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Samstag, 20. August 2016

Ich fühle mich durchschaut...

Walter Grasskamp: Das Kunstmuseum. Eine erfolgreiche Fehlkonstruktion. München 2016:

"Fliedl, der zehn Jahre lang die Grazer "Museumsakademie am Joanneum" zur interessantesten Weiterbildungsstätte der Branche ausgebaut hat, kritisiert vor allem die museale "Verdinglichung der Erinnerung". Das Museum sieht er von einem "Erbstau" bedroht, von der anwachsenden Zahl von Gegenständen, die es (das Museum) in Empfang zu nehmen hat, aber kaum noch aufzunehmen vermag, ohne darüber seine Gründungsaufgaben zu vernachlässigen, weswegen die Mitarbeiter zu "Erbstauhelfern und Besichtigigungsministranten" mutieren. In solchen Formulierungen läßt sich erkennen, was für eine ordentliche Traditionsallergie man sich zuziehen kann, wenn man sich ein Leben lang mit der Museumsthematik beschäftigt hat."

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Just published / In eigener Sache

Eben ist erschienen: Robert Gander, Andreas Rudigier, Bruno Winkler (Hg.): Museum und Gegenwart. Verhandlungsorte und Aktionsfelder für soziale Verantwortung und gesellschaftlichen Wandel. Transcript, Bielefeld 2015, 176 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb.,
Print: 29,99 €, ISBN: 978-3-8376-3335-1 E-Book (PDF): 26,99 €, ISBN: 978-3-8394-3335-5

Darin habe ich Gelegenheit eine ungewöhnliche Form auszuprobieren - einen Briefwechsel, mit Mark Taylor, langjährigem Präsidenten der British Museum Association. Das Gespräch, das wir führten knüpft an seinen schon in der Zeitschrift Neues Museum erschienenen Essay "Museen in 25 Jahren an" und an ein großes Projekt der Museums Association "Museums Change Lives".

Montag, 8. Dezember 2014

Fünf Jahre "Museologien"-Blog

Am 8. Dezember 2009 habe ich meinen ersten Post veröffentlicht. "Jüdisches Museum der Stadt Wien - Ein Opfer populistischer Kulturpolitik?" beschäftigte sich mit der Bestellung von Daniel Spera zur Leiterin des Jüdischen Museums der Stadt Wien. Ich konnte natürlich nicht ahnen, daß viele Monate später das Jüdische Museum monatelang ein zentrales Thema des Blogs wurde. Als nämlich mehr oder weniger über Nacht die Dauerausstellung des Museums abgebrochen wurde und sowohl dieser Abbruch als auch die fadenscheinigen Begründungen durch Frau Spera empörten und heftige Reaktionen auslösten. Der Post vom 8.12.2099 wird, wie andere zum Jüdischen Museum, immer noch abgerufen und hält sich in den "Top ten" der am meisten abgerufenen Texte.

Erst gestern Abend bin ich zufällig auf das "Jubiläum" des Blogs gestoßen. Die Anregung, einen museologischen Blog zu starten kam von einer Kollegin in Deutschland, Nina Gorgus, die schon länger ihren Blog betrieb (und auch noch betreibt). Ich startete ins Unbekannte, hatte weder Ahnung von technischen Möglichkeiten noch praktischen Effekten. Es läßt sich nicht mehr feststellen, wie viele "Leser" der Blog in diesem ersten Monat Dezember 2009 hatte. Jedenfalls steigt die Zahl der Besuche zwar nicht stetig aber insgesamt immer weiter an und zuletzt sogar weit überproportional. Wo überall der Blog gelesen wird, kann ich mangels statistischer Daten, die Google zur Verfügung stellt, nur ahnen, jedenfalls ist es erstaunlich, daß - bei einem deutschsprachigen Blog -, an der Spitze abgesehen von den erwartbaren, Länder wie Norwegen, Russland, Schweden, Belgien dabei sind und neuerdings, für mich in keiner Weise durchschaubar - die Ukraine, ausgerechnet.

"Getragen" wird der Blog vom Spaß am kurzen, manchmal zugespitzten, polemischen Schreiben, der Bemühung, möglichst auch visuell zu informieren und argumentieren und der Überzeugung, daß es viel zu wenig analytischer und kritischer Auseinandersetzung mit den Museen und mit Ausstellungen gibt. Manchmal ist mir der Spaß vergangen und einige Male habe ich auch an Beendigung des Bloggens gedacht. Vielleicht passiert das ja auch mal, bald oder nicht so bald. Noch einmal fünf Jahre? Keine Ahnung!

Typische Schaffensphase eines Bloggers



Montag, 20. Oktober 2014

Dreihunderttausend, irgendwann heute Nacht (In eigener Sache)

Irgendwann heute Nacht gab es den 300.000 Seitenaufruf. Zu meiner Verblüffung wächst das Interesse am Blog auch nach Jahren noch immer, in den letzten Monaten und derzeit sogar überproportional schnell.

Donnerstag, 29. Mai 2014

In eigener Sache. Grenzüberschreitung und Verwunderung

Dieses Monat wird der Blog zum ersten Mal 10.000 Besuche haben.
Ich weiß nicht, ob das nun viel ist oder wenig, ich habe nur den Vergleich zu früheren Jahren, wo ich mir das nicht hätte vorstellen können. Wahrscheinlich werden es sogar 11.000 sein.
Erstaunlich ist etwas anderes, wofür ich keine Erklärung habe. Die Herkunft der Leser und Nutzer. Obwohl ich mit wenigen Ausnahmen auf Deutsch schreibe, sind es nicht die deutschsprachigen Länder, die die Statistik dominieren, abgesehen von Deutschland. Dieses Monat sieht das Landerranking die USA an zweiter Stelle, dann Norgwegen, dann erst Österreich und an fünfter Stelle - Indien. An zehnter kommt die - Ukraine. Belgien, Schweden, Frankreich, England, Italien, Russland, die Schweiz, die Niederlande, fast alles Länder, wo man stark wirkende Sprachbarrieren vermuten könnte, bilden mit den genannten Ländern den Grundstock der Leserschaft. Sicher, die - von mir gesuchte und forcierte - Bildlastigkeit erleichtert die polyglotte Nutzung, aber es gibt noch eine weitere Erfahrung, von Anfang des Bloggens an: es sind gerade schwierigere, längere und anspruchsvollere Texte, die am häufigsten gelesen werden und insofern am Nachhaltigsten wirken, als sie immer wieder und auch nach Jahren abgerufen werden.
Die gelegentlich geführte Debatte über die akademische Akzeptanz des Bloggens muß mich nicht interessieren, schon gar nicht, seit ich nach Beendigung meiner beruflichen Karriere keine einschlägigen Rücksichten wahrnehmen müsste (die ohnehin kaum je hatte). Es ist ja gerade mein Hauptvergnügen, mit einem Sschreiben zu experimentieren und mit einer Verbindung von Bild und Text, die sich an akademische Regeln nicht halten muß ohne sie ganz zu negieren.
In einem ist Bloggen klar dem akademischen Publizieren überlegen. Mit keiner deutschsprachigen Publikation würde ich (noch dazu extrem kurzfristig, also auch, wenn es mal wichtig ist, aktuell), derart international wahrnehmbar sein und - wie die genannten statistischen Daten zeigen -, auch wahrgenommen werden.
Regelmäßig, so etwa alle ein zwei Monate, freue ich mich über meinen Leser (oder sind es gar zwei?) auf Fiji...

Montag, 13. August 2012

Wie man Museen zugrunderichtet, aber gekonnt. Noch einmal.


Der Post mit der "Schlagzeile" "Wie man Museen zugrunderichtet, aber gekonnt", gehört zu den meistgelesenen der letzten Wochen und hat gute Chancen, in den Charts weit nach oben zu klettern (ja, manchmal verfalle auch ich der Akklamationsmessung und Erbsenzählung...).

Ich habe den Text erneut überarbeitet, noch mal erweitert, Anregungen aufgegriffen und bei der Gelegenheit auch so manchen Tippfehler entfernt, was der Lesbarkeit des Textes guttun wird.

Zu den Effekten des Textes gehören: eine Aufforderung als museologischer Kabarettist aufzutreten, den Text zu publizieren (soll demnächst geschehen) und eine Tagungseinladung.
Ja und dann - dann wird natürlich alles anders und besser werden...

Hier der Link zum Post mit dem überarbeiteten Text: http://museologien.blogspot.co.at/2012/06/wie-man-ein-museum-zugrunderichtet-aber.html

Wer immer Lust hat, etwas aus seiner Berufserfahrung beizusteuern kann mir etwas unter der neuen Mail-Adresse museologien@gmx.at gerne tun. Ich freue mich über Erfahrungserweiterungen.

Donnerstag, 2. August 2012

In eigener Sache

NEU

Bislang war es nur möglich einzelne Posts zu kommentieren. Hier nun eine e-mail-Adresse extra zur Kommunikation zum Blog:


Dienstag, 31. Juli 2012

1000 Posts

Dies ist der 1000. Post seit ich am 8. Dezember 2009 den Blog begonnen habe. Wäre ich Politiker, würde ich mich bei meinen Lesern (Wählern) bedanken, wäre ich Wissenschafter, müsste ich mich genieren. Denn, so habe ich gelesen, als Wissenschafter darf man nicht täglich posten. Sonst macht man sich in Wissenschaftskreisen verdächtig.

Mach ich ja nicht, vor allem nicht in letzter Zeit. Aber fast. Das hat aber nichts mit täglichem Posten zu tun, sondern mit einem großen Fundus an Notizen, der schon lange vor dem Blog da war. Und mit einem großen Fundus an Fotos, der ständig größer wird. Wohl mehr als die Hälfte aller Posts besteht aus kaum mehr als einer Abbildung und allenfalls einem kurzen Text oder einer Bildunterschrift.
Das hat auch damit zu tun, daß ich drunter leide, daß Museologie, eine Art von Bildwissenschaft, nahezu ohne Bilder / Abbildungen und Bild (Ausstellungs)Analysen auskommt. Also gibt es hier viele Bilder, auf deren Aussagekraft ich vertraue, ohne ihnen zu viel Text zuzumuten.

In wissenschaftlichen Kreisen gilt Bloggen als unvornehm, degoutant bis verabscheuungswürdig. Das galt für das Ausstellungsmachen auch lange, vor etwa 30, 40 Jahren. Mich interessiert aber dieses Urteil und das Maß nehmen am wissenschaftlichen Schreiben nicht.

Mich fasziniert die Möglichkeit, die auch eine Schwierigkeit ist, knapp und möglichst genau Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, Fragen zu entwickeln. Es wird oft der Mangel an Ausstellungskritik oder Museumskritik beklagt; darum geht es hier auch. Um Kritik und Reflexion.

Bei meinen Lesern kann ich mich insofern nicht bedanken, wie ein Politiker nach gewonnener oder auch verlorener Wahl, weil ich meine LeserInnen nicht kenne, mit wenigen Ausnahmen. Ich weiß nicht mal so recht, wie viele es sind, weil ja, wie in Museen, nicht Besucher sondern Besuche gezählt werden. Alles was ich weiß ist, daß es ein paar tausend Besuche pro Monat gibt und, was das Bloggen signifikant von anderen Möglichkeiten des Veröffentlichens unterscheidet, daß diese Besuche 'aus aller Welt' gemacht werden. Selbstverständlich haben deutschsprachige Leser den Vorrang, aber ich staune, aus wie vielen Ländern es Interesse an dem Blog gibt.

Was ich schade finde, ist das Bloggen generell wenig geeignet scheint für Auseinandersetzungen, Debatten, Feedback. Obwohl das nur einen Klick weit weg wäre - jeder Post hat ja eine Kommentarecke, die leicht zugänglich ist. Das wird wenig genutzt, meist sehr unspezifisch. ich wundere mich über die Euphorie, die bezüglich der neuen Medien in Museumskreisen herrscht (Museum 2.0 und so), auch meine Erfahrungen mit Facebook sprechen massiv gegen die Qualität des Bloggens als Diskussionsmedium.

Ich träume von einer Internationalisierung. Die Leser, die ich in Ungarn, Litauen, den USA (dort erstaunlich viele), Südafrika oder Neuseeland habe, die könnten doch etwas von ihren Erfahrungen, aus ihren Institutionen berichten? Was wäre so eine Tauschbörse der Informationen nicht toll. Denn wirkliche Internationalität gibt es in der Museologie auch nur in einem extrem schmalen Sektor - wer weiß schon wirklich etwas über Museen, Museumspolitik, Museumsstandards usw. in Japan oder Indien oder Albanien?

Wahrscheinlich werden viele auch durch das Individuelle und Private eines Blogs abgeschreckt, selbst etwas beizutragen. Durch das Verrückte, Bunte, Unübersichtliche. Das Verrückte stört mich nicht, das Unübersichtliche ein wenig. Ein Blog ist kaum zu strukturieren, damit verliert man die Möglichkeit, Themen zu verfolgen, zu verknüpfen. Ein Leser aus den USA hat sich unlängst bei mir beschwert. Ja, sorry, es geht kaum anders. Ich habe schon an eine Restaurierung meiner Webseite gedacht samt Verknüpfung mit dem Blog. Ist aber zu aufwendig, zu zeitraubend.

Dabei ist ein Blog, anders als man denkt und anders als es gesagt wird, kein ganz so flüchtiges Medium. Einerseits werden auch Posts, die vor langer Zeit erschienen sind, noch immer abgerufen, zum Beispiel einige von denen, die im Zusammenhang mit der Zerstörung der Hologramme im Jüdischen Museum der Stadt Wien erschienen sind. Und es ist erstaunlich, daß auch lange Texte, die ich versuchsweise eingegeben haben, gelesen (wahrscheinlich ausgedruckt) werden. Die Analyse zur ehemaligen Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien, die ich zusammen mit Sabine Offe verfasst habe und die zuerst in einer Zeitschrift erschien, gehört zu den meistgelesenen Posts.

Apropos Jüdisches Museum. Die zwei Monate andauernde Debatte war ein Musterbeispiel für das Potential des Bloggens. Für tausende Leser war der Blog ein zentrales Informationsmedium, das angesichts des eklatanten Versagens vieler Tageszeitungen alternative Nachrichten und Infos bot, wobei die besondere Stärke eines Blogs, praktisch unmittelbar reagieren und agieren zu können, für ein zwei Dutzend Personen für eine bestimmte Zeit zum 'Umschlagplatz' der Auseinandersetzung wurde. Übrigens: Anders als es immer wieder unterstellt wurde, vor allem aus dem Museum, war das keine organisierte Gruppe, sondern genau das, was neue Medien dann eben doch bieten, lose Verbindungen und Kooperationen auf Zeit einzugehen.

Irgendwann wird den LeserInnen langweilig werden, oder mir. Oder allen. Dann höre ich auf. Man wird sehen.

Ich habe mich in diesem Blog nie vorgestellt. Weils so eine 'Jubiläumsanlass' ist, mach ich das mal kurz. Auch um einige Mißverständnisse zu beiseitigen, mit denen ich in Anschreiben per e-mail konfrontiert werde.

Ich habe mich während des Studiums mit (Kunstgeschichte und alleds mögliche mehr) mit der Frage Was ein Museum ist konfrontiert und dfie ersten Antworten, die ich darauf bekam, waren so, daß dieses Fragen nicht mehr aufgehört hat. Schon an meinem ersten Arbeitsplatz, der (damals so genannten) Hochschule für Angewandte Kunst, hatte ich die Möglichkeit, mit in Forschung und Lehre mit dem zu beschäftigen, was heute meist Museologie genannt wird.

Dann wurde ich eingeladen, an einem interuniversitären Institut Lehrgänge, später eine eigne kleine Abteilung einzurichten, die Arbeitsgruppe Museologie. 1999 ermöglichten gute Kontakte die Gründung der Internationalen Sommerakademie Museologie, ehe dann die Einladung des (damals noch so genannten) Landesmuseum Joanneum zur Einrichtung einer 'Museumsakademie' kam. Aus gesundheitlichen Gründen kam mir die Verringerung meiner Arbeitszeit in Form der sogenannten 'Altersteilzeit' sehr entgegen, was für mich, nur noch 20 Stunden angestellt, auch bedeutete, die Leitung der Museumsakademie niederzulegen. Ebenfalls auf mein Betreiben hin bin ich dann kurze Zeit danach ganz aus der Museumsakademie ausgeschieden und nun einfacher Mitarbeiter des Universalmuseum Joanneum, im letzten meiner Arbeitsjahre.




Donnerstag, 8. Dezember 2011

Beruf ohne Ausbildung, Ausbildung ohne Beruf


1
Dieser Text wurde aus Notizen zum Vortrag auf der Herbsttagung des Museumsverbandes Baden-Württemberg e.V. und dem Ludwig-Uhland-Institut der Universität Tübingen zum Thema Universität und Museum verfasst.*
Die Einladung hat mich – zum ersten Mal – veranlasst, meine etwa dreißigjährige Tätigkeit im Feld der museumsbezogenen Aus- und Weiterbildung nach Erfahrungen und Mitteilungswertem durchzukämmen. Die Überlegungen sind bruchstückhaft, auf das Thema der Tagung fokussiert und als Anstoß zu Diskussionen gedacht.

2
Off the record kann man sich unter Museumsleuten rasch darauf einigen, dass es so etwas wie eine Berufsausbildung kaum gibt und vielleicht sogar darauf, dass dies einen Mangel darstellt. Zu viele und zu besondere Anforderungen stellt die Museumsarbeit, als dass eine gezielte Vorbereitung zu entbehren wäre. Aber, wie wir wissen, eine solche Berufsausbildung existiert nicht, und ihrer Verwirklichung stehen nicht nur psychologische – wer will schon eingestehen, dass er möglicherweise ungenügend ausgebildet ist? - oder organisatorische Gründe entgegen, sondern vor allem der Umstand, das es den Museumsberuf nicht gibt.
Kurzum, es gibt so etwas wie eine strukturelle Unprofessionalität der Museumsarbeit, fast jeder weiß das, die wenigsten gestehen sich das ein und fast niemand versucht eine Diskussion darüber in Gang zu bringen oder Abhilfe zu schaffen.
An Museen können je nach Größe und Museumstyp Personen arbeiten, die eine spezifische, auf das Museum bezogene Qualifikation haben wie etwa Restauratoren oder Präparatoren und gleichzeitig solche, die zwar für viele Tätigkeiten qualifiziert sind, aber keine oder kaum museumsspezifischen Kenntnisse haben. So wenig ein hoch qualifizierter Mineraloge auch Ausstellungsmacher ist, so wenig ist ein Kunsthistoriker durch sein Studium mit der Inventarisierung vertraut und so weiter.
Bemerkenswert ist der Status jenes Berufs, an den man meist denkt, wenn man von museumsbezogener Berufsausbildung redet: der des Kurators, des wissenschaftlichen Mitarbeiters, der in der Regel die verantwortlichste und mächtigste Position im Museum innehat. Seine Berufsberechtigung gründet meist in der Absolvierung eines Hochschulstudiums mit Abschluss in einer Wissenschaftsdisziplin, die im Museum vertreten ist. Zwar werden bei der Einstellung von Personal vermehrt zusätzliche, museumsspezifische Kenntnisse verlangt, aber die Regel ist das nicht, es ist meist die fachdisziplinäre Qualifikation allein, die genügen soll.
Das ist problematisch, weil es offensichtlich viele und besondere Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Museum braucht, die nicht oder nur unzulänglich im Verlauf eines Fachstudiums vermittelt werden. Das Museum ist nun mal ein Hybrid, eine Institution, ein Medium, ein sozialer Raum, eine Sammlung, ein Schauort und vieles andere mehr, und wer kann sagen, dass ihn ein Studium der Ethnologie, Volkskunde oder Kunstgeschichte auf all das vorbereitet?
Die Einseitigkeit der Qualifikation - der Nachweis einer fachwissenschaftlichen Ausbildung - hat mit einem ebenso einseitigen Verständnis vom Museum zu tun. Wer das Museum nur als wissenschaftliche Anstalt sieht, verengt das breite Spektrum seiner Eigenschaften und Potentiale dramatisch und legt ihm einen ebenso engen Wissensbegriff zugrunde. Dieses Museumsverständnis erschöpft sich in der Vorstellung, dass ein Museum ein Ort der objektbezogenen Forschung ist und im Wesentlichen deren Resultate vermittelt (wenn das überhaupt der Fall ist und das gewonnene Wissen nicht bloß in engsten Fachkreisen und –journalen zirkuliert, ohne jede Auswirkung auf das Museum und seine Ausstellungen). Aus ihm sind zum Beispiel das Wissen der Besucher ebenso ausgeschlossen, also auch ihre Interessen und Fragen, wie das - in den letzten Jahrzehnten unglaublich angewachsene und enorm differenzierte - praktische und theoretische Wissen der Museologie.
Aus einer je nach Museumstyp mehr oder weniger intensiv gepflegten sammlungs- und daher auf Dinge bezogenen Forschung (die statistisch gesehen nur eine kleine Minderheit von Museen betreibt) kann nicht der Schluss gezogen werden, das Museum nahezu ausschließlich mit wissenschaftlichem Wissen zu identifizieren. Museen sind immer auch Orte des Sehens, der sozialen Interaktion, des unabschließbaren Fragens, der immer wieder abgleitenden Suche nach Bedeutung und Sinn, der Selbstauslegung, der Erinnerung und vieles andere mehr.
Es scheint sich immerhin – wenn gleich nur zaghaft, vielleicht auch unter dem Eindruck, den die lange Praxis der Künstlermuseen und der künstlerischen Interventionen hinterlässt - die Ahnung durchzusetzen, dass das Museum etwas zwischen Kunst und Wissenschaft ist, wobei dieses etwas aber auch nicht bloß als deren beider Summe oder Quotient gelten kann. Das heißt, es rückt (nicht überraschend) die Vermittlung, die Darstellung, die Repräsentation stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit, generell der soziale Prozess, der unter Einbeziehung von Architektur, Exponat, Besucher, ‚Autor’ (Kurator), Gestalter und vielem anderen mehr zustande kommt. Hier endet in der Praxis oft auch die Forderung nach Wissenschaftlichkeit (obwohl auch dazu inzwischen ein reiches museologisches Wissen existiert) und man delegiert aus Verlegenheit, nicht selbst als Wissenschafter für die Gestaltung verantwortlich sein zu wollen und zu können, gerne an Architekten, Grafiker oder an einschlägig tätige Büros, ganz zu schweigen vom eben kurz beschriebenen Performanz des Museums und seiner ‚Gestaltung’.

3
Beeindruckt zeigt sich die Museumsroutine von solchen Widersprüchen und Problemen freilich wenig. Museumsarbeit reproduziert sich weitgehend aus sich heraus, oft ohne erkennbaren oder nur mit unglaublich langsamem Fortschritt. Daß die Rekrutierung von Personal oft überhaupt nicht nach qualitativen Gesichtspunkten erfolgt, sondern von internen institutionellen Sachzwängen, persönlichen Befindlichkeiten oder von politischen Wünschen von außen erfolgt, darauf möchte ich hier gar nicht eingehen.
Hier liegt eines meiner Motive, für so etwas wie Aus- oder Weiterbildung zu argumentieren. Mein Plädoyer ist eines im Namen der Weiterentwicklung, Kreativität und Innovation, auch - aber das weniger - im Interesse der Professionalisierung der handwerklich-praktischen Fertigkeiten - wofür es aber inzwischen ohnehin viele Plätze der Aus- oder Weiterbildung gibt. Was es braucht, sind Räume und Zeiten der Reflexion des Museums und der Museumsberufe, also Gelegenheiten, ohne Tabus, experimentell, riskant, offen und ohne disziplinäre Scheuklappen zu diskutieren, erproben, basteln zu können. Dabei geht es nicht einfach um dieses oder jenes Museum, sondern um eine Idee Museum, ein Projekt Museum, das durch die konkrete Museumsarbeit weiterentwickelt werden soll.
Mein zweites Motiv für ein Plädoyer zu mehr Ausbildung ist der dem Museum aufgezwungene Strukturwandel. Es gibt nicht nur nicht den Museumsberuf, die Berufe ändern sich auch durch Reprivatisierungen, Ökonomisierung und Rentabilitätsdruck, durch die Konkurrenz der Museen untereinander und mit anderen kulturellen Angeboten, durch das scheinbare Veralten der Medialität der Institution. Das zwingt zur Adaption der Museumsarbeit, was wiederum veränderte Anforderungen an bestehende Berufe nach sich zieht, wenn nicht gar die Notwendigkeit neue Berufe zu integrieren. Hier liegt eine ganz pragmatisch-politische Notwendigkeit, die Frage der Qualifikation zu stellen. Und wie schon bei meinem eher persönlichen Motiv, die Optionen des Museums durch Aus- und Weiterbildung innovativ zu nutzen, ist auch diese Qualifikationsstrategie nicht anders als reflexiv zu haben. Und das deshalb, weil sie es ja mit einer Bewertung der Rolle des Museums zu tun hat, mit anderen Worten, mit einer mehr oder minder gravierenden gesellschaftlichen Neudefinition dessen was ein Museum sein sollte. Auf Privatisierungsstrategien etwa (ich denke, man ahnt gar nicht, was da auf die Museen gerade zukommt) kann man affirmativ, produktiv, kritisch oder verweigernd reagieren. Aber man muss – und sei es um den Preis des Scheiterns - diese Entwicklung zur Kenntnis nehmen, sich ein Urteil bilden und Schlussfolgerungen bis in die feinen Verästelungen der Museumsarbeit hinein vornehmen. Das ist im übrigen, so meine ich, nicht zu haben, ohne sich auch der Frage zuzuwenden, was Museen einmal waren und wohin sie sich wünschenswerterweise entwickeln sollten, also nicht ohne Museumsgeschichte – ohne Nostalgie und Retrobedürfnisse – zu betreiben.

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Ein weiterer Grund für eine – wiederum reflexive – Aus- und Weiterbildung zu argumentieren, ist eine einzigartige organisatorische Eigentümlichkeit des Museums. Wie etwa Spitäler oder Universitäten ist auch das Museum eine sogenannte Expertenorganisation. In solchen Organisationen gibt es einen Widerspruch der Expertise der einzelnen Mitglieder, die sie innerhalb einer Profession oder Disziplin besitzen und anwenden einerseits und dem sozialen System der Organisation andrerseits.
Expertinnen und Expertinnen identifizieren sich mit ihrem Fach weit mehr, als mit der Organisation und konzentrieren sich hochindividuell auf ihre Facharbeit. Sie haben Kenntnisse und Fertigkeiten in ihrem Gebiet in der Regel aber kaum oder gar keine Kompetenz die Organisation betreffend. Typisch für Expertenorganisationen ist das mangelnde Engagement für das Gesamte der Organisation und ihre Ziele und ein Leitungsdefizit, wo an der Spitze der Organisation die Kluft zwischen fachlicher und organisatorischer Kompetenz besonders dramatische Konsequenzen haben kann.
Ein Resümee aus meinen Erfahrungen ist, dass Professionalisierung der Leitung das akuteste Problem ist.
Es gibt Unterschiede in der Ausformung der Wissensbasiertheit in unterschiedlichen Museumstypen. Für Naturmuseen scheint es eine lange Tradition der Orientierung an einem Verständnis von Forschung zu geben, das relativ isoliert vom Museum, das heißt vor allem von seiner Vermittlungsaufgabe (Ausstellungen) betrieben werden kann und das auf problematische Weise zu einer starken Verengung des Verständnisses vom Museum führt, während etwa Kunstmuseen bis zu einem gewissen Grad immer mit der Vermittlung eines forschungsbegründeten Kanons beschäftigt sind und ganz anders auf das Ausstellen bezogen sind. Traditionell objektorientierte Wissenschaften, wie die Archäologie, Ethnologie oder Volkskunde haben wieder andere Beziehungen zur Museumsarbeit entwickelt.
Die Substituierung der einschlägigen Fachwissenschaftern fehlenden Kompetenz durch Anstellung von Buchhaltern, Personalentwicklern, Kulturmanagern usw. löst das Problem nicht, weil auch diesen Personen erst recht die museumsspezifische Erfahrung fehlt und gerade sie ziemlich blind gegenüber den Notwendigkeiten und Chancen des Museums bleiben.
Damit noch nicht genug der Probleme. In einem Spital oder an einer Universität gibt es eine Kongruenz von Ausbildung, Wissen und Anwendung: wer einen Blinddarm operiert hat das gelernt, wer Kunstgeschichte studiert hat, wendet dieses Wissen z. B. in der Lehre an. Wer aber eine Ausstellung in einem Naturkundemuseum macht, hat als Mineraloge nie etwas von Gestaltungsfragen, Projektmanagement und Textredaktion gehört, eine Historikerin, die in einem Museum mit der Führung einer Medienabteilung betraut ist, hat mit großer Wahrscheinlichkeit noch nie von restauratorischen, konservatorischen Problemen gehört, mit denen sie es zu tun bekommen wird, und möglicherweise auch wenig von den technischen, ästhetischen, kommunikativen und museologischen Eigenheiten, Tücken und Qualitäten der ihr anvertrauten alten und neuen Medien.
Zu den wirklich erschreckenden Erfahrungen, die ich mir im Laufe der Zeit zugezogen habe, gehört die gelegentlich unbeschreiblich große Kluft zwischen dem Anspruch der Institution Museum einerseits und der spezifischen Kompetenz mancher Beteiligter andrerseits. Das gilt, ich wiederhole mich, leider für die Leitungsfunktion in besonders zugespitzten Ausmaß. Ich kann mir schlecht eine andere kulturelle Institution denken, in der Unerfahrenheit, ja Ahnungslosigkeit bezüglich dessen was die Institution ausmacht, derart groß und weit verbreitet ist.
Während in anderen Institutionen einschlägige Kompetenz – um den Preis des völligen Scheiterns – innerhalb der Produktionslogik unentbehrlich ist (ein Kameramann muss seine Kamera beherrschen, ein Musiker sein Instrument, eine Sängerin eine ausgebildete Stimme besitzen), ist das im Museum nicht der Fall. Der Satz einer Museumskollegin Jeder kann Ausstellungen machen hat schon seine Richtigkeit – wenn auch mit einem ziemlich herben Nebengeschmack.

5
Die vier Plätze, an denen Ausbildung stattfindet bzw. stattfinden könnte, haben alle ihre Vor- und Nachteile: Museen haben zu wenig Distanz zu sich und verfügen in der Regel nicht über museologische Metakompetenz, dafür können sie sehr praxisnah agieren. Wegen der eben genannten Widersprüchen der typischen Expertenorganisation werden sie kaum von sich aus auf dem Feld der Aus- und Weiterbildung tätig werden, weil das die Anerkennung eines Mangels voraussetzen würde. Ich glaube, dass der Eindruck nicht trügt, dass unter dem auch Museen erreichenden Spardruck gerade die Weiterbildung des Personals unter die Räder kommt.
Universitäre Ausbildung muss sich ins enge Korsett von Curricula und institutionellen Regeln zwängen, bietet aber z.B. bei Kooperationen viel wissenschaftliche, kaum aber eigene museologische Expertise an. Viele Universitäten stellen Kurse und dergleichen auf, um sich in Konkurrenz mit anderen Universitäten in einem Gebiet zu profilieren, wo sie Studierenden fragwürdige Versprechen auf neue berufliche Anwendungsfelder machen und womöglich diese Studien außerhalb ihrer Curricula und entgeltlich abhalten. Universitäten schieben gerade innovative, neue, auf neue berufliche Anforderungen und Chancen bezogene Inhalte in Curricula ab, die Studierende zusätzlich zum Regelstudium absolvieren sollen und das womöglich auch noch entgeltlich. Ich habe es aus nächster Nähe erlebt, wie Unfähig eine Universitätsorganisation sein kann, ihre eingefahrenen Strukturen nur ein wenig nachzujustieren. Zu den ersten ‚offizielleren’ Aufgaben nach meinem Arbeitsantritt am – damals hieß es noch so -, Landesmuseum Joanneum gehörte der auf Leitungsebene ausverhandelte Letter of Intent, der die Kooperation im Bereich der museologischen Ausbildung betraf. Die gemeinsam it einer sehr professionell agierenden Uni-Kollegin zerrieb sich rasch im Getriebe der Universität und heute, acht Jahre nach dem Pressefoto mit Museums- und Universitätsleitung, gibt es kein substantielles Ergebnis.
Staatliche Ausbildung (gemeint ist eine erforderliche Qualifikation, um an einem Museum überhaupt arbeiten zu dürfen) ist, soweit ich sie kennen gelernt habe, sehr formell und bürokratisch und eher an verwaltungstechnische Bedingungen und das schon recht altbackene Ideal des loyalen Staatsbeamten geknüpft.
Freie Initiativen können sehr flexibel sein und am ehesten generalistisch agieren, das heißt, unterschiedlichste Aspekte, Personen, Institutionen vernetzen. Sie werden aber oft nicht anerkannt, gerade von den Museen nicht, die von der Ausbildung profitieren könnten und dürfen selten Zertifizierungen anbieten.
Das Ideal wären möglichst zwanglose Kooperationen zwischen den diversen Orten, in denen das zentrale Ziel keiner ihrer institutionellen Zwänge geopfert werden müsste.
Was mich an Curricula, die ich kennengelernt habe, sehr stört, dass oft willkürlich einzelne mehr oder weniger wichtige Aspekte aus dem großen Feld der Museumspraxis und –theorie herausgebrochen und zusammengestoppelt werden. Was dabei so gut wie immer verloren geht, ist der Blick auf das Museum als Ganzes, auf seine Historizität, seine gesellschaftliche Funktion, auf sein Potential als Werkzeug der Erfahrung und Erinnerung in individueller wie in kollektiver Hinsicht. Besonders fragwürdig sind Angebote (derzeit vorwiegend an den Fachhochschulen), die nur eine einzige spezielle Fertigkeiten ausbilden, z.B. im Bereich Design, Neue Medien usf. Absolventen solcher schmalspuriger Konzepte werden in Institutionen kaum mehr als abhängige Facharbeiter sein, ohne Orientierungs- und Reflexionskompetenz.
Derartige Ausbildungsgänge sind, könnte man zynisch sagen, enorm praxisgerecht. Denn sie tragen der zunehmenden Arbeitsteiligkeit Rechnung, in die inzwischen Ausstellungsprojekte gewissermaßen zerlegt werden können, setzen aber der Kooperation und Partizipation in einem Projekt Grenzen, weil – auch hier – das Verständnis für das Museum-Machen und Ausstellen in seinem mit seinen gesellschaftlichen Bedingungen und Ansprüchen eher unentwickelt bleibt.
Ich habe es unlängst bei einem – noch dazu ideologisch intensiv aufgeladenen - Museumsprojekt erlebt, wie Gestalter, Texter, Vermittler, Arrangeure, Medienexperten, Wissenschaftler, Manager usw. scharf gegeneinander abgegrenzt und kaum mehr als durch Zeitpläne und Sachzwänge koordiniert nebeneinander arbeiteten, ohne daß deren Arbeit in einem Gruppenprozess je wieder an die Projektziele zurückgebunden worden wäre.
(Zur Ausbildung in Form Volontariaten kann ich mich nicht äußern, weil es eine Deutschland vergleichbare Situation und Diskussion in Österreich nicht gibt und ich keinen Einblick in die Grenzen und Möglichkeiten dieser Form des Berufseinstiegs habe).

6
Ungelöst bei dem allem bleibt, wie angesichts der typologischen, organisatorischen, fachlichen, personellen, funktionalen Vielfalt von Museen Ausbildung aussehen und ob es so etwas überhaupt geben könnte. Ich habe darauf keine andere Antwort, als die der praktischen Erfahrung aus der Zeit meiner Tätigkeit in verschiedenen einschlägigen Projekten. Vor allem in der Grazer Museumsakademie des Universalmuseum Joanneum habe stets ich vermieden von Aus- oder Weiterbildung zu sprechen und unsere Veranstaltungen als solche auszugeben.
Es ging mir um Schaffung von Gelegenheiten, Zeiten und Orten der Reflexion, um Ermutigung, um Herstellung von Freiräumen, in denen ohne Einengung praktischer Zwänge experimentiert werden konnte, es ging um Austausch über ein so komplexes Medium, wie es das Museum nun mal ist.
Das paradigmatische Beispiel dafür war die seit 1999 entwickelte Sommerakademie Museologie, die als einwöchige Klausur eine besonders konzentrierte Form der museologischen Reflexion ermöglichte. Sie geht auf die Initiative eines damals in der steirischen Kulturpolitik erfolgreich engagierten Landtagsabgeordneten, Günter Getzinger, zurück, die es mir und meinen Freunden – Eva Grabherr (Gründungsdirektorin des Jüdischen Museum Hohenems) und Helmut Eberhardt (Professor für Volksunde der Universität Graz) erlaubte, mit wohlwollender und konstruktiver Unterstützung die Akademie zu entwickeln.
Mit der Einladung der Geschäftsführung des Landesmuseum Joanneum, die Museumsakademie aufzubauen, brachte ich die Sommerakademie sozusagen als ‚Geschenk’ ein, wo sie bis zuletzt das das Projekt mit dem größten internationalen Echo und der wohlwollendsten Wertschätzung war. (Um vor einigen Wochen von der derzeitigen Leitung der Museumsakademie, trotz deren Erfolgs, und marginaler Kosten eingestellt zu werden).
Für alle anderen Veranstaltungen der Museumsakademie gab es zwar so etwas wie ein verstecktes Curriculum, Felder, in die wir die Museumsanforderungen sortierten, aber der Versuch, daraus ein modulares Angebot zu machen, das individuell zu einem Curriculum zusammengestellt werden konnte, wurde kaum angenommen. Es blieb bei der Idee, unterschiedliche, möglichst offene Formate anzubieten, wobei offen zum einen bedeutete, sehr unterschiedliche Gäste einzuladen, die nicht zwangsläufig aus den klassischen Fächern kommen mussten, und zum andern dieselbe Offenheit bei der Zulassung von Teilnehmern zu unseren Veranstaltungen zu zeigen: Die Vielfalt der Herkünfte und Kenntnisse wie der unterschiedlichen Erfahrungen hat sich sehr oft bewährt und überraschende Aspekte eingebracht.
Eine zentrale methodische Schwierigkeit zeigte sich in allen Formaten, mit denen ich je gearbeitet habe. Aus praktischen Gründen zerlegt man die Komplexität des Museums in kleine und handhabbare Einheiten. In der Weiterbildungspraxis sind das oft eher periphere Aspekte, über die sich keine Kompetenz in Bezug auf das Museum als hybrides Ganzes einstellt. Aber auch da, wo man versucht, die wichtigsten Aspekte des Museums in den Griff zu bekommen, bleibt die Repräsentativität der Auswahl der Aspekte ein Problem und erst recht die generalisierende Verknüpfung der einzelnen ‚Bestandteile’.
Auf dieses Problem haben wir oft mit einer Leitung vor allem der lange dauernden Veranstaltungen durch ein Team reagiert. Mir scheint das noch immer die vernünftigste Form zu sein, wenngleich sie aufwändig und kostspielig ist. Eine Leitung durch eine einzige Person ist fachlich und physisch überfordernd.

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Wenn man Curricula plant, wird einem notorisch die Frage gestellt, welchen Stellenwert denn das fachliche Wissen hat. Hier kehrt die Frage zurück, in welchem Ausmaß eine akademische wissenschaftliche Ausbildung nötig ist und ob man sie voraussetzt und museologische ‚Lehre’ daran anschließt oder ob man beides zusammen anbietet. Für beides gibt es Beispiele und gegenüber beiden Konzepten bin ich deshalb skeptisch, weil ich dazu neige, dem Sachwissen gegenüber dem Reflexionswissen den Nachrang einzuräumen. Freunde mache ich mir damit nicht und auch nicht mit dem Argument, dass das museologische Wissen – z.B. eine für das Museum charakteristische visuelle Kompetenz, als Kompetenz, mit ‚Bildern’ (im weitesten Sinn) argumentieren, deuten, erzählen zu können -, bis zu einem gewissen Grad unbedingt selbst beherrscht werden muss, dagegen das fachliche sozusagen ‚zugekauft’ werden kann. Ich wiederhole damit nur noch einmal die Überlegung, dass das beste Fachwissen einem bei den Kernaufgaben des Museum wenig bis nichts nützt, während ‚Inhalte’ auf vielfältige Weise beschafft werden können. Das ist übrigens keine weltfremde Theoriebildung im Kopf des Schreibtischtäters, sondern aus Beobachtung in Projekten gewonnen. An der Besetzung der Leitungsposition zweier namhafter Wiener Museen kann ich vielleicht anschaulicher machen, was ich meine. Die Bestellung des neuen Direktors des Wiener Naturhistorischen Museums wurde in den Medien sehr begrüßt. Die Liste seiner Kompetenzen und Qualifikationen ist tatsächlich eindrucksvoll: Astronom, Meteoriten-Spezialist, Leiter eines Departments für Lithosphärenforschung sowie Professor für Impaktforschung und planetare Geologie, stellvertretender Leiter des Geowissenschaftlichen Zentrums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Der neue Leiter des Völkerkundemuseums in Wien dagegen ist Mathematiker und Wissenschaftshistoriker und hat sich mit dem Thema Families of Curves and the Origins of Partial Differentiation promoviert. Er stand als Mathematiker am Beginn einer erfolgreichen Universitätskarriere kam aber mit einem Job an einem wissenschaftshistorischen Museum erstmals mit dem Museum in Berührung, erwarb sich offenbar große spezifische Managementkenntnisse, die zu seiner Berufung an eines der berühmtesten europäischen ethnologischen Musen führte, mit dessen Reorganisation und internationalen Vernetzung er erfolgreich war.
Wie eine Quizfrage könnte man jetzt nach dem ‚geeigneteren’ Leiter eines Museums fragen. Natürlich ist beiden zu wünschen, dass sie erfolgreich sind, aber wirft dieses kleine Vergleichsspiel nicht die Frage auf, wie hinderlich eigentlich gerade höchste wissenschaftliche Qualifikation sein könnte oder wie förderlich das ‚Quereinsteigen’?
Dazu kommt eine zweite, ebenfalls aus der Praxis gewonnene Einsicht: inhaltliche Fragen, die bei der Konzeption einer (Dauer)Ausstellung auftauchen, sind oft so originell, idiosynkratisch, individuell und ungewöhnlich, dass dazu weder die universitäre Forschung noch meist die hauseigene, am Objekt und der Sammlung sich abarbeitende Forschung etwas beitragen kann. Gerade wenn Ausstellungen innovative Repräsentationsweisen und Erzählstrategien verfolgen und gerade weil sie es mit vielen Mitteln tun und dabei die beiden ältesten Medien, ‚Bild’ (im weitesten Sinn) und ‚Text’ kombinieren, hilft das fachlich-akademische Wissen (noch dazu das im konventionellen Aggregatzustand des fußnotenverseuchten Aufsatzes verpackte) weniger als man denkt.
Selbstverständlich kann man bei der Planung von Aus- und Weiterbildung Hierarchien bilden, und ein (nicht besonders origineller, aber plausibler) Weg ist der, Kompetenzen, die an einem bestimmten funktionellen ‚Platz’ des Museums unverzichtbar sind, zu bevorzugen und anderen weniger Gewicht zu geben, wo Kenntnisse ohne eigene Anwendungskompetenz erforderlich sind und die Akquisition von Ressourcen, deren Qualität man aber beurteilen können muss.
Immer aber muss meiner festen Meinung nach ein generalistisches Verständnis vom Museum vorangehen, und idealerweise immer wieder die einzelnen Schritte des Lernens, Erprobens, Diskurses an eine Vorstellung und einen Begriff vom Museum rückgekoppelt werden.
Die Aufspaltung in praxisnahes und theoretisches Wissen, die man so oft bei Ausbildung beobachten kann und das notorische Ausspielen der ‚eigentlichen’ Praxis gegen die ‚luxuriöse’ und im Grunde entbehrliche Theorie halte ich für groben Unfug. Nur ein Pragmatismus, der blind geworden ist gegenüber der Theorie, ohne die er nicht Praxis sein könnte, kann Theorie als überflüssig erklären. Die bleibt aber im Spiel, als etwas, wovon der Pragmatiker nicht mehr weiß, dass er sie entbehrt: Der Leiter eines namhaften Museums nimmt aktiv und lebhaft an einem unserer Workshops teil und äußert sich im Feedback, um das wir die Gruppe bitten, sehr positiv. „Aber das anzuwenden“, sagt er, der er an einer Dauerausstellung plant und arbeitet, „dazu haben wir keine Zeit“.

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Dass ein Denken, Lernen und Arbeiten, das von Theorie und Reflexion geleitet ist, anspruchsvoll ist, versteht sich. Das Problem, das dabei – nicht nur ‚didaktisch’ entsteht -, und das der Vernetzung der beim Museum so weit gespannten Themenfelder, habe ich nie wirklich restlos gelöst, da blieb es beim ständigen Erproben und Verändern. Bei der Sommerakademie Museologie führte das schließlich zu einer Beschäftigung mit der Begrifflichkeit, mit der das Museum, möglichst auf der Höhe der museologischen Forschung, angemessen beschreibbar sein sollte. Praktische und theoretische Differenzierungen und das während der Woche laufende Ausstellungsprojekt, das Renate Flagmeier obligatorisch eingeführt hat, als sie von mir die Leitung der Sommerakademie übernommen hat,  wurden, so gut es ging, miteinander verkoppelt.
Schon als ich vor Jahren mit Karl Josef Pazzini ein ‚museologisches Privatgespräch’ (etwas missverständlich ‚Schreibwerkstatt’ genannt) im niederösterreichischen Drosendorf gegründet habe, standen dabei Schlüsselbegriff wie Raum, Ritual oder Intervention im Mittelpunkt. Roswitha Muttenthaler hat dann das in die Sommerakademie eingebracht. Das ist eine interessante, immer noch offene und vielleicht auch nicht abschließbare Frage: welche Begriffe sind geeignet und genügen, um dem Museum als Arbeitsgebiet und als Objekt der Theorie gerecht zu werden?
Einen vergleichbaren Weg ging man in einer 2011 veranstalteten Tagung Museen verstehen: Begriffe (07.04.2011-08.04.2011) der Universität Tübingen / Ludwig-Uhland-Institut für empirische Kulturwissenschaft (hier eine Rezension zur Tagung und hier ein Link zum Projekt in dessen Kontext die Tagung stattfand). Eine Begrifflichkeit zur Beschreibung des Museums zu entwickeln ist didaktisch meiner Meinung nach sehr sinnvoll, weil so von Anfang an auf eine umfassende Deutung des Museums und Analyse seiner zentralen Funktionen hingearbeitet wird und weil damit eine Entwicklung der Museologie zur Wissenschaft weitergetrieben wird.
Generell glaube ich, dass offene, flexible Formen, die sich verändern dürfen, die Adaptionen möglich machen, es gestatten gelegentlich auch auf günstige Situationen, aktuelle Bedürfnisse, interessante Orte zu reagieren, die am besten geeignete Form sind, um Qualifikation zu vermitteln. Dazu dürften eher unabhängige Foren, die punktuell strategische Kooperationen suchen, die am besten geeignete Struktur sein. Ich misstraue sich verfestigenden Strukturen, weil sie tendenziell auf Kontrolle bauen und auf Störungsfreiheit gerichtet sind. Das Potential, das die Museumsakademie am Joanneum hatte, wurde durch eine offene und flexible Haltung der Geschäftsführung möglich und durch eine die Autonomie innerhalb des Museums stärkende weitgehend externe Finanzierung.
Solche offene und komplexe Formen stellen höchste Anforderungen an eine Leitung. Bei manchen Kursen waren wir bis zu sechs Personen, aus denen das Leitungsteam bestand, bei der Sommerakademie waren es nie weniger als drei und wir versuchten, immer alle bei jedem Teil der Veranstaltung anwesend zu sein. Abgesehen von der psychischen und physischen Anstrengung kann ein Team am ehesten auf die vielfältigen inhaltlichen Fragen eingehen (selbstverständlich auch organisatorischen und gruppendynamischen Notwendigkeiten).
Je höher man den Anspruch auf Reflexion schraubt, desto anspruchsvoller wird das für Gruppe und Leitung. Ich habe lange Jahre die daraus resultierenden Probleme als konzeptuelle Schwächen und ungenügende persönliche Kompetenz im Moderieren und Leiten von Gruppen verstanden, bis anlässlich einer Supervision klar wurde, daß ein Konzept, das die Institution im Dienste der Analyse grundlegend infrage stellt, für alle Beteiligten über Grenzen gehen kann und manchmal auch geht. Die schonungslose Frage nach Sinn und Zweck des Museums, muss, wenn sie konsequent gestellt wird, zu einer radikalen Infragestellung führen, mit der aber auch die berufliche und persönliche Identifikation aller Beteiligten mit der Institution generell und mit der, in der sie arbeiten, notwendigerweise einhergeht.
Um nicht missverstanden zu werden: es geht nicht um eine abstrakte Kritik als Negation der kulturellen Praktiken, die wir in Summe ‚Museum’ nennen, sondern um die methodische Redlichkeit, keiner Frage, aber auch wirklich keiner, aus dem Weg zu gehen.
Ein großes Vorbild ist der von mir leider spät ‚entdeckte’ Stephen E. Weil, Direktor und Kurator am Smithsonian Institute in Washington, der mit seinen Texten unter dem Titel To Help Think about Museums More Intensely zur radikalen Befragung des gesellschaftlichen Sinns des Museums einlädt.

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In führe ein langes, durchaus von wechselseitiger Anerkennung und Respekt getragenes Gespräch mit der Mitarbeiterin eines über Österreich hinaus angesehenen universitären Instituts, das sich im Kulturmanagement profiliert hat. Es geht um die Frage, ob beide Institute kooperieren können. Wir reden aneinander vorbei. Ich scheine es nicht zu schaffen, jene Haltung der Distanz zur eigenen Tätigkeit verständlich zu machen, die für mich ein Kern von Reflexion ist. Endlich sagt mein Gegenüber, leicht spöttisch, „Ah! Ich verstehe, sie sind eine sokratische Institution.“

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Ich habe zwei Gründe genannt, warum jede Qualifikation, die diesen Namen verdient, reflexiv sein sollte. Wenn Ausbildung etwas am Status Quo ändern soll, macht das nur Sinn, wenn sie es besser machen will. Dann ist es aber nötig, dieses besser zu bestimmen, und wie sollte das anders möglich sein, als sich Gedanken über Sinn und Zweck, über Ist und Soll zu machen? Weil das Museum (seit etwa zweihundert Jahren) ein gesellschaftliches Projekt ist, muss sich jede Ausbildung mit all jenen gesellschaftlichen, kulturellen oder organisatorischen Rahmenbedingungen beschäftigen, die ins Museum ohnehin hineinwirken - bis in die Feinstrukturen und bis an die Arbeitsplatze der Mitarbeiterinnen. Theorie ist auch hier – das war mein zentrales Motto während der Arbeit an der Museumsakademie - Reflexion der Praxis.
Mit meiner Forderung nach Reflexivität stoße meist auf Zustimmung, aber mit dem Museumsalltag deckt sich dieses freimütige Reflexionsbekenntnis nicht. An den einander rasch abwechselnden Konjunkturen von Modebegriffen wie „Besucherorientierung“, „New Museology“, „Museum 2.0“ und – der Hit des Jahres 2011 – „Partizipation“, läßt sich ablesen, wie kurzatmig und oberflächlich das ist, was man als Reflexion anzuerkennen bereit ist. In der Regel ist das aber weit weg von jeder Institutionenkritik.
Gibt es noch eine andere kulturelle Institution, in und zu es derart wenig Kritik, kaum Auseinandersetzung gibt? Wo existiert diese Kritik in den inneren Abläufen und Entscheidungsprozessen? Wo gibt es so etwas auf einschlägigen Kongressen und Interessensorganisationen? Wo in den Journalen der Verbände? Wo gibt es eine fundierte Ausstellungskritik - ganz zu schweigen von einer Museumskritik - in den Medien?
Reflexivität ist, so meine ich, keine zufällige und nebensächliche ethische Forderung, die man auch bleiben lassen kann, sondern sie gehört strukturell zum – unabgeschlossenen – Museum als Projekt der Moderne. Dieses Museum ist ein eminent politischer und als solcher veritabel unterschätzter Ort.
Das Museum der Moderne etabliert sich im Kontext von Aufklärung und Bürgerlicher Revolution als zivilisierendes Ritual, als öffentlicher Bildungsort, als Agenda des Wohlfahrtsstaates, der treuhänderisch das kulturelle Erbe besitzt, verwaltet und seine Erschließung und Vermittlung finanziert – nicht als Selbstzweck, wie die völlig verschlissene Definition von ICOM es nahe legt, sondern als Grundlage eben der wohlfahrtstaatlichen Idee von Bildung und Zivilisierung. Das Museum ermöglicht auf dieser Grundlage in kollektiver wie individueller Hinsicht Selbsterfahrung und Selbstauslegung, gemeinschaftliche und wechselseitige Identifizierung des Citoyen mit Nation und Demokratie, des Bürgers mit der Gesellschaft. Und es ist einer der Orte, an denen sich öffentlichen Debatten geschützt entfalten kann, jener Diskurs, der dann der Idealvorstellung nach unter Gleichen und unter Achtung und Anerkennung des Anderen möglich wird.
Der Gründungstag des Louvre-Museums, der 10. August 1793, ist das paradigmatische Datum dafür. Das Museum, das damals entstand, ermöglicht bis heute Diskurse über das Eigene und Fremde, über Vergangenheit und Zukunft, über Natur und Kultur, und es ist ein Laboratorium unserer Vorstellung von Ethnie, Gender und Klasse. Das Museum war aber auch immer ein Ort - und ist es vermehrt bewusst und intentional -, in der Gesellschaften ihre katastrophischen Erfahrungen, Schuld, Opfer, Traumata aushandeln, abarbeiten und repräsentieren können. Und es läuft immer auch Gefahr, politisch und kulturell hegemonial zu wirken, mit Einschluß und Ausschluß, mit Entstellung und undurchlässiger Autorität zu agieren. Museen haben raffinierte Strategien entwickelt, ihre Macht zu verschleiern, die sie im Interesse der Repräsentation und Symbolisierung gesellschaftlich elitärer Interessen ausüben.
Dennoch: Solche Orte sind kostbar und sie geraten in Gefahr, ihre besondere Qualität durch Druck von Außen wie durch Sorg- und Gedankenlosigkeit von Innen zu verlieren.
Was in der gängigen und aktuellen Museumspraxis und was in der Ausbildung zu den Museumsberufen davon zur Kenntnis genommen werden wird, das wird darüber entscheiden, ob man das Museum erfolgreich aufgibt oder ob die Ideen des diskursiven, öffentlichen und zivilisatorischen Museums im Licht neuer Entwicklungen und Erfahrungen regeneriert werden.



*Die Beiträge der übrigen Referenten finden sich auf der Website des Museumsverbandes (www.museumsverband-bw.de). Eine Zusammenfassung der Tagung wird in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift "Momente – Beiträge zur Landeskunde" des Staatsanzeigerverlages in Stuttgart erscheinen.
Eine Kurzversion des Vorgetragenen wurde unter dem Titel Beruf ohne Ausbildung, Ausbildung ohne Beruf veröffentlicht in: museums.brief 2/2011, Nachrichten aus Museen und Sammlungen in Baden-Württemberg, hgg. von der Landesstelle
für Museumsbetreuung Baden-Württemberg, S.1-3.







Sonntag, 8. Mai 2011

"Weltbaukasten Museum" - Die 13. Internationale Sommerakademie für Museologie


Vom 13. August bis zum 20. August 2011 findet wieder eine Sommerakademie Museologie statt. Sie wird wieder von Renate Flagmeier geleitet, der leitenden Kuratorin des Berliner Museum der Dinge, die die Sommerakademie seit einigen Jahren ausrichtet. In ihrem Team versammelt sie den Schweizer Kurator Beat Gugger, der zuletzt in Bozen an der Ausstellung über den 'Mann aus dem Eis', "Ötzi 20", mitgearbeitet hat und kürzlich am Grazer Stadtmuseum, "Grazgeflüster", einem Musée sentimental, zu dem dessen 'Erfinder', Daniel Spoerri drei Installationen beigesteuert hat.
Mit im Team ist Angela Janelli, die an der neuen Dauerausstellung des Historischen Museum Frankfurt am Main mitarbeitet sowie Gottfried Fliedl, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Joanneum und Theresa Zifko, Mitarbeiterin der Museumsakademie des Joanmneum, die für die Organisation verantwortlich ist.

Das 'Motto', unter dem die Sommerakademie steht, "Weltbaukasten Museum – in der museologischen Werkstatt", ist ein Programm für eine Recherche, die in zwei komplemäntere Richtungen geht. Einmal wird das Museum selbst als ein Ort aufgefasst, der "welthaltig" ist, wo Erzählungen und Bilder erzeugt werden, in denen 'wir' uns spiegeln, reflektieren, er- und verkennen, wo nicht nur Wissen erzeugt und Informationen weitergegeben werden, sondern über Herkunft und Zukunft verhandelt wird, über die Anderen und das Andere und Fremde, über Fortschritt und Katastrophisches, über kollektive und individelle Identität.
So kann man Museen als 'Baukästen' verstehen, wo man (Besucher wie Kuratoren), Welten erzeugen, befragen, untersuchen, deuten, kommunizieren. Und das unabhängig davon, ob es sich um ein Heimatmuseum handelt, ein Völkerkundemuseum oder z.B. ein Technisches.
Das Bild des Baukastenshat dann aber eine zweite Funktion. Dazu fällt mir sofort mein "Setzkasten" ein, mit dem ich in der Schule aus Buchstaben Wörter wie in einer Ausstellung aufstellen konnte und damit Werkzeuge - ja, der Weltbeschreibung -, bekam. In diesem Sinn kann man die Sommerakademie auch als Baukasten verstehen, mit dem man das Museum gleichsam aus seinen Teilen, wie Buchstaben zu einem Wort und Satz und einer Geschichte, 'zusammensetzen' kann.
Das Museum unterscheidet sich nämlich von anderen kulturellen Institutionen unter anderem dadurch, daß es überkomplex ist, aus unglaublich Vielem 'zusammengesetzt', 'hybrid'. Ein Museum ist ein Gebäude, eine Sammlung, ein Betrieb, ein sozialer Ort, ein Wissensraum und vieles andere mehr, und es ist ein Schauplatz, auf dem alle nur erdenklichen Medien in sehr unterschiedlichen und vielfältigen 'Rollen' auftreten können, die menschheitsgerschichtlich ältesten, Bilder und Schrift, genauso wie die neuesten, 'technischen'.

Das genügt aber noch nicht. Im Museum wirken sehr komplexe Formen der Kommunikation, der Erfahrung, des Wissens, des Aufführens, des Erzählens und Zeigens.
Es ist ein denkbarer Umgang mit und Zugang zu dieser Komplexität, das Museum sozusagen zu 'zerlegen', Bestandteile, Eigenschaften zu isolieren, gesondert zu untersuchen, zu analysieren, zu gewichten, um dann wieder als Museum 'zusammenzusetzen', um es zu verstehen, zu gebrauchen, um mit ihm zu arbeiten oder um es zu genießen...
'Baumaterialien' für den Museumsbastler können Exponat, Wissen, Öffentlichkeit, Raum, Sammlung, Differenz, Erzählung und viele andere mehr sein. So unendlich die Kombinierbarkeit dieser Aspekte im Museum selbst scheint, es hat sich als methodisch sinnvoll erwiesen, sich ein überschau- und handhabbares Set von 'Werkzeugen' zurechzulegen um so diesem - merkwürdigen, überraschenden, komplexen - Etwas zu Leibe zu rücken, das wir Museum nennen.

Die programmatische Beschreibung dieser nun schon 13. Sommerakademie liest sich so: "Die 13. Sommerakademie beschäftigt sich mit dem Museum als eine Art Baukasten, um Weltbilder zu konstruieren und Welterfahrung zu vermitteln, als ein Instrument, um die Welt zu begreifen und von ihr ergriffen zu werden. Zivilisierend und bildend dient das Museum der Verständigung über Geschichte, Identität, über Herkunft und Zukunft, Kultur und Natur, und nimmt damit und in der Art und Weise seiner Vermittlung eine eminente gesellschaftspolitische Rolle ein. Dieses Verständnis verleiht dem Museum und den in ihm Arbeitenden ein großes kreatives Potential, das in der Sommerakademie ausgetestet wird."



Ich werde oft gefragt, was das Besondere der Sommerakademie ist und gelegnetlich bekomme ich ein verblüfftes Feedback, man hätte sich aufgrund von Ausschreibung und Programm nicht vorstellen können, was es dann wirklich war. Ich kann es auch nicht wirklich beschreiben, außer mit abgegriffenen Vokabeln, mit denen man auf die Beteiligung aller hinweisen kann, auf eine offene Lernsituation usw. Wichtig ist, daß es eine 'Klausur' ist, daß die Sommerakademie an einem Ort stattfindet, der sowohl angenehm zum Verweilen ist als konzentrierend, was das Arbeiten betrifft. Wichtig ist, daß man die Bedingungen und Zwänge, die man von seinem Arbeitsfeld kennt, hinter sich lassen kann, daß man sich frei fühlen kann, Dinge zu tun und zu diskutieren, die im Arbeitsalltag unter Zeitdruck oder vaon Tabus belegt, nicht getan und nicht dikustiert werden können. Ich denke, jede Profession hat ihre Riten, ihre Regeln und damit ihre Sicherheiten aber auch ihre blinden Flecke. Es braucht Orte und Zeiten, wo man Regeln außer Kraft setzen darf, wo man riskant denken und probieren soll. Die Sommerakademie hat sich entwickelt, aber diese Aufgabe, eine Zeit und ein Ort der 'besonderen Möglichkeiten' zu sein, hat sie bewahrt. Und die hängen übrigens auch ab von der jeweiligen Gruppe - was es wiederum nicht leicht macht, zu beschreiben, was auf so einer Sommerakademie alles passieren kann.

Wer sich für die Sommerakademie interessiert, wendet sich an die Museumsakademie des Universalmuseum Joanneum, und zwar unter dieser Internetadresse:

http://www.museum-joanneum.at/de/museumsakademie/veranstaltungen-7/13-internationale-sommerakademie-fur-museologie

Dort findet man das Programm und das Anmeldeformular. Wer Fragen hat wird sich an die Museumsakademie selbst wenden wollen:
Museumsakademie Joanneum. Schloss Eggenberg. Eggenberger Allee 90, 8020 Graz
T +43 (0) 316/8017-9805, Fax -9808
sommerakademie@museum-joanneum.at

Eine Anmeldung ist bis 21. Juni 2011 erforderlich.

Wer sich für den Veranstaltungsort interessiert, das Schloß Retzhof, schaut sich am besten mal die Internetseite dieses Bildungshauses an:
http://www.retzhof.at/



Ein Nachbemerkung in eigener Sache: 1999 wurde ich von einem Landtagsabgeordneten eingeladen, in der Steiermark ein museologisches Projekt zu entwickeln. Ich habe eine Sommerakademie vorgeschlagen und mit Freunden, dem ersten Leitungsteam, entwickelt. Sie konnte 1999 in Fohnsdorf stattfinden, getragen von der damals von mir geleiteten AG theoretische und angewandte Museologie des IFF Wien. Nach meinem Ausscheiden aus dem IFF und meiner Übersiedlung nach Graz war bei den Gesprächen mit der Geschäftsführung des Landesmuseum Joanneum klar, daß die Sommerakademie ein zentrales Projekt der Museumsakademie sein würde, zu deren Gründung und Entwicklung man mich eingeladen hatte.
Die Sommerakademie übersiedelte an den Retzhof und nach der 10. Veranstaltung habe ich die Leitung an Renate Flagmeier übergeben, die als mehrfacher Gast die Sommerakademie kannte und schätzte und von der ich sicher war, daß sie die besonderen Qualitäten der Veranstaltung hüten und weiterentwickeln konnte.
Inzwischen habe ich, vor mehr als einem Jahr, die Leitung der Museumsakademie des Joanneum zurückgelegt und bin seit kurzem, auf eigenen Wunsch, auch nicht mehr deren Mitarbeiter. Auf Einladung von Renate Flagmeier bin ich in die Sommerakademie noch - gerne -involviert. 

Samstag, 12. März 2011

Wenig unterhaltsam. In eigener Sache

Was ist bloß aus diesem schönen Blog geworden? - Als halbakademisches Unterhaltungsmedium gedacht, ist es jetzt so bitternst geworden.

Die Lust am feuilletonistischen Schreiben (wenn mans kann), vergeht einem angesichts der Zähigkeit von Auseinandersetzungen, in der einem wenig anderes denn verbissene Polemik entgegenschlägt.

Ich, einer der "Hexenjäger" in der Causa Jüdisches Museum der Stadt Wien würde mich lieber weiter im Schreiben von Texten üben, die vom Hundersten ins Tausendste kommen und dabei locker bleiben.
 

Der Neid frißt mich (ein wenig), wenn ich einer hohen Schule des Feuilletons, im Blog "Der Umblätterer", in den Archiven stöbere und brillante Texte lese oder einfach nur höheren Blödsinn, wie diesen Prachtsatz: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, Segantini sei Kunst für Russen, die sich in St. Moritz das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."

Heimatmuseen sind etwas für Sultane mit Töchtern Kostüm
Also das Segantini-Museum in St. Moritz kenne ich nicht, aber ich weiß, daß dort Boris Becker geheiratet hat (aber nicht wen) und dass es ursprünglich für nur drei Gemälde Segantinis bestimmt war, in Form einer kleinen Kapelle (deswegen vielleicht die Beckerhochzeit) aus Bruchstein (Heimat! Alpen!).

Ehe ich wirklich dem Gedanken folge, warum Werner Spiehs sich an der "Kunst-Reha" (c) des "Alpenvangogh" (noch einmal Copyright "Umblätterer) beteiligt, frage ich mich schon, ob sich der Satz nicht relativ universal auf gewisse Museen anwenden ließe, z. B. auf Heimatmuseen im Einzugsbereich russisch-oligarchischer Skitouristen. Kitzbühl, denke ich mir, mit seinen Walde-Bildern (der Alpenleonardo), den Skibindungen und Abfahrtspistenfotos käme vielleicht ganz gut weg mit einem Satz wie: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, das Museum in Kitzbühel sei eins für Russen, die sich beim Skifahren das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."

Das wäre aber gemein. Und nur leidlich lustig, weil abgekupfert. 
Vielleicht hört das ja irgendwann wieder auf mit der Diskussion um das Jüdische Museum (obwohl: wie soll das eigentlich (je) aufhören...?) und dann könnte ich wieder ungehemmter höheren Blödsinn treiben. Denn nicht nur diese Museumsdiskussion ist ernst, das Museum überhaupt. Oder haben Sie im Museum schon mal gelacht! Aber hallo! Und worüber?

Gute Schreiber, wusste schon der Feuilleton-Forscher Haacke (den gabs wirklich), haben immer "Unterhaltung und Gründlichkeit (...) zu vereinigen gewußt", haben jene "Mischung von Wissenschaft und Belletristik, vergänglichem Stoff von aktuellem Anreiz und unvergänglichen Themen aufgeboten", welche das Feuilleton bekanntlich erst zu dem macht, was es ist.

Das ist mir diesmal - Russen hin, ernste Museen her - wieder nicht gelungen, sorry...

Dienstag, 15. Februar 2011

Alles auf einen Blick: Die Diskussion um das Jüdische Museum der Stadt Wien

Seit mehr als einer Woche wird über das Jüdische Museum der Stadt Wien diskutiert. Ich kann und will hier nicht den Archivar der Debatte spielen, aber ich habe ein Interesse daran, vor allem den sachlichen Kern der Auseinandersetzung zu dokumentieren.
Das wäre nicht möglich, wenn nicht viele Kolleginnen und Kollegen Beiträge zur Verfügung stellen würden, auf Publiziertes aufmerksam machten oder selbst Zugang zu Materialien, Texten möglich machten.
Eine Schwäche eines Blogs ist seine primitive Struktur - der lineare chronologische Ablauf der Posts. Die so genannten Tags bilden so etwas wie einen Index und sind eine weitere Möglichkeit, Informationen zu sortieren.
Mit der Einfügung eines Labels "Jüdisches Museum Wien" sollten nun alle rezenten Informationen mit einem Klick aufrufbar sein.
Linker Hand von diesem Text, diese Buchstabensuppe (die unterschiedliche Größe spiegelt die Zahl der Posts zu einem Thema), das sind die "labels". In alphabetischer Reihenfolge. Einfach "Jüdisches Museum Wien" suchen, draufklicken - und schon sind alle Posts der Diskussion - wiederum chronologisch -, chronologisch verfügbar. Angezeigt werden immer nur 25 Posts. Wenn man ganz 'unten' angelangt ist, gibts den Link zu den weiteren Posts.
Nützlich für alle, die neu einsteigen oder die den Überblick verloren haben.
GF

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Entrée - Eine neue Sammlung

Mich hat es selbst überrascht, was dabei herauskommt, wenn man über viele Jahre gesammelte Fotos von Museumstexten nach und nach zusammensucht und, wenn man sie, wie hier im Blog geschehen, veröffentlicht, wieder genauer liest und anschaut. Aus der Versammlung springen allerlei Beobachtungen heraus, die - jedenfalls ich - nicht alle in den konventionellen Rahmen einordnen konnte, in dem über Texte gesprochen, in dem mit Texten gearbeitet wird. Allein schon die Fülle der Funktionen und Orte von Texten geht weit über das hinaus, was mir bis jetzt bewußt war. Interessant sind zum Beispiel die Texte (von denen es mehr gibt, als ich annahm), die der 'Habituierung' der Besucher dienen: Einstimmung in die Würde des Ortes, Anmahnung eines einschlägigen Verhaltens, ostentatives Vorzeigen der Kultiviertheit der Dinge bis hin zu regelrechten Verhaltensge- und verboten.
Wie selten sind dagegen Texte, die den buchstäblich (be)herrschenden Diskurs unterlaufen oder wenigstens relativieren und wie extrem rar der regelrechte Einspruch, der dann schon als Intervention gelten könnte.
Jetzt also eine neue Sammlung. Ohne viel darüber nachzudenken und ziellos (die Textsammlung war immerhin brauchbar bei der Lehrtätigkeit und beim praktischen Arbeiten) habe ich Eintrittskarten aufgehoben, kleine Bildengramme oder Texbotschaften, mit denen Museen wie nebenbei und scheinbar absichtslos auch etwas über sich sagen.
So wie die jetzt grade flottierende Weihnachtspost etwas über die Institutionen aussagt, über ihren Geschmack, ihre Haltung, ihren Witz oder ihre Phantasielosigkeit, so sind auch Eintrittskarten kleine symptomatische Gucklöcher ins institutionelle Seeleneleben.
Wer immer was beitragen mag - Beispiele oder Kommentare, ist herzlich willkommen!

Dienstag, 30. November 2010

Museumspreis(e). In eigener Sache

Am vergangenen Freitag fand die Verleihung des Österreichischen Museumspreises an das Alpenvereinsmuseum (Innsbruck) statt.
Nach dem Tiroler Museumspreis und der Nominierung für den European Museums of the Year Award für die Endrunde war das der dritte Preis, den das Museum erhalten hat.

Hier eine freundliche Erwähnung im artmagazine, hier der Bericht der Kleinen Zeitung, und hier und hier die Informationen des Österreichischen Alpenvereins selbst.

Montag, 15. November 2010

In eigener Sache

Das Alpenvereinsmuseum in Innsbruck, an dem ich unter anderem mit Ursula Gillmann, Gabriele Rath, Beat Gugger, Philipp Felsch, Martin Scharfe und Monika Gärtner mitgearbeitet habe, bekommt am Freitag in zwei Wochen (26.11.) den Österreichischen Museumspreis.
Das Museum hat bereits den Tiroler Museumspreis bekommen und ist unter die Auswahl der letzten 16 beim European Museum of the Year Award gekommen.
Mehr Information zum Museum hier
http://museologien.blogspot.com/search?q=Alpenvereinsmuseum

Freitag, 27. August 2010

Sommerakademie 2010









































Einige Bemerkungen zur Sommerakademie haben mich veranlasst, Julia Debelts, freie Ausstellungsmacherin und Teilnehmerin, zu bitten, ausführlicher über Ihre Erfahrungen mit der diesjährigen Sommerakademie zu schreiben:

Die Ankündigung der Sommerakademie liest sich interessant. Ich stelle mir vor, sie behandelt das Verhältnis von Museum und Text mal grundlegender als gewöhnlich, also ohne Grammatik und Hierarchie, Zeilenlänge und Lesehöhe. Keine Schreibwerkstatt, steht in der Ankündigung. Das könnte heißen: a) keine Schreibwerkstatt à la Drosendorf und b) dass keine Museumstexte um-, neu oder besser geschrieben werden. Gut so.
Die Fotos sehen vielversprechend aus, Sommer, gutes Wetter, ein bisschen Schloss, Liegestühle, gruppenorientiertes Arbeiten. Auch das Programm klingt gut, interessante Leute, interessante Museen, über das Projekt wissen&museum wollte ich immer schon mal mehr wissen. Ich vermute, dass sich hauptsächlich am Diskurs interessierte Praktiker und ein paar zurzeit Promovierende anmelden werden. Beim Stöbern in den Ankündigungen und Programmen der vorhergehenden Sommerakademien entdeckte ich das Veranstaltungsschema wieder, oft auch die gleichen Referenten, die Generalthemen sind grundsätzlich ähnlich. Hat sich also wohl in dieser Form bewährt.

Die Sommerakademie ist immer auch ein bisschen wie Urlaub, hast du gesagt. Immerhin liegt sie am Rande des Hochsommers, unglücklicherweise aber ohne Abstimmung mit den niedersächsischen Sommerferien. An deren Ende sind nämlich gerade alle aus den Urlauben zurück und fangen das Arbeiten wieder an; ein paar EU-Abrechnungstermine-Termine liegen außerdem im September, so dass im August hektisches Berichte-Schreiben und Abrechnen ansteht, auch bei uns. Ich reiche meinen Antrag auf freie Tage für den Sommerakademie-Besuch in der Agentur ein, stehe dem aber gleichzeitig sehr skeptisch gegenüber, eine ganze Woche raus…, aber die anderen sagen, das machen wir schon, fahr du nur. Also fahre ich. 

Nachher

Mit Urlaub hatte das wenig zu tun, denke ich nach der Sommerakademie. Das ist einerseits ein persönliches Problem, weil ich Urlaub mit Entspannung und nicht mit der eigentlichen Definition des Wortes, mit berechtigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz gleich setze; außerdem war es kein Versprechen der Ankündigung. Andererseits las sich das Programm in der Vorankündigung weniger dicht als es tatsächlich war. Vielleicht habe ich in der einen Woche Arbeitszeit zwischen meinem Sommerurlaub und der Sommerakademie auch nur zu viele Nachtschichten gemacht, aber mir fehlte zwischendrin mehr Raum für mich. Auch zum Sacken-Lassen und Verdauen. Viel Transfer passiert normalerweise auch in den Gesprächen im abendlichen Nachgang, - das ging aber nicht, denn da stand Arbeitsgruppenarbeit auf dem Programm, die andrerseits auch wieder viel Spaß gemacht hat.

Erwartet habe ich eine stärkere Konzentration auf das Thema Text. Die Referenten haben sehr stark mit der Frage nach den grundlegenden Texturen gearbeitet, ich hatte die Ausschreibung aber stärker als Frage nach dem Text bzw. der Rolle des Textes in der Textur (einer Ausstellung, nicht eines Konzeptes Museum) verstanden. Das war zwar in den Beiträgen immer wieder auch Gegenstand, insgesamt war  die Akademie aber eher aus einem deduktiven, museologischen Fokus heraus angelegt, was sich bei mir manchmal damit biss, dass ich eher die handfest-konkret-praktischen Themen zum Abarbeiten erwartet habe.

Gut im Sinne von erwartungskonform fand ich z. B. die Exkursion und Fragen wie Was macht Text mit den Ausstellungen? (vor allem bei Roswita Muttenthaler und bei dir). Was ich mir sonst so vorgestellt hatte an Fragen, wurde mir aber oft nicht explizit genug eingeholt, das schwang eher hintergründig mit, war nicht Leitfrage der Beiträge sondern eher so nebenbei. Wie die Frage nach Text als Objekt (auch bei Literaturausstellungen, aber vor allem auch bei objektreduzierten Ausstellungen, die stark über Textobjekte, wie Ursula Gillmann das nannte, funktionieren) und wie es sich verhält mit der Beziehung von Schauen und Lesen (Das hätte ich gerne von Heike Gfrereis noch vertiefter und deutlicher gehabt, fand ich dafür dann bei Ursula Gillmann am Rande, in diese Richtung ein paar Stunden weiter wäre wahrscheinlich viel von dem, was ich erwartete, aufgetaucht.) und überhaupt die Frage von Text und bzw. als Architektur, die irgendwie zu kurz kam, da wäre Till Velten vielleicht noch interessant geworden, das war halt schade, dass er krank wurde.

In der allmählichen Verdichtung beim Schreiben sehe ich, dass das, was ich erwartet hatte, zwar schon (mehr oder weniger deutlich) da war, ich es aber in der Veranstaltung nicht so richtig gemerkt habe. Ich hätte also benötigt, dass mich die erkenntnisleitende Grundströmung mehr in diese Richtung trägt. Ging das nur mir so? Im Verlauf der Sommerakademie hab‘ ich mit einzelnen TeilnehmerInnen gesprochen, von denen sich einzelne auch eher konkrete Textarbeit erwartet hatten; da finde ich dann schon, dass das in der Ausschreibung deutlich ausgeschlossen war. Am Ende war die Zufriedenheit und auch das Glücksgefühl, das man hat, wenn man spannende Fragen bewegt, bei mir (und in der Gruppe, soweit ich das gesehen habe) groß. Interessant fand ich die übrigens die Zusammensetzung der Gruppe, einfach nur, weil ich sie mir anders vorgestellt hatte.

Die besondere Qualität der Sommerakademie, das Anregende, die engagierte Diskussion auch mit den Referenten (was ja im Zwischenfeedback sogar als manchmal zu dominant kritisiert wurde, fand ich aber nicht) und das konzentrierte Arbeiten an einem museologischen Thema über einen längeren Zeitraum, was ja auch Luxus ist und vielleicht vor allem das Besondere ausmacht, versteckt sich in der Ausschreibung gut hinter eher trockenen Worten. Habe ich, wie angekündigt wurde, eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis erreicht? Naja, das passt schon. Mindestens hab ich eine schöne Bescheinigung darüber bekommen.

Um abschließend auf deine Frage zurück zu kommen: War die Sommerakademie das, was ich erwartet habe?
Nein, gar nicht. Dazu hatte ich eine viel zu genaue Vorstellung davon, was ich gerne hören wollte. Das macht aber gar nichts. Wenn man sich immer alles so genau vorstellen könnte, wär das ziemlich langweilig.
Und ja, die Sommerakademie war genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte. In einer geschlossenen und konzentrierten Atmosphäre lustvoll über mehrere Tage an einem museologischen Thema zu arbeiten, ist einfach toll, anregend, inspirierend …