei Besucher über eine Vitrine.
Dieses Genre der Sammlungsdarstellung hat eine lange Tradition. Schon in allerersten Sammlungsdarstellungen des 16. Jahrhunderts, ist das Zeigen und Erläutern Bestandteil der Darstellung. Der Sammler oder ein, oft wissenschaftlich gebildeter oder sonstwie berechtigter „Stellvertreter", sind lange Zeit die einzigen Vermittler zwischen der Sammlung, den Gegenstände und den  Besuchern.
Diese Zeichnung dokumentiert einen, sich in der Darstellung nur subtil niederschlagenden, aber fundamentalen Wandel. Die Kleidung weist den Erläuterer nicht als fürstliche Person oder als einen in seinem privaten Refugium intim eingeschlossenen Sammler aus, der seine Idiosynkrasien auslebt, sondern als eine zur Vermittlung ermächtigte, gleichsam museumsoffiziöse Person in einem offenbar öffentlichen Museum.
In diesem Fall ist es Christian Jürgen Thomsen persönlich, der erste Kurator des Nationalmuseums in Kopenhagen. Und die Besucher, die z. T. unbegleitet und offenbar auch unbeaufsichtigt die Sammlung betrachten dürfen - eine Neuerung des bürgerlichen Museums, das entsprechende Sicherheits- und Betreuungsfragen nach sich zieht -, sind nicht Personen „von Stand", nicht Wissenschafter unter Wissenschaftern, sondern staunende Laien. Ungewöhnlich ist auch das Kind. Es ist die erste Darstellung, die mir bekannt ist, in der ein Kind Adressat einer Erläuterung im Museum ist - Museumspädagogik avant la lettre.
Wie hier das Publikum dargestellt ist, wie es sich ungezwungen den Dingen, teils eigenständig, teils instruiert zuwendet, das verweist auf einen tiefgreifenden Wandel. Seit dem 16. Jahrhundert war der Besuch von Sammlungen eine mehr oder minder (manchmal gar nicht gewährte) restriktiv gehandhabte freiwillige Geste ihres privaten Besitzers. Jetzt ist es ein allgemeines Recht. Das (staatliche) Museum ist öffentlich geworden.
Insofern ist die Illustration von 1845 mehr als nur Dokument einer lokalen oder zufälligen Konstellation - sie visualisiert etwas von der Funktion dessen, was man nun als Museum bezeichnet: eine Bildungsinstitution, die sich idealiter an jedermann, unabhängig von Geschlecht, Alter, Beruf oder Vermögen wendet, um ihm, auf der Grundlage wissenschaftlicher Bearbeitung und musealer Bewahrung und Schaustellung, Wissen zu vermitteln.
Wahrscheinlich wissen die neugierig zuhörenden Besucher nicht, wem sie gegenüberstehen. Christian Jürgensen Thomsen, der Herr mit dem Zylinder, ist nicht nur Leiter des Museums. Er gilt er als erster Altertumswissenschaftler, der eine wissenschaftlich begründete relative Chronologie aufgestellt hat. Er unterschied in seinem 1836 erschienenen „Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde" zwischen steinernen, bronzenen und eisernen Artefakten und hat damit eine zwar inzwischen differenzierte, aber immer noch gültige Periodisierung der Frühgeschichte geschaffen. Somit tritt uns hier das Museum nicht nur als öffentliche, für den Umgang mit den Benutzern verantwortliche Bildungsinstitution entgegen, sondern als ein Ort der Forschung, wo das Sammeln eine Grundlage wissenschaftlicher Entdeckung und Innovation ist.